Deshalb kann ich nur zu dem Ergebnis kommen – ich komme in der zweiten Runde noch zu den zukünftigen Alternativen –: Dieser so genannte Konsens ist natürlich kein Konsens, sondern er ist ein durch und durch ideologisches Papier, das Sie auf den Weg gebracht haben. Jahrzehntelang war in der Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland Konsens, dass eine Energieversorgung sicher, umweltverträglich und wirtschaftlich sein muss.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Diese heutige Debatte ist in der Tat bemerkenswert, weil diejenigen, die diesen Atomausstieg zu verantworten haben, bis heute keine Antwort auf die Fragen gegeben haben, auch nicht in dieser Debatte, die mit diesem Atomausstieg aufgeworfen werden. Sie vertrösten sich offensichtlich in die Zukunft nach dem Motto „Die Sonne heilt dann alle Probleme“.
Ich kann bloß hoffen, dass den Roten irgendwann einmal überhaupt ein Licht aufgeht, mit oder ohne Sonne.
Das Entscheidende ist in der Tat das, was der Kollege Pfister vorhin zutreffend als schizophren bezeichnet hat, dass nämlich dieselben Leute, die sich hier jahrelang zu den
Gralshütern des Umweltschutzes aufgeschwungen haben, jetzt eine Maßnahme verantworten müssen, die genau das Gegenteil von dem erzeugen wird, was sie sich selbst auf die Fahnen geschrieben haben.
Ich will nur daran erinnern: Wenn sich die Bundesrepublik international dazu verpflichtet hat, ihren Ausstoß an CO2 bis zum Jahr 2010 um 21 % und national bis zum Jahr 2005 gar um 25 % zu reduzieren, dann geht das mit diesem Atomausstieg nicht zusammen.
Jetzt frage ich Sie: Wie wollen Sie diese Ziele zusammenbringen? Bis heute Fehlanzeige bei Ihnen, keine Silbe, nichts!
Doch, Herr Drexler, gerade bei Ihnen habe ich zugehört. Ich habe mir vorhin den ganzen Unsinn angehört. Wenn Sie glauben, dass Sie bis zum Jahr 2010 mit Sonnenschein die Probleme lösen,
Zweiter Punkt: Meine Damen und Herren, was in der Debatte völlig weggelassen wird, ist doch die schizophrene Situation, die in dem Moment entsteht, in dem man mit dem nationalen energiewirtschaftlichen Instrumentarium der Siebzigerjahre im Jahr 2000 versucht, seine ideologischen Ziele zu verwirklichen. Sie von Rot-Grün haben der Liberalisierung des Strommarkts innerhalb Europas zugestimmt,
und jetzt müssen Sie sich daran festhalten lassen. Die Folge ist nämlich, dass Sie mit dem Abschalten der Kernkraftwerke in Deutschland allenfalls eines bewirken werden: den Import von billigem Atomstrom aus West und Ost.
Ich darf Ihnen einmal aus einer AP-Meldung vom 16. Juni dieses Jahres zitieren – mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten –:
Dass Deutschland den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat, wurde in Frankreich mit großem Interesse registriert.
Die Entscheidung könnte eine gute Gelegenheit für Frankreich sein, ein bisschen mehr Strom nach Deutschland zu verkaufen, sagte der für Industrie zuständige Staatssekretär Christian Pierret.
Das erinnert mich auch daran, dass wir im letzten Herbst darüber debattiert haben, welche Auswirkungen der Einstieg der EdF bei EnBW haben wird. Da ist der entscheidende Punkt: Das war die Toröffnung. Jetzt schalten Sie in Deutschland ab und eröffnen gewissermaßen den Franzosen die Möglichkeit, ihren billigen Atomstrom hierher zu importieren.
Ich will Ihnen nur eines sagen, Herr Salomon: Glauben Sie doch bitte nicht, dass Sie da noch eine Sicherheitsdiskussion führen können. Das Kernkraftwerk, das in Frankreich einen Störfall hat, betrifft uns dann genau so wie das Kernkraftwerk bei uns vor der Haustür.
Das wissen Sie, und Sie werden jetzt nur eines befördern: dass nämlich in dem Maße, in dem wir den Markt zum Osten hin öffnen, in der Tat der billige Kernkraftstrom aus den östlichen, sehr unsicheren Kernkraftwerken zu uns importiert werden wird. Da sage ich nur eines: Es ist schizophren, auf der einen Seite die Internationalisierung dieses Marktes zu befördern – das war ja auch Ihr Votum – und jetzt sich hier hinzustellen und zu glauben, Sie könnten mit dem nationalen Alleingang irgendetwas ändern.
Meine Damen und Herren, das einzige, was Sie schaffen werden, ist – und da kommt ein nächster Punkt, der auch unter die Rubrik Schizophrenie fällt –, dass Sie nämlich auch jene Alternativen, die Sie im Energiemix durchaus verstärken könnten, jetzt noch verteuern.
Zum Beispiel Lippendorf, das vorhin kam, kann man noch etwas dazusagen: Das Modell Lippendorf funktioniert doch nur, weil Sie dazu noch eine Art Absatzgarantie in Mitteldeutschland geschaffen haben, indem Sie dort bestimmte Abnehmer verpflichten, den Strom aus diesen Kraftwerken
zu beziehen, was übrigens normalerweise mit den Marktgesetzen überhaupt nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie werden nicht einmal in der Lage sein, diese alternativen Energien so preiswert anzubieten, dass sie mit dem Import-AKW-Strom aus anderen Ländern konkurrieren können.