Sie arbeiten immer noch an der Agonie dieser Landesregierung, an ihrer Beharrlichkeit und nicht an ihrer Änderung.
Sie haben doch selber eine Kommission beauftragt, ein „Leitbild Baden-Württemberg 2000“ zu erarbeiten. Es gibt einen Bericht der Zukunftskommission 2000. In beiden Dokumenten wird schon seit längerer Zeit niedergelegt, dass es eine einsichtige Begründung für Einwanderung nach Deutschland gibt. Sie haben gesellschaftspolitische Überlegungen aus Ihrer Regierung sozusagen outgesourct in eine Kommission, die sich darüber Gedanken gemacht hat – ein hervorragender Gedanke, wenn Sie es schon nicht selber machen. Aber dann sind Sie nicht einmal in der Lage, die Ergebnisse dieses Outsourcings zurückzukaufen und in Ihrer Regierungspolitik zu nutzen, nämlich dass wir eine Einwanderung und nicht eine Zuwanderungsbegrenzung brauchen. Das ist das, was jetzt durch die Rede von Herrn Bundespräsident Rau, durch die Greencard-Initiative des Bundeskanzlers Schröder und durch die langen, hartnäckigen Forderungen nach einem Einwanderungsgesetz von der grünen Fraktion in Bonn und Berlin endlich auf den Tisch kommt, dass wir vernünftige Regelungen brauchen, die sich im Übrigen, wie Frau Merkel gestern im Fernsehen gesagt hat – ich habe aufmerksam zugehört –, mit dem Asylrecht nicht verrechnen lassen.
Wenn Sie, Herr Kollege Dr. Hildebrandt, für ein Einwanderungsgesetz sind, warum haben Sie dann dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion im Bundestag nicht zugestimmt, sondern ihn abgelehnt?
Ich habe Ihre Beschlüsse von Biberach aufmerksam gelesen, und ich teile die Kommentare, die in der Presse zu lesen waren, dass es sich um einen Zwitter handelt.
Ja, das ist ein Zwitter, und ich denke, das Einwanderungsgesetz, das Sie vorgeschlagen haben, war in der gegebenen Form nicht zustimmungsfähig.
In Baden-Württemberg haben Sie ja noch etwas draufgelegt, weil zum einen Ihr Wirtschaftsminister gefordert hat, dass wir eine Zuwanderung von 200 000 brauchen – diese Zahl hat er genannt –, Sie dies aber in Ihren Beschlüssen von Biberach zum anderen zurückgenommen haben
sondern ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz vorgeschlagen haben. Das ist etwas anderes, zumal noch hinzukommt, dass der baden-württembergische Landesverband der FDP einen Punkt, der mir die FDP früher immer sympathisch gemacht hat, zurückgenommen hat, nämlich die Verteidigung des Asyls als Grundrecht in dieser Gesellschaft.
Wir haben in diesem Parlament – lassen Sie mich das zum Schluss sagen – seit langem eine parlamentarische Mehrheit für die Greencard-Initiative und für weiter gehende ausländerrechtliche Zuwanderungsbestimmungen in der Bundesrepublik. Machen Sie davon doch Gebrauch! Gehen Sie doch in dieser Hinsicht mit uns zusammen und überlegen Sie sich, ob die Einschränkung des Asylrechts mit den Liberalen nicht doch anders zu lesen ist, als Sie das bisher vorgeschlagen haben.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber auf die Frage haben Sie nicht geantwortet!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zwei Dinge vorwegnehmen, die mir für die Gesamtbeurteilung des Themas besonders wichtig sind.
Der erste Punkt ist: Wir sollten uns daran gewöhnen und endlich zur Kenntnis nehmen, dass es in der Zukunft nicht darum geht, dass sich Deutschland gnädigst herablässt und zugesteht, dass der eine oder andere Ausländer nach Deutschland einreisen kann, sondern dass es darum geht, dass weltweit längst ein Wettbewerb um die klügsten Köpfe im Gange ist und die Deutschen aufpassen müssen, dass sie bei diesem Wettbewerb nicht unterliegen.
Das Zweite, was ich sagen möchte, ist: Wir sollten nicht über Insellösungen sprechen. Wir sollten nicht über eine Maßnahme da und eine Maßnahme dort, sondern über Gesamtkonzepte sprechen. Da aber bin ich für jeden Trippelschritt, für jeden einzelnen Schritt dankbar, der in der Lage ist, einen Beitrag auf dem Weg zu einem Gesamtkonzept zu leisten, der also in der Lage ist, einen Beitrag zu leisten, um zum Beispiel die Zuwanderung verlässlich zu steuern und zu regeln, der in der Lage ist, den Fachkräftemangel in der Bundesrepublik Deutschland zu mildern, und der gleichzeitig in der Lage ist, die humanitären Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Sie wissen, dass im Deutschen Bundestag seit einigen Wochen ein moderner Gesetzentwurf für ein Zuwanderungsgesetz vorliegt. Wenn Sie nun, Herr Kollege von den Grünen, ein Gesamtkonzept wollen, und wenn Sie all das wollen, was ich gerade vorgetragen habe – Beseitigung des Fachkräftemangels, Steuerung und Regelung der Zuwanderung und Berücksichtigung humanitärer Gesichtspunkte –, kann ich Ihnen nur empfehlen: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu! Dann haben Sie das Gesamtkonzept.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Hildebrandt Bündnis 90/Die Grünen meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)
Ich sage ja nicht, dass die Greencard-Initiative des Bundeskanzlers eine schlechte Sache sei; das sage ich ja gar nicht. Ich glaube, sie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber es handelt sich natürlich um eine isolierte Lösung; sie löst nur ein Teilproblem,
nämlich den IT-Bereich. Insofern springt die Initiative zu kurz. Wir brauchen in der Zukunft keine Teillösungen, sondern Gesamtlösungen.
Gerade die Greencard-Lösung zeigt, dass es nicht ausreichend ist, nur Insellösungen auf den Weg zu bringen. Wir brauchen vielmehr wirklich komplette Gesamtlösungen.
Dazu gehört natürlich auch die Frage, wie wir es in Zukunft mit den Bürgerkriegsflüchtlingen halten. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen dazu ganz offen meine Meinung. Wer wie Sie jeden Tag einen ganzen Packen von Briefen von mittelständischen Firmen, von Handwerksbetrieben bekommt und die Frage beantworten muss, ob es
einen Sinn macht, auf der einen Seite via Greencard Menschen aus dem Ausland zu uns zu holen und auf der anderen Seite Menschen, die schon hier sind, in Lohn und Brot sind, ihr Geld verdienen und für die mittelständische Wirtschaft wichtig sind, nach Hause zu schicken, weiß: Das macht keinen Sinn. Deshalb muss auch dieser Punkt in ein Gesamtkonzept gebracht werden.
Ich sehe jedenfalls mit großer Genugtuung und wirklich auch mit großer Freude, dass das, was die Bundestagsfraktion in ihrem Gesetzentwurf im Sinne einer Gesamtlösung schon vor einiger Zeit auf den Weg gebracht hat, dass dieser unser Vorschlag in der Vergangenheit immer mehr Nachahmer und Freunde gefunden hat.
Ich freue mich darüber, Kollege Salomon, dass in der letzten Woche der Generalsekretär der CDU, Herr von Polenz,
in der Zwischenzeit in diese Richtung denkt. Ich freue mich auch darüber, dass die Landes-CDU in Baden-Württemberg uns jetzt auf diesem Weg folgt.
Herr Kollege Maurer, was ich mir auch noch wünschen würde, wären deutlichere Signale aus der SPD und von den Grünen auf diesem Weg zu einem modernen Zuwanderungsbegrenzungsgesetz.
Die Frage lautet ja: Wie geht die baden-württembergische Landesregierung mit dieser Greencard-Initiative im Bundesrat um? Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Ich rate der Landesregierung erstens,