Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der heutigen Debatte ist schon eine eigenartige Situation. Die von CDU, CSU und FDP geschaffene Rentenreform, von Fachleuten als der richtige Weg zur langfristigen Zukunftssicherung der Renten bezeichnet, wurde nach der Regierungsübernahme von RotGrün 1998 aufgehoben. Bis jetzt liegt von der Bundesregierung kein schlüssiges Konzept vor. Herr Kollege Dr. Müller, sie hat – im Gegensatz zu Ihrer vorherigen Behauptung – bis jetzt auch noch keine Fremdleistungen abgebaut, aber in den Debatten verwickelt sie sich ständig in Widersprüche. Und dann stellen Sie sich hier hin und beschimpfen uns. Sie haben sich mit Ihrer Politik doch selbst in diesen Schlamassel hineinmanövriert.
Deshalb sind die baden-württembergischen Vorschläge ein wichtiger Beitrag zu langfristigen Überlegungen zur Sicherung unserer Renten. Wir wollen Ihnen im Interesse der Rentner helfen, alsbald eine tragfähige Lösung zu finden.
so steht es im Koalitionsvertrag von Rot-Grün. Wo sind denn der Aufbruch und die Erneuerung in der Rentenversicherung?
Wo ist denn der entscheidende Reformwille? Die Rentenpolitik der rot-grünen Koalition gleicht einer Glaskugel vor einer Wahrsagerin:
laufend falsche Vorhersagen über die Wirklichkeit, ständig andere Ankündigungen, aber nichts Konkretes!
Meine Damen und Herren, ich will nur noch eines sagen: Ich will Sie nicht beschimpfen, weil ich meine, dass wir irgendwo zueinander finden müssen.
Aber Herr Kollege Dr. Müller und Frau Kollegin Bender, Fakt ist doch: Der Bundeskanzler hat nach der Regierungsübernahme erstens immer gesagt, die bruttolohnbezogene Rente bleibe erhalten. Dann haben Sie erklärt, Sie würden die Renten in Höhe der Inflationsrate anpassen.
Zweitens passen Sie die Rente in den Jahren 2000 und 2001 nicht in Höhe der Inflationsrate an, sondern bleiben erheblich darunter.
Drittens hat der Bundesarbeitsminister Riester fest verkündet, nach 2001 kehrten wir zur nettolohnbezogenen Rente zurück. Auch dies relativieren Sie jetzt.
Das Schlimmste in dieser Auseinandersetzung ist die Tatsache: Sie haben uns bekämpft, als wir den demographischen Faktor in der Rentenreform einführten.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig! – Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Den geben Sie doch jetzt selbst auf!)
Mit der Aussetzung der Nettoanpassung in den Jahren 2000 und 2001 senken Sie das Rentenniveau erheblich stärker, als das bei unserem demographischen Faktor nach 15 Jahren der Fall gewesen wäre.
Damals haben Sie uns soziale Ungerechtigkeit vorgeworfen, und jetzt sprechen Sie bei der Rechtfertigung der von Ihnen vorgesehenen höheren Absenkung von einer Frage der Zukunftssicherung. Den Vorwurf dieser politisch falschen Ausdrucksweise erhebe ich gegenüber der SPD und in gleicher Weise gegenüber dem DGB. Er hat Ihnen in übler Kampagne dazu noch 11 Millionen DM Wahlkampfhilfe geleistet, und heute schweigt er, wenn die Rentner so abgezockt werden.
Dies ist parteipolitisches Verhalten und keine Vertretung der Rentner und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Lassen Sie uns zur Sache kommen. Ich will Ihnen Folgendes vorschlagen, wo wir uns auf ein Konzept zubewegen können und die Sache bald in trockenen Tüchern haben.
Erstens: Sie sollten endlich einmal bekannt geben, nach welcher Formel ab 2002 die Renten erhöht werden, weil das die Grundlage für die weitere Berechnung ist.
Zweitens muss in diesem Zusammenhang erkennbar sein, wie sich der Beitragssatz und das Rentenniveau entwickeln.
Drittens: Die Rentenversicherung wird langfristig eine Regelsicherung sein. Sie wird die Grundsicherung darstellen. Dazu brauchen wir einen privaten Teil, entweder betriebliche Altersversorgung oder private Altersvorsorge.
Das heißt im Klartext: Wir müssen die Menschen darauf vorbereiten, dass sie auf der einen Seite die umlagefinanzierte Rente als Grundsicherung haben und auf der anderen Seite jeder verpflichtet ist, eine zusätzliche Vorsorge zu treffen. Ob das über eine betriebliche Altersversorgung oder eine private Vorsorge geht, muss jeder selber entscheiden. Wenn Sie aber in Zukunft die private Lebensversicherung besteuern wollen, handeln Sie kontraproduktiv, wenn Sie den Leuten sagen: „Du musst eine zusätzliche Vorsorge betreiben.“ Auch dies sollten Sie bedenken.
Hier ist der baden-württembergische Vorstoß richtig, weil er Perspektiven eröffnet, wie man mittelfristig auf mehreren Füßen die Alterssicherung tragen kann, und weil er Generationengerechtigkeit beinhaltet, indem die Rentner ihren Teil kriegen, aber auch die Beitragszahler nicht zu hoch mit Beiträgen und Abgaben belastet werden.
In dem Zusammenhang bitte ich Sie sehr herzlich, von Ihrer ideologiebefrachteten Idee einer Grundsicherung aus Steuermitteln abzusehen. Wenn Sie dies einführen, legen Sie die Axt an die zukünftige Sicherung unserer Rentenversicherung, weil Sie ganz einfach in einem Sozialsystem
die Verpflichtung zur Leistung und zur eigenen Vorsorge aufheben. Es ist doch klar: Wenn die Kassiererin bei Aldi nach 25 Jahren 1 200 DM Rente kriegt und Sie demgegenüber jedem eine Grundsicherung von 1 200 DM garantieren, wäre die doch blöd, wenn sie zukünftig noch schaffen würde.
Damit schaffen Sie keine Beitragszahler mehr. Damit schaffen Sie nichts für die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft, nichts für die Zukunftssicherung unseres Wirtschaftsstandorts und unseres Sozialsystems in Deutschland.
Leistung muss auch in der Rentenversicherung zum Ausdruck kommen. Wer viel arbeitet und viel bezahlt, soll eine höhere Leistung bekommen als derjenige, der keine Vorsorge betreibt.
Altersarmut ist über die Sozialhilfe abzusichern, und hier hat, meine ich, der rheinland-pfälzische Sozialminister Gerster Recht, der sagt: Keine Grundsicherung, sondern Absicherung der Altersarmut über die Sozialhilfe, wo zunächst einmal das eigene Einkommen und das Vermögen angerechnet werden, und es muss ein Unterschied bleiben zwischen dem, der arbeitet und vorsorgt, und dem, der nicht arbeitet und nicht vorsorgt. Ich bitte Sie, dieses zu beachten. Dann kommen wir auch weiter.
(Abg. Dr. Schlierer REP: Herr Vorsitzender? Wir sind doch nicht im SPD-Ortsverein! – Abg. Haas CDU: Haben Sie jetzt den SPD-Vorsitzenden ge- meint?)
Ich muss zunächst auf zwei Dinge eingehen, die immer wieder als Legenden vorgebracht werden. Das ist einmal das Thema Ökosteuer und zweitens das Thema Rentenanpassung.