Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus dem Untertitel unseres Antrags „Die unendliche Geschichte mit der Geschäftsordnung (Ar- tikel 49 LV) für das Kabinett“ geht schon hervor, dass es sich hier um einen Wiederholungsfall handelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wundere mich, warum die Landesregierung sich permanent weigert, diese wirklich einfache Aufgabe endlich zu erledigen – seit 1995 wird sie von verschiedenen Fraktionen dieses Hauses dazu aufgefordert –,
Wenn wir in vorangegangenen Debatten zu diesem Thema immer wieder gehört haben, dass es für die Regierung nicht notwendig sei, sich selbst eine solche Geschäftsordnung zu geben, dann, meine Damen und Herren, muss man noch einmal darauf hinweisen: Es ist ein Verfassungsgebot.
All denjenigen, die ihn nicht wörtlich kennen, will ich Artikel 49 Abs. 1 der Landesverfassung noch einmal kundtun,
(Abg. Rech CDU: Das macht er auch ohne Artikel! – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das macht der auch ohne Geschäftsordnung!)
Er führt den Vorsitz in der Regierung und leitet ihre Geschäfte nach einer von der Regierung zu beschließenden Geschäftsordnung.
Es kann doch nicht in der Beliebigkeit einer Landesregierung oder der sie tragenden Fraktionen liegen, zu sagen, ob wir die Geschäftsordnung brauchen oder nicht. Wenn wir sie nämlich nicht brauchen, müssen wir hier mit qualifizierter Mehrheit diese Vorgaben aus der Verfassung herausstreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hierbei nicht um eine Frage, die man mit Ja oder Nein beantworten kann. Der Verfassungstext enthält eine Vorgabe in Befehlsform.
(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Nein, nein! Das steht so in der Verfassung nicht! – Abg. Kluck FDP/DVP: Stillgestanden! – Abg. List CDU: Rührt euch!)
Es ist keine Kannbestimmung. Es heißt wörtlich: „und leitet ihre Geschäfte nach einer von der Regierung zu beschließenden Geschäftsordnung“. Für die Veröffentlichung gilt ebenfalls ein Imperativ. Da heißt es nämlich: „Die Geschäftsordnung ist zu veröffentlichen.“ Es heißt nicht „sollte veröffentlicht werden“ oder „kann veröffentlicht werden“, sondern das heißt, sie muss veröffentlicht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeder – wirklich jeder – Hängepflanzenverein oder jeder Kegelklub, der sich als Verein eintragen will, aber nach der Gemeindeordnung oder der Landkreisordnung auch jeder Gemeinderat ist verpflichtet, sich eine Satzung, also eine Geschäftsordnung zu geben.
Auf jeder Ebene im Land und im Bund haben wir diese verpflichtenden Vorgaben, und einzig und allein die Landesregierung drückt sich davor. Ich verstehe den Grund nicht,
Wenn ich dann höre, wie das aus früheren Redebeiträgen hervorgeht, dass ja die Landesregierung sich selbst Spielregeln für ihren täglichen Arbeitsablauf gibt,
allerdings nicht in schriftlicher Form, dann frage ich mich, nachdem wir jetzt seit über einem Jahr wieder einen Staatsminister haben: Hat der nicht einmal eine halbe Stunde Zeit, um diese mündlichen Spielregeln in Papierform zu bringen und sie dann von seinem Kabinett absegnen zu lassen und zu veröffentlichen und auch uns kundzutun?
Wenn in der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag steht, die Geschäftsordnung habe nur eine Innenwirkung, dann ist das in der Tat so.
Aber es stimmt einfach nicht, dass das Fehlen einer Geschäftsordnung weder dem Bürger noch dem Parlament einen Nachteil einbringt. Es bringt einen Nachteil ein; denn das Parlament hat nicht bloß Gesetzgebungsfunktion, sondern es hat auch eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung.
Was soll ich denn kontrollieren, wenn hier alles hemdsärmelig gemacht wird? Ich brauche zur Kontrolle auch einen Maßstab, und diesen Maßstab muss eben die Geschäftsordnung darstellen.
In der Tat besteht keine schriftliche Geschäftsordnung der Landesregierung. In Baden-Württemberg ist es seit jeher gelungen, die Regierungsgeschäfte unter Verzicht auf eine schriftliche Geschäftsordnung zu führen, ohne dass dies zu Problemen... geführt hätte.
„Gelungen“ ist der Ausdruck, den jeder Zirkusakrobat gebraucht, wenn ihm ein Kunststück gelungen ist.