Protocol of the Session on March 23, 2000

Zuerst zur Kreditfinanzierung. Wir wissen ja, dass die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen in Baden-Württemberg zu 95 % den Mittelstand mit Kredit versorgen. Die Großbanken machen das in Deutschland zwar noch mit 8 %, in Baden-Württemberg aber nur noch mit 2 bis 3 %. Die Großbanken ziehen sich immer mehr aus diesem Geschäft zurück. Dann kommt noch ein Aspekt hinzu: Dass die Kreditvergabe unter Rentabilitätsgesichtspunkten immer schlechter wird, wissen wir auch. Die Großbanken sagen ja, aus welchen Gründen sie in andere Bereiche expandieren wollen. Daneben ist auch noch, was die Kreditversorgung des Mittelstands betrifft, zu sehen, dass zum Beispiel bei den Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken hier in Württemberg und ähnlich in Baden zurzeit ein massiver Fusionswettbewerb herrscht. Das verschlechtert natürlich auch die Möglichkeiten, vor Ort eine Bank und vielleicht auch eine Auswahl von mehreren Angeboten von Banken für den Unternehmer zu haben.

Das heißt – ich fasse diesen ersten Punkt zusammen –: Das traditionelle Finanzierungssystem des Mittelstands mit der Hausbank vor Ort und mit der Auswahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten vor Ort wird immer brüchiger.

Daraus folgt, meine Damen und Herren, dass die Nachfrage aus dem Mittelstand nach Bürgschaften und auch nach stillen Beteiligungen immer mehr zunehmen wird. Zu diesem Punkt, Herr Staatssekretär, werde ich nachher in der zweiten Runde noch einige ganz konkrete Vorschläge mit Folgen für die baden-württembergische Wirtschaftsförderungspolitik machen.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erteile ich dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Herrn Dr. Mehrländer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich im Grunde ziemlich kurz fassen, denn der Debatte entnehme ich, dass in den wesentlichen Punkten die Argumente der Fraktionen, der Landesregierung und der Bundesregierung übereinstimmen. Ich möchte deswegen nur noch zwei Dinge, die mir sehr wichtig sind, herausstellen:

Das Ziel, das mit dem Rankingverfahren angestrebt wird, nämlich eine bessere Risikoerfassung, ist richtig.

(Abg. Deuschle REP: Warum brauchen wir denn das?)

Aber genauso wichtig ist, dass dafür eben nicht nur, wie das in dem ersten Vorschlag der Fall war, externes Ran

king herangezogen wird, sondern gleichzeitig und gleichwertig auch das bankinterne Rating. Denn nur dadurch sind eben die Chancen für die mittelständischen Unternehmen gewährleistet. Ich befürworte daher auch, dass sowohl die Sparkassenorganisationen als auch die Genossenschaftsorganisationen derzeit interne Rankings entwickeln. Ich finde es auch besser, Herr Abg. Puchta, das im jeweiligen System zu machen statt wieder durch eine Extraagentur. Denn das ist aus meiner Sicht wieder ein quasi externes Ranking. Also, es bleibt bei dem bankinternen Ranking, aber ich würde das für die einzelnen Organisationen sehen, und dann ist das, finde ich, eine richtige Sache.

Herr Abg. Hofer hat die Entstehungsgeschichte genannt: Dass das Wirtschaftsministerium wegen der Bedeutung des Mittelstands für die baden-württembergische Wirtschaft hier für das Land aktiv geworden ist, ist richtig, und erfreulicherweise hat sich der Bundesrat diesem Antrag einstimmig angeschlossen. Mit der Bundesregierung sind wir einer Meinung.

Das ist jetzt nach Basel gegangen. Dort werden bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich die bis zum 31. März eingehenden Stellungnahmen gesammelt – die Frist läuft also in wenigen Tagen ab –, dann wird dort ein neues Papier erstellt, und dieses geht in eine neue Konsultationsrunde. Insofern, Herr Abg. Puchta, sind wir natürlich noch nicht durch. Denn das muss dann noch einmal ausgefochten werden. Aber die Position ist klar, und an dieser Position sollten wir festhalten.

Dieses bankinterne Rating, Herr Abg. Deuschle, sehe ich – wenn es so kommt, wie ich es gerade skizziert habe, wie es die Sparkassenorganisationen wollen, wie es die Genossenschaftsbanken wollen – nicht so, dass dadurch das Hausbanksystem immer brüchiger würde. Denn für mich steht klar fest: Das Hausbanksystem ist die Basis gerade für die Kreditfinanzierung der mittelständischen Wirtschaft.

Lassen Sie mich noch eines anführen, was bisher noch nicht erwähnt worden ist, was aber aufgrund unseres Vorschlags im Beschluss des Bundesrats steht: Bei dem bankinternen Rating soll es eine Bagatellregelung geben, und zwar sollen Mittelstandskredite unter 200 000 DM überhaupt keinem Bankrating unterworfen werden. Das ist eigentlich der typische Mittelstandskredit. Das würde wiederum den kleinen Unternehmen die Sache erleichtern und würde zugleich auch weniger Bürokratie für die Banken bedeuten. Daher wäre ich dankbar, wenn sich auch der Landtag dieser Kombination – einschließlich Bagatellregelung – anschließen könnte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kurz.

(Abg. Nagel SPD: Das war doch alles so schön friedlich jetzt!)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, diese Debatte eignet sich nicht zu einem politischen Schlagabtausch, aber sie ist dazu geeignet, die Sensibilität in der Öffentlichkeit für diese besondere Problematik anzuregen.

Die mittelständische Wirtschaft hat nicht nur Anspruch auf eine ordentliche Kreditversorgung, sondern es ist auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, dass die kleinen Betriebe mit ihren Kreditansprüchen nicht im Stich gelassen werden.

(Beifall bei der CDU)

Verehrter Herr Kollege Puchta, um mit Ihrem Einwurf zu beginnen: Es entspricht nicht der Tatsache, dass in Basel das interne und externe Rating bereits als gleichrangig akzeptiert sei. Dem ist nicht so. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht diskutiert diese Forderung noch unterschiedlich bezüglich der Kredithöhe und der Risikohöhe, aber auch vom Grundsatz her. Aber wenn das externe Rating als Beurteilungserfordernis eingeführt würde, dann hätte dies insgesamt schwerwiegende Folgen.

Es ist nicht so eindeutig, dass der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht dies so ohne weiteres anerkennt. Hier bedarf es noch gewaltiger Überzeugungsarbeit und auch nachhaltiger Diskussionen.

Ich habe ein Gespräch bei der Bundesregierung erlebt, und selbst die Bundesregierung, Herr Ministerialdirektor Homann, hat zum Ausdruck gebracht, dass er die Kreditversorgung für 3,3 Millionen Kleinbetriebe infrage gestellt sieht, wenn diese Vorstellungen unverändert umgesetzt würden. Daran sieht man schon die gewaltige Bedeutung dessen.

Ein weiterer Punkt wird in Basel noch nicht akzeptiert. Kollege Haasis hat ja darauf hingewiesen. Es ist die Portfoliolösung, nach der die kleineren Banken alle gewerblichen Kredite, die unter einer bestimmten Kreditgrenze liegen, mit einer durchschnittlichen Risikobewertung zusammenfassen können.

Außerdem ist zu fordern, dass alle bewertbaren Sicherheiten, die vom Kreditnehmer gestellt werden, die Eigenkapitalunterlegung der Banken zu mindern haben.

Es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Banken für Realkredite den Eigenkapitalanteil verdoppeln müssen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind weder vertretbar noch sachlich zu begründen.

Wir wissen ja, dass sich der mittelständische Kredit in seiner Gesamtheit recht krisenfest gibt und selten ausfällt. 0,2 % ist die Ausfallquote. Eine solche Portfoliolösung wäre eine echte Hilfe für die kleinen Unternehmen. Das externe Rating ist heute bereits Praxis, ist üblich für Großbetriebe. Ich habe gelesen, dass selbst Flowtex „geratet“ war. Allerdings kam dann diese – –

(Abg. Haasis CDU: Best Rating!)

Best Rating. Sie sehen, dies ist alles bereits Praxis.

(Abg. Keitel CDU: Das müssen welche gewesen sein!)

Die Wirtschaft fordert eine Schwellengrenze, unterhalb der ein Rating nicht verlangt werden kann. Was hier im Ansatz auch von der Bundesregierung als Freistellung vorgebracht wird, nämlich bei Krediten bis 200 000 DM, ist meines Er

achtens völlig ausreichend. Der Kreditbedarf der Kleinbetriebe ist im Schnitt deutlich höher. Hier muss 1 Million DM die Grenze sein.

(Beifall des Abg. Haasis CDU und bei Abgeordne- ten der FDP/DVP)

Dies muss auch als eine politische Forderung aus diesem Haus dargestellt werden.

Nun, meine Damen und Herren, wir haben ja noch eine ganz andere Problematik. Die Strukturen in der Bankenwelt verändern sich.

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

Ob gerade die SPD-Regierung zu einer verbesserten Börsenkultur beigetragen hat, das will ich doch etwas infrage stellen.

(Abg. Haas CDU: Eher das Gegenteil!)

Aber in der Tat hat sich die Börsenkultur bei uns deutlich verändert. Der Trend geht weg vom guten, traditionsreichen Sparbuch hin zu anderen Anlageformen. Dies kommt bei den Banken, die sich dem Mittelstand noch verpflichtet fühlen, als Verengung der Liquidität zum Ausdruck, wenn diese Gelder abwandern. Daneben haben wir auch noch die Entwicklung bei den Großbanken, die sich mehr und mehr aus dem Kleingeschäft der Kreditversorgung zurückziehen. Nur noch 2,5 % der Kredite unter 100 000 DM werden von den Großbanken dotiert. Etwas anders sieht es bei Krediten bis 500 000 DM aus. Da haben die Großbanken immerhin noch einen Anteil von rund 35 %. Wenn sie sich aber aus diesem Geschäft zurückziehen, wird die Liquiditätsanforderung an die Sparkassen und Genossenschaftsbanken deutlich höher. Dies führt wiederum zu einer Verteuerung der Kredite.

Vorschriften ziehen weitere Vorschriften nach. Die Rechtsprechung und die qualitativ hohen Anforderungen der Bankenaufsicht werden für eine gewaltige Bürokratie sorgen, die bei den kleineren Banken eine Kostenexplosion hervorrufen wird.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Dies führt unabwendbar zu höheren Kosten, die in die Kreditkosten einfließen müssen, und zwar nicht bei den großen Krediten, um die sich die Banken bemühen, sondern die Kleinen werden wie immer und überall die Zeche zu zahlen haben. Dies kann ja nicht angehen.

Es gibt eine Untersuchung des Deutschen Handwerkstags, die besagt, dass bereits der normale Durchschnittskredit an den Handwerker in der Belastung für das Unternehmen um 2,5 % höher ist als der Durchschnitt der Großkredite. Auch da sieht man, wie sich die Belastung für die Unternehmen auswirkt.

Ich meine, diese Debatte heute war sicherlich nicht umsonst. Es ist keine Debatte, wie wir sie üblicherweise erleben, sondern es ist eine Debatte, in der sicherlich Fachkompetenz gefragt ist. Aber es ist auch eine Debatte mit einer ganz bestimmten Zielsetzung, nämlich mit der Zielsetzung, in der Öffentlichkeit Sensibilität für die Problematik

zu erreichen, und das im Hinblick darauf, dass diejenigen, die Handlungsführer sind, letztlich dies auch durchsetzen, was in den Länderparlamenten gefordert wird. Ich bin heute noch der Landesregierung dankbar, auch der Regierung von Bayern,

(Abg. Dr. Puchta SPD: Der Bundesregierung aber auch!)

dass sie mit ihrer Resolution vom Februar dieses Jahres im Bundesrat einen ersten Schritt gemacht hat und Geister weckte, die sonst sicherlich die Tat in der Zeit verschlafen hätten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Puchta.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kurz, ein Problem scheint mir bei dieser Debatte ein bisschen zu sein, dass sich die Vertreter der Regierungsfraktionen in erster Linie auf die Ausführungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich berufen haben, während die EU-Kommission inzwischen Gott sei Dank aufgrund vieler Interventionen bereits einen Schritt weiter ist. Ich möchte Ihnen einmal zum internen und externen Rating aus dem Bericht der EU-Kommission zitieren. Da heißt es: