Protocol of the Session on March 22, 2000

und bei den kleinen und mittleren Betrieben, die auch dringend Fachkräfte brauchen, sagen: Da ist der Bedarf nicht so groß.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Deuschle REP: Eben, Herr Hofer!)

Man muss vielmehr ein durchgängiges Konzept verwirklichen, das zumindest, von mir aus schrittweise, angedacht ist. Da wurde zu kurz gesprungen.

Das bedarf einer Regelung, die meines Erachtens nicht allein von der Ausnahmegenehmigung eines Arbeitsamts abhängig gemacht werden darf. Das muss grundsätzlich angelegt werden. In der zweiten Runde werde ich noch etwas dazu sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Rosely Schweizer CDU)

Das Wort hat der Herr Wirtschaftsminister.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem Thema Greencard stehe ich noch ganz unter dem Eindruck von zwei Messebesuchen, und zwar am vergangenen Freitag bei der Internationalen Handwerksmesse in München, gestern und vorgestern bei der Hannover-Messe. Es ist klar, dass man sich bei den Ausstellern danach erkundigt, welches die Hauptthemen sind, die sie betreffen. Das erste ist die Steuerreform – das wissen wir alle –, und eines der nächsten Themen, aber ein ganz entscheidendes, ist die Gewinnung und Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter.

Dabei wurde sowohl auf der Handwerksmesse in München – ich betone: Handwerksmesse – als auch auf der Hannover-Messe durch die Bank gesagt: Wenn schon Greencard, dann aber nicht nur für einen schmalen Bereich, sondern für alle. Wir haben diesen Bedarf auch und sehen nicht ein, dass die Global Players Hewlett-Packard und IBM jetzt die Möglichkeit erhalten, ihren Facharbeiterbedarf zu decken, während wir nach wie vor in die Röhre schauen.

(Minister Dr. Repnik: Es wurden Begehrlichkeiten geweckt!)

Deshalb muss das Thema Greencard auf einer breiteren Ebene diskutiert werden, als es bisher vonseiten der Bundesregierung gemacht wird, weil der Wunsch nach einer Öffnung eindeutig vorhanden ist.

(Abg. Haas CDU: Und was machen wir, wenn das nicht kommt?)

Herr Haas, wir kommen der Reihe nach dazu.

(Abg. Deuschle REP: Von wem reden Sie denn jetzt eigentlich? – Minister Dr. Repnik: Und das bei 60 000 arbeitslosen Ingenieuren und 30 000 ar- beitslosen EDV-Spezialisten!)

Herr Hildebrandt hat vorhin Vorwürfe gegenüber der Landesregierung erhoben, die man in aller Deutlichkeit zurückweisen kann. Seit 1995 wurden die Ausbildungskapazitäten im IuK-Bereich und im Medienbereich an den Universitäten und Fachhochschulen des Landes um 50 % erhöht. Der Vorwurf geht also völlig daneben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es! – Abg. Zeller SPD: Es kommt immer darauf an, von welcher Ba- sis aus gesehen!)

Das ist der Bereich des Kollegen von Trotha.

Wir haben im gesamten Ausbildungsbereich eine Situation wie kein anderes Bundesland: Wir können allen Lehrstellen Suchenden eine Lehrstelle geben.

Es war diese Landesregierung – mit der Unterstützung vieler –, die sich intensiv darum bemüht hat, dass eine Vielzahl von neuen Berufen, von zukunftsorientierten Berufsbildern auf den Weg gebracht wurden. Wir haben am meisten Druck gemacht, dass dies tatsächlich geschieht. Hier ist also zumindest für die letzten Jahre ein Vorwurf an die Landesregierung fehl am Platz.

(Abg. Haas CDU: So ist es!)

Es geht mir darum, dass wir uns einmal die Situation anschauen. Herr Haas, wir hatten eine Diskussion über die 883 bzw. 884 Fälle, die Herr Kollege Wieser vorhin genannt hat. Das sind jeweils Einzelfallentscheidungen, die jedes Mal – das ist aber der Punkt, der unheimlich stört – einen enormen bürokratischen Aufwand erfordern.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Kollege Schäuble hat es vorhin bei der Behandlung eines anderen Tagesordnungspunkts schon gesagt: Wir haben die Aufgabe, dies wesentlich zu erleichtern, weil der eine oder andere schon resigniert. Wenn Sie mit Firmenvertretern sprechen, sagen die Ihnen: Es ist für uns ein Elend, bis wir die benötigte Arbeitskraft endlich bei uns haben können. Tatsache ist, dass gegenwärtig noch ein enormer bürokratischer Aufwand im Einzelfall besteht, den wir uns, den sich die Firmen so überhaupt nicht leisten können. Hier müssen wir meiner Meinung nach zu Verbesserungen gelangen.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Ich weiß nicht, warum Sie, Herr Kollege Wieser, darüber so hinweggehen. Herr Hundt, Baden-Württemberg, Herr Stihl, Baden-Württemberg, Herr Fischer, Baden-Württemberg, Herr Richter, Handwerkskammer Baden-Württemberg, sagen unisono: Es gibt diesen Bedarf an Kräften, die wir brauchen. Der Kollege Hofer hat gerade zu Recht gesagt: Was hilft es uns, wenn ihr uns jetzt konzertierte Aktionen zusagt und uns prophezeit, dass die Situation in drei, vier Jahren besser sei? Was machen wir denn in den drei bis vier Jahren bis dahin mit unserem Mangel, den wir da tatsächlich haben?

(Zuruf des Abg. Deuschle REP)

Deswegen sage ich: Öffnen wir uns dafür, dass wir die besten Kräfte nach Baden-Württemberg bekommen. Ich will Sie, Herr Kollege Wieser – Sie sprechen nachher ja noch einmal –, einmal fragen: Was haben Sie eigentlich dagegen, dass Leute zu uns kommen, die uns allen etwas bringen? Was kann man dagegen eigentlich haben?

(Abg. Zeller SPD: Das ist die Frage, Herr Wieser!)

Lasst doch die Leute, die der Wirtschaft, den Unternehmen und auch unserer Volkswirtschaft helfen, die unsere Wettbewerbsposition stärken, zu uns kommen – nach klaren Auswahlkriterien, wie es in anderen Ländern in der Welt längst üblich ist. Lassen Sie uns dadurch die Wettbewerbschancen für die baden-württembergische Wirtschaft erhöhen. Geben Sie uns die Möglichkeit, dies mit solchen Fachkräften auch tatsächlich zu erreichen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Deuschle REP: Für wen reden Sie denn eigentlich? – Zuruf des Abg. Haas CDU)

Ich will den nächsten Punkt ansprechen. Mit einer konzertierten Aktion, wie Sie, Herr Kollege Wieser, sie angesprochen haben, wäre ich sofort einverstanden, weil sie überfällig ist. Wir müssen auch einmal an die Arbeitsämter herantreten. Sie geben Jahr für Jahr Milliarden für Umschulungs- und Weiterqualifizierungsmaßnahmen aus – mit welchem Ergebnis eigentlich?

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Zuruf des Abg. Deuschle REP)

(Minister Dr. Döring)

Man muss sich einmal anschauen, wo diese enormen Summen hinfließen. Was passiert denn mit denjenigen, die man mit einem enormen Aufwand weiterbildet und weiterqualifiziert? Warum werden sie dann nicht auf die Stellen, die frei sind, vermittelt? Warum bestreiten Sie eigentlich die Zahl, die vorhin genannt worden ist, wonach 500 000 gesucht werden?

(Abg. Haas CDU: 5 000!)

5 000, Pardon. Diese Zahl ist doch nicht aus dem Hut gezogen,

(Abg. Haas CDU: Das ist eine rein erfundene Zahl! Frei geschätzt!)

sondern liegt aufgrund von Umfragen in den Firmen vor. Die decken Sie mit dem, was gegenwärtig da ist, nicht ab.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Sie müssen sowohl das eine als auch das andere machen. Wir betreiben zusammen mit dem VDMA diese „ThinkIng.“-Aktivitäten. Herr Kollege Hildebrandt, der Brief des Ministerpräsidenten ist ein kleiner, aber ein durchaus wichtiger und richtiger Mosaikstein, wonach man an die Abiturienten herantreten und ihnen sagen solle, welche Studienmöglichkeiten und Zukunftschancen sie haben, wenn sie entsprechende Berufe ergreifen wollen.

Wir treten mit dem VDMA jetzt im Raum Ostalb an 32 Gymnasien heran, betreiben dort diese „ThinkIng.“-Kampagne, damit die Abiturienten ein Ingenieurstudium aufnehmen und die Berufe ergreifen, in denen jetzt ein Mangel an Kräften besteht.

Auch hier gilt wieder, Herr Kollege Haas – er ist gerade nicht da –: Bis die Abiturienten dieses Studium hinter sich haben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, vergehen eben einige Jahre. Diese Lücke muss ich überbrücken. Deswegen, noch einmal, von unserer Seite aus: Öffnen wir uns in dem Bereich, den wir für wichtig erachten.

An die Firmen selbst muss man natürlich auch appellieren. Es passt auch nicht zusammen – das sage ich in der gleichen Deutlichkeit –: Es kann nicht sein, dass die Firmen fordern: Altersteilzeit mit 55. In ein paar Jahren werden sie Altersteilzeit mit 50 fordern. Auf der einen Seite sucht man alle Möglichkeiten, wie man ältere Arbeitnehmer möglichst bald loswird, und auf der anderen Seite sagt man: „Uns fehlen qualifizierte Leute.“ Dann ist es auch Aufgabe dieser Firmen, dafür Sorge zu tragen, dass eine kontinuierliche Weiterbildung und Qualifikation im Job stattfindet, sodass auch der 50- und 55-Jährige noch den Qualifikationsanforderungen entspricht, die heute eben verlangt sind.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich kann nicht auf der einen Seite Leute wegschicken und sagen: „Mit denen können wir jetzt nichts mehr anfangen“ und auf der anderen Seite ein Gejammere anfangen und sagen: „Uns fehlt qualifiziertes Personal.“ Dies passt nicht zusammen. Deswegen muss das meiner Meinung nach mit erwähnt werden.

Lassen Sie uns doch die Diskussion darüber in aller Offenheit führen, dass wir sagen: Für einen begrenzten Zeitraum

gehen wir jetzt da rein, um eine Qualifikationslücke zu schließen, die wir haben, die ganz eindeutig da ist, die auch tatsächlich mit ausländischen Arbeitskräften, hoch qualifizierten Arbeitskräften zu schließen ist, zumal wir ja auch wissen, dass in dem ganz speziellen Bereich für eine solche Stelle zwei bis drei andere Arbeitsstellen mit deutschen Arbeitskräften geschaffen werden, sodass dies insgesamt ein Nutzen ist für die baden-württembergische, für die deutsche Wirtschaft. Wir wollen diese Öffnung. Wir werden alles dafür tun, dass sie auch kommt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Deuschle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister, ich stelle Ihnen ganz konkret die Frage: Für wen haben Sie gerade gesprochen?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Für Baden-Württemberg! Für wen denn sonst?)

Haben Sie hier als FDP-Politiker gesprochen? Haben Sie als Wirtschaftsminister gesprochen? Oder haben Sie eine verbindliche Aussage für die Landesregierung von BadenWürttemberg gemacht? Ich frage deshalb, weil einige Ihrer Ministerkollegen von der CDU sich ganz anders geäußert haben. Ich frage deshalb, weil sich auch der Sprecher der CDU hier ganz anders geäußert hat. Und ich frage auch deshalb, weil sich der Herr Ministerpräsident in der Öffentlichkeit in ganz anderer Art und Weise geäußert hat. Deswegen, Herr Minister: Für wen haben Sie denn gesprochen? Haben Sie wirklich für die Landesregierung gesprochen? Es ist ganz wichtig, uns das zu sagen, weil es hier zwischen den beiden Koalitionspartnern CDU und FDP/ DVP offensichtlich eklatante Unterschiede gibt.

(Beifall bei den Republikanern – Zuruf von der CDU: Deuschle ist der Widerspruch in sich!)

Der Bürger muss nach dieser Debatte wissen, was die Landesregierung will.