Protocol of the Session on February 9, 2000

Vulkanaktivitäten beeinflussen ebenfalls das Wetter. In den Jahren 1650 bis 1700, 1770 und 1820 bis 1830 gab es gewaltige Asche- und Stauberuptionen. All das beeinflusst das Wetter.

Auch die Sonne ist keine konstante Größe. Wir haben seit dem Jahr 1700 ein kontinuierliches Wachstum der Sonnenenergie. Das sieht aus wie ein Aktienkurs: ein kleiner Einbruch 1820, aber seitdem wachsend.

(Abg. Moser SPD: Waren Sie da dabei?)

Das hat Einfluss auf unser Klima, Herr Kollege.

Das Thema „Halogene und Ozonloch“ hat heute noch kein Redner angeschnitten. Schauen wir einmal zurück: In den Jahren 1600 bis 1800 war der CO2-Anteil fast konstant und vernachlässigbar gering. Anschließend gab es einen Anstieg wie eine e-Funktion, die schon 1970 einen Steigungswinkel von 45 Grad hatte.

Legt man nun die Kurve der Entwicklung der Erdbevölkerung über die dieser CO2-Entwicklung, ergibt sich eine frappierende Übereinstimmung. Etwa ab 1970 ist der Einfluss des Menschen auf die globale Entwicklung des Klimas und der Temperaturen nachweisbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Nach heutigen Aussagen schätzt man, dass die globale Temperaturerhöhung zu 50 % durch den Menschen und zu 50 % durch natürliche Ursachen bedingt ist.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Kretschmann, wenn ich das Ganze noch einmal analysiere – Baden-Württemberg hat 10 Millionen Einwohner, die Weltbevölkerung beträgt 6 Milliarden –:

(Zuruf des Abg. König REP)

Würden wir heute in Baden-Württemberg alle Autos, alle Fabriken und sämtliche Ölheizungen abschalten und läge im Land dann der CO2-Ausstoß bei null, würden sich das Klima und das Wetter zwar in Tübingen, Stuttgart, Großbottwar und Mannheim verbessern, aber schon in Berlin würde dies niemand merken, und auf das Weltklima bezogen wäre das nicht einmal ein Tropfen auf einen heißen Stein. Deshalb ist Ihr Vorwurf, Herr Kollege Kretschmann, die Landesregierung betreibe Polemik, nicht gerechtfertigt.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Meine Damen und Herren, Klimaschutzpolitik in BadenWürttemberg kann nur eines bedeuten: Wir müssen den

Menschen in unserem Land bewusst machen, dass wir durch unser Verhalten das Weltklima mit beeinflussen.

Es gibt Berechnungen, wonach sich die Durchschnittstemperatur auf der Welt in den nächsten 15 Jahren um 1 Grad Celsius erhöhen wird. Jetzt fragen die meisten: 1 Grad Celsius, was soll das? Meine Damen und Herren, dies ergäbe die höchste Durchschnittstemperatur seit der letzten Eiszeit. 1 Grad Celsius mehr würde die höchste Durchschnittstemperatur der letzten 11 000 Jahre bedeuten.

So betrachtet, sieht die Sache ganz anders aus. Denn das bewirkt riesige Konsequenzen für die Wetterdynamik, die Niederschlagsverteilung, die Bodenerosion. Wetterdynamik heißt: Klimaänderungen, Wechsel in den Höhenströmungen der Luft und damit Orkane wie Lothar.

(Zuruf des Abg. Göbel CDU)

Wir können davon ausgehen, dass bei dieser Entwicklung und angesichts der wachsenden Weltbevölkerung – Kollege Glück hat das Thema angeschnitten – die Zukunftsaussichten düster sind und Zukunftsprobleme auf uns zukommen werden. Es wird Kriege um die Wasserversorgung geben, die alle Konflikte der letzten zehn Jahre wie Frühlingsboten erscheinen lassen werden.

Weitere Auswirkungen dieser kommenden Klimaentwicklung werde ich in der zweiten Runde anschneiden.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe in der Debatte nichts anderes getan, als die Landesregierung an ihren eigenen, öffentlich verkündeten Zielen zu messen. Ich finde, das ist ein ganz fairer Einstieg in eine solche Debatte. Ich habe nicht irgendetwas von ihr verlangt, sondern das, was sie selbst fordert – noch einmal: zum Beispiel die Verdoppelung des Anteils der regenerativen Energien bis zum Jahr 2010. Das haben Sie selbst bekundet. Wo ist Ihr Konzept, um dies umzusetzen? Es ist gar nicht vorhanden, und im Haushalt steht zur Umsetzung eines solchen Konzepts schon überhaupt nichts.

Bezüglich des Verkehrs habe ich dasselbe getan und Sie an Ihrem eigenen Generalverkehrsplan gemessen. Wo wird er in der Praxis umgesetzt? Überhaupt nicht. Wir haben bei den Haushaltsberatungen Elogen auf den Straßenbau gehört, sonst gar nichts.

Das Einzige, was Ihnen in dieser Debatte einfällt, ist die Atomenergie.

(Abg. Hauk CDU: Das ist nicht wahr!)

Wenn es so wäre, wie Sie sagen, müsste es mit dem Ausbau der Atomenergie in Deutschland eine unglaubliche Rückführung der CO2-Emissionen gegeben haben und müssten wir in eine Klimaschutzpolitik hineingekommen sein. Davon kann doch überhaupt keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Der Ausbau der atomaren Energie mit einer bezüglich des Stroms angebotsorientierten Strategie hat ver

hindert, dass dieses Land eine Effizienzrevolution eingeleitet hat, die es in die Lage versetzt, mit möglichst wenig Primärenergieeinsatz möglichst hohe Energiedienstleistungen zu erzielen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist das ganze Ergebnis Ihrer Atompolitik. Es ist immerhin kein Geringerer als der Chef des Umweltbundesamts, der, soviel ich weiß, Ihrer Partei angehört, der genau dies festgestellt hat.

Ich finde, in einer solchen Debatte, in der es um große Risiken durch Klimaveränderung geht, ohne irgendeinen selbstreflexiven Gedanken eine andere Risikotechnologie dagegen ins Feld zu führen ist wirklich der „Ausbund von Intelligenz“. Das muss ich schon sagen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Hauk CDU: Das sagt kein Mensch!)

In die Nordsee – nur um zu zeigen, wo da die Dimensionen liegen – ist schon eine Tonne Plutonium proliferiert, und man hat schon Tauben in der Umgebung von Sellafield gefangen, die radioaktiv verseucht sind. Sie müssen sich einmal vorstellen, was es für eine Zivilisation heißt, wenn Leute Tauben füttern und dadurch radioaktiv kontaminiert werden. Und da stehen Sie einfach so hin und sagen: Wir ersetzen das eine Risiko durch ein anderes, vielleicht noch größeres. Ist das Ihre Zukunftspolitik, mit der Sie unter die Leute gehen wollen? Das kann wohl nicht Ihr Ernst sein.

Was ist Ernst der Sache? Das kann ich Ihnen genau sagen: eine intelligente Effizienzstrategie einzuleiten, die fossilen Energien und überhaupt die Primärenergien zu verteuern, weil der Markt offensichtlich für die ökologischen Risiken blind ist. Das haben alle, die davon ein bisschen etwas verstehen, auch Leute aus Ihren Reihen, genauso gesagt. Das habe ich vorhin zitiert.

Wenn wir das machen, sind wir in der Lage, die kommende Klimaveränderung wenigstens in Grenzen zu halten. Aber nicht nur das. Es ist auch eine intelligente Strategie für unser Land und für seine Arbeitsplätze. Das hat der Abgeordnete von den Reps überhaupt nicht verstanden.

(Abg. Rapp REP: Der versteht alles!)

Es geht eben nicht nur darum, hier etwas zu unternehmen. Das ist zwar entscheidend wichtig: Wenn die Industrieländer nicht vorangehen, wer soll es dann, bitte schön, machen? Wir stellen mit den Effizienztechnologien sozusagen Technologien für die ganze Welt bereit, auf die die anderen Länder zurückgreifen können, und das Tolle daran ist, dass wir damit noch Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung im eigenen Land halten. Das nenne ich eine intelligente Zukunftsstrategie. Von der kann ich bei Ihnen nun wirklich überhaupt nichts erkennen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD)

Wenn man in einer solchen Situation, Herr Kollege Hauk, einfach hemmungslos gegen ein zukunftweisendes Steuerkonzept angeht, das vorsieht, Ressourcen- und Energieverbrauch zu belasten und Arbeit zu entlasten, was alle, die etwas davon verstehen, einschließlich Leuten aus Ihren Rei

hen, immer propagiert haben – ich erinnere an Ihre „Grüne Charta“ –, wenn man dagegen hemmungslos polemisiert, und zwar aus rein populistischen und demagogischen Gründen, ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang die Frage, wie es eigentlich mit den Werten in der CDU steht, noch erlaubt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Sehr richtig!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hauk.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Sage: „Ent- schuldigung, es tut mir Leid!“! – Gegenruf des Abg. Krisch REP: Das soll Herr Kretschmann sa- gen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kretschmann, die Politik, die Sie betreiben, wird nicht dadurch besser, dass Sie sie mit Begriffen wie „intelligent“ etc. versehen. Ich habe vorhin darzustellen versucht – ich würde bitten, mir dabei zumindest einmal zu folgen, und ich appelliere da an Ihre Intelligenz –, dass es bei knappen Haushaltsressourcen Sinn macht, in der Klimaschutzpolitik an die Baustellen zu gehen, die im Klimaschutz auch die größte Effizienz bringen. Unbestritten – auch von Ihnen – ist, dass einer der größten Effizienzbereiche bei der Wärmedämmung, bei der Einsparung, liegt. Genau dort wird das Land tätig. Da vermisse ich die Initiative des Bundes. Der Bund macht im Augenblick bei der Klimapolitik nur potemkinsche Dörfer, nichts anderes.

(Abg. Seimetz CDU: Aber das macht er gut! Eine richtige Schleierpolitik! Keine Schleierfahndung, sondern Schleierpolitik! – Gegenruf des Abg. Brechtken SPD: Das war ein Kompliment von dir!)

Noch einmal: Potenziale im Verkehr. Was machen Sie im Bereich Schienenverkehr? Ich will gar nicht näher darauf eingehen. Ich vermute, der Minister für Umwelt und Verkehr wird es nachher machen. Für den Schienenverkehr haben Sie keine müde Mark zusätzlich, sondern Streichungen von Schienenkonzepten. Was machen Sie bei der Mineralölsteuer? Herr Kollege Kretschmann, da haben Sie durchaus – das will ich gar nicht verkennen – einen richtigen Ansatz, wenn Sie sagen: Wir belasten den Energieverbrauch. Aber Sie tun es nicht wirklich, weil Sie das, was Sie erhalten, zur Querfinanzierung in der Rentenversicherung brauchen, das ist das Problem. Das machen Sie, und deshalb ist das eine reine Abzockerei, nichts anderes.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich behaupte, wir machen etwas in der Verkehrspolitik. Wir machen etwas im großen Bereich der Wärmedämmung. Wir tun etwas im Bereich der Landwirtschaft. Rund 15 % des Verursacherpotenzials des Treibhauseffekts entstammen immerhin dem Bereich der Gülleausbringung. Mit dem neuen MEKA fördern wir jetzt die umweltfreundlichere Ausbringung von Gülle und eine erhebliche Verminderung des Stickstoffausstoßes. Wir fördern den Einsatz von Holz, das CO2 bindet.

(Zuruf des Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man all diese Maßnahmenbündel zusammennimmt, dann lässt sich dieses Paket als Klimaschutzkonzept durchaus sehen. Da brauchen wir uns nicht zu verstecken, sondern muss der Bund erst einmal Entsprechendes gegenleisten.

(Zuruf des Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen)

Das sind die Maßnahmen zur Ursachenbekämpfung. Dann gibt es natürlich auch den Bereich der Reparaturen, die bei der eingetretenen Situation auch notwendig sind.