Nun hat das Land angekündigt – Herr Haas, Sie haben das auch noch einmal aufgegriffen –, es wolle auch Kriterien für Bedarfseckwerte entwickeln, um eine politische Steuerung vorzunehmen. Ich wundere mich aber, dass niemand davon spricht, dass sich die Investitionskostenförderung als Steuerungsinstrument immer mehr als fragwürdig erweist. Herr Minister Repnik, als Sie noch nicht Minister waren, waren Sie auch der Meinung, dass eine Subjektförderung – also das Verfahren, wonach nicht Institutionen, sondern die betroffenen Bürger und Bürgerinnen das Geld bekommen – eigentlich vorzuziehen sei.
Ich wundere mich, dass davon heute gar keine Rede mehr ist, sondern es sehr wohl, wenn auch unter Abschaffung des Pflegeheimverzeichnisses, bei dem bürokratischen Verfahren bleibt. Ich finde, dass diese Frage noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden muss.
Wenn man das nun aber erhält, sind Bedarfseckwerte dann richtig, wenn darin nicht nur die Zahl der Heimplätze, sondern die Versorgungsstruktur insgesamt festgelegt wird. Dazu gehören die Quantität, aber vor allem auch die Qualität der ambulanten Versorgungsstruktur, eine gute Beratung, eine gute Koordination und Vernetzung. Denn wir alle wissen, dass die Frage der gesamten Infrastruktur letztlich darüber entscheidet, wann und mit welchem Grad an Pflegebedürftigkeit Menschen ein Heim in Anspruch nehmen müssen. Das heißt, hier liegen viele Möglichkeiten, stationäre Versorgung zu vermeiden oder zumindest hinauszuschieben.
Ich meine, das Land sollte im Pflegeplan auch inhaltliche Ziele vorgeben und ein Controlling anbieten.
Ich finde – das eint mich jetzt wieder mit der SPD-Fraktion –, die Tatsache, dass sich das Land im Vor- und Umfeld der Pflege nicht nur sehr zurückgehalten, sondern mit der Abschaffung der IAV-Stellen auch noch explizit zurückgezogen hat, macht die Pflegepolitik im Land überhaupt nicht besser.
Es ist ja hier im Landtag sehr beliebt, einen Ländervergleich anzustellen und zu sagen, was andere machen. Es
gab im letzten Jahr noch eine Fachtagung, Herr Minister, auf der sehr deutlich Unbehagen darüber geäußert wurde, dass das Land Baden-Württemberg die Förderung seiner allseits hoch gelobten IAV-Stellen nunmehr einstellt, während andere Länder sich gerade richtigerweise angeschickt haben, so etwas einzuführen. Ich finde, das Thema „Unabhängige Beratung“ ist in keiner Weise erledigt, sondern wird in Zukunft noch wichtiger.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Pflegepolitik darf sich nicht auf die Förderung von stationären Einrichtungen beschränken. Wenn es so wäre, wäre das ein Rückfall in die Zeit vor der Enquetekommission „Menschenwürde und Selbstbestimmung im Alter“. Das kann ja wohl nicht sein.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, hier ist nicht der richtige Ort, einen Nachklapp der Haushaltsberatungen zu führen. Ich werde deshalb auch nicht darauf eingehen.
Mit diesem Gesetz wollen wir zweierlei erreichen, nämlich erstens – es wurde richtigerweise schon angesprochen – eine Kompetenzverlagerung vom Land auf die Stelle, bei der die Aufgaben erfüllt werden, auf die kommunale Ebene. Herr Müller, im Gegensatz zu Ihnen und zur SPD haben wir großes Vertrauen in die kommunale Ebene.
Wir glauben, dass es nicht notwendig ist, diese ständig an einem Zügel zu führen, sondern dass sie verantwortungsbewusst genug sind, ihre Kompetenz und ihre Erfahrungen vor Ort so einzubringen, dass die Versorgung der Menschen gewährleistet ist.
Zweiter Punkt: Deregulierung. Alle schreien immer nach Deregulierung, aber da, wo es nun offenkundig ist – Frau Bender hat dankenswerterweise gesagt, dass es nur ein Nachvollziehen der Kreispflegepläne ist –, dürften doch auch Sie kein Problem damit haben, zu sagen: Weg damit, brauchen wir nicht mehr.
Jetzt wieder vom konkreten Gesetzentwurf weg ein paar Bemerkungen, so wie es die anderen auch gemacht haben. Da ist mir Frau Bender zuvorgekommen. Denn gerade bei der Frage, wie es denn mit den Investitionen weitergehen soll, bin ich fest entschlossen, zusammen mit dem Koalitionspartner für die nächste Legislaturperiode einen zumindest teilweisen Umstieg von der Objektförderung zur Subjektförderung anzugehen. Das wollen und müssen wir.
Das sage ich einmal ganz klar. Für diejenigen, die sich darunter nicht so richtig etwas vorstellen können: Es wäre ja
auch denkbar, die Finanzierung der Investitionen in einer monistischen Art, nämlich dass es die Benutzer mitbezahlen, zu machen. Nur, das würde natürlich zu immensen Kosten für die Benutzer führen.
Was machen wir? Wir bezahlen über die Objektförderung die Einrichtung. Damit kann die Benutzergebühr niedriger sein. Damit fördern wir natürlich wiederum mit der Gießkanne alle, die diese Einrichtungen nutzen. Diejenigen, die es bezahlen könnten, werden auch gefördert, die anderen sowieso. Deswegen die Überlegung, ob wir nicht zu einem einkommensabhängigen Pflegewohngeld kommen. So möchte ich es einmal nennen.
Darüber können wir reden. Ich glaube, das ist auch den Schweiß der Edlen wert, Frau Bender, Herr Sozialminister, Herr Haas. Sie haben in Ihren Arbeitskreisen darüber gesprochen, und wir haben uns auch schon darüber unterhalten.
Ich denke, das ist generell in der Sozialpolitik der Weg der Zukunft: Subjektförderung vor Objektförderung. Das ermöglicht auch eine sehr viel flexiblere, bedarfsgerechtere und den Bedürfnissen der Menschen gerecht werdende Lösung.
Jetzt noch, weil das natürlich unvermeidlich immer wieder kommt, die Frage nach der Ausbildungsumlage. Fakt ist nun einmal, dass dazu gerichtliche Auseinandersetzungen anstehen. Es ist mir aber schon wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, woran diese sich entzündet haben. Wir sollten nicht so tun, als ob damit der gesamte Pflegebereich ein Problem hätte. Vielmehr sind die ambulanten Pflegedienste gerade an uns herangetreten,
indem sie gesagt haben: Unsere ambulanten Dienste sind massiv gefährdet; wir dürfen gar nicht ausbilden und müssen eine Umlage bezahlen, und zwar auch noch nach einem Schlüssel, der nicht nur die Pflegeberufe, sondern auch die hauswirtschaftlichen Berufe betrifft.
Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Deswegen gab es gar keine andere Möglichkeit. Ich denke, wir werden zu einer Lösung kommen. Die Lösung wäre natürlich, mehr Geld in die Pflegeversicherung fließen zu lassen, damit auch die Ausbildungsvergütungen über den Pflegesatz, was ja rechtlich möglich ist, finanziert werden könnten.
Wenn Sie hier so viel fordern und wünschen, frage ich einfach einmal Rot-Grün in Berlin: Wo bleibt denn die lange
versprochene Verbesserung für Demenzkranke in der Pflegeversicherung? Das wäre auch den Schweiß der Edlen wert.
Letzte Bemerkung: Ich habe vor kurzem eine Pressemitteilung erhalten, die statistisches Material zur Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in Pflegeberufen, speziell in der Altenpflege, darlegte. Dies zeigt eindeutig: Gerade bei den jungen Menschen gibt es den Trend, verstärkt die Attraktivität dieser Pflegeberufe zu sehen. Die Zahlen steigen auch; und ich als Politiker werde nicht müde, darauf hinzuweisen: Das ist ein klassischer Dienstleistungsberuf mit wachsenden Chancen, schon allein aufgrund der Demographie. Es ist nicht schlechter, mit Menschen umzugehen, als am Band einen Daimler zusammenzuschrauben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben schon öfter erlebt, dass beim Einbringen von Gesetzentwürfen auf eine Aussprache verzichtet wurde. Meine Fraktion und insbesondere ich selbst haben das immer kritisch betrachtet. Wir haben immer gefordert, Gesetzesfolgen und -folgekosten zu analysieren, bevor einem Gesetz zugestimmt wird.
Im vorliegenden Fall erleben wir einen Gesetzentwurf, zu dem eine Aussprache eigentlich überflüssig ist. Worum geht es? Es werden einige grammatikalische Änderungen durchgeführt; das Komma nach dem Wort „Bevölkerung“ wird durch das Wort „sowie“ ersetzt. Es ändert sich nichts an Zuschüssen oder Fördermaßnahmen; und der Herr Minister hat in seiner Einführungsrede alles gesagt.
Dem Kollegen Dr. Müller muss ich widersprechen. Das Pflegeheimverzeichnis wird durch die Landesregierung nicht neu bewertet, Herr Kollege, sondern das ist ein reiner Verwaltungsakt. Was schon besteht, wird neu geschrieben.
Die Frage der Ausbildungszulage hat der Herr Minister auch erwähnt. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es wurde die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Sozialausschuss vorgeschlagen. – Sie stimmen der Überweisung zu.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes, des Landesrichtergesetzes, des Ernennungsgesetzes und des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg – Drucksache 12/4794
Das Präsidium hat für die Aussprache nach der Begründung durch die Regierung eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.