Und wenn es schwierig wird, dann gibt es nach diesem Referentenentwurf die Möglichkeit, dass die Kammer bzw. in der Berufungsinstanz der Senat entscheidet. Jetzt sagen Sie mir einmal, wo da die Bürgernähe fehlt!
(Abg. Haas CDU: Was wissen Sie über die Amts- gerichte? – Zurufe der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP und Rech CDU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung zu dem Thema, das die FDP/DVP für diese Aktuelle Debatte gewählt hat, mit dem sie so sehr auf die Frage „Bürgernaher Rechtsstaat?“ abhebt. Wenn ich die vier Jahre meiner Landtagszugehörigkeit Revue passieren lasse und versuche, die Begrifflichkeit der Bürgernähe und die Glaubwürdigkeit
insbesondere auch der FDP/DVP – natürlich auch der CDU, aber sie hat ja diese Debatte nicht beantragt –
auf den Prüfstand zu stellen, muss ich feststellen, dass es mit Ihrer Bürgernähe nicht sehr weit her ist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)
Erstens: Wenn Sie eine Debatte zum großen Lauschangriff, wie sie hier in diesem Hause auch vonseiten der FDP/DVP geführt worden ist – das Ausspähen von Wohnungen, die Unverletzlichkeit der Wohnung über Bord geben usw. –, unter Bürgernähe verstehen, meine Damen und Herren, dann führen wir die Debatte gerne.
(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das war jetzt polemisch! – Zurufe der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP und Redling SPD)
ist zum Beispiel das Thema „anlassunabhängige Polizeikontrolle“. Wenn Sie, Herr Kollege Kiesswetter, von Bürgernähe reden, haben Sie immer zwei Begrifflichkeiten im Kopf. Sie definieren Bürgernähe so, wie Sie sie sich vorstellen. Bürgernähe heißt für Sie, dass die Polizei an jeder Ecke und an jedem Ende kontrollieren kann.
Aber lassen Sie mich zu dem Gesetzentwurf etwas sagen. Da habe ich auch den Eindruck, wie dies Kollege Bebber schon ausgeführt hat, dass Sie wahrscheinlich gar nicht auf dem aktuellen Stand der Dinge sind,
obwohl der Referentenentwurf mit Begründung, jedenfalls als Zusammenfassung, im Internet steht. Es wäre ganz sinnvoll gewesen, wenn Sie sich ihn angeschaut hätten.
Um die Zeitkontingente nicht zu überschreiten, darf ich Ihnen vier Grundzüge dieses Gesetzentwurfs darstellen, und dann führen wir die Debatte. In der zweiten Runde können Sie ja dann nochmals Stellung nehmen.
Erstens: Es geht bei der Reform der Zivilgerichtsbarkeit im Übrigen eigentlich auch um eine Angleichung an alle anderen Gerichtsbarkeiten in diesem Staat. Alle anderen Gerichtsbarkeiten sind vom Aufbau her so strukturiert, wie es jetzt in diesem Referentenentwurf für die Zivilgerichtsbarkeit vorgesehen ist, mit der Ausnahme – das hat Herr Kollege Bebber schon erwähnt –, dass die Amtsgerichte sehr
wohl – entgegen Ihren Aussagen – erhalten bleiben können. Die Amtsgerichte und die Landgerichte sollen Eingangsgerichte sein.
Das heißt, wir wollen hier nur eine Angleichung der Verfahrenswege und der Verfahrensebenen an alle anderen Rechtssysteme.
Lassen Sie mich jetzt konkret etwas zu dem Entwurf sagen. Der Entwurf versucht, möglichst viel ohne Gericht zu erledigen. Das ist – so ist jedenfalls meine Berufsauffassung – eigentlich auch der Job des Anwalts,
der Entwurf zur außergerichtlichen Streitschlichtung – diesen Weg hat ja die neue Bundesregierung eröffnet –, den der Justizminister jetzt vorgelegt hat, ist richtig.
Möglichst viel soll verhindert werden, und möglichst viel soll gar nicht zum Gericht kommen. Darüber sind wir uns doch in diesem Haus einig.
Zweiter Punkt: Stärkung der Eingangsinstanz. Die Belastung der Eingangsinstanz ist unbestritten, Kollege Kiesswetter. Aber wie wollen wir das denn verbessern? Wir verbessern die Situation doch nur dadurch, dass wir die Eingangsinstanz personell und inhaltlich stärken. Nichts anderes aber sieht der Gesetzentwurf vor. Sie haben dazu keine Vorschläge gemacht. Sie nörgeln herum, sprechen von dummem Zeug und sagen, das sei nur Rederei.
Selbstverständlich ist es das größte Justizreformvorhaben der vergangenen hundert Jahre, Kollege Reinhart, wenn es gelingt, es umzusetzen.
Zwei weitere Punkte möchte ich noch in aller Kürze nennen: Der Gang des Verfahrens soll für die Parteien transparenter werden. Das soll dadurch erreicht werden, dass die Aufklärungs- und Hinweispflichten der Richter verstärkt werden.