Protocol of the Session on February 3, 2000

Die Bundesregierung hat ein 100 000-Dächer-Programm aufgelegt. Wir werden uns hier nicht einig über die Förderung des Landes; aber vielleicht könnten wir uns einig werden darüber, dass es auch wichtig wäre, hier Pilotfunktion einzunehmen. Wenn nämlich eine solche Anlage auf dem Landtag installiert wäre, wo alle Leute sie sähen, über die dann viel gesprochen würde und die auf Bildern zu sehen wäre, würden doch die kleinen Häuslebauer sich viel eher ermutigt fühlen, diesen Schritt auch zu gehen. Das heißt, das Land würde Vorgaben machen, damit auch hier ein technischer Schub zur Energiewende einsetzt, der sowohl wirtschaftliche Chancen als auch umweltpolitische Vorteile bringt.

Deswegen ist das nach meiner Meinung auch kein Grund für Eifersüchteleien. Ich sage das in Richtung der SPDFraktion. Herr Kollege Birzele, offensichtlich ist der Dissens auch nicht mehr so groß. In Ihrem Antrag taucht jetzt auch die Photovoltaik auf. Da hoffe ich doch auf Zustimmung zu unserem Antrag.

Was Ihren Vorschlag angeht, die Lichtverhältnisse im Plenarsaal zu verbessern,

(Abg. Scheuermann CDU: Das wäre wichtiger!)

wäre das schön, auch wenn ich es persönlich wohl nicht mehr erleben werde. Ich erinnere aber daran, dass das unter Umständen sehr teuer wird. Wenn wir Ihnen also zustimmen, ist das noch keine Zustimmung zu einem größeren Finanzvolumen, sondern das müsste man noch klären.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sie können ja mal als Be- sucherin kommen! Da tut es Ihnen auch gut! – Abg. Brechtken SPD: Man soll nie „nie“ sagen!)

Bezüglich der Photovoltaikanlage sage ich in Richtung Regierungsfraktionen: Geben Sie sich einen Ruck. Das würde nicht viel Geld kosten und stünde uns allen gut an.

Jetzt rede ich über den großen Sprung, nämlich die Verkleinerung des Landtags. Herr Kollege Birzele hat schon viel gesagt zu den Problemen des Wahlrechts und den Disparitäten, die hier entstehen. Das will ich nicht wiederholen, denn die Feststellung, dass der Landtag mit seinen 155 Abgeordneten bei einer Regelgröße von 120 Abgeordneten doch sehr groß ist und daraus viele Probleme entstehen, ist ja nicht neu. Dazu sind schon viele Reden gehalten worden, übrigens auch von der FDP/DVP-Fraktion in früheren Zeiten, als sie noch in der Opposition war.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Auch in dieser Legislatur- periode! Die Position ist klar! – Abg. Brechtken SPD: Im Reden sind die stark!)

Dann frage ich doch, Herr Kollege Pfister: Wo sind die Taten?

Es ist nun einmal ein Problem, wenn hier mehr Abgeordnete anwesend sind, als für eine zügige und effiziente Arbeit nötig sind. Jeder Abgeordnete versucht – das ist auch subjektiv legitim –, in seinem Wahlkreis nachzuweisen, dass er etwas tut, und schreibt deswegen viele Anträge. Mit Parlamentsökonomie hat dies aber nichts zu tun. Deswegen gibt es schon Gründe, für eine schlankere und effizientere Struktur zu sorgen.

Ich will dazusagen, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass ein solcher Schritt auch von hohem symbolischem Wert wäre. Warum? Weil er nämlich eine Reformwilligkeit dokumentieren würde, die auch ein Signal an die Bevölkerung wäre, dass Reformen auch dann gemacht werden, wenn sie Einschnitte zulasten der eigenen Interessen bedeuten. Denn natürlich würde eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise, würde eine Verringerung der Zahl der Mandate insgesamt – wir schlagen ja vor: nur noch 50 Direktmandate und 50 über möglicherweise regionale Listen oder über die Zweitauszählung – bedeuten, dass es insgesamt weniger Mandate und Mandatsaussichten gibt. Ich will hier nicht von Pfründen sprechen. Natürlich haben Leute, die sich in der Politik engagieren, ein Interesse daran, auch mal ein Mandat wahrzunehmen. Das ist auch gut so. Aber vielleicht sollte es auch einmal die Bereitschaft geben, im übergeordneten Interesse zu sagen: Gut, dann werden alle Fraktionen kleiner, und dann werden auch die Aussichten derer, die bisher am ehesten Direktmandate gewonnen haben, kleiner.

Es muss doch möglich sein, dass so eine Entscheidung auch dann, wenn davon Leute betroffen sind, durchgeführt werden kann. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, diese Entscheidung muss als politische Willensbekundung jetzt erfolgen, jetzt, noch in dieser Legislaturperiode, damit überhaupt der nächste Landtag am Anfang das Wahlrecht ändern kann. Denn sonst werden wieder alle Bedenkenträger aufstehen und sagen: Die neu gewählten Abgeordneten haben sich darauf eingerichtet, dass es so ist, und die genießen jetzt Vertrauensschutz.

So, meine Damen und Herren, kommen wir nie zu etwas. Deswegen legen wir Ihnen jetzt einen Entschließungsantrag vor, der die Verkleinerung des Landtags zum Ziel hat, und dies ist auch ein Test für die Reformfähigkeit und Reformwilligkeit der Regierungsfraktionen. Ich spreche da beide an. Diesen Test sollten Sie bestehen. Es sollten nicht immer nur Beamtenstellen abgeschafft werden, sondern es dürfen auch mal Abgeordnetenmandate sein.

An dieser Stelle will ich noch die Gelegenheit nutzen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtags, die für uns sehr wichtige Dienstleistungen erbringen, herzlichst zu danken.

Danke schön.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteilte ich Herrn Abg. Drautz.

(Abg. Brechtken SPD: Der Landtag und der Wein!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aussprache über den Haushalt des Landtags ist eine gute Gelegenheit – wie man auch bei den Vorrednern schon gesehen hat –, sich mit den ureigensten Angelegenheiten des Parlaments zu befassen und sich auch Gedanken über den Stellenwert des Parlaments zu machen. Angesichts der knappen Zeit, die ich heute zur Verfügung habe,

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: No net hudla!)

möchte ich zwei Punkte ansprechen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zunächst einige Anmerkungen zum Ablauf der Plenarsitzungen. Der Stellenwert eines Parlaments hängt unter anderem auch davon ab, wie sich das Parlament nach außen hin darstellt. Parlamentsdebatten sind gewissermaßen Schaufenster des Parlaments. Schon von daher macht es Sinn, die Gestaltung dieser Debatten kritisch zu beleuchten.

(Zurufe der Abg. Kuhn und Dr. Schäfer Bünd- nis 90/Die Grünen)

Für mich stellt sich die schlichte Frage, ob die derzeitige Debattenstruktur des Landtags, Herr Kuhn, auf die wir uns nach langen Beratungen in der Geschäftsordnungskommission geeinigt haben, tatsächlich angemessen ist. Obwohl ich selber daran mitgewirkt habe, muss ich Ihnen offen eingestehen, dass ich mit dieser Debattenstruktur alles andere als zufrieden bin. Es ist zwar gelungen, die Zahl der Aktuellen Debatten von acht auf sechs an zwei aufeinander folgenden Plenartagen zu reduzieren, doch hatte ich mir davon auch mehr Effektivität im Hinblick auf die Themen der Debatten und vor allem mehr Originalität versprochen.

Die parlamentarische Wirklichkeit hingegen sieht anders aus. Bei vielen Aktuellen Debatten ist die Frage zu stellen, worin eigentlich ihre Aktualität besteht.

(Abg. Scheuermann CDU: Sehr gut!)

Auch die zunehmende Tendenz, im Landtag von BadenWürttemberg so genannte Berliner Schattendebatten zu führen, stimmt nachdenklich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Der landespolitische Bezug dieser Debatten ist häufig an den Haaren herbeigezogen.

Gestatten Sie mir auch noch die Feststellung: Der Landtag von Baden-Württemberg befasst sich einfach mit zu vielen Themen. Um dem abzuhelfen, wäre es vielleicht gar nicht falsch, zukünftig weniger oder kürzere Plenarsitzungen vorzusehen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Brechtken SPD: Oder gar keine mehr! Dann hätten wir gar kein Problem!)

Wenn hier weniger Zeit zur Verfügung steht, kann auch nicht so viel geredet werden.

(Heiterkeit – Abg. Brechtken SPD: Das ist un- glaublich!)

Der Zwang, meine Damen und Herren, sich auf das Wesentliche zu beschränken, wäre sicher heilsam.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Die Forderung nach einer geringeren Zahl und einer kürzeren Dauer der Plenarsitzungen ist nicht neu, muss ich Ihnen von der SPD sagen. Auch Herr Kollege Vizepräsident Birzele hat dieses Thema schon einmal hier im Plenarsaal aufgegriffen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, den die Vorredner schon angesprochen haben, nämlich die Größe des Landtags. Mit dem derzeitigen Stand von 155 Abgeordneten wird der Landtag nicht effizienter und die Qualität der parlamentarischen Arbeit nicht besser. Nach meiner festen Überzeugung kann auch ein kleinerer Landtag seinen Verfassungsauftrag erfüllen.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: So ist es!)

Zum schlanken Staat gehört schließlich auch ein schlankes Parlament.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Und schlan- ke Abgeordnete! – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Was für eine Konfektionsgröße haben Sie, Herr Drautz?)

Gewiss, ohne die Reduzierung der Anzahl der Wahlkreise ist dies nicht möglich. Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP/DVP haben in ihrer Koalitionsvereinbarung eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise vorgesehen. Ich muss hier selbstkritisch einräumen, dass wir dieses Ziel in dieser Legislaturperiode nicht erreicht haben, weil wir Freien Demokraten uns mit unserem Koalitionspartner nicht über die Größenordnung hinsichtlich der Reduzierung der Zahl der Wahlkreise einigen konnten. Der SPD ist es in der vorhergegangenen Koalition ähnlich ergangen. Für mich und meine Fraktion steht jedenfalls fest: Um eine unnötig große Zahl von Überhang- und Ausgleichsmandaten zu vermeiden, darf die Zahl der Wahlkreise nur halb so groß sein wie die Mindestzahl der Mitglieder des Landtags.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, der im nächsten Jahr zu wählende Landtag wird um eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise und eine umfassende Wahlkreisreform nicht herumkommen. Ein Teil der Landtagswahlkreise hat inzwischen eine Größenordnung erreicht, die verfassungsrechtlich problematisch ist. Eine Neuzuschneidung der Wahlkreise ist deshalb geboten. Das geltende Landtagswahlrecht gewährleistet keine Chancengleichheit zwischen den Wahlkreisen, da die Zahl der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen extrem unterschiedlich ist.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sind Sie hier in der Opposition oder in der Regierung?)

Um eine echte Chancengleichheit zwischen den Wahlkreisen herzustellen, darf die maximale Abweichung vom Durchschnitt nur 5 000 Wahlberechtigte betragen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Kuhn Bünd- nis 90/Die Grünen: Könnten Sie das wiederholen?)

Ich wiederhole gern, Herr Kuhn, dass die maximale Abweichung nach oben oder unten nicht mehr als 5 000 Wahlberechtigte betragen darf, wenn man eine gerechte Lösung im Land haben will. Es ist für die Grünen genauso wie für die anderen kleineren Parteien von Bedeutung, dass hier mehr Gerechtigkeit erreicht wird. Derzeit ist es so, dass Kandidaten in manchem Wahlkreis von vornherein wissen, dass sie den Sprung in den Landtag aufgrund der geringeren Zahl der Wahlberechtigten in ihrem Wahlkreis überhaupt nicht schaffen können. Wie auch immer: Eine späte Einsicht ist besser als gar keine.

Das wissen meine Freunde in der CDU-Fraktion. Sie werden schon noch rechtzeitig dem Herrn Landtagspräsidenten folgen, der sich bekanntlich seit langem ebenso für eine Verkleinerung des Landtags einsetzt, wie wir das tun.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir am Ende meiner Ausführungen die Feststellung, dass die Mitglieder eines Parlaments gute Arbeit nur leisten können, wenn sie gute Mitarbeiter haben. Das ist in Baden-Württemberg der Fall. Die Mitarbeiter des Landtags leisten nicht nur gute, sondern hervorragende Arbeit, ihr Engagement ist vorbildlich. Namens der FDP/DVP-Landtagsfraktion möchte ich mich bei allen Mitarbeitern des Landtags ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der FDP/DVP)