Stellen Sie sich vor, Sie wären an einem Ort in der Dritten Welt geboren und hätten das gleiche soziale und demokratische Verständnis, das Sie heute haben. Ich frage Sie: Würden Sie kämpfen? Ich hoffe: ja. Das ist die Ausgangssituation für viele Menschen, und das ist die Ausgangssituation für Entwicklungszusammenarbeit.
Ich frage, ob Sie für mehr Gerechtigkeit kämpfen würden. Wenn Sie das mit Bürgerkrieg übersetzen, ist das Ihre Auslegung, aber nicht meine.
Es geht um Bemühungen, diese Benachteiligungen, über die ich rede – – Es wäre besser, wenn Sie zuhören würden, Herr Kollege. Jetzt werde ich doch scharf, aber das liegt nicht an Ihnen.
Es wäre sinnvoll, mehr zu tun, damit solche Konflikte entschärft werden. Deswegen ist Entwicklungszusammenarbeit auch ein Beitrag zur Friedenssicherung.
Neben diesen konkreten partnerschaftlichen Aspekten spielt meiner Meinung nach eine weitere Partnerschaft eine Rolle, die für uns als Land auch sehr wichtig ist. Ich meine
strategische Partnerschaften. Weil wir exportorientiert sind, sollten wir alles dafür tun, dass dort, wo wir Stärken haben – ich nenne zum Beispiel den Umweltschutzbereich und die Technologie dazu –, diese unterstützt und in globalen Abkommen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass solche Technologien stärkere Verbreitung finden. Ich bin der Meinung, es liegt in unserem eigenen Landesinteresse, dass wir dafür bessere Voraussetzungen schaffen.
Spätestens seit Seattle müssten doch alle kapiert haben, welch große Rolle multilaterale Abkommen zum Beispiel in Bezug auf den Klimaschutz haben. Dafür sollten wir stärker positive Weichen stellen – in unserem Interesse, im globalen Interesse und natürlich auch im Interesse der benachteiligten Regionen.
Jetzt habe ich lange genug gestritten; ich bin sehr gespannt, ob sich Kollege Wieser an sein Wort hält und nicht mehr dazu spricht.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Deuschle REP: Sie lassen ja nicht einmal eine Zwischenfrage zu!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Entwicklungszusammenarbeit ist primär die Aufgabe des Bundes. Baden-Württemberg leistet auf dem Boden der Freiwilligkeit sehr viel.
Es ist sicher richtig, dass wir die Beträge in den letzten Jahren zurückgeführt haben. Wir waren lang uneingeschränkt die Nummer 1, in der Zwischenzeit sind wir in der Tat auf dem zweiten Platz. Aber wenn Sie sich das Ranking anschauen, stellen Sie fest, dass wir gar nicht schlecht liegen. Auch auf dem zweiten Platz sind es immerhin jedes Jahr mehr als 20 Millionen DM.
mit der Möglichkeit, durch Umschichtungen auf 2 Millionen DM zu kommen. Dieses Geld wurde nicht einmal abgerufen. Für dieses Jahr sind 1,4 Millionen DM in den Haushalt eingestellt. Ich hoffe, dass diese Mittel abgerufen werden.
Meine Damen und Herren, wo wird Entwicklungszusammenarbeit geleistet? Es ist sicher ein gewisses Problem,
dass sie den ärmsten Ländern eigentlich kaum zugute kommt, sondern meistens die Schwellenländer davon profitieren. Es liegt zum Teil auch in der Natur der Sache, dass für die Entwicklungszusammenarbeit – im Gegensatz zu einer Nothilfe, die man wirklich den Ärmsten leistet – in dem jeweiligen Partnerland zumindest ein gewisses Maß an Basisstrukturen erforderlich ist.
In diesem Zusammenhang – das wird immer wieder kritisiert – ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass BosnienHerzegowina zu diesen Entwicklungsländern gezählt wird. Die OSZE sieht das ja genauso. Das Starthilfeprogramm, für das bis vor zwei Jahren Mittel in unseren Haushalten enthalten waren, umfasst ebenfalls echte und originäre Kosten der Entwicklungszusammenarbeit. Das ist so.
Beim Lesen des Berichts des Wirtschaftsministeriums fällt auf, dass die Zahl der Kleckerbeträge im Vergleich zu früheren Jahren zurückgegangen ist.
Das ist richtig. Ich ermuntere Sie dazu, noch mehr Positionen zu durchforsten mit dem Ziel, Minimalposten zu streichen, sich dafür aber auf einige größere Punkte zu konzentrieren, denen man dann auch wirklich einen Stempel aufdrücken kann.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ist ein fairer Handel mit den betreffenden Ländern notwendig. Ich bedanke mich sehr bei den EineWelt-Läden.
Besten Dank, Herr Zeller. Das war das erste Mal, dass ich von Ihnen Beifall erhalte. Das freut mich sehr.
Ich bedanke mich aber auch bei Konzernen, die in ihre Angebotspalette inzwischen Produkte aus Entwicklungsländern aufgenommen haben, und zwar Produkte, die über ein Öko-Label und ein Sozial-Label verfügen müssen. Letztlich ist der faire Handel mit diesen Ländern genauso wichtig wie das Ankurbeln der Produktion in dem jeweiligen Land.
Herr Schmiedel, noch ein Wort zur Transferstelle. Darauf wollte ich eigentlich gar nicht eingehen. Natürlich spricht manches für eine zentrale Transferstelle des Bundes. Aber wenn wir Geld zur Verfügung stellen, müssen wir genau wissen, was wir dafür einkaufen. Zunächst einmal zu finanzieren und nicht so richtig zu wissen, was dabei herauskommt, das darf jedoch nicht sein. Vor allem möchte ich auch – speziell für die kleinen NGOs – eine etwas näher gelegene Anlaufstelle haben als eine zentrale in Bonn.
Meine Damen und Herren, trotz aller Wünsche nach humanitärer Hilfe gilt für die Entwicklungszusammenarbeit – das darf man auch aussprechen –, dass sie sehr eng mit der Außenhandelsförderung verknüpft ist. Wichtig sind Wirtschaftsverbindungen mit den betreffenden Ländern. Wir müssen uns in stärkerem Maß an Ausbildungsprojekten beteiligen. Wir brauchen Studenten hier in Deutschland, Studenten, die auch internationale Studiengänge aufnehmen.
Sehr wichtig ist auch die Postgraduiertenförderung. Attraktiv ist das Fernstudium – vor allem, weil das sonst sehr teuer wäre –, das gegenwärtig an der Universität Karlsruhe aufgelegt wird. Ich denke, das ist eine sehr effektive und sehr kostengünstige Möglichkeit.
Eine Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern wie China ist nach meinem Dafürhalten ausschließlich unter Außenwirtschaftsförderungsaspekten zu sehen.
Angesichts der Bevölkerungszahlen und der Altersentwicklung in der EU auf der einen und in den Entwicklungsländern auf der anderen Seite sehen wir, wie wichtig Entwicklungszusammenarbeit letztlich ist, um für die betroffenen Menschen eine Möglichkeit zu schaffen, sich in ihrem Land vernünftig fortzuentwickeln. Letztlich ist das eine Voraussetzung für unser eigenes Überleben. Ich meine das wörtlich. Wir müssen lernen, für unsere eigene Zukunft mehr abzugeben.
Meine Damen und Herren, das ist die letzte Rede beim letzten Tagesordnungspunkt. Ich wünsche Ihnen allen einen Wahlkampf ohne Blessuren und ein fröhliches Wiedersehen im Sommer.