anstatt für eine seriöse Politik zugunsten der Entschuldung und zugunsten der eigentlichen Kernaufgaben unseres Landes.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist wirklich die Frage, ob es klug ist, solche Debatten in der Fasnetswoche anzusetzen. Wenn ich mir den Beitrag des Herrn Kollegen Scheffold vergegenwärtige, muss ich wirklich sagen: ein paar Tage zu früh. Ein anderer Zeitpunkt wäre besser gewesen.
(Abg. Nagel SPD, auf Ministerpräsident Teufel zeigend, der sich mit Abg. Dr. Inge Gräßle CDU unterhält, die ein grünes Kostüm trägt: Er schäkert gerade mit einer „Grünen“!)
Das erste Mal seit neun Jahren war ich wirklich fast versucht, der Begründung von Herrn Dr. Schlierer zu folgen;
sie war nämlich aufs Tüpfele richtig: Das ist keine Regierungserklärung. Sie haben in den letzten Jahren schon des Öfteren Regierungserklärungen zu diesem Thema abgegeben. In einer unsäglich dürftigen Art und Weise geben Sie hier eine Erklärung ab,
die nicht einmal eine Haushaltsrede ist – obwohl wir gar keine Haushaltsberatungen haben. Normalerweise müsste so etwas in einen Nachtragshaushalt einfließen. So war es in diesem Hause immer guter Brauch. Davon ist nichts zu spüren. Wenn Sie hier vier Wochen vor der Wahl eine Regierungserklärung abgeben, frage ich mich, für welche Regierung Sie eigentlich sprechen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: So ist es! Zuerst sind Wahlen, und dann schwätzen wir weiter! – Abg. Haasis CDU: Für die jetzige und die künftige!)
Insofern bleibt übrigens noch die Frage, ob es dann noch „Erwin 3“ heißt oder nicht eher „Ute 1“. Das müsste man auch noch diskutieren.
Das Schauspiel, das hier gegeben wird, hat den Titel: „1,2 Milliarden DM für den Machterhalt von Erwin Teufel“. Nur: Ob das zu diesem Machterhalt reichen wird, warten wir doch besser noch ab.
Herr Maurer hat richtig gesagt: Es geht nicht mehr um die Frage, an wen verkauft wird. Das haben wir in diesem Land schon oft diskutiert. Aber das Zitat aus dem „Handelsblatt“ ist richtig. Wir haben hier wahrscheinlich noch eine Gnadenfrist von fünf Jahren, wie das „Handelsblatt“ schreibt, und dann wird die EnBW das Vertriebsbüro der EdF in Deutschland. Das sollten wir hier nicht mehr diskutieren; das ist einfach klar. Auch Sie können keine Garantien für die Arbeitsplätze geben. Das Argument hat man heute auch nicht mehr so laut gehört.
Die Frage, die wir hier diskutieren müssen, ist eine ganz andere: Ob es der richtige Weg war, die Privatisierungser
löse und andere Landesbeteiligungen in eine gemeinnützige Gesellschaft einzuschließen. War das der richtige Weg,
oder entstehen dadurch nicht erst andere Probleme, die man vorgibt, lösen zu können? Es ist kein Geheimnis, dass wir von der Stiftungslösung nichts halten.
Ich will dazu sagen, Herr Kollege Pfister: Am Anfang hatten wir Sympathien für diese Lösung, aber je näher man sich das angeschaut hat,
desto mehr hat man gemerkt, dass es schlichtweg nicht funktioniert. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, welche Kriterien der Rechnungshof in der Finanzausschusssitzung, in der dies beraten wurde, aufgestellt hat, damit das Ganze funktioniert, damit es steuerrechtlich und haushaltsrechtlich funktioniert.
All diese Bedingungen, meine Damen und Herren, sind nicht erfüllt. Die erste Bedingung war: Die gefundene Lösung muss steuerrechtlich unangreifbar sein. Hier fangen die Schwierigkeiten schon an, abgesehen davon, dass auch die Kriterien, die vorliegen müssen, damit die Landesstiftung dem Land Mittel zuwenden kann, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden, einigermaßen restriktiv ausgelegt sind.
Erstens: Die Zuwendungen der Landesstiftung an das Land dürfen nur für steuerbegünstigte Zwecke erfolgen, das heißt, sie müssen gemeinnützig sein. Das sind enge Regeln. Wenn ich sehe, was Sie da alles machen, wird es einem ganz anders.
Zweitens: Da es sich um Zuwendungen an das Land, das heißt eine nicht steuerbegünstigte Körperschaft, handelt, muss die Landesstiftung als zuwendende Körperschaft die Zweckbindung festlegen.
Sie muss dann drittens dafür Verantwortung tragen, dass die Mittel zeitnah und zweckentsprechend durch das Land ausgegeben werden. Ansonsten trägt die Landesstiftung das Rückforderungsrisiko.
Und viertens – das ist ganz wichtig –: Das Land darf durch die Zuwendungen keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen, es darf insbesondere keine eigenen Mittel einsparen. Wenn ich mir aber anschaue, was Sie hier alles auflegen, dann kann ich nur sagen: Sie stopfen jetzt Ihre Haushaltslöcher mit dem allem. Da muss ich schon fragen: Wo ist denn die Gemeinnützigkeit?
Wenn man das alles ernst nimmt und danach handelt, dann werden die Handlungsspielräume des Landes – und das ist der zweite Punkt, den uns der Rechnungshof ins Stamm
buch geschrieben hat – in nicht vertretbarer Weise eingeengt. Sie und wir alle werden dann gezwungen sein, das Wohl des Landes durch die Brille der Gemeinnützigkeit zu betrachten. Die Schlüsselfrage, die uns alle hier beschäftigen wird, wird in Zukunft lauten: Wie werde ich gemeinnützig? Da laufen dann ganz tolle Dinge. Da wird jetzt schon an Vereinen gestrickt, die sich extra gründen, um das Kriterium der Gemeinnützigkeit zu erfüllen. Da kann man sich tolle Sachen vorstellen. Da kommt dann der Undercover-Wirtschaftsförderer von der gemeinnützigen Weiterbildungs-GmbH. Man darf übrigens auch noch gespannt sein, wie sich die Förderkulisse des Landesgewerbeamts unter diesen Rahmenbedingungen verändern wird.
Aber auch die Rechte des Landtags – hier geht es um die Demokratie, hier geht es um die Frage, was wir hier eigentlich noch zu sagen haben – werden in unverantwortlicher Weise eingeengt. Das wird dann so laufen: Dann kommt die Stiftung wie der Weihnachtsmann in den Landtag und packt Geschenke aus. Wir, der Landtag, können dann nur noch wie die Kinderlein sagen: „Gut, nehmen wir“ oder „Passt uns nicht, nimms wieder mit“. Das heißt, wir haben keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten mehr. Wenn Sie sagen, das werde ja dadurch geheilt, dass im Aufsichtsrat der Stiftung zu 50 % auch Parlamentarier vertreten seien, dann will ich Sie einmal darauf hinweisen, dass ein Abgeordneter im Aufsichtsrat einer Stiftung natürlich das Wohl der Stiftung im Auge zu haben hat und nicht mehr frei handelnder und nur seinem Gewissen verantwortlicher Abgeordneter ist. Diese Trennung sollte man intellektuell redlich eigentlich schon noch aufrechterhalten.
Kommen wir zum dritten Punkt, den uns der Rechnungshof aufgegeben hat. Er hat gesagt: Die Lösung darf nicht neue, noch nicht überschaubare Probleme verursachen. Aber genau das tut sie. Das kleinste Problem wird wohl sein, dass wir, der Landtag, im Haushalt sparen müssen, so wie wir das auch früher schon getan haben, und umgekehrt die Stiftung dann diejenige ist, die die Wohltaten übers Land verteilt. Da haben wir als Landtag aber nichts mehr zu sagen. Das, meine Damen und Herren, ist der Abschied von Demokratie, das ist die Refeudalisierung von Landespolitik. Wir schaffen einen Schattenhaushalt, der nicht mehr demokratisch legitimiert ist. Das ist der Stoff – da kennen Sie sich ja nach 50 Jahren Regierung aus –, aus dem der Filz in diesem Land besteht, meine Damen und Herren.
Man kann es auch anders formulieren: Der Weg vom Verkauf von Landesvermögen an die Landesholding – Sündenfall 1983 Lothar Späth – bis hin zur Landesstiftung, das ist die Chronik des demokratischen Verfalls, das ist der Abschied von demokratischer Mitwirkung und Kontrolle.
Deshalb, Herr Ministerpräsident, fordern wir Sie auf: Machen Sie Schluss mit dieser unsäglichen Konstruktion. Denn nur, wenn es gelingt, die freie Verfügung über diese Teile des Landesvermögens wieder zu erlangen, können wir auch in diesem Land, in diesem Haus – und das ist die demokratische Qualität – frei über die Verwendung der
Mittel diskutieren und in die demokratische Auseinandersetzung darüber eintreten, wofür wir denn das Geld ausgeben. Denn eines, meine Damen und Herren, ist seit Jahren klar: Der Unterschied zwischen den Zukunftsoffensiven I und II und der Zukunftsoffensive III, genannt „Erwin 3“, ist schlichtweg folgender:
Die ersten zwei Zukunftsoffensiven wurden aus dem Haushalt finanziert. Zu Bayern besteht aber ein Unterschied: Die Bayern haben damit Profil erzielt, weil sie zusätzliche Sachen gemacht haben. Wir haben in den Neunzigerjahren gespart. Wir mussten sparen. Wir haben 1996 die Haushaltsstrukturgesetze verabschiedet. Vieles von dem, was aus dem Haushalt gestrichen wurde, ist über „Erwin 2“ wieder hereingekommen. Man kann fragen, ob das sinnvoll war. Auf jeden Fall war es aber steuerrechtlich unproblematisch.
„Erwin 3“ ist eine ganz andere Geschichte. Die Gemeinnützigkeitsregelung wird dazu führen, dass vieles von dem, was Sie ausgeben wollen, nicht ausgegeben werden kann. Sie haben zum Beispiel die anwendungsorientierte Forschung drin, bei der eigentlich klar ist, dass sie nicht gemeinnützig sein kann. Sie haben zum Beispiel die Wirtschaftsförderung drin, von der jeder weiß, dass sie eigentlich nicht gemeinnützig sein kann. Deshalb hat man in der Enquetekommission „Mittelständische Unternehmen“ des Landtags vor kurzem darüber diskutiert, ob nicht auf Bundesebene ein Vorstoß unternommen werden soll, um die Wirtschaftsförderung gemeinnützig zu machen. Tatsache ist aber: Sie ist es nicht. Es ist zwar sinnvoll, Existenzgründungen zu fördern – das ist gar keine Frage –, aber es geht nicht um die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen, sondern um die Frage, ob sie gemeinnützig im steuerrechtlichen Sinne sind, und das sind sie nicht.
Wenn man dies alles zusammennimmt, muss man sagen: Die Bayern haben einen Weg gewählt, mit dem man Profil schafft, wenn man Landesvermögen veräußert. Diesen Weg konnten wir aufgrund des Sündenfalls Späth 1983 und der Schulden der Landesholding so nicht wählen. Was Sie aber machen, ist mehr als heikel; ich behaupte: Es trägt nicht. Sie müssen all die Dinge, die Sie jetzt ankündigen, falls Sie in vier Wochen wieder ein Mandat der Wähler erhalten, mit Ihrer nächsten Regierung im Prinzip wieder einsammeln, weil sie einfach nicht tragen, oder aber Sie müssen die Programme umstricken und vergewaltigen, damit sie gemeinnützig werden. Darauf bin ich gespannt. Mit Demokratie und Haushalt hat dies alles aber nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren.
Weil das so ist, ist das, was der Rechnungshof gesagt hat, für uns klar: Landesvermögen kann am Besten erhalten bleiben, indem man Schulden zurückzahlt. Dem brauche ich nichts mehr hinzuzufügen – das hat Herr Kollege Maurer schon ausgeführt.
Nachdem man die Schulden zurückgeführt hat, würden wir für den Rest drei Schwerpunkte setzen: Erstens eine Multimedia-Offensive für das Land, zweitens würden wir endlich das tun, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag stehen haben, nämlich eine Stiftung Weiterbildung ins Leben rufen,