Da haben Sie, Kollege Fleischer, natürlich gut lachen, weil Sie sich mit Ihrer Lex Fleischer mit der Mehrheit der die Landesregierung tragenden Fraktionen hier im Landtag – auch gegen den Wirtschaftsminister – letztlich durchgesetzt haben.
(Abg. Fleischer CDU: Keine Belobigung von Ih- nen! – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: Das Ge- genteil einer Belobigung! Ein Tadel ist das!)
Wir als bündnisgrüne Fraktion haben zum Thema „regionale Zweckverbände“ den Änderungsantrag Drucksache 12/6025-1 auf den Tisch des Hauses gelegt. Wir sind der Meinung, dass der Gesetzentwurf die regionale Entwicklung in Baden-Württemberg konterkariert.
Ein zweiter Punkt, den ich im Rahmen der doch etwas knappen Redezeit noch ansprechen möchte – Herr Kollege Fleischer, hören Sie gut zu –, ist die Frage der Kompetenzen für die Regionen. Wenn man den Gesetzentwurf hinsichtlich der Kompetenzen für die Regionen durchgeht, kommt man auf elf Punkte. Davon könnte unsere Fraktion neun Punkte, die ich vorhin im Rahmen der kleinen Schritte schon angesprochen habe, mittragen.
Ein weiterer Punkt aber, warum die Klagebefugnis für die Regionalverbände mit Ausnahme des Verbands Region Stuttgart eingeschränkt werden soll, leuchtet nicht ein. Dafür wird auch in dem von Ihnen vorgelegten Gesetz zur Weiterentwicklung der Regionen keine schlüssige Begründung gegeben. Deswegen hätten wir eigentlich in diesen Bereichen durchaus auch die Gleichstellung mit dem Verband Region Stuttgart erreichen können.
Ein letzter Gedanke – das hat der Kollege Schmiedel für die SPD noch einmal ausgeführt – ist die demokratische Legitimation von Regionalpolitik. Wenn ich den Änderungsantrag der SPD richtig verstehe, wird dort vorgeschlagen, die Regionalparlamente künftig demokratisch zu legitimieren, und zwar durch eine direkte demokratische Wahl.
Wenn Sie diesen meines Erachtens richtigen Schritt schon nicht mitgehen wollen, wäre es doch eigentlich logisch gewesen, diese Möglichkeit wenigstens fakultativ in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben, damit die Regionen, die ein Regionalparlament direkt wählen wollen, diese Möglichkeit auch haben. Aber nicht einmal diesen Schritt haben Sie gewagt. Das heißt, in der CDU-Fraktion und in der Landesregierung – an der FDP/DVP kann es, wenn die Zitate des Wirtschaftsministers richtig sind, nicht gelegen haben – hat sich der Strukturkonservatismus bei diesem Gesetzesvorhaben durchgesetzt, und zwar zum Nachteil der Entwicklung der Regionen im Land Baden-Württemberg. Da kann ich mich zum Schluss nur dem anschließen, was der Kollege Schmiedel gesagt hat: Gott sei Dank stehen Wahlen vor der Tür.
(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU – Abg. Fleischer CDU: Gott sei Dank! – Abg. Wieser CDU: Am 25. sehen wir uns wieder!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch nach der Beratung in den Ausschüssen kann ich nur sagen: Wir haben ein gutes Gesetz auf den Weg gebracht.
(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Aber der Wirtschaftsminister hat sich doch hundertprozen- tig – –)
Ich komme darauf. Ich will nicht alles wiederholen. Das Wichtigste, was wir mit dem Gesetz erreichen, ist, dass wir den Regionen die Möglichkeit geben, von sich aus ihre regionale Entwicklung selber zu bestimmen.
Wenn Sie etwas von oben aufpfropfen und nicht den regionalen Akteuren diese Arbeit selber überlassen, machen Sie überhaupt nichts Demokratisches. Wir haben die Regionen angehört.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Herr Kollege Hofer keinen einzigen Zwischenruf gemacht, sondern allen aufmerksam zugehört hat. Ich würde mich freuen, wenn das andere genauso praktizieren würden.
(Abg. Capezzuto SPD: Ja sagen Sie mal! Das ist doch kein Grund! – Abg. Schmiedel SPD: Viel- leicht hat er geschlafen! – Heiterkeit)
Ich bin ja ebenso wie Herr Schmiedel selber im Verband Region Stuttgart tätig, und zwar als Fraktionsvorsitzender. Ich finde das, was wir hier machen, gut. Aber zunächst einmal würde ich Ihnen doch empfehlen, dem alten Grundsatz zu folgen: Auch andere Väter haben hübsche Töchter.
Diesen Alleinstellungsanspruch „Nur wir hier in Stuttgart haben die Wahrheit gepachtet, und wir wissen, wo es langgeht“ auf die unterschiedlichsten Regionen zu übertragen ist falsch. Übrigens kann ich nur noch einmal wiederholen: Wir haben in der Region Stuttgart das nicht durch einen gesetzlichen Donnerknall oder Urknall bekommen, sondern wir haben uns das selber erarbeitet. So muss man es in den anderen Regionen auch machen.
Nächster Punkt: Wir haben die Regionen angehört. Ich kann ja nichts dafür, dass die meisten gesagt haben: Wir wollen die Direktwahl nicht.
Das ist das Gegenteil einer demokratischen regionalen Entwicklung. Die muss von unten nach oben erfolgen, sonst hält sie nicht.
Nächster Punkt: Ich finde das, was der Kollege Fleischer gesagt hat, richtig. Wir brauchen auch in unseren Regionen durchaus einen regionalen Wettbewerb. Wir werden in der nächsten Koalitionsvereinbarung das Thema Regionalentwicklung sicherlich weiter definieren müssen. Da glaube ich auch, dass es ohne eine Funktionalreform nicht gehen wird. Nur, lieber Herr Kollege Schmiedel,
diese Funktionalreform – wenn sie etwa nach der Vorstellung des Städtetags geht, gibt es ein Bezirksmodell – wird natürlich auch die Region Stuttgart auf den Prüfstand stellen. So selbstverständlich wird das nicht von vornherein sein, dass die Region ein Viertel der Einwohner von ganz Baden-Württemberg umfasst; sonst können Sie keine Bezirksverfassung machen. So einfach geht das nicht, zu sagen, das eine sei sakrosankt und werde auf alle anderen übertragen, sondern man muss eine schrittweise Entwicklung zulassen, weil sie der einzige praktische Weg ist, regionales Denken tatsächlich umzusetzen.
Ein Wort zu den regionalen Zweckverbänden: Sie wissen ganz genau, dass Sie entweder auf eine regionale Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinaus verzichten müssen
(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Ach! Das machen wir doch mit Bayern auch! – Zuruf des Abg. Birzele SPD)
oder diese Zusammenarbeit über einen Zweckverband ermöglichen müssen. Das sind die einzigen Möglichkeiten, wie Sie das durchführen können. Übrigens ist das eine Fehlinterpretation – ich habe nie verstanden, warum das nicht klar wird. Denken Sie doch einmal daran, welcher Weg bei der Entwicklung eines Zweckverbands beschritten wird. Da werden doch nicht die Stadtkreise und die Landkreise bestimmen, wir gründen einen, und dann werden die Regionalverbände aufgelöst. Das ist nicht der Fall. Da kommt als Erstes der Gesetzgeber, und er muss entscheiden, ob er das tatsächlich will.
(Abg. Schmiedel SPD: Wehe, das ist der Fleischer! – Gegenruf des Abg. Birzele SPD: Er ist es nicht!)
Zuvor sind die Regionalverbände anzuhören. Sie können in einer so grundsätzlichen Sache überhaupt nur durch Beschluss ihre Auffassung zum Ausdruck bringen. Dann hat der Gesetzgeber – nach dem Gesetz und der Verfassung – eine Abwägungspflicht, ob er dies tut oder nicht. Aber er hat keine Verpflichtung, dies automatisch zu tun. Das bitte ich einmal zur Kenntnis zu nehmen.
Ich muss schon sagen: Die Vorstellung, wonach der Gesetzgeber so lange nichts machen darf, bis eine Regionalversammlung sagt „Du darfst!“, kann ja wohl nicht zutreffend sein. Das wäre wie in der Bibel: „Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen.“ Das ist nicht so. Er muss es ja so machen. Deshalb kann ich nur sagen: Es ist ein gutes Gesetz. Dieses Gesetz ermöglicht es allen Regionen, jetzt zu handeln.
(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen hält einen Pressespiegel in die Höhe: 27. Mai 1999, Kollege Hofer!)
Dann wird es spannend. Ich bin einmal gespannt, was Sie dazu sagen. Dann muss die Funktionalreform her. Dazu haben im Moment alle noch unterschiedliche Vorstellungen. So lange darf die regionale Arbeit aber nicht zurückstehen. Jetzt sollten alle einmal an die Arbeit gehen.
Wir sollten mit dem Schwätzen aufhören und nun endlich darangehen, auch in den anderen Regionen die Dinge anzupacken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte trotz dieses Wahlkampfgetöses hier versuchen, den Gesetzentwurf einigermaßen objektiv zu beurteilen.