Protocol of the Session on February 1, 2001

Es geht um etwas ganz Simples: Sie können als Partei nicht über Wochen eine Kampagne gegenüber den verantwortlichen Ministern der Bundesregierung führen

(Ministerpräsident Teufel: Das ist nicht wahr!)

und hinterher, wenn Sie feststellen, dass Ihre Ministerin mindestens dasselbe gemacht hat – mehr als dasselbe; darauf komme ich gleich –, sagen: Die bleibt aber im Amt, weil in Baden-Württemberg alles anders ist.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist ein Sauladen gewe- sen in Berlin! Da hat die Rechte nicht gewusst, was die Linke tut!)

Das ist scheinheilig und unglaubwürdig bis auf die Knochen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann kommt die nächste Nummer – es wird also immer wieder probiert. Herr Teufel sagt wider besseres Wissen: Berlin hat jetzt das alles genauso organisiert, wie es in Baden-Württemberg immer gemacht worden ist.

(Abg. Haas CDU: So ist es!)

Fantastisch! Aus der Tatsache, dass in Berlin der Verbraucherschutz jetzt so groß geschrieben wird und die Landwirtschaftspolitik nur noch ein Anhängsel des Verbraucherschutzes ist – –

(Unruhe bei der CDU und Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Hans-Michael Bender: Landwirtschafts- politik nur noch als Anhängsel!)

Ja, natürlich.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sagen Sie doch mal: Wie groß ist er denn geschrieben? – Abg. Drautz FDP/ DVP: Jetzt hat er sich enttarnt! – Weitere lebhafte Zurufe)

Ich weiß gar nicht, warum Sie darüber so feixen.

(Abg. Fleischer CDU: Bravo, Herr Maurer! Sehr gut! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das hat er nicht kapiert, dass das der Witz ist! – Abg. Wacker CDU: Jetzt hat er es gemerkt! – Wei- tere lebhafte Zurufe)

Oh Gott, wo lebt ihr eigentlich? Ihr lebt nicht mehr unter den Menschen. Es ist die Erwartung unserer Bevölkerung,

(Abg. Birzele SPD: Die berechtigte!)

dass die Landwirtschaftspolitik eine Ableitung des Verbraucherschutzes ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was Sie bis auf den heutigen Tag anders machen – da sind Sie genug verwoben –: Sie haben immer noch Ihre Organisationen, Ihre Verflechtungen, Ihre Festung Landwirtschaftsministerium im Auge. Es gibt genügend, was da im Untersuchungsausschuss zutage gefördert wurde,

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Weiser CDU: Was ist da zutage gefördert worden?)

all das haben Sie im Auge, und diesem Interesse hat sich der Verbraucherschutz gefälligst unterzuordnen. Das ist CDU-Politik in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Noch einmal: In Baden-Württemberg ist der Verbraucherschutz anhaltend auf mindestens fünf Ressorts aufgesplittet; das hat der Ministerpräsident auch nicht widerlegt. Er ist praktisch bedeutungslos im Landwirtschaftsministerium. Ihr Credo ist: Gut ist, was für die Landwirtschaft gut ist, und dem Verbraucher muss beigebracht werden, dass das, was für Ihr Verständnis von Landwirtschaft gut ist, auch für den Verbraucher gut ist.

(Zuruf des Abg. Weiser CDU)

Unsere Gegenposition ist: Gut ist, was für den Verbraucher gut ist, und dem hat sich die Landwirtschaftspolitik unterzuordnen – damit das einmal klar ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Weiser CDU: Oh! – Abg. Mappus CDU: Weiter so, Herr Maurer!)

Das können Sie bei sich zu Hause vertreten.

(Abg. Fleischer CDU: Oh ja!)

Wir werden der Bevölkerung in der Region Stuttgart und anderswo sagen, welches grundsätzlich unterschiedliche Verständnis hier besteht. Das wird eine hochinteressante Debatte.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Rede nur noch ein biss- chen weiter!)

Ja, Richie, du kannst es in Heilbronn auch versuchen. Das wird schwierig.

Herr Ministerpräsident, Sie haben aus dieser Bundesratsinitiative ein Beispiel herausgegriffen. Das war übrigens falsch zitiert, aber wir haben noch Gelegenheit, darüber zu sprechen. Sie haben auch, wie immer, die Worte sorgfältig gewählt. Sie haben von „substanziell“ gesprochen und nicht von „gleich“. Das gibt noch ein kleines Nachspiel.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Aber Sie haben die anderen Punkte konsequent ausgelassen – konsequent ausgelassen! Deswegen sage ich es jetzt noch einmal.

Wir haben in diesem Landtag unter Ihrer Anwesenheit über Jahre hinweg – ich sage anerkennend: sehr stark betrieben durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – eine Debatte über die Problematik des Einsatzes von Antibiotika im Obstbau geführt – über Jahre hinweg! Sie tun jetzt so, als ob das eine völlig neue Debatte wäre. Sie, der Vorreiter bei der Antibiotikathematik, haben über Jahre hinweg Gelegenheit gehabt,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

diese Praxis zu ändern. Sie haben das alles hier jedes Mal als typisch grüne ökologische Panikmacherei zurückgewiesen oder durch Ihre Ministerin zurückweisen lassen. Das war Ihre Praxis in den letzten Jahren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU)

Über das Thema Schweinemast und das Thema „Antibiotika in der Schweinemast“ wird in der Öffentlichkeit, in allen Parlamenten seit Jahren immer wieder diskutiert. Jahre hätten Sie Zeit gehabt, dieses Thema anzugehen.

Ich sage Ihnen noch einmal: Die Art und Weise, wie hier kontrolliert worden ist, nämlich nicht, und die Tatsache, dass man jetzt hektisch aktiv wird, nachdem die Vorwürfe erneut in die Öffentlichkeit gedrungen sind, verraten nur Betroffenheit.

Ausgerechnet von der Partei – das sage ich noch einmal –, die in anderen Zusammenhängen – wie hieß es immer so schön? – die verdachtsunabhängige Kontrolle –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Wacker: Gegen die Sie immer waren!)

passen Sie auf, Herr Minister; Sie erinnern sich – von Personen zum Credo der Kriminalitätsbekämpfung und zum Credo der Verbesserung der inneren Sicherheit gemacht hat – – Wo war Ihre verdachtsunabhängige Kontrolle von Futtermittelherstellern, wo war Ihre verdachtsunabhängige Kontrolle von Schweinemästern? Wo war sie?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich spitze es gern noch ein bisschen zu. Ich sage es Ihnen ganz deutlich:

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Immer dann, wenn der eigene Verein und die eigenen Truppen, auf die man sich stützt, betroffen sind, ist es aus mit der vorbeugenden Sicherheit und ist es aus mit der verdachtsunabhängigen Kontrolle. Das ist die Wahrheit in diesem Land.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. Hans-Michael Bender CDU)

Es ist auch nicht ein Problem „klein/groß“, Herr Ministerpräsident. Die Frage, ob BSE auftritt, entscheidet sich überhaupt nicht danach, ob es ein großer oder ob es ein kleiner Betrieb ist. Das müssten Sie mittlerweile gelernt haben.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Hans-Michael Bender: Das hat auch niemand behauptet!)