(Anhaltender Beifall bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. Wieser CDU: Pure Pole- mik! – Zuruf von der CDU: So ein Blödsinn!)
Wer 50 Tage vor einer Wahl den Gesundheits- und Lebensschutz entdeckt und nebenbei noch in einer Pressekonferenz bekannt gibt, dass der Staatsrat allerdings gar keine Zuständigkeiten habe, weil alles schon so prima organisiert sei, der kann gar keine größere Achterbahn mehr veranstalten.
Sie hätten längst Ihre Ministerien so organisieren müssen, dass sie dem Gesundheits- und Lebensschutz genügen, anstatt einen Staatsrat als Berater hinterherzuschicken. Man muss sich das einmal vorstellen: An zwei Tagen in der Woche wird jetzt nebenamtlich in Baden-Württemberg der Gesundheits- und Lebensschutz organisiert.
Nun zur Frau Ministerin: Wir haben genügend konkrete Fehlleistungen zu verzeichnen. Frau Staiblin, Sie haben über Jahre hinweg wissentlich die Verunreinigungen im Tierfutter geduldet. Sie haben sogar doppelbödig dafür interveniert, man könne doch vielleicht auch die Toleranzgrenzen entsprechend festlegen, damit es auch noch sanktioniert ist. Sie haben die Verwendung von Risikomaterial nicht nur zustimmend abgenickt, sondern Sie waren die aktive Lobbyistin bei der Bundesregierung dafür. Sie haben, meine Damen und Herren, in Sachen Schweinemast in Baden-Württemberg genau dasselbe praktiziert, was in Bayern praktiziert wurde und weswegen in Bayern die Ministerin zurückgetreten ist. Das ist qualitativ genau dasselbe.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Hauk CDU: Tatsa- chen, keine Behauptungen!)
Werter Kollege Hauk, wie wundersam ist es doch, dass ich jetzt plötzlich lese, dass zum ersten Mal fünf Tierärzte zum Gegenstand von Ermittlungsverfahren geworden sind. Wie wundersam ist es, dass zum ersten Mal jetzt die entsprechenden großen polizeilichen Anstrengungen unternommen werden. Was ist das eigentlich – das ist ja wohl Fakt –, wenn Sie über Jahre hinweg jede Menge Warnungen vor diesen Praxen bekommen haben?
so arbeiten würde, dass sie erst aktiv wird, wenn man ihr den Namen, die Anschrift und den konkreten Tatvorgang frei Haus per Post abgibt,
dann wäre es mit der inneren Sicherheit zu Ende. Aber das ist genau die Position dieses Ministeriums. Das können Sie nachlesen.
Sich auf den Standpunkt zu stellen: „Solange man uns nicht sagt, um welchen Tierarzt es wann und wo geht, können wir nicht aktiv werden“,
ist ein Verständnis von Gefahrenabwehr, das skandalös ist. Ich sage Ihnen: Solange dieses Denken in Ihren Köpfen ist, ist es nicht nur höchste Zeit, dass die Ministerin geht, sondern auch höchste Zeit, dass all dies grundlegend reformiert und neu organisiert wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, Herr Kiefl hat in der vorherigen Debatte hier etwas ganz Wichtiges zu der Frage gesagt,
wie man aus der Krise in der Landwirtschaft herauskommen kann, wenn man es ernst meint. Er hat gesagt, man könne nicht die Bauern gegeneinander ausspielen, man könne nicht ökologische gegen konventionelle Landwirtschaft ausspielen und man könne das Ganze nur schaffen, wenn man das Vertrauen der Verbraucher in die Gesundheit der Lebensmittel wieder herstelle. Das ist genau der Punkt, dass das in Baden-Württemberg nicht der Fall ist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Das sagt Herr Schäfer anders!)
Ich will auf die Organisation des Ministeriums gar nicht eingehen. Ich will nur eines sagen: In diesem Konflikt – das ist ein ganz natürlicher Konflikt, ein Interessenkonflikt – zwischen den Interessen der Landwirtschaft oder, wie ich eher sagen möchte, der Agrarlobby und den Interessen des Verbraucherschutzes muss man Prioritäten setzen. Diese Prioritäten sind in der Person Gerdi Staiblin, in der Person
der Ministerin verleugnet worden bzw. für die Agrarlobby und gegen den Verbraucherschutz gesetzt worden. Das allein ist meines Erachtens Grund genug für den Rücktritt.
Wir sind uns in diesem Haus einig. Jetzt könnte die Opposition, wenn die Sache nicht so ernst wäre, natürlich acht Wochen vor der Wahl locker sagen: „Eine schwache Ministerin ist uns lieber als eine starke. Und was solls? Es sind ja eh bald Wahlen, und warum sollte man so jemanden ablösen?“
(Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist wie beim Frakti- onsvorsitzenden der Grünen! – Abg. Oettinger CDU: Originalton Salomon!)
Das könnte man sagen, wenn die Situation nicht so dramatisch wäre, dass es hier um den Gesundheitsschutz geht und dass es hier Verfehlungen gab, die ein Verbleiben der Ministerin im Amt unseres Erachtens überhaupt nicht mehr möglich machen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Hauk CDU: Aber das wussten Sie doch, wenn es so gewesen wäre, vor einer Woche auch schon!)
Hier besteht – und das ist ja das eigentlich Erstaunliche – bis weit in die Reihen der CDU hinein ein völliges Rätsel, warum im Dezember der Ministerpräsident eine Regierungserklärung gehalten hat und nicht die Ministerin. Herr Teufel, Sie haben sich indirekt auch mit dem Schicksal Ihrer Ministerin verbunden. Sie haben sich zuerst vor sie gestellt, dann haben Sie sich hinter sie gestellt, und jetzt lassen Sie sie im Regen stehen. So geht es nicht.
Sie haben hier noch im Dezember die Parole vertreten – was eigentlich völlig irre ist; Herr Kiefl hat richtig gesagt, BSE sei eine europäische Krankheit –: „In Europa ja, aber sicher nicht in Baden-Württemberg.
Wir haben nie etwas falsch gemacht; wir haben immer alles richtig gemacht, und wir werden das, was wir getan haben, weiter so machen.“ Das ist der Grund, warum Sie da mit drinhängen.
Jetzt kommen Sie daher und ziehen einen Staatsrat – Herrn Beyreuther, der als Wissenschaftler natürlich völlig außerhalb der Diskussion steht; das ist gar nicht der Punkt – aus
der Tasche als Eingeständnis, dass doch etwas nicht stimmen kann. Denn eines ist doch klar: Wenn das stimmt, was Sie im Dezember gesagt haben, Herr Ministerpräsident, dann brauchen wir keinen Staatsrat.
Wenn das nicht stimmt – und ich behaupte, das stimmt nicht –, dann brauchen wir nicht so einen Staatsrat, sondern dann brauchen wir, wie Herr Maurer gesagt hat, jemanden, der als Minister oder als Ministerin voransteht und den Verbrauchern wieder glaubhaft macht, dass die Lebensmittel in Baden-Württemberg sicher sind.