Protocol of the Session on January 31, 2001

Ich meine also, die Rechtsstaatlichkeit ist gesichert. Nach Beweisantragsrecht kann, wenn man mit den zwei Gutachten nicht einverstanden ist, ein drittes eingeholt werden, und das finde ich gut.

Nicht verstehen kann ich, wie der Datenschutzbeauftragte – das haben Sie beide Gott sei Dank nicht erwähnt, und das finde ich auch richtig – fordern kann, dass die Öffentlichkeit in diesem Verfahren ausgeschlossen werden soll. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Sie werden mit mir doch darin einig sein, dass hier bei einer solch schwierigen Entscheidung, bei der der Staat über die Freiheit eines Dritten befindet, die Öffentlichkeit überwachen soll, ob der Staat in dem Gerichtsverfahren ordnungsgemäß vorgeht. Deshalb halte ich die Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens für wichtig und verstehe nicht, dass der Datenschutzbeauftragte hier die Öffentlichkeit vollkommen ausschließen will. Ich meine nicht die Fernsehaufzeichnung. Die Entscheidung halte ich für richtig, dass im Strafverfahren keine Fernsehaufnahmen gemacht werden; das jetzt nur nebenbei. Aber die Öffentlichkeit muss gewahrt werden bei einem solch sensiblen Bereich, der hier behandelt wird.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Glauben Sie auch, was Sie hier sagen?)

Das meine ich ganz genau so.

Meine Damen und Herren, wir sind hier federführend. Das ist ein Pilotprojekt.

Ich darf noch einmal Herrn Pick zitieren. Er sagt am Schluss seiner Ausführungen:

Wenn Ihnen der Schutz vor gefährlichen Rückfalltätern am Herzen liegt, dann handeln Sie im Rahmen Ihrer eigenen Gesetzgebungskompetenz! Schaukämpfe mit dem Bund helfen nicht weiter.

Er hat völlig Recht. Wir schließen uns dem an und sind froh, dass dieser Gesetzentwurf eingebracht wurde.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Käs.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zweifellos ein verfassungsrechtlich schwieriges Problem, das im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf angesprochen werden muss. Es ehrt dieses Haus ohne Zweifel, dass hier so bedacht und abwägend argumentiert worden ist.

Angesichts der Beispiele aber, die der Herr Innenminister am Anfang genannt hat und die sich ohne Probleme durch weitere Beispiele auch aus anderen Bundesländern ergänzen ließen, habe ich kein Verständnis dafür, dass gerade von der linken Seite des Hauses Bedenken geäußert werden, die letztlich darauf hinauslaufen, dass die Umsetzung des Gesetzentwurfs verzögert werden soll – ich denke an den Vorschlag, eine Anhörung durchzuführen –, womöglich über das Ende der laufenden Legislaturperiode hinaus, damit wir noch länger auf dieses sinnvolle Gesetz warten müssen.

(Zuruf des Abg. Hans-Michael Bender CDU)

Gerade wir Republikaner fordern ein solches Gesetz seit Jahren, sei es auf bundesrechtlicher oder auf landesrechtlicher Grundlage. Wir unterstützen nachdrücklich, dass eine solche gesetzliche Regelung umgesetzt wird.

Aber – das muss man sagen; da sind die bedenkenreichen Äußerungen sicherlich zu berücksichtigen – es gibt eine Reihe von Problemen. Wir befinden uns in der Tat in einer schwierigen Grenzsituation, wenn es um die Frage der Rechtsstaatlichkeit geht. Es geht um das Freiheitsrecht einer Person, die ihre Strafe eigentlich abgebüßt hat. Das ist ernsthaft zu berücksichtigen.

Zu berücksichtigen ist nach unserem Dafürhalten aber auch das Schutzinteresse derjenigen, die noch nicht zum Opfer geworden sind und die durch jemanden, der auf freien Fuß gesetzt wird, aber hochgradig rückfallgefährdet ist, möglicherweise gefährdet werden könnten. Hier ist jeder Tag, der hinsichtlich der Umsetzung dieses Gesetzentwurfs ver

loren geht, ein Tag, an dem die Gefahr besteht, dass sich ein solcher Fall gerade realisiert. Deswegen haben wir keine Zeit, diese Frage mit umfangreichen Anhörungen, die über das erfolgte Maß hinausgehen, noch zu diskutieren. Dieses Haus ist imstande und kompetent genug, diese Frage jetzt auch tatsächlich legislativ zu entscheiden.

(Beifall bei den Republikanern)

Die Frage, ob wir hier die Gesetzgebungskompetenz haben, ist natürlich eine juristisch zentrale Frage. Dazu ist das Wesentliche gesagt worden. Ich will mich hier nur noch auf den wesentlichen Punkt beschränken.

In der Tat haben wir bei der Abgrenzung von strafermittelnden, strafvollziehenden Tätigkeiten, die in der bundesrechtlichen Kompetenz und im Polizeirecht liegen, immer wieder Grenzfälle. Jeder Polizeibeamte weiß, dass er sich bei derselben Aktion im polizeirechtlichen Bereich oder im strafprozessrechtlichen Bereich bewegen kann. Die Abgrenzung ist hier für meine Begriffe sehr präzise getroffen. Natürlich knüpft man daran an, das jemand strafrechtlich verurteilt worden ist. Aber der eigentliche Grund für die Maßnahme ist die Prognose. Wenn hier wegen der Prognose Bedenken vom Kollegen Bebber kommen, so frage ich: Wer soll denn die Prognose sonst stellen, wenn nicht Fachleute, die eine Person zu begutachten haben?

(Zuruf des Abg. Bebber SPD)

Jemand, der im Gefängnis schon mit der besagten Person gearbeitet hat, und eine neutrale dritte Stelle. Eine andere, kompetentere Stelle kann ich mir nicht vorstellen, obgleich – das habe ich an dieser Stelle in anderem Zusammenhang auch schon gesagt – ich durchaus Zweifel an der Kompetenz des einen oder anderen Psychologen hege, der hier ein Gutachten abgibt, das im umgekehrten Fall der – möglicherweise vorzeitigen – Freilassung einer solchen Person Tür und Tor öffnet. Dieses Risiko müssen wir hier eingehen. Deswegen gibt es eine Gerichtsverhandlung, und die muss auch öffentlich sein. Ein wesentlicher rechtsstaatlicher Aspekt einer Gerichtsverhandlung ist die Öffentlichkeit. Und die Öffentlichkeit ist gerade auch ein Schutz für den Betroffenen. Das will ich an dieser Stelle nur noch einmal unterstreichen.

Es sind dann verschiedenste Einwände gemacht worden, auf die ich jetzt im Einzelnen an dieser Stelle – dazu haben wir im Ausschuss genug Zeit – nicht mehr eingehen möchte.

Unter dem Strich möchte ich insgesamt aber eines festhalten: Dieses Gesetz ist natürlich schon ein Schritt auf juristisches Neuland, gar keine Frage. Es ist aber ein notwendiges Gesetz. Es entspricht den Forderungen, die schon seit Jahren von Fachleuten meiner Fraktion und vielen anderen hier in diesem Haus geäußert worden sind. Wir werden dieses Gesetz deshalb wohlwollend betrachten und stehen – das nur noch am Schluss gesagt – einer Detailanhörung, die das Ganze nur noch weiter verzögern würde,

(Abg. Zeller SPD: Verzögern? Vor der zweiten Le- sung!)

sehr ablehnend gegenüber.

Danke schön.

(Beifall bei den Republikanern)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Es ist Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss und – federführend – an den Ständigen Ausschuss vorgeschlagen. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Tagesordnungspunkt 5 erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses und Aussprache

Zunächst erteile ich dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Kollegen Veigel, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ende der Wahlperiode gebe ich Ihnen heute noch einen Bericht über die Tätigkeit des Petitionsausschusses.

Im Zeitraum von 1996 bis heute haben sich sage und schreibe fast 8 000 Bürgerinnen und Bürger an den Ausschuss gewandt. Sie wollten Hilfe in Bausachen, Rentenangelegenheiten, Steuerfragen oder eine Begnadigung. Im weitaus größten Teil der Zuschriften ging es jedoch um ausländerrechtliche Fragen. Rund 29 % beträgt dieser Anteil. Gegenüber der letzten Wahlperiode liegt er um etwa ein Drittel höher.

Knapp die Hälfte dieser Petitionen wurden von Ausländern oder von Deutschen für Ausländer erhoben, die aus Bosnien-Herzegowina oder aus der Bundesrepublik Jugoslawien stammen. Diese Menschen haben also nicht Asyl beantragt, sondern sind zum überwiegenden Teil als Bürgerkriegsflüchtlinge zu uns gekommen. Bürgerkriegsflüchtlinge sind Gäste auf Zeit, heißt es immer. Sie müssen in ihr Heimatland zurückkehren, wenn die für die Flucht maßgeblichen Gründe weggefallen sind. Im Grundsatz richtig, kann ich da nur sagen.

Wir hatten es im Petitionsausschuss aber auch sehr mit Bürgerkriegsflüchtlingen zu tun, die bei uns lange Jahre in derselben Firma beschäftigt waren und dort dringend benötigt wurden. Teils waren sie hoch qualifiziert, teils scheuten sie sich aber auch nicht, unangenehme Arbeiten zu übernehmen. Bei den Arbeitgebern handelte es sich durchweg um Handwerksbetriebe oder kleine mittelständische Unternehmen. Diese Firmen forderten vehement ein Bleiberecht für ihre ausländischen Arbeitnehmer. Deren Tätigkeit sei betriebsnotwendig, sie seien eingearbeitet, und Ersatz am Arbeitsmarkt sei leider nicht zu bekommen.

Der Ausschuss konnte diesen Firmen nur ganz selten helfen, getreu dem vorgegebenen Motto: Gäste auf Zeit sind auch Arbeitnehmer auf Zeit. Für mich persönlich – und ich glaube auch für die Ausschussmehrheit – war es deshalb erfreulich, Herr Innenminister, dass die Landesregierung Ende vergangenen Jahres die rechtlichen Voraussetzungen für ein befristetes Aufenthaltsrecht für diesen Personenkreis geschaffen hat. Ich kann, ohne anmaßend zu sein,

feststellen, dass zu diesem Ergebnis auch die Beratungen bei uns im Petitionsausschuss und die vielen persönlichen Gespräche mit Regierungsvertretern beigetragen haben.

Mit einer speziellen ausländerrechtlichen Petition hatte es der Ausschuss in der ersten Hälfte dieser Wahlperiode – das war noch unter Dr. Freudenberg – zu tun. Sie erinnern sich alle an die Petentin „Neshe“, die unter diesem Namen landesweit Schlagzeilen machte. Petitionsausschuss und Landtag wurden seinerzeit heftig gescholten, weil sie die Petition ablehnten und sich nur für ein Besuchervisum aussprachen. Über die Petition gab es auch hier im Plenum eine öffentliche Debatte, was natürlich äußerst selten vorkommt – leider vielleicht. Im Rückblick können wir nach der Einreise der Petentin, den nachfolgenden Wirren um ihre Person und ihrer anschließenden Ausreise feststellen, dass die Entscheidung des Petitionsausschusses damals nicht ganz falsch war.

(Abg. Haas CDU: Was heißt „nicht ganz falsch“? Sie war richtig, Herr Vorsitzender!)

Also war sie Ihrer Ansicht nach richtig, danke. Die Meinungen sind eben verschieden.

Zurück zur Statistik: Nach den ausländerrechtlichen Petitionen folgen mit weitem Abstand, nämlich mit gut 6 %, baurechtliche Eingaben. Auch hier gab es wieder Fälle, die landesweit Aufmerksamkeit erregten. Ich erinnere an den beabsichtigten Bau von Windkraftanlagen in Spiegelberg im Rems-Murr-Kreis und in Lauterstein im Landkreis Göppingen, Herr Kollege Schmiedel.

Windkraftanlagen sind im Außenbereich zwar privilegiert. Sie dürfen aber gleichwohl nicht den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenstehen.

Für den Standort Lauterstein hat der Verwaltungsgerichtshof in einem parallel betriebenen Berufungsverfahren bestätigt, dass die Bauvoranfrage wegen einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu Recht abgelehnt worden ist. Diesem Votum schloss sich auch der Petitionsausschuss an.

Auch dem Bau einer Anlage in einem Landschaftsschutzgebiet der Gemeinde Spiegelberg konnte er nicht zustimmen. Der Ausschuss wies jedoch darauf hin, dass eine Genehmigung davon abhängen wird, wie die Planungskonzeption des Verbands Region Stuttgart zur Ausweisung von Windenergiestandorten aussehen wird. Die Grundlagen für diese Konzeption werden gegenwärtig erarbeitet.

(Abg. Schmiedel SPD: Von mir!)

Vom Kollegen Schmiedel, danke.

(Heiterkeit der Abg. Brechtken und Schmiedel SPD)

Im Laufe dieses Jahres wird sich klären, welche Standorte tatsächlich ausgewiesen werden. – Herr Schmiedel ist Fraktionsvorsitzender in der Regionalversammlung.