Protocol of the Session on January 31, 2001

Auch das soll man in dieser Runde sagen. Es hat den ehrlichen Interessenausgleich zwischen Kapital und Arbeit zur Grundlage.

Die Mitbestimmung wurde im Montanbereich unter Adenauer entworfen und später am 15. Januar 1971 als wesentliche Essenz des Betriebsverfassungsgesetzes für die gesamte Wirtschaft verbindlich. Wenngleich von einer sozialliberalen Koalition eingeführt, ist dieses Gesetzeswerk als ein tragendes Element unserer gesellschaftlichen Ordnung heute rundum von der CDU akzeptiert.

In der Zwischenzeit hat sich viel verändert. Diesen Veränderungen muss auch Rechnung getragen werden. Nur bleibt sicherlich die Frage, mit welcher Zielsetzung das geschehen soll.

Nachdem sich die Arbeitswelt total verändert hat, wäre die eigentliche und die richtige Zielsetzung einer Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, Arbeitsplätze zu sichern, zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen, junge Unternehmer und Existenzgründer zu motivieren und vor allem Investoren in die Bundesrepublik zu locken.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Doch von solchen Zielsetzungen ist dieser Entwurf meilenweit entfernt.

Mehr Betriebsratsposten, mehr Freistellungen, mehr Ausschüsse, auch über die Betriebsgrenzen hinaus mehr Bürokratie, eine Erstarrung in alten Strukturen – das kann nicht der Anreiz sein. Vor allem dient das nicht den Interessen der Arbeitnehmer, auch nicht den mittelständischen Betrieben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Mit ganz großer Sorge erfüllt mich die vorgesehene Ausweitung der Rechte des Betriebsrats in die Kleinbetriebe mit weniger als 20 Mitarbeitern hinein.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Unglaublich! – Abg. Rosely Schweizer CDU: Ein Wahnsinn!)

Die Inhaber solcher Betriebe, die mit ihrem Kapital voll im Risiko stehen, sollen in ihren Entscheidungskompetenzen weitgehend entmündigt werden. Mitspracherecht und damit zwangsläufig verbundene Entscheidungsverzögerungen bei normalen Arbeitsabläufen, Qualifizierung, Gruppenarbeit und Umweltschutz überfordern kleine und mittlere Betriebe, weil die personellen und sachlichen Ressourcen nicht vorhanden sind. Es werden unlösbare Probleme entstehen.

Meine Damen und Herren, was heute Umweltschutz bedeutet, ist definiert. Selbst die Anschaffung eines Pkw kann unter diesem Aspekt des betrieblichen Umweltschutzes gesehen werden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Logisch!)

Damit haben wir auch in den kleinen Unternehmen eine totale Mitbestimmung.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Hinzu kommt noch die Auflösung des Begriffs „Unternehmen und Betriebsstätte“. Das wird vereinheitlicht. Damit haben wir für jede Betriebsstätte mit drei Arbeitnehmern bereits einen Anspruch auf eine Vertretung entsprechend dem Betriebsverfassungsgesetz.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Kleiner als eine Skatrun- de!)

Richtig! – Wo kommen wir da eigentlich hin?

(Abg. Nagel SPD: Nach vorne!)

Meine Damen und Herren, die materielle Grundlage der Betriebsverfassung muss ein an dem Organisations- und Leistungsrecht des Arbeitgebers ausgerichteter Begriff bleiben. Nicht Zwang und Regulierung, sondern Flexibilität und Eigenverantwortung der Betriebspartner sind angesagt.

(Abg. Haas CDU: Das wollen die ja nicht! Der Ge- werkschaftseinfluss würde ja verloren gehen!)

Vorbild einer Reform in Deutschland könnte die Europäische Betriebsratsrichtlinie von 1994 sein, die eine hohe Flexibilität für die Betriebs- bzw. Sozialpartner zulässt und nur subsidiär greifende gesetzliche Mindeststandards sicherstellt.

Nahezu alle Unternehmen, die nach diesem Modell einen Betriebsrat eingerichtet haben, nutzen die Möglichkeiten maßgeschneiderter und betriebsindividueller Vereinbarungen.

In der Flexibilität liegt die Chance für „betriebliche Bündnisse und Standortsicherungsvereinbarungen“.

Ein Punkt kommt hinzu, über den ich bitte einmal ernsthaft nachzudenken: Das bestehende Betriebsverfassungsgesetz

hat bisher Fremdbestimmung, aber auch politische Auseinandersetzung aus den Betrieben herausgehalten.

(Abg. Haas CDU: Sehr gut!)

Jetzt wird eine Öffnung ermöglicht. Es kommt eine politische Auseinandersetzung in die Betriebe, und damit ist der Betriebsfrieden absolut gefährdet.

Meine Damen und Herren, das, was wir uns im politischen Raum erlauben, können wir uns in den Betrieben bei Gott nicht erlauben.

(Lachen der Abg. Rosely Schweizer CDU)

Denn hier kommt es auf Effizienz, auf Wettbewerbsfähigkeit, auf Innovationsfähigkeit und auf Investitionsbereitschaft an.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Diese Investitionsbereitschaft muss den kleinen Unternehmen und den mittleren Betrieben erhalten bleiben, damit Arbeitsplätze geschaffen werden. Jene Betriebsverfassung ist die allerbeste, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt,

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

die dafür sorgt, dass Menschen nicht auf der Straße stehen und vor Arbeit geschützt werden, sondern dass ihnen Arbeit angeboten wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. List CDU: So ist es! – Abg. Rosely Schweizer CDU: Jawohl!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Nagel.

(Abg. Haas CDU: Jetzt kommt die geballte Wirt- schaftskompetenz von Rot-Grün!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kurz, Sie haben hervorragend begonnen, nämlich mit der Feststellung, dass sich das jetzige Betriebsverfassungsgesetz 30 Jahre lang bewährt hat. Aber danach haben Sie das gleiche Horrorszenario aufgezeigt, das Sie und Ihre Vorväter bereits 1972 von dem alten Betriebsverfassungsgesetz an die Wand gemalt haben.

(Abg. Kurz CDU: Da war die Gewerkschaft dage- gen!)

In 30 Jahren werden wir uns darüber unterhalten, wie hervorragend die jetzt beabsichtigte Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes gewesen ist.

(Lachen bei der CDU – Abg. Dr. Schlierer REP: Das glauben Sie ja selber nicht! – Abg. Hans-Mi- chael Bender CDU: Da kann er das Lachen nur mühsam verbergen! – Unruhe)

Was wir heute erleben, ist die Fortsetzung der letzten Plenarsitzung vom 14. Dezember,

(Abg. Schmiedel SPD: So ist es! Nichts Neues!)

als auf Antrag der FDP/DVP eine Aktuelle Debatte zu einem Sammelsurium von Gesetzesvorhaben der Bundesregierung geführt worden ist. Was Frau Fauser heute gesagt hat, war nicht viel Neues. Mich als Gewerkschafter und Arbeitnehmervertreter hat das, was da an Unsachlichkeit und Unkenntnis herüberkam, schon etwas geschüttelt. Aber jeder so, wie er kann.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aufpassen! Sonst fällt das auf Sie selbst zurück!)

Sie unternehmen wieder den untauglichen Versuch, auf Länderebene die erfolgreiche Regierungspolitik von RotGrün in Berlin zu diskreditieren.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das glauben Sie selber nicht! – Zurufe von der CDU: Oh! Oje!)

Was der Wirtschaft gut tut,

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das glauben Sie selber nicht!)

ist einfach eine Senkung der Steuersätze und eine Erhöhung der Freibeträge. Das gibt mehr Geld für alle, es kommt zur Entlastung der Wirtschaft, das Steuerrecht wird vereinfacht.