Sie gehen noch einen Schritt weiter: Das Gesetz zur kommunalen Zusammenarbeit, das die Möglichkeit der Gründung von Zweckverbänden schafft, soll jetzt quasi eine Art Stoßrichtung sein, um die bisher bestehenden Regionalverbände zu desavouieren.
Ich darf Ihnen, Herr Kollege Fleischer, einmal aus einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf zitieren.
Die zitiere ich Ihnen jetzt, weil Sie nämlich auch zitiert haben. Herr Kollege Fleischer, hören Sie gut zu. Die Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände hat zu dem Gesetzentwurf folgende Kommentierung abgegeben.
Das sind die zwölf bestehenden Regionalverbände, Kollege Ruder. „Wer ist denn das?“ Das ist nun eine Frage, die Sie nicht an mich, sondern an sich selber richten müssen.
Die Regionalverbände weisen darauf hin, dass sich die bestehende Organisationsform unstreitig bewährt hat und effektive Arbeit leistet, etwa bei der Rohstoffsicherung, beim Hochwasserschutz usw. Sie weisen ferner darauf hin, dass mit jeder Zweckverbandslösung die Regionalplanung im Lande zwangsläufig unübersichtlicher, weniger transparent, weniger effizient, weniger demokratisch, weniger bürgernah, zersplitterter und letztendlich auch investitionshemmend wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Kritik habe ich nichts hinzuzufügen. Das ist eine ganz eindeutige und präzise Kritik an dem von Ihnen eingebrachten Gesetzentwurf. Wir sind vielmehr der Meinung, dass wir in diesem Hause – – Das können wir wahrscheinlich, Kollege Döpper, nicht
mehr in dieser Legislaturperiode entscheiden. Da bin ich mit Ihnen einig. Aber dann müssen Sie die Vorlage solcher Gesetzentwürfe vielleicht in die nächste Legislaturperiode verschieben. Wer sie dann einbringen möge, das lassen wir einmal dahingestellt.
Aber solche Halbheiten, wie sie jetzt in dieser Form von Ihnen vorgelegt werden, können wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jedenfalls nicht mittragen.
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass der Direktor des Zweckverbands Südlicher Oberrhein, der einer der schärfsten Gegner der Zweckverbandslösung war, zwischenzeitlich presseöffentlich erklärt hat, dass er seine Position noch einmal überdacht habe und nunmehr die Zweckverbandslösung nachhaltig befürworte, und wäre das nicht Anlass für Sie, Ihre von gestern stammenden Überlegungen auch einmal etwas mehr nach vorne zu orientieren?
Kollege Fleischer, darüber, wer Vorstellungen von gestern hier ins Parlament einbringt, brauchen wir zwei nicht zu diskutieren. Es ist eindeutig klar – das steht in der Landesverfassung –, dass die Vielfalt der Regionen erhalten bleiben soll, dass wir aber auch alle Regionen gemeinsam nach vorne bringen sollen. Da kann es nicht sein, dass wir mit solchen Öffnungsklauseln, wie Sie sie jetzt im Gesetzentwurf vorsehen, zu wirklich nicht mehr überschaubaren regionalpolitischen Regelungen im Land beitragen.
Den Gesetzentwurf in dieser Form, mit dieser Öffnungsklausel können wir jedenfalls – das werde ich Ihnen in den Ausschussberatungen nochmals im Detail begründen; ich werde auch entsprechende Anträge einbringen – nicht mittragen. Da können Sie sicher sein.
Ein weiterer Punkt, der meines Erachtens noch angesprochen werden muss, betrifft die zugestandenen Kompetenzen. Hier hat man sich an dem orientiert, was der Verband Region Stuttgart per Landesgesetz zugestanden bekommen hat. Diese Kompetenzregelung ist ja in dieser Wahlperiode nochmals erweitert worden. Sie macht aber auch deutlich – – Und wenn Sie mit den Vertreterinnen und Vertretern des Verbands Region Stuttgart sprechen – –
Wenn Sie einmal schauen, welche Möglichkeiten diese Region hat, um EU-Fördermittel anzufordern, um sich an Pro
jekten zu beteiligen, dann werden Sie schnell feststellen, dass es nicht angehen kann, dass in anderen Regionen des Landes mit Zweckverbänden gearbeitet wird, die meines Erachtens – und Sie wissen ja so gut wie ich, dass diese nur in dritter Stufe demokratisch legitimiert sind – nicht in der Lage sind, die regionalen Aufgaben der Zukunft im Land zu erfüllen.
Ganz zum Schluss möchte ich Ihnen noch vorschlagen – und das wäre sicherlich für den Landtag ein diskussionswürdiger Punkt, aber wahrscheinlich nicht mehr für diesen, sondern für den nächsten –: Man wird in der Zukunft natürlich auch über Gebietsgrenzen nachdenken müssen. Es kann ja nicht sein, dass die Region Stuttgart jetzt zur Eurometropole ausgedehnt werden soll – wie es der Landesentwicklungsplan ja vorsieht –,
während alle anderen Regionen des Landes – so zum Beispiel die, aus der der Kollege Fleischer stammt – sich als Zweckverbände organisieren. Meine Damen und Herren, das kann nicht die Gleichwertigkeit und die Vielfalt der Entwicklung der Regionen im Lande sein, die die Landesverfassung meint. Deswegen werden wir unsere Vorstellungen im Rahmen eines Änderungsantrags in den Ausschussberatungen einbringen. Dann werden wir sehen, wie Ernst es Ihnen mit der regionalpolitischen Entwicklung in Baden-Württemberg ist.
Aber vielleicht haben wir in der nächsten Wahlperiode die Möglichkeit, die Entwicklungen im Land den Entwicklungen im europäischen Kontext anzupassen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Einbringung des Gesetzentwurfs zur Weiterentwicklung der Regionen setzt die Koalition konsequent einen weiteren Schritt zur Entwicklung der Regionen. Wenn Sie fragen, warum wir das jetzt tun, so sage ich Ihnen: Ganz einfach deshalb, weil es richtig ist, wichtige Punkte der Koalitionsvereinbarung während der Zeit der Koalition zu verwirklichen und nicht aufzusparen.
(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes! – Abg. Schmie- del SPD: Es ist fünf vor zwölf!)
Ich gehe einmal davon aus, dass es gut wäre, wenn wir die nächsten Koalitionsvereinbarungen zur weiteren Stärkung
Die Regionen erhalten neue Kompetenzen und Perspektiven. Mit einem Zehnpunkteprogramm werden die Handlungsmöglichkeiten und der Einfluss der Regionen ausgebaut.
Wenn ich dies als konsequenten Schritt bezeichne, dann bedeutet das zugleich, dass dem natürlich weitere Schritte folgen werden.
Ich sage an dieser Stelle – und das ist ja überhaupt nichts Neues, aber es soll trotzdem noch einmal gesagt werden –, dass für uns, auch für mich persönlich, die Stärkung der Regionen weiterhin auf der politischen Tagesordnung stehen bleiben wird.
Pragmatisches, konsequentes und beharrliches schrittweises Vorgehen ist in der Öffentlichkeit zugegebenermaßen nicht unbedingt immer gefragt, schon gar nicht in Wahlkampfzeiten. Gefordert wird in aller Regel der „große Wurf“, am besten noch die Feldherrngebärde, die Maximalforderung, ja, wenn es geht, noch eine tägliche Vision.
Früher hat man die Leute allerdings zum Arzt geschickt, wenn sie täglich eine Vision hatten. Heute wirst du in der Öffentlichkeit nicht ganz ernst genommen, wenn dich nicht täglich eine überkommt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans- Michael Bender CDU: Sehr gut! – Abg. Schmiedel SPD: Zum Beispiel Laptop-Vision!)
Interessant in diesem Zusammenhang sind die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände, der Regionalverbände und der Wirtschaftsverbände. Sie vertreten allesamt die bekannten – das muss ja nicht immer falsch sein –, zum Teil diametral entgegengesetzten Maximalpositionen, die alle so ein bisschen nach dem Motto gehen: „Verschon mein Haus, zünd andere an!“ Jeder möchte etwas anderes als der andere. Nur in einem ist man sich absolut einig: Die Veränderung muss grundlegend sein.
Da kann sich der Städtetag schon einmal einen ersatzlosen Wegfall der Landkreise vorstellen; wenn alle kommunalen Landesverbände mit dem Landkreistag eine gemeinsame Erklärung abgeben, findet man davon nichts mehr. Die Parteien sind auf Landesebene schon dabei, ganz forsch zu sagen: weg mit den Landkreisen. Spätestens dann, wenn es Kreistagswahlen gibt, entwickeln sie sich zu wahren Kreispatrioten. Ich will da meine eigene Partei gar nicht ausnehmen.
Wenn man also nicht nur unterhalten und Schlagzeilen produzieren will, sondern wirklich etwas erreichen will – das