Protocol of the Session on December 14, 2000

(Abg. Brechtken SPD: Mit denen kannst du halt nichts anfangen!)

In der Zwischenzeit gab es auch eine Große Anfrage der CDU zu diesem Thema. Die Fragen entsprechen in Teilen

wirklich wortwörtlich denen in Ihrem Antrag, den wir heute behandeln, und die Antworten denen in der Stellungnahme des Kultusministeriums, Herr Zeller. Sie haben sich nicht viel Neues überlegt. Übrigens wurde unser Antrag 1995 von der SPD niedergestimmt.

Wir haben natürlich dafür gesorgt, dass dieses Thema in der Koalitionsvereinbarung vorkommt –

(Abg. Brechtken SPD: Und jetzt geht es euch so wie uns, gell! Aber wir geben es wenigstens zu und vertagen es nicht!)

mit dem richtigen Hinweis, dass auch die Schulträger dahinter stehen müssen, allerdings leider auch mit der Einschränkung: dort, wo ein Betreuungsangebot aus pädagogischen Gründen gegeben ist. Ich gehe davon aus, dass Koalitionsgespräche im nächsten Jahr

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wel- cher Koalition?)

zu einer weiter gehenden und tiefer greifenden Formulierung führen werden. Der Antrag der Grünen gibt durchaus Anregungen, aber er ist heute mit Sicherheit nicht beschlussreif.

Weiterhin wird fortgeschrieben werden müssen, dass man für Ganztagsschulen zusätzliche Lehrerstunden braucht. Auch jetzt ist schon einiges im Gange; der Hauptschulbereich wurde schon angeführt. Es gibt aber auch einen aktuellen Fall, Herr Zeller, in dem die Errichtung einer Ganztagsschule von der Gesamtlehrerkonferenz abgelehnt wurde. Vielleicht reden Sie einmal mit der GEW, ob sie da nicht etwas bewegen kann.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen)

Dagegen ist uns kein Fall aus dieser Legislaturperiode bekannt, in dem ein Antrag von Betroffenen vom Ministerium abgelehnt wurde. Es gab einen strittigen Fall, der inzwischen aber geklärt ist. Ich hatte ihn auch auf dem Schreibtisch, aber der Fall ist geregelt. Ich weiß von keinem Antrag, der abgelehnt wurde.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Deshalb ist eben nicht nur zur Finanzierung, sondern auch hinsichtlich der Akzeptanz noch einiges zu tun, und zwar bei allen Beteiligten.

Da aber die SPD schon gestern ein bayerisches Modell aufgegriffen hat – ich habe diese Form der Altersteilzeit abgelehnt, weil ich ein eigenes baden-württembergisches Modell möchte; das nur am Rande –

(Abg. Brechtken SPD: Bringen Sie es doch ein!)

und laut der heutigen Ausgabe der „Leonberger Kreiszeitung“ die GEW ihr Vorbild ebenfalls in Bayern sieht, nehme ich an, dass Sie damit einig sind, wenn auch wir zum Thema Ganztagsschulen Gedanken, Erfolge und Erfahrungen der Frau Ministerin Hohlmeier einbeziehen.

Der vorliegende Antrag hat auch einen Beschlussteil; deswegen will ich darauf kurz eingehen. Ich gehe einmal davon aus, Herr Zeller, wenn Ihrer Fraktion ernsthaft daran liegen würde, dann hätten Sie diese Initiative zügiger eingebracht, denn jetzt kann sie überhaupt nichts mehr bewirken. Sie wissen, dass so etwas jetzt nicht mehr durchzusetzen ist. Aber als konkrete Antwort: In Ihrem Antrag ist weder das Wort „flächendeckend“ noch der Begriff „reduzierter Klassenteiler“ definiert. Wenn Ihnen diese Begründung nicht reicht, dann lese ich Ihnen Ihre Ablehnungsformulierung vom 23. März 1995 vor.

Nichtsdestotrotz, Ganztagsschulen werden ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema bleiben. Baden-Württemberg ist hier keinesfalls Schlusslicht. Im Saarland gibt es eine, in Bremen zwei, in Rheinland-Pfalz 20 Ganztagsschulen. Baden-Württemberg hat jetzt immerhin 74 Ganztagsschulen im staatlichen Bereich. Ich denke, das kann sich sehen lassen. Wir Liberalen werden beim Thema Ganztagsschulen aktiv bleiben. Auch die Enquetekommissionen „Kinder in Baden-Württemberg“ und „Jugend – Arbeit – Zukunft“ haben uns dazu aufgefordert. Deswegen bleiben wir dran.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. König REP: Jetzt loben Sie Herrn Pfister mal!)

Das Wort erhält Herr Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in der heutigen Debatte um die – ich sage es jetzt einfach einmal in Anführungszeichen – „Ganztagsschule“ haben wir wieder das gleiche Problem, wie wir es bereits in der Debatte um die verlässliche Halbtagsgrundschule hatten. Bevor wir nicht definiert haben, was wir darunter verstehen oder was allgemein darunter zu verstehen ist, reden wir aneinander vorbei.

Die linke Seite dieses Hauses – das hat Frau Rastätter ziemlich deutlich gesagt, zwischen den Zeilen hat es der Kollege Zeller immer wieder zum Ausdruck gebracht – versteht unter Ganztagsschule eine Schule, die den Unterricht von morgens bis nachmittags 16 oder 17 Uhr durchzieht. Die CDU und auch wir Republikaner verstehen unter Ganztagsschule dagegen Ganztagsbetreuung oder Ganztagsbetrieb, nicht Ganztagsunterricht. Das will ich hier klar und deutlich sagen. Wenn wir uns darauf einigen können, dass wir Ganztagsbetrieb meinen, dann haben wir eine Grundlage, auf der wir zu einem gemeinsamen Nenner kommen können.

Denn auch für unsere Fraktion, für die Fraktion der Republikaner, ist eines klar: dass immer mehr Familien gezwungen sind, zwei Einkommen zu haben, um existieren zu können, insbesondere wenn sie Kinder haben. Aus diesem Grund müssen wir zusehends dafür sorgen, dass außerhalb des Unterrichts auch Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder der Eltern vorhanden sind, die zur Arbeit gehen müssen und deren Kinder deshalb auch am Nachmittag versorgt sein müssen.

Vor diesem Hintergrund fordern auch wir den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen aller Schultypen in der Flä

che, sodass die Ganztagsbetreuung für jedes Kind erreichbar ist und angenommen werden kann.

Das zum Grundsätzlichen. Jetzt zu der Form.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Republikaner lehnen eine Totalverschulung à la sozialistischem DDR-Muster voll und ganz ab.

(Beifall bei den Republikanern – Oh-Rufe von der SPD)

Für uns kommt nur die Unterrichtszeit im Rahmen der Stundentafel plus Betreuung darum herum in Betracht, wie wir es bei der Diskussion über die verlässliche Halbtagsgrundschule hier schon des Öfteren gesagt haben. Das kann aber dann in Hauptschulen und Realschulen auch so aussehen, dass dort tatsächlich zwei ganze Unterrichtstage stattfinden. Denn wenn eine siebte oder achte Klasse eine Stundentafel von 35 Wochenstunden hat, dann hat sie auch schon in der Vergangenheit zweimal am Nachmittag Unterricht gehabt. Dies kann man da einbauen. Aber montags, mittwochs und freitags,

(Abg. Wieser CDU: Und donnerstags?)

wenn die Unterrichtsnachmittage eben dienstags und donnerstags stattfinden, brauchen wir dann die Betreuung darum herum. Diese kann – ähnlich wie bei der verlässlichen Halbtagsgrundschule – innerhalb der Räume im Schulgebäude oder auch im Hort an der Schule stattfinden. Wir haben ja eine ganze Menge Horte an unseren Schulen, und dort kann man dies ausbauen. Aber noch einmal – das ist ein ganz wichtiger Punkt –: Diese Betreuung muss freiwillig und darf nicht eine Verpflichtung sein.

Wer hier immer von Anspannungsphasen und Entspannungsphasen redet, der muss doch einmal an seine eigene Schulzeit zurückdenken oder, wenn es sich, wie bei Herrn Zeller, um einen Lehrer handelt, auch einmal daran denken, wie lange man, wenn man dauernd Spaßabschnitte einbaut,

(Abg. Wieser CDU: „Halleluja“ ist zu viel!)

braucht, um die Konzentration in einer Klasse wieder herzustellen. Es kann doch nicht sein, dass man den ganzen Tag bloß Gaudi macht.

(Beifall bei den Republikanern – Lachen bei der SPD – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das gilt übrigens auch für dieses Haus!)

Noch ein letzter Satz zu dem, was in der Stellungnahme zu dem Antrag zum Programm der Landesregierung in Bezug auf die Betreuung von Kindern gesagt wird: An den 127 gemeldeten oder festgestellten so genannten Brennpunktschulen Ganztagsbetrieb einzuführen ist zu wenig.

Ich will auch noch einen Satz zu der Frage sagen, was Brennpunktschulen sind. Was bedeutet das denn? Das sind doch Problemschulen. Und woher kommen die Probleme in Stuttgart, im Jungbusch in Mannheim usw.? Antwort: Weil sich dort eben die vielen Zugereisten konzentrieren.

Wir sind bereit, für diese die Angebote der Ganztagsbetreuung einzurichten. Aber die Eingeborenen, wir Eingeborenen

(Lachen bei der SPD)

bleiben dabei auf der Strecke. Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Wieser CDU: Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

In diesem Sinn bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sie sind der „native speaker“! Er kann alles außer Deutsch! )

Das Wort erhält Frau Ministerin Dr. Schavan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sie spricht zu den Eingeborenen! – Abg. Bebber SPD: Problemschwerpunkt Bietigheim! – Glocke des Präsidenten)

Entschuldigen Sie, Frau Ministerin.

Meine Damen und Herren, ich bitte um mehr Ruhe.

Bitte schön, Frau Ministerin.

Vielen Dank, Herr Präsident.