Protocol of the Session on December 14, 2000

Das ist eine alte Forderung von uns. Wir halten das für gut. Doppelt gut ist, dass man auch die Erfahrungen, die man aufgrund der Praxis hat, aufgreift und danach entscheidet. Beachtlich ist auch, dass die SPD-Fraktion nun zustimmt und das Kenntnisgabeverfahren nicht mehr als das allein selig machende Verfahren ansieht.

(Abg. Brechtken SPD: Wenn es Risiko bedeutet, ist er plötzlich dafür!)

Ich weiß, Herr Brechtken, das Kenntnisgabeverfahren ist in der Zeit entstanden, in der Sie als Staatssekretär Regierungsverantwortung hatten. Man hängt an den eigenen Erfindungen.

(Abg. Brechtken SPD: Vor allem, wenn sie richtig sind!)

Im Übrigen, so füge ich hinzu, hat sich – das sage ich auch für meine Fraktion – das Kenntnisgabeverfahren durchaus bewährt. Es ist eine gute Sache. Es dient der Beschleunigung im Baugenehmigungsverfahren. Es dient der Stärkung der Eigenverantwortung im Baugenehmigungsverfahren. Aber es gibt überhaupt keinen Grund, dem Bauherrn das Wahlrecht nicht zu belassen, ein herkömmliches Baugenehmigungsverfahren anzustreben.

Die Akzeptanz für das Kenntnisgabeverfahren ist trotz dieses Wahlrechts von 10 % auf 40 % gestiegen. Eine Belastung für die Kommunen tritt durch das Wahlrecht nicht ein. Sonst würden sie es übrigens auch nicht so nachdrücklich fordern. Die Kommunen müssen das Personal im Rechtsamt ohnehin für alle anderen Verfahren vorhalten, bei denen das Kenntnisgabeverfahren gar nicht greifen kann. Ich finde das also eine gute Lösung.

Vor allen Dingen muss man wissen, und das wissen alle Leute aus der Praxis: Das herkömmliche Baugenehmigungsverfahren braucht man dann, wenn man insbesondere beim notleidenden Geschossbau Ausnahmen und Befreiungen in enger Kooperation mit dem Bauherrn zielführend so abspricht, dass bei Wahrung der Nachbarinteressen und der öffentlichen Belange eine Baugenehmigung möglich wird. Wenn man diese Serviceleistung – das ist eine kommunale Serviceleistung – nicht mehr anbietet, dann tut man etwas Kontraproduktives für all diejenigen, die bauen wollen. Deshalb ist das Verfahren dort gut.

Ein abschließender Satz noch zu dem Thema „barrierefreies Bauen und behindertengerechtes Bauen“. Sie wissen, mein Kollege Kiel hat bei der ersten Lesung vorgeschlagen, noch die Regelung einzufügen, dass man bei Mehrfamilienhäusern, die ohne Mehrkosten so gebaut werden können, dass das Erdgeschoss stufenweise barrierefrei erreicht werden kann, mindestens auch die Wohnung so aus

baut, dass man den Titel „barrierefrei“ vergeben kann. Wenn wir das zurückgestellt haben – ich kann nur bestätigen, was Herr Moser gesagt hat und was auch Herr Fleischer eingangs schon sagte –, dann aus folgendem Grund: Barrierefrei ist nicht immer gleichbedeutend mit behindertengerecht gebaut. Das muss man auch sehen.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Man muss barrierefrei bauen, aber Behinderte haben oft viel größere Ansprüche als nur das barrierefreie Bauen. Es wäre ganz schlecht, wenn wir richtigerweise „barrierefrei“ sagen und dann nicht sehen, wo „barrierefrei“ eigentlich in eine andere Stufe übergehen muss, nämlich in das behindertengerechte Bauen. Wenn man bei diesem komplexen Thema auf einen Schnellschuss verzichtet, wenn man sagt: „Das lasst uns auch mit den Behindertenverbänden ausführlich besprechen“ – wir leiden ja ein bisschen unter früheren Schnellschüssen, durch die heute keine Ausnahme mehr möglich ist; es würde zum Beispiel ein Lift völlig genügen, und man muss, weil das Gesetz es so vorschreibt, einen Fahrstuhl bauen –, dann sind wir gut beraten, wenn wir das vereinbarungsgemäß verantwortlich gemeinsam so prüfen, dass wir auch entsprechende Anhörungen durchführen.

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Wie lange prüft ihr denn?)

Es wäre schade – ich finde es doch prima, dass wir das alle nicht wollen –, wenn ein solches Thema unfreiwillig zum Wahlkampfthema würde. Das hat es nicht verdient.

Deshalb stimmen wir gerne dieser Vorlage heute zu.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Schonath.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst auf eine Bemerkung von Herrn Witzel eingehen. Herr Witzel, Sie haben hier behauptet, Sie seien tolerant, und haben dann hier zwei Schreibfehler, die Flüchtigkeitsfehler sind und die in der Eile passiert sind, groß herausgestellt. Die Grünen haben heute auch Anträge mit Fehlern gestellt. Dazu haben wir nichts gesagt. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wenn Sie die Begründung haben wollen, schauen Sie sich unseren Änderungsantrag an. Dort ist es richtig ausgeführt. Wegen eines solchen Pipifax, weil nur ein Fehler drin ist, einen Aufstand zu machen – –

(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Es wurde nur zitiert!)

Jetzt möchte ich aber zu dem Gesetzentwurf kommen. Wir Republikaner haben bei der ersten Lesung und bei der Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesbauordnung im Wirtschaftsausschuss ausführlich Stellung genommen. Aus diesem Grund möchte ich mich in der zweiten Lesung entsprechend kurz halten.

Wie schon bei der Ersten Beratung ausgeführt, haben die Republikaner in der Novellierung der Landesbauordnung

Ausführungen zum barrierefreien Bauen vermisst. Im Wirtschaftsausschuss sind aber alle Fraktionen übereingekommen, dass eine diesbezügliche Novellierung in der nächsten Legislaturperiode, egal unter welcher Regierung auch immer, in Angriff genommen wird. Wir Republikaner werden in der nächsten Legislaturperiode dafür sorgen, dass diese Vereinbarung auch eingehalten wird.

(Beifall bei den Republikanern)

Wir haben uns auch schon früher für die dauerhafte Beibehaltung der Wahlmöglichkeit zwischen Baugenehmigungsund Kenntnisgabeverfahren eingesetzt. Deshalb werden wir in diesem Punkt dem Gesetzentwurf zustimmen.

Zustimmen werden wir Republikaner auch der Regelung zur Verwendung von Bauprodukten und zur Anwendung bestimmter Bauarten.

Trotz Beratung im Innenausschuss halten wir Republikaner unsere Bedenken gegen die Abschaffung der baurechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Teilung bebauter Grundstücke aufrecht. Zur Rechtssicherheit und zum Schutz der Käufer solcher Grundstücke darf diese Regelung nicht aufgehoben werden. Was ist, wenn bei der Teilung Erschließungsvorschriften, Abstandsgebote, Brandschutzvorschriften und Zufahrtsmöglichkeiten nicht ausreichend oder überhaupt nicht beachtet werden? Wir Republikaner haben deshalb einen Änderungsantrag eingebracht.

Im Übrigen beantragen wir, Herr Präsident, in Artikel 1 über die Nummern 1 und 2 des Gesetzentwurfs eine separate Abstimmung.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Mehrländer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag soll heute über Punkte der LBO entscheiden, die für die Praxis wichtig sind. Der zentrale Punkt ist die dauerhafte Option zwischen Kenntnisgabeverfahren und Genehmigungsverfahren. Jeder Bauherr soll das Verfahren wählen können, das ihm in seiner konkreten Situation die meisten Vorteile bringt. Das ist auch ein Stück Freiheit für den Bauherrn. Darüber besteht auch Einvernehmen, nicht nur mit den am Bau Beteiligten, sondern auch mit den kommunalen Landesverbänden, den maßgeblichen Berufsverbänden und auch mit den Fraktionen des Landtags.

Ich möchte nur noch zwei andere Punkte kurz umreißen, die aber auch sehr wichtig sind.

Einmal geht es darum, dass künftig ein Grundstückseigentümer sein Grundstück teilen kann, ohne dass irgendwelche baurechtlichen Genehmigungen erforderlich werden. Dies führt sowohl zu beschleunigten Eintragungen im Grundbuch als auch zu Kosteneinsparungen für den Bürger. Herr Abg. Schonath, Sie haben ja noch einmal einen Änderungsantrag eingebracht. Hierzu möchte ich noch einmal festhalten: Im Teilungsgenehmigungsverfahren wird nicht geprüft, ob das vom Käufer geplante Bauvorhaben zulässig ist oder nicht. Aus diesem Grund verschlechtert sich die Si

tuation des Käufers durch die Abschaffung der Teilungsgenehmigung nicht.

(Abg. Schonath REP: Doch! Eben doch!)

Dies hierzu.

Der zweite Punkt, der auch heute beschlossen werden soll, ist, dass für die Anwendung bestimmter Bauarten künftig ein vereinfachtes Zulassungsverfahren ausreicht, nämlich ein so genanntes baurechtliches Prüfzeugnis einer privaten Prüfstelle. Bisher musste für solche Bauarten stets eine allgemeine baurechtliche Zulassung beim Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin eingeholt werden. Auch bei diesen Änderungen handelt es sich vielleicht nicht um zentrale Regelungen, aber doch um notwendige Erleichterungen für die Praxis.

Auch von mir noch ein Wort zum barrierefreien Bauen. Wenn ich mich richtig erinnere, Herr Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, hat damals der Wirtschaftsausschuss gesagt: Wir wollen erst eine kleine Novelle und dann in größerem Umfang über barrierefreies Bauen im Wohnungsbau diskutieren. Deswegen trägt auch die Landesregierung den einstimmigen Beschluss der Fraktionen mit, dass die Punkte, die in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses behandelt wurden, die Basis für eine grundlegende Überarbeitung der Landesbauordnung sein sollen. Ich kann Ihnen versichern, dass das Wirtschaftsministerium schon erste Gespräche mit den Behindertenverbänden begonnen hat.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Brechtken SPD: Genau drei Minuten und zwei Se- kunden!)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen deshalb im Rahmen der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, Drucksache 12/5769.

Wir kommen zunächst zur Behandlung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg –, Drucksache 12/5676. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt Ihnen in Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

und dazu den Änderungsantrag der Fraktion Die Republikaner, Drucksache 12/5829. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt nicht zu? – Vielen Dank. Dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer Artikel 1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Stellv. Präsident Weiser)

(Abg. Schonath REP: Ich habe beantragt, über die Nummern 1 und 2 getrennt abstimmen zu lassen!)

Es ist beantragt, über die Nummern 1 und 2 des Artikels 1 getrennt abzustimmen.

Wer der Nummer 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Danke. Nummer 1 des Artikels 1 ist mit großer Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Nummer 2. Wer der Nummer 2 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Danke. Meine Damen und Herren, ich verstehe zwar nicht, warum getrennte Abstimmung beantragt wurde, aber ich akzeptiere das selbstverständlich.

(Heiterkeit)