Protocol of the Session on December 13, 2000

Das Wort erteile ich Frau Abg. ErdrichSommer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit zunehmender Dauer der Debatte über die Geschäftsordnung wird die Notwendigkeit einer Debatte, die hier zu führen ist, deutlich, weil die Ansichten über die Bedeutung der Sachlage doch erheblich differieren.

Herr Oettinger, als Sie jetzt dargestellt haben, wie Sie die Bedeutung des Sachverhalts sehen, nämlich „gar nicht so schlimm, es geht ja nur um 2 000 DM“, kamen mir doch erhebliche Zweifel, ob der Rest des Parlaments das ebenso sieht wie Sie.

(Abg. Dr. Birk CDU: Das hat er so nicht gesagt!)

Heute wäre die Gelegenheit gewesen, die Bedeutung dieses Sachverhalts hier offen anzusprechen und die Sachverhalte gegeneinander abzuwägen. Sie reden von 2 000 DM, über die Jahre verteilt; ich rede von einem Fall, bei dem es Überschreitungen in Höhe von 10 000 DM gegeben hat. Da finde ich schon, dass man darüber reden muss, ob das bei einer Behörde wirklich abgewiegelt werden kann, die zum Beispiel uns als Fraktion vorgeworfen hat, dass wir eine 500-DM-Vergabe nicht ausgeschrieben hätten, also bei wesentlich kleineren Beträgen schon Rügen erteilt hat.

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Wie oft ha- ben wir bei der Beratung des Rechnungshofbe- richts im Finanzausschuss darüber diskutiert!)

Wir haben ganz strikte und strenge Normen, die bisher für die ganze Landesverwaltung gegolten haben. Ich finde, man muss mit großer Ernsthaftigkeit sehen, dass es hier nicht um 2 000 DM geht, sondern dass es da um erhebliche prozentuale Überschreitungen einer Basis, die genehmigt worden ist, geht.

(Abg. Seimetz CDU: Also ist das Ganze eine Re- tourkutsche!)

Ich meine, wir müssen hier die Würdigung des Sachverhalts schon sehr viel genauer im Parlament diskutieren.

Es stellt sich als Zweites die Frage, von welcher Informationsbasis aus der Herr Landtagspräsident eigentlich seine Nachforschungen anstellt. Das ist mir nicht einsichtig. Wir hatten eine nicht öffentliche Sitzung im Finanzausschuss, bei der der Herr Landtagspräsident nicht anwesend war. Woher hat er also seine Informationen? Wer hat ihn informiert? Im Präsidium haben wir auch nicht darüber gesprochen. Es wäre notwendig, zu klären, von welchem Informationsstand der Herr Präsident ausgeht.

Letztendlich haben wir jetzt erreicht, dass wir die Debatte geführt haben, verpackt in eine Geschäftsordnungsdebatte, nicht systematisch geführt, aber ohne jede Konsequenz, ohne jede Abstimmung. Das ist das, was dem Ansehen des Rechnungshofs wirklich schadet,

(Zuruf von den Republikanern: Und des Parla- ments!)

dass man sich darüber streitet, wie das zu bewerten ist, dass sich jeder Beamte und jede Beamtin in diesem Land – um den unparlamentarischen Ausdruck „verarscht“ zu vermeiden – nicht ordentlich behandelt fühlt. Sie müssen sich bei jeder Kleinigkeit kontrollieren lassen, wo die Konsequenz sofort sichtbar wird. Hier führen wir eine Diskussion, verpackt in eine Geschäftsordnungsdebatte, über einen viel erheblicheren Sachverhalt. Das Parlament ist sich nicht darüber einig, wie der Sachverhalt zu bewerten ist. Wir haben keine Konsequenzen gezogen,

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Das ist eine Farce!)

und das Ganze wird wie immer vertagt. Das halte ich für die schlechteste Art, mit diesem Vorgang umzugehen.

Ich bitte Sie noch einmal, einen solchen Vertagungsantrag nicht mehr zu stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zur eigentlichen Frage zurückkehren, nämlich zu der Frage, ob wir heute eine Debatte führen sollen, führen können oder nicht.

(Abg. Deuschle REP: Jetzt!)

Da war zunächst die Frage im Raum, ob es noch einer Sachverhaltserhebung, also einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts bedarf oder nicht. Herr Kollege Oettinger, da stelle ich mir natürlich als Nächstes die Frage, um welchen Sachverhalt es denn geht. Welcher Sachverhalt wäre für eine Debatte, die wir hier führen können und müssen, eigentlich erheblich? Ich sage Ihnen: Wir haben genügend Sachverhaltskenntnis, um hier eine Debatte zu führen. Dieser Sachverhalt ist im Übrigen, so wie ich das vorhin gehört habe, im Wesentlichen unstreitig. Wir hätten heute also sehr wohl über die politische Bewertung, die der Landtag im Rahmen der Entlastung nach der Landeshaushaltsordnung durchführt, beraten können.

Eine ganz andere Frage ist die, ob im Rahmen der Bestimmungen des Rechnungshofgesetzes und des Richtergesetzes ein förmliches Disziplinarverfahren oder Prüfungsverfahren auf Antrag des Landtagspräsidenten gegen den Präsidenten des Landesrechnungshofs eingeleitet wird. Das ist eine andere Frage.

Herr Pfister, was Sie vorgetragen haben, betrifft die letztgenannte Problematik, nicht die bereits bekannten und unstreitigen, auch im Finanzausschuss diskutierten Sachverhalte.

Bei dieser Gelegenheit auch noch der Hinweis: Ich verstehe Sie nicht ganz. Wieso kommen Sie heute eigentlich mit einem solchen Geschäftsordnungsantrag? Warum haben Sie das nicht schon in der letzten Woche im Präsidium vorgetragen?

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

Von dem Kenntnisstand her, der in der Präsidiumssitzung vorhanden war, hätten Sie nach Ihrer Logik auch schon damals zu der Schlussfolgerung kommen müssen, dass wir heute nicht darüber sprechen können. Da haben Sie geschwiegen. Da waren Sie damit einverstanden, dass heute über diese Frage diskutiert wird.

Im Übrigen halte ich es in der Tat für eine ganz fatale Fehlentwicklung, wenn nun in der Presse und in der Öffentlichkeit weitere Verdächtigungen diskutiert werden, die sich vielleicht nur gegen eine Person richten, aber in Wirklichkeit eine ganze Behörde beschädigen.

In diesem Zusammenhang ein weiterer Hinweis: Wenn der Kollege Oettinger nun noch weitere Punkte benennt und ich mir vorstelle, dass wir in den nächsten Wochen noch

bis Ende Januar darüber in aller Öffentlichkeit einen Streit führen müssen, ob beispielsweise der Verkauf eines Pkws ordnungsgemäß war oder nicht, wenn dann noch weitere Punkte breit ausgewalzt werden können, dann weiß ich eines mit Sicherheit, nämlich dass ein Ende mit Schrecken heute besser wäre als ein weiterer Schrecken ohne Ende bis Ende Januar. Deswegen meine ich, dass wir heute sehr wohl ganz nüchtern, ganz sachlich an dem vorhandenen Sachverhalt orientiert die Debatte führen können, vor allem führen müssen, Herr Pfister, um hier einen Schlusspunkt zu setzen.

Und die Frage, die Sie mit Ihrem Antrag verfolgen, überlasse ich gerne in aller Ruhe dem Landtagspräsidenten. Er soll weitere Sachverhalte prüfen und soll dann entscheiden, ob er nun ein Disziplinarverfahren vor dem zuständigen Richterdienstgericht meint beantragen zu müssen oder nicht. Aber diese Dinge miteinander zu verquicken, nur weil Sie ein koalitionsinternes Problem haben, nämlich das Problem, jetzt Ihr Gesicht zu wahren, weil Sie andernfalls hier vorgeführt werden, das finde ich eine ganz, ganz schlechte Verfahrensweise, schlecht, weil sie das Ansehen des Landesrechnungshofs beschädigt und, was noch viel schlimmer ist, auch das Ansehen dieses Parlaments darunter leidet.

(Beifall bei den Republikanern)

Was glauben Sie, welche Öffentlichkeitswirksamkeit Sie mit dieser Aktion erreichen! Da werden Sie und nicht nur Sie, sondern wir alle gefragt werden: Seid ihr nicht mehr in der Lage, einen Fall, der offensichtlich bedenklich ist, offen zu debattieren? Warum schiebt ihr das vor euch her? Sie fördern damit Politikerverdrossenheit. Diesen Vorwurf muss ich Ihnen heute machen.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag, den Tagesordnungspunkt 12 abzusetzen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

(Abg. Brechtken SPD: Zählen!)

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

(Widerspruch – Zurufe: Nein! Zählen!)

Meine Damen und Herren, wenn das Ergebnis bezweifelt wird, lasse ich die Abstimmung wiederholen. Ich lasse noch einmal abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Ich stelle wieder fest, dass die Mehrheit für die Annahme war.

(Zurufe: Nein! Lassen Sie doch zählen!)

Das wird bezweifelt. Dann kommen wir zur Abstimmung durch Namensaufruf. Ich darf Herrn Schriftführer Fischer bitten, den Namensaufruf vorzunehmen. Der Namensaufruf beginnt mit dem Buchstaben B. Ich darf bitten, im Saal Ruhe zu bewahren, damit das Abstimmungsergebnis hier fest

gestellt werden kann; sonst kann man die Abgeordneten bei der Stimmabgabe nicht hören.

Bitte schön, Herr Fischer.

Herr Präsident, sagen Sie bitte noch einmal, wie abgestimmt werden soll.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Wer für die Absetzung ist, stimmt mit Ja, wer gegen die Absetzung ist, stimmt mit Nein. Ansonsten stimmt man mit „Enthaltung“.

(Namensaufruf)

Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, das Ergebnis festzustellen.

(Auszählen der Stimmen)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt – das geschulte Auge des Präsidenten täuscht sich nicht –:

(Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Wenn man sich nicht selbst lobt, lobt einen keiner!)

Mit Ja haben 63 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 62 Abgeordnete gestimmt.