Protocol of the Session on December 13, 2000

sondern sie erwarten wirklich, dass nach dem Maß der Erkenntnisse konkret gehandelt wird. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie erwarten wirklich, dass die Gesundheit der Menschen ohne Rücksicht auf Kosten zur Priorität Nummer 1 gemacht wird. Daran ist die Regierungserklärung orientiert.

Sie enthält ganz konkrete Maßnahmen und Kataloge dessen, was heute menschenmöglich ist. Daran werde ich mich weiter orientieren, im Übrigen auch in dieser Erwiderung. Ich mache nicht die billige Polemik, die ich zum Teil gehört habe.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Ich gehe nicht auf alle Einzelheiten noch einmal ein, aber ich sage: Ich halte für unumgänglich, dass wir, nachdem der heutige Erkenntnisstand ist, dass Tiermehl ursächlich für die Übertragung sein kann, zu einem unbefristeten Tiermehlverbot in ganz Europa kommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig!)

Das halte ich für unumgänglich. So weit sind wir noch nicht. So weit waren wir noch nicht einmal vor der letzten Bundesratssitzung. Aber wir sind jetzt in Deutschland so weit. Das halte ich für richtig.

Zweitens: Man muss auch einmal die Quantitäten und das Maß der Gefährdung sehen. Wir haben in Großbritannien 180 000 BSE-Fälle. Wir haben in einigen anderen europäischen Ländern einige hundert Fälle. Wir haben bei uns bis jetzt – ich verharmlose ja überhaupt nichts – einen Fall. Die Gefährdung ist von Großbritannien ausgegangen. Deswegen kommen wir nicht um ein Exportverbot von britischem Rindfleisch herum. Wir kommen nicht an diesem Punkt vorbei.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Das müsste man bei fran- zösischem genauso machen!)

Deswegen ist eine lückenlose Kontrolle von der Geburt eines Rindes bis zur Fleischtheke unumgänglich, damit auch Umwegimporte nicht mehr möglich sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das ist ein absoluter Schwerpunkt. Unsere Landwirtschaft und alle Fleisch verarbeitenden Betriebe können nichts dafür. Ein vernünftiger Bauer hat schon zu einer Zeit, als das noch nicht verboten war – es ist bei uns seit Jahren verboten –, an Wiederkäuer kein Tiermehl verfüttert.

Ich sage: Die Bauern können nichts dafür. Wir dürfen sie deshalb nicht hängen lassen und die agrargewerbliche Wirtschaft auch nicht. Das ist eine Aufgabe, die in ihrer finanziellen Dimension mit Sicherheit über die Kraft eines deutschen Landes hinausgeht. Diese Aufgabe muss in einer Gemeinschaftsaufgabe zwischen der Europäischen Union, dem Bund und den Ländern finanziert werden.

Aber ich habe gesagt: Nichts darf zeitlich zurückgestellt werden,

(Unruhe – Abg. Dr. Schlierer REP zur CDU: Macht doch etwas! Ihr seid doch Euroträumer!)

sondern wir müssen gegebenenfalls in Vorfinanzierungen gehen.

Sie, Herr Kollege Salomon, haben mit dem, was Sie gefordert haben, ausdrücklich Punkte bestätigt, die ich vorhin in der Regierungserklärung als Forderungen erhoben habe.

(Ministerpräsident Teufel)

Ich konnte nicht erkennen, dass Sie bei dem, was jetzt notwendig ist, auch nur in einem Punkt weitergegangen wären. Aber Sie haben eine ganze Reihe von Punkten – das werfe ich Ihnen nicht vor – nicht erwähnt, die ich für notwendig halte. Ich habe auch aufgezeigt, dass ich heute Punkte für unumgänglich halte, die von Landesregierungen, die von der SPD und den Grünen geführt werden, und von der Bundesregierung noch nicht vertreten werden. Ich habe die Punkte aufgezählt; ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich meine also ausdrücklich, dass über das bisher Veranlasste hinaus noch einiges notwendig ist.

In einem Punkt irren Sie sich wohl, Herr Kollege Salomon. Mein Informationsstand ist, dass es die frühere Bundesregierung war, die auch auf Betreiben der Landesregierung von Baden-Württemberg ein Exportverbot für britisches Rindfleisch gefordert und in der EU zusammen mit anderen Ländern durchgesetzt hat.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: 1996!)

Während der Zeit der jetzigen Bundesregierung – 1999 – wurde mit Zustimmung – nicht gegen die deutsche Stimme; ich meine, dass Sie sich da täuschen; denn mein Informationsstand ist anders – –

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein, da täusche ich mich nicht! 14 : 1 meines Wissens!)

Ich sage das nicht leichtfertig. Ich habe mich während der Debatte noch einmal verlässigt. Es ist jedenfalls eine Tatsache, dass im letzten Jahr, im Jahr 1999, dieses Exportverbot aufgehoben worden ist

(Abg. Göbel CDU: Kennzeichnungspflicht!)

und wir von der Landesregierung von Baden-Württemberg uns bis zur letzten Minute – wir sind auch in der letzten Minute nicht eingeknickt – ganz entschieden gegen die Aufhebung dieses Exportverbots gewehrt haben. Ich bitte immer im Auge zu behalten: 180 000 Fälle in Großbritannien! Das muss ich einfach der sachlichen Richtigkeit willen hier feststellen.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Sehr gut!)

Herr Maurer hat genau das getan, was, wie ich meine, in einer solchen Situation nicht zulässig ist: billigste parteipolitische Polemik.

(Lebhafter Beifall bei der CDU sowie Beifall bei der FDP/DVP und den Republikanern – Wider- spruch bei der SPD – Zurufe der Abg. Ursula Haußmann, Zeller und Carla Bregenzer SPD)

Aber Sie werden mich dadurch nicht von dem sachlich notwendigen Kurs abbringen.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Da Sie nichts zu kritisieren fanden, mussten Sie beim Thema BSE-Gefährdung noch auf Entfernungspauschalen kommen,

(Abg. Drexler SPD: Das war doch ein Zwischenruf von Ihrer Seite!)

weil Ihnen die Argumente für Ihre Polemik ausgegangen sind.

(Abg. Drexler SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zu dem Brief von Frau Staiblin! Sagen Sie dazu doch etwas!)

Herr Maurer, damit Sie auch das wissen: Ich habe mich bei einer Aussage, die ich bei der Fernsehdiskussion auswendig gemacht habe, getäuscht.

(Abg. Zeller SPD: Es gibt mehrere! – Abg. Drexler SPD: Beim Straßenbau auch! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Das tut mir Leid. Ich versuche, Ihnen zu erklären, warum ich mich getäuscht habe.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Übrigens war damals BSE in Deutschland noch nicht ausgebrochen. Inzwischen hat sich jeder von uns stundenlang mit den Details beschäftigen müssen. Ich habe mich deshalb getäuscht, weil unmittelbar davor – und das hatte ich in Erinnerung – unsere Landwirtschaftsministerin den Test von toten Tieren angekündigt hatte,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Bei wem? Bei Ih- nen?)

und zwar flächendeckend im Land. Da man aber bis zum heutigen Tag nur tote Tiere testen kann, aber keine lebenden, bin ich bei meiner Aussage davon ausgegangen, dass das bedeutet, dass alle Tiere getestet werden.

(Abg. Drexler SPD: Frau Vogt hat Sie aber darauf aufmerksam gemacht! – Abg. Wintruff SPD: Nur eine Ausrede!)

Richtig ist aber, dass es damals keine Anordnung gab, alle geschlachteten Tiere zu testen.

Diese Verwechslung ist mir unterlaufen.

(Abg. Drexler SPD: Frau Vogt hat Sie doch extra darauf aufmerksam gemacht!)

Im Übrigen hat die Aussage nur wenige Tage nicht gestimmt; denn inzwischen ist es Gemeingut,

(Lachen bei der SPD)

dass wir sämtliche toten Tiere testen müssen: die verendeten Tiere und die geschlachteten Tiere.

(Lebhafte Unruhe)