Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist normalerweise ein Thema ausschließlich für die Fraktionen. Aber nachdem der Kollege Capezzuto gemeint hat, er müsse vehement über die Landesregierung herfallen, und einen Unsinn nach dem anderen erzählt hat, will ich Sie, Herr Capezzuto, mit ein paar Zahlen darauf aufmerksam machen, was in dieser Legislaturperiode im Zusammenhang mit Forderungen, die Sie für notwendig erachten, geleistet worden ist und geleistet wird.
Ich habe immer gesagt, dass wir die Selbstständigenquote deutlich über die 10 %, die wir derzeit haben, steigern müssen. Genau aus diesem Grund haben wir in die Offensive für Existenzgründungen und Betriebsübernahmen gegenwärtig 95 Millionen DM eingestellt. In der vorangegangenen Initiative in der letzten Legislaturperiode war es gerade mal die Hälfte.
(Abg. Drautz FDP/DVP: Bei der SPD? – Abg. Ve- ronika Netzhammer CDU: Hört, hört! – Abg. Drautz FDP/DVP: Unvorstellbar!)
Also sehen Sie doch, dass diese Landesregierung das Ziel, die Selbstständigenquote zu erhöhen, ganz offensichtlich in vollem Umfang angenommen hat, indem sie das Doppelte an Mitteln zur Verfügung stellt gegenüber dem, was Sie das letzte Mal gemacht haben.
(Abg. Kluck FDP/DVP zu Abg. Capezzuto SPD : Das haben Sie mir nicht gesagt! – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Peinlich, peinlich!)
Wir hatten – und das ist eine Zahl, Herr Capezzuto, die Sie zur Kenntnis nehmen müssen – Ende der Neunzigerjahre bei uns im Land die höchste Selbstständigenquote seit rund zehn Jahren. Die Richtung stimmt also. Ich sage gar nicht, dass das schon reicht. Aber die Richtung stimmt auf jeden Fall, und seit zehn Jahren ist das die höchste Quote, die wir jetzt haben.
Sie haben vorhin noch ein paar Zahlen in den Raum geworfen; ich will Ihnen ein paar zurückgeben. Wir hatten 1999 eine Insolvenzrate von 50 auf 10 000 Unternehmen, während diese Rate im Bundesdurchschnitt doppelt so hoch lag, also bei 100. Ich finde, das ist eine vorzeigbare Zahl für das Land Baden-Württemberg.
Ferner haben Sie behauptet, die mittelständischen Betriebe hätten hier im Land ganz besonders große Schwierigkeiten. Die mittelständischen Betriebe bis 200 Beschäftigte haben ihren Anteil an der Gesamtbeschäftigung von 59 % im Jahr 1992 auf 65 % im Jahr 1998 gesteigert. Das zeigt, dass der Mittelstand enorm an Bedeutung gewonnen hat. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.
Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die wir für notwendig erachtet haben, um den Mittelstand und das Handwerk voranzubringen. Nehmen Sie vor allen Dingen zwei Zahlen zur Kenntnis, bevor Sie ein Gemälde zeichnen, dass diese bezüglich der Wirtschaftspolitik vernachlässigt würden. Wem haben wir es denn in allererster Linie zu verdanken, dass im Land Baden-Württemberg wie in keinem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland die Arbeitslosigkeit abgebaut worden ist? Dem Handwerk und dem Mittelstand.
(Abg. Capezzuto SPD: Dank der amtierenden Bun- desregierung! – Weitere Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)
(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen, u. a. Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grü- nen: Ja, genau!)
Jetzt werden Sie auch noch behaupten wollen, dass man die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit im Land BadenWürttemberg wie in keinem anderen Bundesland abgebaut worden ist, ausgerechnet der Bundesregierung verdanke. Dann müsste der Abbau der Arbeitslosigkeit ja bundesweit so erfolgreich sein wie bei uns.
(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen, u. a. Abg. Capezzuto SPD: Ist er auch! – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)
Eben nicht! Wir haben die Arbeitslosigkeit binnen Jahresfrist um 14 % reduziert. Sie haben dies bundesweit bei weitem nicht im zweistelligen Bereich geschafft. Von daher geht das, was Sie da erzählen, voll daneben.
(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen, u. a. des Abg. Capezzuto SPD – Glocke des Präsidenten)
Herr Capezzuto, das eigentliche Elend Ihrer Ausführungen besteht darin, dass Sie ausgerechnet die Firmen, den Mittelstand, das Handwerk, die Freiberufler bei uns im Land, die in den vergangenen Jahren diese hervorragenden Wirtschaftsdaten geschaffen haben, madig machen. Das ist das eigentlich Miese Ihrer Ausführungen, die Sie hier angebracht haben.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Jetzt wird es aber unverschämt! – Abg. Capezzuto SPD: Sie verdre- hen ja meine Worte!)
Ich will dem Kollegen Deuschle, weil er im Zusammenhang mit dem Basler Akkord ein konkretes Fachthema angesprochen hat, sagen,
dass es das Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg war, das als erstes Ministerium das Thema „Basler Akkord“ aufgegriffen hat. Es hat die Rating-Problematik erkannt und mit der Landesregierung eine Bundesratsinitiative ergriffen, die einstimmig verabschiedet wurde und zur Aufschiebung des Basler Akkords geführt hat.
Anfang des Jahres 2001 werden die neuen Überlegungen aufgrund dieser Bundesratsinitiative vorliegen. Wir werden diese dann bewerten und unsere Konsequenzen daraus ziehen. Umgesetzt werden soll es bis 2004. Das heißt, wir haben einen zeitlichen Vorlauf, der ausreichend lang ist, um auf das, was Sie zu Recht angesprochen haben, so zu reagieren, dass der Mittelstand in Baden-Württemberg – hoffentlich in Deutschland insgesamt – bezüglich der Kreditvergabe nicht weiter in Nachteil gerät. Das ist Ihr berechtigtes Anliegen. Wir haben es aufgegriffen und werden es weiterverfolgen.
Frau Kollegin Schlager hat angesprochen, dass der Wunsch bestehe, im Bereich der Verbundausbildung mehr zu tun. Selbstverständlich fördern wir die Verbundausbildung. Ich halte das auch für völlig richtig. Sie haben ja die Gründe genannt, warum man dies tun muss.
Aktuell stehen uns aber im Zusammenhang mit der Verbundausbildung mehr Fördermittel zur Verfügung, als abgerufen werden.
Deswegen geht es wahrscheinlich eher in die Richtung, nicht noch mehr Fördermittel zur Verfügung zu stellen; wie gesagt, es sind aktuell mehr, als abgerufen werden. Vielmehr muss man vielleicht wie bei anderen Themen, die Sie angesprochen haben, noch bekannter machen, dass die Möglichkeit einer sinnvollen Verbundausbildung tatsächlich besteht. Das wollen wir gern aufgreifen. Aber es ist gegenwärtig nicht so, dass da Mittel fehlen würden oder dass das möglicherweise gar nicht gefördert werde. Es wird ganz selbstverständlich gefördert.
Frau Kollegin Schlager, Sie haben außerdem angesprochen, wir würden mit unseren Vorschlägen im Bereich der Mittelstands- und Handwerkspolitik Innovationen nicht genügend berücksichtigen. Wenn ich es richtig sehe, hat Baden-Württemberg als einziges Bundesland eine Medieninitiative „Handwerk ans Netz“ oder eine Initiative „Mittelstand ans Netz“. Das heißt, dass wir in den Bereichen, die bei den Informations- und Kommunikationstechnologien von zentraler Bedeutung sind, Fördermittel in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellen, um genau das zu verhindern, was Sie zu Recht beklagen, wenn es so wäre, dass Handwerk und Mittelstand von den Entwicklungen bei Informations- und Kommunikationstechnologien abgekoppelt würden. Dies ist erfreulicherweise nicht der Fall. Wir machen das zusammen mit den Handwerkskammern mit mehreren Informationsveranstaltungen. Die Resonanz dabei ist sehr gut. Wir wollen das in der Zukunft auch gern fortsetzen.
Herr Döring, es ging darum, einen Teil der Privatisierungserlöse in der Zukunftsoffensive für Projekte mit dem Handwerk – zur Anwendungsforschung und zur Begleitforschung für die Markteinführung der Produkte – zu reservieren. Das haben wir in Übereinstimmung mit dem Handwerk in der Enquetekommission gefordert. Im Moment sieht es so aus, als würde die nächste Zukunftsoffensive in dieser Frage am Handwerk vorbeigehen.
Man muss dazu aber sagen – das wissen auch Sie –: Bei der Markteinführung kommen wir ganz nah an die Grenze der Gemeinnützigkeit. Das ist der Haken. Das Anliegen, unterstützend tätig zu werden, ist sicher berechtigt, aber wir können aus den Privatisierungserlösen nur Maßnahmen im Bereich der Gemeinnützigkeit fördern, wie Sie wissen. Die Markteinführung konkreter Produkte einzelner Betrie