Protocol of the Session on December 13, 2000

Ich denke dabei an fehlende Harmonisierungen im Steuerrecht, im Außenwirtschaftsrecht, im Bereich des Umweltschutzes und der sozialen Standards sowie im Mitbestimmungs- und im Gesellschaftsrecht. Hätte man beizeiten auf unsere Warnungen gehört

(Abg. Nagel SPD: Oh Gott!)

Sie sagen hier „Gott“, doch Sie wissen jetzt noch gar nicht, was kommt; Herr Kollege, Sie werden nachher schon sagen müssen, da hat er Recht gehabt –,

(Abg. Nagel SPD: „Oh Gott“ habe ich gesagt!)

dann würde der mittelständischen Bauwirtschaft in BadenWürttemberg nicht ein Kahlschlag drohen. Erst vor weni

gen Tagen, Herr Kollege Nagel, hat der neue Vorsitzende des Verband der Bauindustrie Nordbaden, Herr Schleicher, von 40 000 gefährdeten Arbeitsplätzen in dieser Branche gesprochen. Als wesentlichen Punkt für den Niedergang hat er gesagt – ich zitiere –, dass Europa ein System von wohl funktionierendem Protektionismus sei. So gebe es viele Hürden für deutsche Bauunternehmer, sich an Ausschreibungen in Frankreich, in Belgien oder in Holland zu beteiligen.

Deshalb fordern wir Republikaner auch in unserem Minderheitenvotum die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen in der EU,

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

um die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks, des Handels und auch der Landwirtschaft zu fördern. Die Steuerharmonisierung innerhalb der EU ist mit dem Ziel der Steuersenkung durchzuführen und nicht nur mit dem Ziel der Harmonisierung. Wir wollen mit den Steuern nach unten.

Wir haben deshalb auch kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung im letzten Jahr ein geplantes Gesetz über Steuerabzugsverfahren für Subunternehmen wegen europarechtlicher Bedenken zurückgenommen hat. Ziel dieses Gesetzes war es, zu verhindern, dass ausländische Subunternehmer weder in Deutschland noch in ihrem Heimatland Steuern zahlen und dadurch einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber unserer mittelständischen Bauwirtschaft erhalten.

(Abg. Dagenbach REP: Das darf doch nicht sein!)

Bei einem Großkonzern wie Holzmann setzt sich der Kanzler der Bosse ein.

(Abg. Schmiedel SPD: Ein bisschen mehr Res- pekt!)

Bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen von Tausenden mittelständischen Betrieben versagt Herr Schröder kläglich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Rapp REP: Genau so ist es!)

Wir Republikaner treten auch weiter für die Bekämpfung der Schwarzarbeit durch Verschärfung der gesetzlichen Strafen und Verstärkung der Verfolgungsmaßnahmen durch höheren Personaleinsatz ein.

Ein wichtiges Anliegen einer modernen Mittelstandspolitik ist die Stärkung der Kultur der Selbstständigkeit. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass in Baden-Württemberg die Selbstständigenquote noch unter 10 % liegt. So muss in der Schule, aber auch in der Hochschule die Bereitschaft zu selbstständigem unternehmerischem Handeln gelehrt werden.

Meine Damen und Herren, nicht der Akademiker, der in der Staatsverwaltung sein Dasein fristet,

(Heiterkeit des Abg. Gerd Scheffold CDU – Abg. Gerd Scheffold CDU: Sein Dasein fristet!)

sondern der dynamische Unternehmer, der sich etwas zutraut, muss hier das Leitbild sein.

(Beifall bei den Republikanern)

Die Kommission hat bei der Weiterentwicklung der Mittelstandsförderung ziemlich einvernehmlich Vernünftiges erreicht. So macht die Unterscheidung in Kleinst-, Kleinund Mittelbetriebe in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl und eine entsprechende Konzentration der Förderung auf Klein- und Kleinstunternehmen durchaus Sinn. Auch ist die Ausweitung auf die freien Berufe und sonstigen Dienstleister begrüßenswert.

Die Erschließung neuer Märkte, meine Damen und Herren, ist in der Zeit der Globalisierung von zunehmender Bedeutung; das kann niemand bestreiten. Hier fehlt Klein- und Mittelbetrieben aber oft das entsprechende Personal, welches über entsprechende Marktkenntnisse verfügt. Leider ist hier die Kommissionsmehrheit unserem Vorschlag nicht gefolgt, zwischen Europäischem Binnenmarkt und anderen Auslandsmärkten zu unterscheiden, und spricht weiter – ich möchte fast sagen: altmodisch – pauschal von ausländischen Märkten.

Aber in der Praxis ist es doch gerade so – und wer sich bei den Unternehmen ein bisschen auskennt, weiß es –, dass die Integration im Binnenmarkt weiter fortgeschritten ist als in anderen Märkten, und deshalb sind in einem solchen Binnenmarkt auch andere Erschließungsstrategien notwendig. Für kleine und mittlere Unternehmen sind Aktivitäten im Binnenmarkt also weniger problematisch und deshalb eher machbar als in anderen Märkten. So bestehen dort keine Währungsrisiken, es bestehen überschaubare Finanzierungsrisiken und ähnliche Wirtschaftsphilosophien, meine Damen und Herren.

Dagegen muss man manchem kleinen oder mittleren Unternehmen in dessen eigenem Interesse ja abraten, ohne kompetente Partner auf schwierige Auslandsmärkte zu gehen. Denn dort kann sich einer im Grunde um Kopf und Kragen bringen mit Konsequenzen für sein Unternehmen.

Es ist eigentlich komisch, dass Sie und die anderen in der Kommission nicht bereit waren, diesen neuen Schritt bei der Erschließung dieser Märkte und diesen Schritt in die moderne Praxis mitzugehen, und eigenartig, dass ich als Republikaner Ihnen dies so sagen muss.

Die Eigenkapitalbasis der kleinen und mittleren Unternehmen ist in Deutschland und auch in Baden-Württemberg zu niedrig und oft ein wesentlicher Grund für ein späteres Scheitern. Aber auch die Möglichkeiten einer Fremdfinanzierung, über Kredite zum Beispiel, werden durch die Auswirkungen der vorgesehenen Änderung des Basler Abkommens eher eingeschränkt. Wir Republikaner unterstützen zwar weiter die Bemühungen auf Bundesebene, zu einer Gleichstellung zwischen internem und externem Rating zu kommen, aber wir empfehlen dem Landtag und der Landesregierung auch, die Realitäten des internationalen Finanzsystems nicht völlig außer Acht zu lassen.

Ich stelle die Frage, Herr Wirtschaftsminister: Welchen Spielraum haben wir in Baden-Württemberg hierzu, und wie können wir diesen zum Wohle unserer Betriebe ausnutzen?

Ich empfehle deshalb dringend, Herr Minister, die Gründung einer eigenen Rating-Agentur, angesiedelt bei der LBank, vorzunehmen. Wir sollten gegenüber Bayern und Nordrhein-Westfalen, die diese Projekte schon beschlossen haben, nicht weiter in Rückstand kommen; wir sollten auch nicht weiter von angelsächsischen Agenturen, beispielsweise Moody’s, total abhängig sein. Deswegen fordere ich Sie auf, dazu nachher konkret etwas zu sagen.

(Beifall bei den Republikanern)

Zum Schluss möchte ich noch auf einen zentralen inhaltlichen Dissens mit den anderen Fraktionen die Landwirtschaft betreffend eingehen.

Wir Republikaner fordern in unserem Minderheitenvotum eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Statt mittels einer Marktentlastung zu höheren Einkommen für die Landwirte zu gelangen, führt die Agrarreform zu mehr Bürokratie, zu einer noch stärkeren Abhängigkeit von staatlichen Ausgleichszahlungen und gleichzeitig zur Aufgabe vieler landwirtschaftlicher Unternehmen. Der BSESkandal zwingt zu einem grundlegenden Umsteuern, meine Damen und Herren.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Über BSE ha- ben wir heute aber schon zwei Stunden diskutiert!)

Das kann man gar nicht oft genug sagen.

Notwendig ist eine flächendeckende nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft, die umweltschonend mit unseren Lebensgrundlagen Wasser, Luft und Boden umgeht, die tiergerecht wirtschaftet, Energie sparsam verwendet und den in ihr arbeitenden Menschen eine Lebensgrundlage bietet.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Dies ist nur im Rahmen einer Renationalisierung der EUAgrarpolitik unter Beachtung regionaler Strukturen möglich.

(Abg. Schmiedel SPD: So ein Quatsch!)

Herr Kollege, wenn Sie so reden, waren Sie noch nie in einem Stall.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Das ist doch ein Rind- vieh!)

Deswegen sage ich Ihnen: Wenn Sie mir so kommen, dann gehen wir einmal gemeinsam in den Stall, und dann zeige ich Ihnen, was dort für Arbeit ist.

(Abg. Dr. Schlierer REP: Sie sind doch das größe- re Rindvieh, Herr Schmiedel!)

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu den Schlussfolgerungen. Wir Republikaner werden die Punkte in den Empfehlungen mittragen, die wir gemeinsam beschlossen haben.

Herr Abgeordneter, ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie Kollegen Schmiedel dann gleich anschließend in den Stall begleiten.

(Allgemeine Heiterkeit – Abg. Dr. Schlierer REP: Aber bitte anbinden!)

Ja. Genau.

Wir werden diejenigen Punkte mittragen, die wir gemeinsam beschlossen haben. Den 10-Punkte-Katalog von CDU und FDP/DVP lehnen wir aber ab, weil er unzureichend ist.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort hat der Herr Wirtschaftsminister.