Protocol of the Session on December 13, 2000

(Abg. Schmiedel SPD: Hört, hört! – Abg. Gerd Scheffold CDU: Woher haben wir denn die nied- rigste Arbeitslosigkeit, Herr Kollege?)

Herr Kollege Scheffold, selbst die amtliche Statistik belegt diesen seit Jahren anhaltenden negativen Trend in Baden-Württemberg.

(Abg. Schmiedel SPD: So ist es!)

Geradezu extrem schlecht sieht es bei der Zahl der Selbstständigen mit Beschäftigten aus. Hier liegt nämlich das Land deutlich unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer.

Herr Kollege Scheffold, nachdem Sie nun so ideologisch den ersten Part Ihrer Darstellung vorgetragen haben

(Abg. Gerd Scheffold CDU: Realistisch wäre bes- ser!)

das mag ja aus Ihrer Sicht so sein –, hebt sich die Bundesregierung wohltuend ab von der Lähmung dieser badenwürttembergischen Landesregierung in der Mittelstandspolitik; denn da hat sich die SPD-geführte Bundesregierung mehr profiliert als Sie in diesen zwei Jahren.

(Beifall bei der SPD)

Von den von der Bundesregierung gleich nach Amtsantritt beschlossenen vielfältigen Maßnahmen für eine aktive Mittelstandspolitik in Deutschland, die nun seit geraumer Zeit umgesetzt werden, profitiert Gott sei Dank auch der Mittelstand in Baden-Württemberg.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Frau Kollegin Netzhammer, hören Sie genau zu. – Erstens: Von ihren jüngsten steuerpolitischen Maßnahmen, die ja, wie Sie wissen, bis zum Jahr 2005 eine Nettogesamtentlastung von rund

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Wir sind aber im Jahr 2000!)

ich weiß, das hören Sie nicht gern – 93 Milliarden DM erbringen, kommen etwa 30 Milliarden DM den mittelständischen Unternehmen zugute.

(Abg. Gerd Scheffold CDU: Mittelstand wie Deut- sche Bank?)

Allein das Steuersenkungsgesetz entlastet den Mittelstand um rund 23 Milliarden DM.

(Abg. Gerd Scheffold CDU: Holzmann! – Gegen- ruf des Abg. Moser SPD: Was heißt hier Holz- mann? Holzauge! Das wollen Sie nicht hören! Den Geldbeutel machen Sie alle auf, aber zuhören wol- len Sie nicht!)

Dieser positive Effekt – hören Sie doch zu, dann lernen Sie etwas – wurde erreicht durch die Änderungen des Einkommensteuertarifs, durch die Absenkung des Spitzensteuersatzes, durch die Senkung des Eingangssteuersatzes bis auf 15 % und durch die Anhebung des Grundfreibetrags für Ledige auf 15 000 DM, durch die Absenkung der Körperschaftsteuer für mittelständische Kapitalgesellschaften um 20 Prozentpunkte und durch die Anhebung des Freibetrags für Betriebsausgaben von 60 000 auf 100 000 DM, um nur einige Maßnahmen zu nennen.

(Zuruf des Abg. Kurz CDU)

Vorzeigbare Ergebnisse – das wollen Sie auch immer noch nicht wahrhaben – hat in diesem Zusammenhang aber auch das neue so genannte 630-DM-Gesetz gebracht, weil dadurch die weitere Aufsplitterung normaler Beschäftigungsverhältnisse in geringfügige endlich gestoppt worden ist,

(Zurufe der Abg. Veronika Netzhammer und Sei- metz CDU)

die Neuregelung, die den Sozialversicherungskassen höhere Beitragseinnahmen gebracht hat, und nicht zuletzt die neuen Kontrollmöglichkeiten, die geholfen haben, Missbrauch durch Schwarzarbeit zu beheben.

Abschließend lassen Sie mich bitte eine Enttäuschung und einen Vorwurf in Richtung der CDU loswerden.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Das haben Sie alles schon vorgetragen! Das ist bekannt!)

Bei der Pressekonferenz habe ich das schon angesprochen.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Dann ist es doch schon gesagt! – Gegenruf des Abg. Moser SPD: Das kann man nicht oft genug sagen!)

Beim kleinen Parteitag in Hechingen hat die Landes-CDU die Mitglieder in der Mittelstandsenquete des Landtags und deren Stellvertreter einschließlich der unzähligen angehörten Sachverständigen vor ihren eigenen parteipolitischen Karren gespannt und damit schamlos missbraucht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Waren Sie in Hechingen? Woher wissen Sie das?)

Denn die in mühsamer Sacharbeit in der Landtagsenquete zusammengetragenen Ergebnisse und Empfehlungen für eine bessere Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg wurden von der CDU als selbst erarbeitete Programmatik dargestellt und verabschiedet, ein Vorgang, der zum Himmel schreit.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Aber der Wahlkampf scheint ja bei der CDU bereits begonnen zu haben, und da geht man über die berühmten Leichen.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Wo ist die Leiche? – Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Herr Hauk, wenn ich meinen Beitrag mit Ihrem von heute Vormittag vergleiche, dann muss ich sagen, da liegen Welten dazwischen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hauk und Abg. Seimetz CDU: Das ist wahr!)

Die Einzigen, die Sie zu etwas bewegt haben, waren die Hühner Ihres Nachbarn, die darüber gelacht haben.

Ich danke abschließend Frau Dr. Buschmann, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie den Kolleginnen und Kollegen für die stets gute und konstruktive sowie harmonische Zusammenarbeit. Im Gesamten sind wir bei der Arbeit in dieser Mittelstandsenquete bei den zehn Schwerpunkten, die wir am Schluss zusammengestellt haben, nur bei einem Punkt unterschiedlicher Meinung gewesen.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Frau Netzhammer, Sie konnten ja in unserem 10-PunkteSondervotum nachlesen, wo wir anderer Meinung waren. Ich denke aber, auf dieses Gerüst der gemeinsamen 85 bis 90 %

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Sehr gut!)

sollten zum Wohl des Mittelstands sowohl die Landesregierung wie Ihr Ministerium, Herr Minister Dr. Döring, ihre Arbeit aufbauen können.

Mehr in der zweiten Runde.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Abg. Deuschle REP: Kommt der noch einmal? Wie viel Redezeit hat er denn? – Abg. Hauk CDU: Spärlicher Beifall!)

Das Wort hat Frau Abg. Schlager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mittelstandsenquete hat in eineinhalb Jahren eine Fülle von Reformvorschlägen und Innovationsimpulsen erarbeitet. Es hat sich gezeigt, dass wir auch in Baden-Württemberg nicht im Land der Seligen leben. Hier gibt es eine ganze Reihe von Verkrustungen und von Reformbedarf. Ich denke, es gibt auch eine ganze Reihe von Dingen, die der Wirtschaftsminister hier in diesem Land noch deutlich besser machen kann.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Sonst wäre er arbeitslos!)

Das Problem dieser Enquete hat sich allerdings zum Schluss gezeigt. Von den vielen gemeinsamen Empfehlungen sind am Schluss im 10-Punkte-Votum von CDU und FDP/DVP nur noch vage Überschriften übrig geblieben, nur noch Andeutungen und auf gar keinen Fall mehr etwas Konkretes, nichts, von dem man in einem Jahr einmal sagen könnte: Haben Sie es denn auch umgesetzt, Herr Minister?

Ich will dafür einmal Beispiele nennen.

Erstens: die Innovationspolitik, die auch den Mittelstand einbezieht. Das Handwerk in Baden-Württemberg hat unmissverständlich gefordert, dass es bei den Zukunftsinvestitionsprogrammen, die jetzt durch die Privatisierungserlöse anstehen, beteiligt wird, und zwar in der Form, dass es Projekte bei der Markteinführung und bei der Anwendung der Forschungsergebnisse gibt. Das hat die Enquete einstimmig empfohlen, aber in den 10-Punkte-Katalog von CDU und FDP/DVP ist das nicht mehr übernommen worden. Das war schon zu konkret. Das hätte man ja nachher umsetzen können.

Zweitens: Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung. Hier hat die Enquete einstimmig die verstärkte Förderung der Verbundausbildung gefordert; ganz wichtig für kleine Betriebe, ganz wichtig für Betriebe mit ausländischen Inhaberinnen und Inhabern. Aber auch diese Forderung war zu konkret, als dass sie in den 10-Punkte-Katalog von CDU und FDP/DVP aufgenommen worden wäre.

Weiteres Beispiel: Einstimmig beschlossen wurde die bessere Förderung der regionalen Arbeitsgemeinschaften für berufliche Weiterbildung. Es wurde deutlich, dass bei der beruflichen Weiterbildung noch sehr viel unkoordiniert läuft, sehr viel nebeneinander herläuft und dass das Weiterbildungsangebot gerade nicht bedarfsgerecht auf die kleinen und mittelständischen Betriebe zugeschnitten ist. Aber die konkrete Forderung, von der Enquete einstimmig erhoben, hier auch mehr Geld in die Hand zu nehmen, steht im 10-Punkte-Katalog nicht mehr drin. Da steht dann nur noch ganz allgemein drin, wie wichtig die Weiterbildung ist. Das hätte man auch ohne Enquete sagen können. Wichtig ist, zu sagen, was man konkret machen soll. Vor allen konkreten Beschlüssen haben Sie sich am Schluss gedrückt und gefürchtet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)