Protocol of the Session on July 10, 2025

Dann hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Burkert-Eulitz das Wort.

[Unruhe]

Es gilt nach wie vor: Wen das hier nicht so sehr interessiert, was hier gerade läuft, wäre schön, wenn Sie rausgehen und sich draußen unterhalten. Es ist unglaublich anstrengend für die Rednerinnen und Redner, gegen diesen Pegel anzureden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Simon! Sie haben mir eine kleine Steilvorlage gegeben. Ihr Regierender Bürgermeister sagt immer gerne: Einfach mal machen! – Wir haben seit zehn Jahren über den B-plus-Status gesprochen. Einfach mal machen! Unsere Kitas sind seit Jahren großem Stress ausgesetzt. Oft reicht die Zeit der Beschäftigten nur für Betreuung. Frühkindliche Bildung ist so nicht möglich. Die vorgesehene Verbesserung des Personalschlüssels für unter Dreijährige, für den sich Frau Günther-Wünsch starkmacht, unterstützen wir, allein, ich glaube es erst, wenn das hier beschlossen wird. Sprache ist der Schlüssel zu Bildung und Lebenschancen. Richtig! Die Senatorin hat sich bei den Fachkräften aus den Sprachkitas auf Instagram bedankt. Das ist nett, aber wie deren Expertise aus diesem sehr erfolgreichen Programm weiterhin in unseren Kitas genutzt werden kann, dazu gibt es keine Idee. Das ist nicht nur schade, das ist eine Vergeudung von Ressourcen.

Diese Koalition ist auch richtigerweise angetreten, die Kitasozialarbeit auszubauen, aber offensichtlich wird auch dies nicht weitergeführt, sondern soll eingestellt werden, ist ja immerhin zuwendungsfinanziert, und dafür hat die Senatorin kein Geld. Dieser Senat setzt lieber auf Elitenförderung als auf die Stärkung der benachteiligten Kinder und Jugendlichen dieser Stadt.

Was ist eigentlich bei der Erstellung des Berliner Bildungsprogramms los? – Statt einen transparenten partizipativen Prozess zu gestalten, hat die CDU-geführte Senatsverwaltung die große Kehrtwende ausgerufen. Der schon ausgearbeitete und verschickte Entwurf wurde zurückgezogen und das ursprüngliche Autorinnenteam komplett ausgewechselt. – Keine Zwischenfragen! – Was ist los? Wird nun ein Programm nach dem Gusto der CDU geschrieben? Spielen Praxis und Wissenschaft nur

(Roman Simon)

noch eine untergeordnete Rolle? Das ist nicht nur unprofessionell, sondern deutet auf fehlendes Verständnis für die komplexen Anforderungen eines modernen Bildungsprogramms.

Berlin war mit seinem Kitabildungsprogramm jahrelang Vorbild für viele Bundesländer. Jetzt geht es wieder zurück in die Vergangenheit. Der vorgelegte Entwurf bedient viele Allgemeinplätze, also bei der Wortsuche kommen alle Wörter ordentlich vor, aber dabei bleibt es auch. Die Liste der Kritik aus der Fachwelt ist lang. Zentrale Themen wie Antidiskriminierungspädagogik, geschlechtsreflektierte Pädagogik und rassismuskritische Ansätze fehlen komplett. Gerade in einer vielfältigen Stadt wie Berlin ist es unerlässlich, diese Aspekte fest im Bildungsprogramm zu verankern.

Wenn wir uns das ISBJ angucken, da herrscht gerade auch das große Chaos. Kitagutscheine können seit Wochen nicht ausgestellt werden. Wer macht denn so was, einen Programmwechsel dann, wenn es darauf ankommt, dass die Kitagutscheine da sind? Wir erwarten, dass das ganz schnell abgestellt wird. Also Sie sehen, bei Kita ist viel los, da ist viel zu machen. Einfach mal machen! Machen Sie es! – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Alexander Freier-Winterwerb (SPD)]

Dann macht jetzt der Kollege Freier-Winterwerb für die SPD-Fraktion weiter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich von Herzen für diesen Antrag, der ganz wichtige und ganz wesentliche Themen behandelt, mit denen wir uns auch auseinandersetzen müssen und wollen. „Einfach mal machen“ ist ein schönes Motto, und ich will mal sagen, Senatorin Günther-Wünsch macht ganz schön viel und macht alles, was es im Kitabereich zu machen gibt,

[Beifall bei der SPD und der CDU]

vom Rahmen, das Kitafördergesetz, zum Bildungsprogramm, zur Rahmenvereinbarung Tagespflege bis zum Kitakostenblatt. Das ist quasi alles, was das System Kita beinhaltet. Und das ist etwas, das wir natürlich auch miteinander ein Stück weit begleiten müssen. Es gibt sozusagen ja auch diverse Beteiligungen in diversen Bereichen. Es gibt auch Kritik am Bildungsprogramm. Ich habe das Gefühl, dass das verstanden wurde, dass das eingebaut wird und dass das verändert wird, und das Bildungsprogramm ist, was wir uns alle wünschen, inklusive der externen Fachleute, sage ich mal vorsichtig. Und ich sage mal, was das Kitafördergesetz anbetrifft, da gibt es ja gerade auch eine Beteiligung.

Die Parlamentsbeteiligung kommt ja ein kleines bisschen später. Aber – ich sage das mal vorsichtig – ich habe nun auch mit diversen Trägern, mit diversen Personen gesprochen, und an der Grundausrichtung des Kitafördergesetzes gibt es nur sehr wenig Kritik; vielleicht mal den einen oder anderen Akzent an der einen oder anderen Stelle.

Nichtsdestotrotz, wenn wir, wie ich das eben gesagt habe, alles anfassen, dann müssen wir uns auch alles angucken. Inklusion, Teilhabe und Mitmachenkönnen von der Kita an, das ist ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen und mit dem wir uns auseinandersetzen werden. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den Linken uns zu noch mehr Aktion treiben möchten. Das ist genau der richtige Weg, und gemeinsam werden wir das gut hinbekommen. Ich freue mich auf die Diskussionen nach den Ferien, denn dann geht es ja in die heiße Phase. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Dann folgt für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Tabor.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Berliner! Kitasozialarbeit gibt es seit 20 Jahren in Berlin, aktuell im Rahmen verschiedener Modellprojekte, wie zum Beispiel in meinem Heimatbezirk Spandau. Auch im Koalitionsvertrag 2023 bis 2026 ist sie vorgesehen. Sie soll verstetigt und ausgebaut werden, da sie Kinder und Familien in herausfordernden Lebenssituationen unterstützt.

Doch bevor man eine Maßnahme flächendeckend ausrollt, muss man ihre Wirksamkeit evaluieren. Das ist auch das erklärte Ziel des Senats. Die Ergebnisse liegen allerdings erst Ende 2025 vor. Modellprojekte enden immer abrupt, auch wenn sie möglicherweise erfolgreich sind – oder auch nicht. Das ist zwar bitter, liegt aber in der Natur der Sache. Einige Träger erklären in Appellen, Kitasozialarbeit sei unverzichtbar. Das erscheint merkwürdig in diesem Fall, denn in der Fläche gibt es das ja noch gar nicht. Wer sich als Träger für das Wohl der Kinder starkmacht, denkt oft auch an die finanziellen Mittel, die man darüber erhält. Freie Träger fordern also naturgemäß immer Stellen für soziale Arbeit; zumindest habe ich noch nie einen Träger kennengelernt, der gesagt hat: Wir haben genug Geld, bitte nicht mehr, unsere Arbeit ist schlecht.

Stürzt das System ohne Kitasozialarbeit ins Chaos? – Nein. Es existieren bereits funktionierende Strukturen:

(Marianne Burkert-Eulitz)

Familienservicebüros, Jugendämter, Erziehungsberatungsstellen. Kitasozialarbeit vor Ort klingt bequem, aber der Senat nennt als Ziel die Aktivierung der Eltern in ihrer Rolle. Wir wollen aktive Eltern, und gleichzeitig fördern wir durch neue Angebote eine Vollversorgungsmentalität – das ist aus unserer Sicht widersprüchlich.

[Beifall bei der AfD]

Die Linke fordert die Verankerung in den Kitakostenblättern. – Ja, zusätzliche Stellen könnten entlasten. Doch der Beratungsbedarf ist je nach Kitalage sehr unterschiedlich. Eine Kita in Zehlendorf hat andere Bedarfe als eine Kita in Neukölln. Die Träger müssten die Kitasozialarbeiter auch selbst anstellen. Das funktioniert nur bei großen Organisationen. Die Lösung über Kostenblätter ist daher nicht zu Ende gedacht.

Das Modellprogramm entstand im Rahmen des Gipfels gegen Jugendgewalt. Doch die Frage muss erlaubt sein – warum wurde ein solcher Gipfel überhaupt nötig? Hatten wir diese Auswüchse bereits vor dem Herbst 2025? Die Realität ist: Die Massenmigration belastet auch die Kinder- und Jugendhilfe. Ohne sie gäbe es keinen so massiven Fachkräftemangel. Das gehört eben auch zur Wahrheit dazu, ob Sie es hören wollen oder nicht.

[Beifall bei der AfD]

Für die nahe Zukunft werden wir für Berlin leider sinkende Kinderzahlen haben. Aufgrund dieser bedauerlichen Entwicklung kommt es möglicherweise zu einer Entlastung bei der angespannten Situation in den Kitas. Erzieher könnten in den kommenden Jahren mehr Zeit für pädagogische Arbeit gewinnen. Die Fachkraft-KindRelation kann verbessert werden. Wir müssen nur dafür sorgen, dass es in diesem Bereich nicht zu Haushaltskürzungen kommt. Je stärker Erzieher entlastet werden, desto mehr Zeit bleibt für den Fokus auf Kinderschutz und individuelle Förderung.

Unsere Erzieher leisten bereits heute hervorragende Arbeit. Sie sind geschult im Kinderschutz, eingebunden in Fortbildung und greifen im Ernstfall sofort ein. Die Kitasozialarbeit darf nicht als Misstrauensvotum verstanden werden. Wir fordern Entlastung der Fachkräfte, weniger Verwaltung, gezielte Schulungen und passgenaue Angebote. So unterstützen wir die Kitas nachhaltig und wirksam.

[Beifall bei der AfD]

Und wenn die SPD von Inklusion redet, aber gleichzeitig eine Richterin für das Bundesverfassungsgericht vorschlägt, die Menschenrechte erst ab der Geburt anerkennt, also abtreiben lassen möchte bis zum neunten Monat, brauchen Sie nichts von Inklusion zu erzählen.

[Beifall bei der AfD]

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Sommerfest heute und schöne Sommerferien. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 66 und 67 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 68 A war die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der Nummer 4.4. Die Tagesordnungspunkte 68 B bis 70 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 71 war die Priorität der AfD-Fraktion mit der Nummer 4.1. Die Tagesordnungspunkte 72 bis 74 stehen auf der Konsensliste.

Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Plenarsitzung findet – viele werden es bedauern – leider erst in zwei Monaten statt, nämlich am Donnerstag, den 11. September 2025, um 10 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen schöne Sommerferien und eine erholsame Zeit! Bleiben Sie gesund! Die Sitzung ist geschlossen.

[Vereinzelter allgemeiner Beifall]

[Schluss der Sitzung: 18.06 Uhr]

(Tommy Tabor)

Anlage

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 3:

Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Volksentscheid Baum“ (Gesetz für ein Klimaanpassungsgesetz Berlin und zur Änderung weiterer Vorschriften)

Vorlage gemäß Artikel 62 Abs. 3, 63 der Verfassung von Berlin Drucksache 19/2573

an UK

Lfd. Nr. 3 A:

Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Berlin autofrei“ (Berliner Gesetz für gemeinwohlorientierte Straßennutzung)

Vorlage gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 Abstimmungsgesetz Drucksache 19/2591