Protocol of the Session on July 10, 2025

oder kommt über Italien – auch ein sicherer Herkunftsstaat – und so weiter.

[Rolf Wiedenhaupt (AfD): Das ist doch gar nicht zulässig!]

Das ist richtig. Das ist eigentlich gar nicht zulässig, denn wir haben ja ein Dublin-Abkommen und wir haben das Abkommen, dass Menschen, die in die Europäische Union kommen, dort den Asylantrag stellen müssen, wo sie den Boden der EU betreten, und das ist in aller Regel nicht Deutschland.

[Beifall bei der AfD]

Bisher haben der Senat und auch die Bundesregierung da nicht weiter nachgefasst, und man hatte das Gefühl, als hätte sich keiner um dieses Dublin-Rückführungsabkommen gekümmert. Darum haben wir jetzt entsprechend diese Folgen, die wir hier in Berlin tagtäglich sehen.

Deswegen wollen wir dem Senat mal ein bisschen auf die Sprünge helfen und haben unseren Antrag zur Einführung eines Dublin-Abschiebezentrums hier im Abgeordnetenhaus eingebracht. – Frau Spranger, Sie haben ja gesehen und mitbekommen, dass Brandenburg es auch gemacht hat. Hamburg hat es auch gemacht. So ein DublinAbschiebezentrum ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn Menschen, die nicht hier sein dürfen, müssen schnellstmöglich dahin gebracht werden, wo sie hingehören.

[Beifall bei der AfD]

Und das funktioniert über dieses Dublin-Abschiebezentrum, und übrigens nicht wie in Hamburg nur für Männer, sondern wir wollen das für Männer und für Frauen, und wir wollen auch, dass die Menschen, die im Abschiebezentrum untergebracht sind, sich nicht frei bewegen können, damit sie überall verschwinden, sondern dass die Menschen dort bleiben müssen, damit sie entsprechend am Rückführungstermin wirklich da sind. Denn das ist ja der Hauptgrund, warum viele Rückführungen scheitern: dass die Menschen nicht auffindbar sind.

Wir sehen, gerade Berlin, genau wie die anderen Großstädte in Deutschland wie Hamburg, Frankfurt und München, ist ein Magnet für Migranten. Wir müssen aber hier für die Berliner Bevölkerung arbeiten. Es kann nicht sein, dass wir jeden Hinterhof nachverdichten, dass wir in jedem Hinterhof eine Hütte oder ein Haus nachbauen und den Menschen Betonklötze vor die Fenster setzen, dass Kinder nicht in die Schule in ihrer Nachbarschaft gehen können, sondern kilometerlang mit dem Bus zu einer Schule fahren müssen, nur um entsprechend andere Menschen, die gar nicht hier sein dürften, unterzubringen oder zu betreuen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Laatsch?

Ja, bitte schön!

Bitte schön!

[Zuruf von Niklas Schrader (LINKE)]

Lieber Kollege! Es wird ja in dem Zusammenhang ständig von Flüchtlingen gesprochen. Ist denn der Begriff „Flüchtling“ richtig für jemanden, der aus einem sicheren anderen Staat über die Landgrenze kommt, sprich aus Österreich, Polen, woher auch immer? Kann man dazu Flüchtling sagen, oder ist das ein Migrant? Werden hier die Begriffe „Flucht“ und „Flüchtling“ ganz bewusst falsch benutzt, um einen falschen Eindruck zu vermitteln?

Ja, herzlichen Dank, Kollege Laatsch! Der Begriff „Flucht“ wird hier sicherlich missbräuchlich verwendet, denn wer aus Österreich, aus Ungarn oder aus Polen nach Deutschland kommt, der befindet sich nicht auf der Flucht, der ist in einem sicheren EU-Staat. Der kommt nach Deutschland, weil wir hier in Deutschland entsprechend die Anreize haben, dass wir hier mehr Gelder auszahlen als andere Staaten. Das ist dieser Asylmagnet, den wir natürlich auch abschalten müssen hier in Deutschland. Dazu hat es von uns auch schon entsprechende Anträge gegeben.

Wir wollen dem Senat – Frau Spranger! – ja gerne helfen. Wenn Sie selber nicht auf die Idee kommen, wie man hier eine vernünftige Migrationspolitik machen kann, dann fragen Sie uns. Wir geben Ihnen da sehr gerne Tipps. Sie kommen ja auch aus Marzahn-Hellersdorf, da haben Sie ja einen kurzen Dienstweg.

[Heiterkeit von Rolf Wiedenhaupt (AfD)]

Ich stehe gerne zu Gesprächen bereit. – Herzlichen Dank und einen schönen Abend noch!

[Beifall bei der AfD]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Dregger das Wort.

(Gunnar Lindemann)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihr Antrag betrifft das sogenannte DublinVerfahren, also das Übernahmeverfahren, das zu initiieren ist, wenn Asylantragsteller aus einem anderen europäischen Staat zu uns gekommen sind. Zu Recht haben Sie in Ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass von den 74 500 Übernahmeersuchen, die Deutschland im Schnitt jedes Jahr stellt, im Schnitt nur etwa 6 000 entsprochen wird. Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung davon ausgeht, dass das Dublin-Verfahren derzeit nicht funktionsfähig ist, dysfunktional ist und deswegen auch nicht anwendbar ist.

Das hat, wie Sie alle ja mitbekommen haben, dazu geführt, dass die Bundesregierung derzeit den Kurs vertritt, dass wir an den deutschen Außengrenzen Asylantragsteller zurückweisen. Das führt natürlich zu erheblichen Auseinandersetzungen, ja auch gerichtlichen, und wir werden gespannt sein, wie sich das weiter auflösen wird. Jedenfalls ist das jetzt der Kurs der Bundesregierung, die dafür zuständig ist, um diese ja offensichtlich unbegründeten Asylanträge letztlich nicht in Deutschland bearbeiten zu müssen.

Sie wollen darüber hinaus nun ein Dublin-Zentrum zur Rückführung etablieren und gehen davon aus, dass Sie das tun und gleichzeitig die Freiheit der Betroffenen begrenzen können, sodass sie sich aus diesen Einrichtungen nicht fortbewegen können. Meine kursorische Prüfung hat ergeben, dass das derzeit rechtlich noch nicht möglich ist, weil es dafür an bundesgesetzlicher Rechtsetzung fehlt. Ich glaube, Sie haben das auch erkannt, denn Sie selbst verweisen auf § 62 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz. Darin geht es einfach um die Abschiebungshaft, und die hat mit dem Dublin-Verfahren nichts zu tun. Deswegen bin ich mir nicht ganz sicher, ob sich das, was Sie sich da vornehmen, überhaupt erfüllen lässt.

Ich frage mich darüber hinaus, warum Sie sich eigentlich auf diejenigen beschränken wollen, die nach dem DublinVerfahren in andere Länder zu verweisen sind. Unsere Aufgabe ist doch, die Ausreisepflicht für alle Ausreisepflichtigen durchzusetzen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Und ich möchte mal darauf hinweisen, dass die Zahlen, die Sie in Ihrem Antrag erneut fehlerhaft zitieren, in Hinblick auf die Zahlen, inwieweit wir dort erfolgreich sind, fehlerhaft sind, und ich möchte sie korrigieren. Sie reden hier von einem erheblichen Versagen des CDU-geführten Senats und nennen da irgendwelche Zahlen. Ich möchte Ihnen die richtigen Zahlen nennen. Von 2022, dem letzten Regierungsjahr von Rot-Rot-Grün, zu 2023 ist die Zahl der Durchsetzungen der Ausreisepflicht um 53 Prozent gesteigert worden.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Tommy Tabor (AfD)]

Jawohl! – Gegenüber 15 783 Menschen ist die Ausreisepflicht durchgesetzt worden, durch Abschiebungen und veranlasste freiwillige Ausreisen. Und wenn Sie die neuesten Quartalszahlen des ersten Quartals 2025 mit dem sehr erfolgreichen Jahr 2023 vergleichen, dann sehen Sie, dass die Zahl der Abschiebungen im Jahresvergleich um 181 Prozent gesteigert worden ist.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden. Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie in Ihren politischen digitalen Luftblasen, in denen Sie unterwegs sind, nicht solche unzutreffenden Zahlen nennen würden. Ich hatte Sie darauf schon in einer anderen Plenardebatte hingewiesen. Uns kommt es darauf an, die Ausreisepflicht der Ausreisepflichtigen konsequent durchzusetzen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Ja, warum machen Sie es nicht?]

Die Innensenatorin hat dazu im vergangenen Jahr einen Fünf-Punkte-Plan verkündet, hinter dem ich uneingeschränkt stehe. Dazu gehören auch die Wiedereinführung der Abschiebehaft und weitere Maßnahmen, die verhindern sollen, dass sich Ausreisepflichtige der Ausreise entziehen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Warum bauen Sie dann neue Unterkünfte, Herr Dregger?]

Sie sehen ja, dass das, was geschieht, erfolgreich ist, und deswegen bitte ich Sie, nicht durch Fehlinformationen den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Omar das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD fordert in ihrem Antrag die Einrichtung eines sogenannten Dublin-Abschiebezentrums in Berlin. Wer diesen Antrag liest, erkennt schnell: Es geht nicht um eine sachliche Lösung migrationspolitischer Fragen, sondern um pure Stimmungsmache. Angst soll geschürt, Halbwahrheiten sollen verbreitet und unser rechtsstaatliches Fundament soll untergraben werden.

[Zurufe von Gunnar Lindemann (AfD), Tommy Tabor (AfD) und Marc Vallendar (AfD)]

Hören Sie zu, damit Sie auch ein bisschen was dazulernen außer Hetze!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

(Burkard Dregger)

Ja, in Hamburg und Brandenburg wurden Anfang dieses Jahres Dublin-Zentren eingerichtet, mit großem Getöse, aber die Bilanz, die Sie in Ihrem Antrag nicht erwähnen, ist ernüchternd. In Hamburg leben gerade mal 22 Personen in dieser Einrichtung, und seit März gab es lediglich 16 tatsächliche Abschiebungen. Niemand erhält reguläre Sozialleistungen, selbst aktive Kooperationsbereitschaft wird nicht anerkannt. Statt einer vernünftigen Asylpolitik sehen wir die systematische Entwürdigung von Menschen.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Diese Praxis ist juristisch höchst fragwürdig und menschlich nicht haltbar, und genau deshalb hat die Bezirksversammlung Wandsbek in Hamburg eine Prüfung nach Artikel 1 und Artikel 3 Grundgesetz sowie nach EURecht angestoßen. Sozialgerichte in Hamburg und auch in Nürnberg haben Leistungskürzungen in Dublin-Fällen bereits für unzulässig erklärt, weil sie gegen das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum verstoßen, und daran sollten wir uns halten.

Und auch Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam sind kein rechtsfreier Raum. Sie sind nur bei richterlichem Beschluss möglich, zeitlich begrenzt und niemals pauschal, wie die AfD in ihrem Antrag fordert, oder automatisiert zulässig, wie die AfD hier nahelegt. Das ist also kein Instrument, um die Migration zu steuern, und schon gar nicht, um das Dublin-System zu reformieren.

Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung vieler Verwaltungsgerichte. Die Dublin-Überstellungen in bestimmte EU-Staaten, wie Griechenland, Bulgarien, Ungarn oder Polen, werden von den Gerichten regelmäßig untersagt. Warum? – Weil dort festgestellt wurde, wie das Verwaltungsgericht Minden zum Beispiel in dem Fall von Ungarn gesagt hat, dass dort systematische Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen durch die eigenen Behörden gegenüber den Geflüchteten dokumentiert sind.

Dublin funktioniert seit Jahren nicht mehr, weil dieses System ein unfaires System gegenüber den EU-Außengrenzen war, weil man es sich hier in Mitteleuropa und Nordeuropa einfach gemütlich machen will und sagt: Diejenigen, die die EU an den Außengrenzen betreten, müssen dort bleiben. – Das Dublin-System ist damit gescheitert. Es überlastet die EU-Außengrenzen, zwingt Menschen in Elend und Unsicherheit und ist auch in Deutschland ein Bürokratiemonster, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben. Verfahren dauern Monate. Oft wird die Rückführung durch Fristversäumnisse verhindert, übrigens in erster Linie nicht durch die Geflüchteten, sondern die Länder, die nicht bereit sind, sie aufzunehmen. Dublin-Zentren werden daran nichts ändern. Sie kosten viel, binden Ressourcen und schaffen keinen Rechtsfrieden. Vielmehr brauchen wir eine geeinte europäische Lösung, die auf Menschlichkeit und Solidarität basiert.

Dieser Antrag der AfD ist juristisch fragwürdig, menschenrechtlich unhaltbar und politisch zynisch. Er operiert mit falschen Zahlen, allein zum Zweck der Stimmungsmache. Berlin darf sich an solchen menschenunwürdigen Modellen nicht beteiligen. – Lieber Senat! Unsere Stadt hat sich vor Jahren zum sicheren Hafen für Schutzsuchende erklärt, und das ist gut so. – Wir stehen für ein gerechtes, menschenwürdiges und verfassungstreues Asylsystem. Deshalb lehnen wir diesen Antrag der rechtsextremen AfD selbstverständlich entschieden ab.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Matz jetzt das Wort.