Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Zander! Ehrlich gesagt, als ich gehört habe, dass die Koalition das Thema Lachgas endlich mal eigenständig ins Parlament einbringt, habe ich gedacht, dass jetzt eine Rechtsverordnung kommt, und zwar eine Rechtsverordnung, mit der die Senatsverwaltung gemeinsam mit dem Senat und den Bezirken dafür sorgt, dass Lachgas reguliert wird und damit die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt geschützt werden, damit informiert wird, dass Lachgas missbräuchlich eingesetzt wird.
Was haben Sie gemacht? – Sie haben nach Niedersachsen geschaut und eine Bundesratsinitiative vorgeschlagen,
nachdem klar ist, dass der Bundestag oder das Bundeskabinett kommende Woche ein Gesetz verabschieden wird, in dem sie Lachgas regulieren – das heißt also, wir brauchen gar keine Bundesratsinitiative –, und nachdem Niedersachsen und Schleswig-Holstein Rechtsverordnungen erlassen haben, die Lachgas vor Ort wirksam regulieren. Da kann ich mir nur an den Kopf fassen, und ich denke mir: Wenn Sie schon in andere Bundesländer schauen, dann schauen Sie doch richtig, und wenn Sie schon auf einen Zug aufspringen, der gerade fährt, den wir in Gang gesetzt haben,
dann springen Sie doch bitte ins richtige Abteil und nicht in den Schlafwagen, obwohl Sie eigentlich im Führerstand sitzen müssten!
Sie haben eben gesagt, dass unser Antrag zu kurz greift. Das finde ich wirklich ziemlich anmaßend, wenn man sich Ihren Antrag mal anschaut. Sie haben eine Bundesratsinitiative, in der Sie auf der einen Seite Lachgas komplett verbieten wollen. Das heißt, Sie kriminalisieren auch irgendwie Oma Erna, die sich so ein kleines Ding im Supermarkt kauft und damit ihre Schlagsahne aufschlägt. Das möchte im Übrigen das Bundesgesetz nicht verbieten, sondern sie differenzieren das ganz klar, genauso wie wir das auch gemacht haben. Sie gehen aber zum Beispiel nicht an das Thema Exotic Whip heran, und das ist ja das größte Problem. All diejenigen, die irgendwann mal mit wachen Augen durch diese Stadt gelaufen sind, werden das in den Spätis gesehen haben, dass dort überall Exotic Whip steht. Dann werben sie auch noch im Internet damit, dass sie Sahnespender verkaufen, was wirklich absurd ist. Man braucht nicht so eine Lachgaskartusche, um
sich zu Hause Sahne auf seine Torte zu machen oder in seinen Kaffee oder wofür man auch immer so viel Sahne braucht, sondern da reicht so eine kleine Kartusche. Wenn Sie mit wachen Augen durch die Gegend laufen würden, würden Sie das auch wissen, oder wie, das habe ich vorhin gehört, Frau Bonde neulich Herrn Reuter zitiert hat: Man sollte vielleicht erst mal die Augen auf die Wirklichkeit richten, um dann die richtige Politik zu machen. Da kann ich nur sagen: Machen Sie das, dann wird das hier auch was!
Sie haben hier als Land Berlin Möglichkeiten. Da müssen Sie nicht auf den Bund und den Bundesrat schauen, sondern Sie haben die Möglichkeit, hier aktiv zu werden.
Wir haben sechs Punkte vorgeschlagen, und die werden am kommenden Montag im Gesundheitsausschuss diskutiert werden.
Sie können eine Rechtsverordnung erlassen, mit der Sie Lachgas regulieren, mit der sich Verkaufsstellen verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass Minderjährige keinen Zugang zu Lachgas erhalten.
Wenn mein zwölfjähriger Sohn in den Späti geht – der sieht aus wie 16 – und sagt: Hallöchen, ich hätte gern so ein Exotic Whip –, dann bekommt er das. Das ist doch nicht in Ordnung. Das sieht so aus, als wäre es irgendetwas ganz Harmloses. Wir haben aber im Gesundheitsausschuss erfahren, dass bei der Studie, die die Charité gemacht hat, bei der Hälfte der Leute Folgeschäden geblieben sind. Das wird gerade weiter untersucht, aber da haben Sie doch eine Verantwortung, darüber aufzuklären und zu sagen, dass so etwas doch nicht frei verkäuflich neben einer Limo stehen kann. Da müssen Sie doch Ihrem Anspruch einer ordentlichen Gesundheits- und Suchtpolitik hier in der Stadt gerecht werden, ohne dass Sie alle Leute kriminalisieren, sondern indem Sie die Leute ermächtigen und informieren und gleichzeitig halbwegs ordentlich regulieren.
Dafür können Sie Werbeverbote einführen, ein zentrales Monitoringsystem, ein Erfassungssystem, wo diejenigen, die das verkaufen und so tun, als wäre das einfach nur etwas für Schlagsahne, und damit ja eigentlich lügen,
zeigen müssen: Nein, wir haben hier ganz tolle Jugendschutzkonzepte. – Die gibt es nicht. Dann kommt man ins Gespräch, und so kann man in dieser Stadt gestalten.
Ich kann nur sagen: Gehen Sie in den Führerstand! Fahren Sie das Thema Sucht- und Gesundheitspolitik in dieser Stadt im Sinne der Bevölkerung! Das unterstützen wir sehr gern. Sie können unserem Sechspunkteplan zum Lachgasmonitoring gern zustimmen. Ich freue mich auf den Gesundheitsausschuss am Montag. Ihr Antrag, na ja, nimmt die Verantwortung nicht wirklich wahr, und das ist sehr bedauerlich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Antrag wurde nicht richtig gelesen. Wir wollen, dass der Senat die notwendigen Maßnahmen ergreift, um Jugendliche zu schützen
Spätestens jetzt weiß er das auch. – Dazu gehört natürlich, dass der Senat auch prüfen wird, wie das mit einer entsprechenden Rechtsverordnung auf den Weg gebracht werden kann.
Unser Antrag setzt genau dort an. Es braucht jetzt neue rechtliche Instrumente, und diese werden wir entsprechend prüfen und auf den Weg bringen. Der Kern und der Ansatz der Bundesratsinitiative ist ein ganz anderer, über den bisher noch nicht gesprochen wurde: Wir wollen auch die Prävention dazu stärken. Wir sagen, die bestehenden Programme von Bund und Ländern in Präventionssachen müssen ausgebaut werden, in Schulen, in Jugendzentren, digitalen Räumen, denn junge Menschen müssen wissen, was sie tun, und zwar schon, bevor sie das erste Mal inhalieren. Es geht nicht darum, Jugendliche zu gängeln. Es geht darum, sie ernst zu nehmen.
Frau Kollegin, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Gebel beantworten möchten.
Wenn Ihnen die Themen Rechtsverordnung und Prävention so wichtig sind, warum fordern Sie dann den Senat nicht auf, eine Rechtsverordnung auf den Weg zu bringen, und schreiben das Wort noch nicht mal hinein, geschweige denn, dass Sie eine Präventions- und Informationskampagne an den Schulen und in den Jugendzentren haben und dass Sie noch mal für den Haushalt Geld bereitstellen? Warum steht das dann nicht im Antrag, wenn Sie sagen, dass Sie das für das Land Berlin wollen?
Der Senat, denke ich, wird das entsprechend ausführlich auf den Weg bringen, welche Mittel uns zur Verfügung stehen, Frau Gebel, aber was nicht richtig ist, was Sie gerade gesagt haben: Die Prävention muss einfach auch vom Bund weiter unterstützt werden. Deshalb halte ich die Bundesratsinitiative weiterhin für das richtige Mittel, weil wir im Land auch nicht komplett allein die Verantwortung tragen können. Sie haben selbst auf die Initiativen auch in den anderen Bundesländern verwiesen. Auch die anderen Bundesländer haben zunehmend Probleme mit eben diesem Komplex. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir nicht als Land allein vorangehen, sondern dass wir die anderen mitnehmen.
Ich wollte auch noch weiter darüber sprechen, wie die Realität in Berlin aktuell aussieht. Das wurde an einigen Stellen schon gesagt, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns heute noch mal genau bewusst machen, dass die Rechtsverordnung als Element natürlich eine gewisse Regulierung bringt, aber es ist nicht nur die Regulierung, die entlastet, das ist vor allem die Prävention, die am Ende schützt. Wir möchten eine Stadt, in der wir Jugendlichen nicht misstrauen, in der wir ihnen etwas zutrauen, eine Stadt, in der zum Beispiel auch die Polizei nicht mehr jeder Tüte oder jeder Kapseln hinterherjagt, sondern da ist, wenn es ernst ist. Deshalb schätze ich auch ausdrücklich, das möchte ich hier sagen, dass sich die CDU bei Fragen der Gesundheits- und der Drogenpolitik zunehmend evidenzbasiert bewegt, sei es jetzt beim begleiteten Trinken von Alkohol auf Bundesebene, beim besseren Schutz vor E-Zigaretten – das hatten wir gestern im Rechtsausschuss besprochen – oder eben auch jetzt beim Thema Lachgas. Ich finde, das sind Fortschritte.
Ich finde es auch gut, dass wir den Antrag gemeinsam einbringen, auch in der vorliegenden Formulierung, mit einer klaren Regulierung für besseren Jugendschutz. Wenn das aber jetzt unser Anspruch ist, und das geht auch an die Kollegen von der CDU, dann darf es morgen
nicht beim Lachgas aufhören. Lachgas ist nämlich nur ein weiteres Beispiel dafür, dass jede Substanz als Droge missbraucht werden kann, solange sie Rausch bringt. Diesen Missbrauch verhindert man nicht durch eine Strafverfolgung und auch nicht durch eine Überregulierung. Diesen Missbrauch kann man nur effektiv verhindern, indem man auch die Aufklärung dazu bietet.
Heute ist der Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch, und das Motto dieses Jahr ist „Support. Don’t Punish“. Das darf keine leere Parole bleiben, es muss politische Haltung sein, denn dann wissen auch alle, die morgen im Späti stehen, dass es sich bei den Ballons und den lustigen Kapseln nicht einfach nur um Gaskartuschen für die nächste Kinderparty handelt, sondern um eine Gefährdung von Jugendlichen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das so nicht mehr weiter stattfinden kann. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich Herr Zanders erste zwei, drei Minuten gehört habe, habe ich gedacht: Gut gebrüllt, Löwe, nicht schlecht! Er hält ungefähr die Rede, die wir hier vor drei oder vier Monaten im Parlament schon mal hatten, als unsere Anträge eingereicht wurden, also zunächst unser Antrag, der der Grünen kam dann auch noch. – Wir haben genau dasselbe erzählt. Jetzt bekommt es die CDU sogar hin, das hier zur Priorität zu machen. Das scheint wirklich eilig zu sein. Da scheint echt Druck hinter zu sein. Menschen sterben, Gefahren drohen. Und dann folgt: Na ja, wir wollen eine Bundesratsinitiative machen. – Wir wissen das. Wir haben hier schon diverse Bundesratsinitiativen, die der Senat angekündigt hat und die jetzt zum Teil seit zwei Jahren schon irgendwie in der Pipeline hängen; es passiert nichts. Wir merken, es ist sozusagen betreutes Regieren. Lieber Kollege Schneider! Da noch mal ein bisschen Druck zu machen, mag ja helfen, aber was bitte ist die Abhilfe heute? Was ist die Abhilfe jetzt sofort? Wir diskutieren das, wie gesagt, seit der Gesundheitsausschusssitzung im Januar oder Februar. Seitdem ist jetzt ein halbes Jahr vergangen. Wie ernst ist es Ihnen denn jetzt mit der Sache?
Da bleibt dann unter dem Strich für mich nur die Feststellung übrig – wenn Sie jetzt wollen, dass wir als Abgeordnetenhaus den Senat auffordern –, dass er als Löwe gestartet, aber als Bettvorleger gelandet ist. Anders kann ich
das echt nicht sagen. Sie wollen die Verantwortung auf den Bund schieben, und Sie hoffen, dass da irgendetwas passiert – Frau Gebel hat gesagt, da passiert schon eine Menge – und sie sich hier nicht weiter positionieren und nicht weiter Maßnahmen ergreifen müssen.
Nun haben wir eben gehört, dass der Antrag offensichtlich von beiden Koalitionsfraktionen extrem unterschiedlich gelesen wird. Das finde ich auch interessant. Frau Lüdke liest darin, dass der Senat jetzt auch mit einer Rechtsverordnung handeln soll, wie wir das im Übrigen in anderen Bundesländern schon haben. Hamburg hat es gemacht auf dem Verordnungsweg. Kommunen wie Frankfurt und Dortmund haben es gemacht, wahrscheinlich durch polizeiliche Allgemeinverfügung nach allgemeinem Sicherheits- und Ordnungsrecht. Das könnte man hier auch machen. Aber seit einem halben Jahr passiert akkurat nichts. Deswegen ist es heute eine Priorität, und es muss jetzt ganz schnell und effektiv gehandelt werden. Das überzeugt mich jetzt erst mal nur begrenzt.
Ich will jetzt gar nicht sagen, dass es völlig idiotisch ist, auf Bundesebene endlich mal etwas zu regeln. Die letzte Bundesregierung wollte das; der entsprechende Kabinettsentwurf war da. Es ist dann am Ende der Ampel gescheitert. Die Koalition hat jetzt auch angekündigt, sie wollen das relativ schnell wieder aufgreifen. Nächste Woche gibt es möglicherweise schon einen Kabinettsbeschluss. Wir können also damit rechnen, dass, selbst wenn Sie, Herr Zander, jetzt hier mit großer Mehrheit beschließen, dass wir eine Bundesratsinitiative machen, was wir vermutlich im September tun, weil wir ja kurz vor der Sommerpause stehen, der Bund dann wahrscheinlich schon gehandelt haben wird. Das ist also relativ komfortabel für Sie. Ob Ihre klugen Ratschläge, was da vielleicht noch zu ergänzen wäre, nicht besser auf dem direkten Weg zu den Bundestagskolleginnen und -kollegen oder ins Bundeskabinett gereicht werden – Sie sind ja auch im Bund am Ruder –, darüber sollten Sie vielleicht für sich mal nachdenken.