Protocol of the Session on April 10, 2025

Deswegen bringen wir diesen Antrag heute gern ein. Wir möchten weiter daran arbeiten, dass es uns gelingt, mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen und die Säule der Ausbildung insgesamt zu stärken. Dafür werden wir uns weiter intensiv einsetzen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Valgolio das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Meyer! Wir werden selbstverständlich auch dem Antrag zustimmen, das ist ja völlig klar, zumal auch eine Anregung von uns aufgenommen worden ist und diese Beratungs- und Beschwerdestelle jetzt nicht als zusätzliches Projekt geschaffen, sondern an schon bestehende Projekte angedockt werden soll. Ich glaube, das ist sehr vernünftig.

[Vereinzelter Beifall]

Ja, da können Sie gern klatschen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es kommen noch ein paar kritischere Punkte, also lieber jetzt klatschen! Damit das hier nicht zu heimelig wird, will ich doch noch ein, zwei Punkte benennen, die mir ein bisschen Sorgen machen.

Das eine ist, dass es seitens der Koalition natürlich mutig ist, jetzt ein neues Projekt im Bereich Ausbildung aufzusetzen und dafür hoffentlich auch die Mittel bereitzustellen, denn wenn wir uns insgesamt anschauen, was derzeit im Bereich Ausbildungs- und Berufsförderung passiert, dann ist das kein Aufbau, sondern eher eine ziemlich heftige Kürzungsorgie. Ich will Ihnen einige Punkte aus dem aktuellen Haushalt – noch nicht mal aus dem kommenden; das ist der aktuelle Haushalt – nennen, die zeigen, wie sich das im Bereich der Ausbildungsförderung finanziell entwickelt: Zuschüsse zur Berufsausbildung, insbesondere Förderung der Verbundausbildung, minus 500 000 Euro; Ausbildungsprogramm BAPP fast halbiert; Förderung der Ausbildung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund komplett eingestellt, minus 750 000 Euro; das Projekt #seiDUAL zur Förderung der dualen Ausbildung komplett eingestellt, minus 900 000 Euro. Das klingt also alles nicht so gut, gerade wenn man sagt, man will die Fachkräfte von morgen sichern.

[Anne Helm (LINKE): Dramatisch!]

Insofern unterstützen wir natürlich, dass zusätzliche Stellen eingerichtet werden sollen, aber die Frage muss natür

lich schon erlaubt sein: Müsste man dann nicht auch das, was schon da ist, zumindest finanziell absichern? – Das ist der eine Punkt.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich will auch nicht verschweigen, dass wir mit dieser Koalition leider häufig erleben mussten, dass Dinge angekündigt worden sind, teilweise sogar in den Haushalt eingestellt worden sind – wir kommen ja gleich noch zur Eingliederung der CFM in die Charité und zu anderen Themen –, nur um sie dann hinterher wieder herauszunehmen und wegzukürzen. Insofern unterstützen wir das natürlich, aber wir werden genau beobachten, was wirklich daraus wird, und das da, wo es möglich ist, natürlich auch unterstützen.

Zweiter Punkt, der uns Sorgen macht, ist die Frage, wie denn die Menschen bezahlt werden, die in diesem neuen Projekt die Auszubildenden beraten und unterstützen sollen. Das soll also über einen Träger erfolgen, aber es ist doch noch immer völlig unklar, ob die Träger, die vom Land Berlin Zuwendungen unter anderem dafür erhalten, solche Projekte durchzuführen, die Tariferhöhung des TV-L, die jetzt im Februar in Kraft getreten ist, überhaupt weitergeben können. Das gilt nicht nur für die anderen Senatsverwaltungen, das gilt auch für den Einzelplan 11. Es ist noch nicht klar, wann und in welchem Umfang diese zusätzlichen Mittel an die Träger gehen. Auch das muss man zumindest ansprechen. Wenn wir hier beschließen, dass ein neues Projekt bei einem Träger angesiedelt werden soll, müssen wir auch darüber reden, wie die Menschen bezahlt werden sollen, die dort arbeiten.

Letzter Punkt: Es soll also eine Beschwerde- und Beratungsstelle sein. Das ist gut. Beschweren und Beratung bekommen sind aber zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Wenn ich als Auszubildender eine Beratung bekomme, werde ich in der Regel Probleme haben wie alle anderen normalen Menschen, die Beratung in Anspruch nehmen, also vielleicht Mietprobleme, Schuldenprobleme, Suchtprobleme, was auch immer. Da stellt sich die Frage, warum junge Menschen dann nicht zu den ganz normalen Beratungsstellen geschickt werden sollen. Damit sind wir wieder beim zweiten Punkt: Diese sind in der Regel in Berlin unterfinanziert.

Wenn es jetzt eine Beschwerdestelle sein soll, wenn sich ein Auszubildender also beschwert, werden das in der Regel Beschwerden in Bezug auf seinen Ausbildungsbetrieb, auf den Arbeitgeber sein. Da stellt sich die große Frage, wie solch eine staatlich finanzierte und eingerichtete Beschwerdestelle beim Träger damit umgehen soll. Sie wird in der Regel nicht direkt an den Ausbildungsbetrieb, also an den Ausbilder, herantreten dürfen. Das ist ein Problem, das wir zum Beispiel auch beim BEMA haben. Man muss sich also Gedanken machen, wie sie dort überhaupt eingreifen können und wie das Verhältnis solch einer Beschwerdestelle zu den Beschwerdestellen und Beratungsstellen ist, die zum Beispiel die

(Dr. Martin Pätzold)

Handwerkskammer und die IHK eingerichtet haben, die meiner Meinung nach eine gute Arbeit machen.

Das sind also alles offene Fragen. Jetzt steht im Antrag, na ja, der Senat soll ein Konzept entwickeln. Dann sage ich mal Folgendes: Wenn die Arbeitssenatorin ein Konzept entwickeln würde, würde ich es sofort ungesehen unterschreiben. Das kann man sofort so machen. Wenn der Senat in seiner Gesamtheit etwas entwickelt, habe ich bei diesem Senat ganz große Sorgen, ob dabei irgendetwas Vernünftiges herauskommt. Wir unterstützen das, aber haben auch noch große Fragezeichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat die Abgeordnete Auricht das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Valgolio hat es eigentlich schon gesagt. Im Prinzip ist der ganze Antrag wieder ein weiteres Kapitel aus „Gut gemeint, aber schlecht gemacht“ und vor allem ohne Wirkung. Die Einrichtung einer zentralen, unabhängigen Beschwerde- und Beratungsstelle für Auszubildende klingt wieder nach Fürsorge und Fortschritt. In Wahrheit ist dieser Antrag aber wieder ein bürokratisches Feigenblatt, das kaschieren soll, wie tief die eigentlichen Probleme in der Berliner Ausbildungspolitik reichen. Dann lassen Sie uns doch ehrlich sein. Wir haben in Berlin längst eine ganze Reihe von Anlaufstellen für Auszubildende: die Jugendberufsagentur, die IHK und Handwerkskammer, die Gewerkschaften, die Berufsschulen, diverse Beratungsstellen freier Träger, Sozialarbeiter an überbetrieblichen Einrichtungen, das Projekt Ausbildungscoach der Senatsverwaltung, und die Liste geht unendlich weiter. Es fehlt nicht an Beratung, es fehlt an Struktur, Qualität und Klarheit.

[Beifall bei der AfD]

Wenn junge Menschen nicht wissen, an wen sie sich wenden können, liegt das sicher nicht daran, dass es keine Stelle gibt, sondern daran, dass die vorhandenen Stellen unkoordiniert nebeneinanderher arbeiten. Ein weiterer Träger, ein weiteres Projekt, ein weiterer Schreibtisch irgendwo im System, das bringt keinen Schritt nach vorn.

Stattdessen brauchen wir endlich den Mut, das wahre Problem anzugehen, und zwar die Ausbildungsmisere in Berlin. Im vergangenen Jahr blieben Tausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichzeitig beenden jedes Jahr Tausende Jugendliche die Schule ohne Abschluss, ohne Perspektive. Die Zahl der ausbildenden Betriebe sinkt kontinuierlich, nicht weil die Unternehmen keine Lust mehr haben, sondern weil die Hürden, Auflagen und Belastungen immer höher werden. Wer heute in Berlin

ausbildet, braucht mehr Geduld als ein Verwaltungsbeamter: Datenschutzvorgaben, Ausbildungsdokumentation, Berufsschulabsprachen, Inklusion, Integration, psychologische Betreuung, und das in Betrieben mit zehn, fünf oder manchmal nur zwei Mitarbeitern.

Worüber wir hier nie reden, ist, dass junge Menschen, die in die Ausbildung kommen, oft schlicht nicht vorbereitet sind. Betriebe berichten von Schulabgängern, die nicht sinnerfassend lesen können, keine Grundrechenarten beherrschen oder mit grundlegenden Anforderungen überfordert sind. Davon habe ich hier überhaupt gar nichts gehört, und jetzt frage ich Sie: Wo liegt denn das Problem? – Richtig, im Bildungssystem. Berlin ist seit Jahren Schlusslicht im Bildungsmonitor der Länder, und das trotz Rekordausgaben. Das Problem ist also nicht finanziell, sondern strukturell und inhaltlich.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen ein besseres Bildungssystem mit verbindlicher Leistungsorientierung, echter Berufsorientierung ab der Mittelstufe, kleinere Klassen, stabile Lehrpläne und ausreichend Lehrer, denn solange die Schule versagt, kann auch die Ausbildung nicht funktionieren.

Was tun Sie? – Sie schieben ein weiteres Projekt nach vorn, dessen einziger konkreter Effekt sein wird, einem befreundeten Träger eine neue Fördersäule zu verschaffen. Dieser Antrag ist kein Beitrag zur Stärkung der Ausbildung, sondern ein Ausdruck einer politischen Haltung, welche Verwaltung über Verantwortung, Projekte über Praxis und Betreuungsmentalität über Befähigung stellt.

Ich verstehe nicht: Reden Sie eigentlich auch mal mit den Betrieben, mit denen, die ausbilden sollen? Wie weit sind Sie denn eigentlich von der Realität entfernt? Wer Ausbildungsplätze sichern und schaffen will, der muss die Betriebe entlasten,

[Beifall bei der AfD]

die Schulen stärken, die Berufsorientierung verbindlich in den Unterricht bringen und vor allen Dingen die Ausbildung endlich als gleichwertigen Bildungsweg begreifen. Solange Berufsschulen kaputtgespart, Handwerksbetriebe mit Auflagen überzogen werden, wird sich auch nichts ändern.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: So ist es!]

Deshalb lehnen wir diesen Antrag entschieden ab – nicht, weil wir gegen Unterstützung für Auszubildende sind, sondern weil wir in diesem Antrag überhaupt keine Problemlösung sehen, sondern nur neue Bürokratie, und weil er den wahren Kern dieser Misere nicht einmal berührt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

(Damiano Valgolio)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 19/2150 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die AfDFraktion – die Annahme mit Änderung. Wer den Antrag gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/2036 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sehe ich bei den Fraktionen Die Linke, bei den Grünen, bei der CDU-Fraktion und auch bei der SPDFraktion sowie beim fraktionslosen Abgeordneten Dr. King. Wer stimmt dagegen? – Das ist die AfDFraktion. Enthaltungen? – Der fraktionslose Abgeordnete Brousek. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 47 B

Zusagen einhalten: Tarifsteigerungen für Zuwendungsempfängerinnen sicherstellen

Dringlicher Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 19/2379

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Ziller, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

„Die Beschäftigten der freien Träger im Land Berlin … nehmen außerordentliche wichtige Aufgaben für das Gemeinwohl wahr und sind für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt essentiell.“

Das hat der Senat im Jahr 2024 noch gesagt. Daher ist es schon ein Armutszeugnis für Berlin, dass wir heute darüber sprechen müssen, ob diese Beschäftigten, wie in den Vorjahren üblich, auch im Jahr 2025 die Tarifsteigerung des Tarifvertrags der Länder erhalten können.

Zu Beginn der Plenarsitzung hat uns der Regierende Bürgermeister noch die geplante Verwaltungsreform erklärt und das große Ziel, dass Berlin wieder funktioniert. Zwei Tage nach dem dazugehörigen Senatsbeschluss hat dann die Sozialsenatorin ihren Kolleginnen einen Brief geschrieben, dass es dem Senat nicht gelingt, dass alle Senatsverwaltungen die Tarifsteigerungen des TV-L über ihre jeweiligen Zuwendungsstellen an die Zuwendungsempfängerinnen weitergeben und damit ja eigentlich nur das politische Versprechen eines vollständigen Tarifausgleichs einlösen. – Lieber Senat! Bitte kümmern Sie sich neben all den Sonntagsreden und Zukunftsversprechen endlich auch um Ihr Tagesgeschäft!