Protocol of the Session on March 27, 2025

(Harald Laatsch)

mehr Betriebe bilden nicht mehr aus – weil sie es nicht können, nicht, weil sie es nicht wollen. Das muss hier auch einmal festgehalten werden. Aber unbeeindruckt von allen Bedenken und der Realität will die SPD mit der Ausbildungsplatzumlage alle Unternehmen, die aktuell nicht ausbilden, zur Kasse bitten, pauschal und unabhängig von ihrer tatsächlichen Lage. Dieses Modell ist nicht gerecht, nicht wirksam und wirtschaftspolitisch völlig fehlgeleitet. Deshalb lehnen wir diesen Plan entschieden ab.

[Beifall bei der AfD]

Warum? – Erstens: Die Umlage bestraft die Falschen. Viele Unternehmen würden gerne ausbilden, finden aber keine geeigneten Bewerber oder haben schlicht keine Kapazität mehr. Diese Betriebe mit einer Zwangsabgabe zu belasten, obwohl sie selbst unter der aktuellen Wirtschaftslage und der Bildungspolitik leiden – vor allen Dingen der Bildungspolitik! –, ist zynisch.

Zweitens: Die Umlage ist ein bürokratischer Irrweg. Wer entscheidet denn eigentlich, ob ein Betrieb ausbildungsfähig ist? Nach welchen Kriterien, mit welchem Verwaltungsapparat oder zu welchen Kosten?

Drittens: Besonders betroffen sind der Mittelstand und das Handwerk, also genau jene, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden. Sie kämpfen bereits mit Fachkräftemangel, hohen Steuern, Energiepreisen, Auflagen und Inflation. Jetzt noch eine Zwangsabgabe für nicht vorhandene Azubis – das ist wirklich wirtschaftsfeindliche Politik.

[Beifall bei der AfD]

Viertens: Das Beispiel Bremen zeigt, wie wenig durchdacht solche Umlagemodelle sind. Dort wurde genau das versucht. Mit dem Ergebnis: mehr Bürokratie, rechtliche Unsicherheit und kaum eine Verbesserung auf dem Ausbildungsmarkt.

Was wäre unsere Alternative? – Wir sagen ganz klar: Nicht Zwang, sondern Anreiz und Unterstützung ist der richtige Weg; steuerliche Förderung für ausbildende Betriebe. Wer ausbildet, soll spürbar entlastet werden durch echte steuerliche Vorteile, nicht durch Förderwirrwarr oder Antragshürden.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Um die Ausbildung besonders in Kleinunternehmen zu fördern, sollten Programme wie der Berliner Ausbildungsbonus gestärkt werden. Ausbau von Verbundausbildung: Kleine Betriebe können viel mehr leisten, wenn sie sich zusammenschließen. Hier braucht es pragmatische Unterstützung, nicht Paragrafendschungel. Passgenaue Vermittlung statt Gießkanne: Wir brauchen Berufsorientierung, die diesen Namen verdient, und eine realistische Einschätzung von Fähigkeiten und Ausbildungsreife. Wir brauchen Bürokratieabbau, nicht mehr Staat,

sondern weniger. Denn es ist nicht Aufgabe des Staates, per Abgabe Unternehmen zu erziehen, sondern sie zu befähigen auszubilden.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Was wir mit unserem Antrag nicht wollen, ist, neue Doppelstrukturen zu schaffen. Statt ein neues Umlagesystem mit eigener Verwaltung, Prüfinstanz und Verteilstellen aufzubauen, sollten wir endlich damit anfangen, die bestehenden Strukturen zur Ausbildungsförderung gezielt zu stärken: IHK, Handwerkskammern, Ausbildungsnetzwerke und vor allen Dingen die Schulen.

Es gibt bereits viele gute Ansätze. Sie müssen ausgebaut und besser koordiniert werden. In einigen Branchen gibt es bereits funktionierende Umlagemodelle auf freiwilliger Basis. Diese Modelle funktionieren, weil sie von den Branchen selbst getragen und gestaltet werden und weil sie passgenau sind. Die SPD aber plant eine pauschale Einheitslösung nach dem Motto one size fits all über alle Branchen hinweg. Das kann nicht funktionieren, weil es an der Realität vorbeigeht.

[Beifall bei der AfD]

Jetzt kommt noch das taktische Paktieren. Es ist ein offenes Geheimnis: Die SPD will die Umlage, die CDU nicht. Das ist überhaupt das Grundproblem in dieser Koalition. Statt endlich eine klare Entscheidung zu treffen, schlägt der Senat eine Hinhaltetaktik vor. Die Betriebe sollen jetzt erst einmal zeigen, ob sie es vielleicht doch schaffen, 2 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen – und wenn nicht, dann kommt aber die Umlage. Das ist ein politisches Manöver, das weder Verbindlichkeit schafft noch Vertrauen. Sie planen dann unter Vorbehalt, sie investieren zögerlich, und sie fragen sich zu Recht: Kommt die Abgabe? Wenn ja, wann, in welcher Höhe und unter welchen Kriterien?

Da wir glauben, dass die SPD sich hier am Ende doch wieder durchsetzen wird, liebe CDU, sagen wir jetzt schon ganz klar: Wir wollen keine Zwangsabgaben, keine weiteren Belastungen für unsere Unternehmen. Berlin braucht eine Ausbildungspolitik, die auf Eigenverantwortung, Förderung und unternehmerischer Freiheit basiert und nicht auf Abgaben und Gängelung.

[Beifall bei der AfD]

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

Ich komme zum Schluss! – Wir laden alle Fraktionen ein, unseren Weg mitzugehen, und bitten um Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Dann folgt für die CDU-Fraktion der Kollege Professor Dr. Pätzold.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute die Möglichkeit, bei dem Antrag der AfD-Fraktion auch über die gemeinsamen Erfolge des Bündnisses für Ausbildung – eine Ausbildungsoffensive, die wir uns gemeinsam in der großen Koalition zu Beginn als Ziel gesetzt haben – zu sprechen.

[Damiano Valgolio (LINKE): Da bin ich mal gespannt!]

Das ist, glaube ich, das Entscheidende an der Stelle: dass wir die jungen Menschen im Blick haben, die eine Ausbildungsstelle suchen, die nach der Schule einen guten Übergang in den Beruf brauchen und als Fachkräfte der Zukunft ausgebildet werden sollen. Wir haben eine große soziale Verantwortung – da sind wir uns, glaube ich, auch alle hier im Haus einig –, das vernünftig, nachhaltig, und sozial zu gestalten.

Schauen wir, was diese große Koalition, die – ich habe es ja schon mal gesagt – immer das Ziel hat, auch große sozialpolitische Errungenschaften gemeinsam zu erzielen, in dieser Zeit auf den Weg gebracht hat. Wir haben es im Vorgängersenat gesehen und wir besprechen das ja im Ausschuss immer sehr wertschätzend, sehr differenziert: Die Zahlen vorher waren nicht gut, es gab gesellschaftliche, globale Entwicklungen, Corona und andere Folgen,

[Zuruf von der AfD: Das ist immer die Ausrede!]

auch den Ukrainekrieg, die bewirkt haben, dass die Ausbildungssituation sich auch unter dem Vorgängersenat deutlich verschlechtert hatte. Jetzt sehen wir die Zahlen aus dem Jahr 2024 und gucken uns die in Ruhe an. Statistiken lügen ja nicht.

Erstens: Wir haben mehr Bewerber für Ausbildungsplätze. Das ist ein Erfolg. Wir kämpfen immer dafür, dass die Ausbildung als solche, als Möglichkeit, als Fachkraft ausgebildet zu werden, ein positives Image hat. Und die Zahl der Bewerber ist 2024 gestiegen. Das ist ein Erfolg, den, glaube ich, alle im Haus nur positiv begrüßen können.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der zweite Punkt ist einer, der immer wieder auch kritisch angesprochen wird. Ist es so, dass genug Ausbildungsstellen, dass mehr Ausbildungsstellen angeboten werden? – Gucken wir auf das Jahr 2024: Auch das ist der Fall. Die Berliner Wirtschaft, die Berliner Unternehmen haben mehr Ausbildungsplätze im Land Berlin geschaffen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Derya Çağlar (SPD)]

Auch das ist eine Errungenschaft dieser großen Koalition, die wir wahrscheinlich mit guten Rahmenbedingungen unterstützt haben; es sind aber die Unternehmen, die natürlich anhand ihrer Rahmenbedingungen diese Ausbildungsplätze schaffen.

Der dritte Punkt gehört zur sozialen Verantwortung: Wie viele Jugendliche haben wir, die eben keine Ausbildungsstelle antreten können? – Auch diese Zahl ist zurückgegangen. Auch das ist ein Erfolg unserer Politik, und ich finde, das muss man hier sehr deutlich ansprechen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Florian Dörstelmann (SPD)]

Jetzt haben wir die Frage gehört: Wer setzt sich durch, und wer setzt sich nicht durch? Wir haben einen Koalitionsvertrag, den haben wir gemeinsam geschlossen. Wie das so ist, keiner von uns hatte hier die absolute Mehrheit im Parlament. Da gibt es klare Verabredungen, klare Abstimmung dazu, wie wir vorgehen. Wir haben das Ziel, bis Ende des Jahres 2 000 neue Ausbildungsstellen zu schaffen. Wenn das kommt, brauchen wir keine Ausbildungsplatzumlage. Wenn das nicht kommt, müssen wir darüber reden, wie die ausgestaltet wird.

[Damiano Valgolio (LINKE): Nein, darüber müsst ihr jetzt reden!]

So steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag. Wir gehören zu denen, die sagen, das steht, daran arbeiten wir. Das wird parallel erarbeitet, das ist das, was sauber im Vertrag steht. Wir werden erst, wenn wir die Zahlen haben, wissen, wie wir damit umgehen. Wir arbeiten weiter daran, dass die Ausbildungsoffensive, das Bündnis für Ausbildung, erfolgreich ist, dass mehr junge Menschen in Ausbildung kommen, Ausbildungsstellen besetzen können. Das ist das, was uns motiviert, Politik zu gestalten.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Wojahn das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer hat eigentlich Angst vor der Ausbildungsplatzumlage, Angst vor Solidarität, vor Verantwortung, und wer fürchtet sich vor einer gerechten Zukunft? Die AfD legt uns heute einen Antrag vor, der vieles ist, populistisch, irreführend, und vor allem hat er wieder einmal ein erklärtes Feindbild: die Ausbildungsplatzumlage. Das Ziel des Antrags ist im Kern nichts weiter als eine Ergänzung bestehender Maßnahmen, damit ihre

Reichweite gesteigert wird. Die einzige echte Lösung für die Ausbildungskrise wird mit falschen Argumenten torpediert. Es werden wieder Ängste geschürt und die Realität in dieser Stadt ignoriert.

Diese Realität ist dramatisch. Tausende Jugendliche in Berlin sind auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz,

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Unternehmen suchen auch!]

doch über 80 Prozent der Berliner Betriebe bilden aktuell nicht aus. Ich teile leider nicht Ihren Optimismus, Herr Dr. Pätzold. Die Zahlen, die Sie so feiern, sind bei der Schaffung von Ausbildungsplätzen im marginalen Bereich um null Komma irgendwas gestiegen. Insofern ist hier noch sehr viel zu tun.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Damiano Valgolio (LINKE)]

Viele Betriebe bilden nicht aus, oft nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie sich diese Verantwortung schlichtweg nicht leisten können. Bei der Ausbildungsplatzumlage geht es um die Verteilung der Kosten auf viele Schultern. Die Unternehmen, die nicht ausbilden, zahlen eine Abgabe, die jenen Unternehmen hilft, die ausbilden wollen, es aber nicht können. Das ist Solidarität. Dadurch profitieren besonders kleine und mittlere Betriebe. Dieses System funktioniert längst in Unternehmen wie Pflege und Bau erfolgreich und fair. Genau deshalb brauchen wir es jetzt auch für ganz Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Damiano Valgolio (LINKE)]

Statt aber wirklich etwas verändern zu wollen, beklagt die AfD-Fraktion lieber ein Bürokratiemonster, dabei fordert sie paradoxerweise zusätzliche Förderprogramme und Pilotprojekte, was auch viel mehr Bürokratie bedeutet. Wer wirklich Bürokratie abbauen will, muss konsequent für die Ausbildungsplatzumlage stimmen und nicht dagegen Stimmung machen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Damiano Valgolio (LINKE)]