[Melanie Kühnemann-Grunow (SPD): Genau! – Tobias Schulze (LINKE): Sie dürfen hier alles sagen, in der Türkei nicht!]
Sie ist subtiler, aber nicht weniger gefährlich. Gerade meine Partei, die AfD, kennt diese Mechanismen nur zu gut:
politische Beobachtung, Druck auf Banken mit Kontokündigungen, Veranstaltungsabsagen, gezielte Diffamierung, alles unter dem Deckmantel der Demokratie. Was wir erleben ist kein Zeichen gesunder rechtsstaatlicher Kontrolle, was wir erleben ist ein Missbrauch der Justiz zu politischen Zwecken.
[Beifall bei der AfD – Heiko Melzer (CDU): Sie sollten sich schämen! – Orkan Özdemir (SPD): Reden Sie auch zur Sache?]
Nun zur Rechtslage: Der § 118 bestraft das Verächtlichmachen verfassungsmäßiger Institutionen. Das bestraft jene, die etwa das Parlament in grober Weise diffamieren. Aber was, wenn die Diffamierung gerade von staatlicher Seite kommt?
Was ist, wenn Institutionen, die sich eigentlich zur Neutralität verpflichtet fühlen, zu politischen Werkzeug gegen unliebsame Meinungen gemacht werden? Dann verkehrt sich § 118 in sein Gegenteil. Er schützt nicht mehr den Staat vor Angriffen, sondern legitimiert Angriffe im Namen des Staates.
Wenn wir das zulassen, in der Türkei, in Rumänien oder hier bei uns, dann verabschieden wir uns stillschweigend von der Demokratie.
In Rumänien wurden gerade zwei aussichtsreiche Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu und Diana Soșoacă ohne Begründung von der Wahl ausgeschlossen.
Ich sage es deutlich: Wenn wir von der Türkei demokratische Standards fordern, dann müssen wir sie in Europa erst recht einhalten, und zwar überall.
Die Türkei ist unser Partner in der NATO. Die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Istanbul beruht auf gegenseitigem Respekt und Austausch. Ich würde es daher sehr begrüßen, wenn der Regierende Bürgermeister Wegner –
einen ganz anderen Besuch in Istanbul unternimmt. Er sollte das Gespräch mit dem inhaftierten Herrn İmamoğlu, von Kollege zu Kollege suchen, sofern es die Umstände zulassen sogar im Gefängnis. Es wäre ein Zeichen menschlicher Größe und politischer Verantwortung.
Ich weiß nicht, ob Sie mich nicht gehört haben. Ich habe Sie gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.
Wir dürfen nicht zulassen, dass der Rechtsstaat, ob bei uns oder anderswo, zur Fassade wird, hinter der politische Willkür operiert.
Kein moralischer Imperialismus mehr, keine politischen Doppelstandards, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit müssen überall gelten, für jene, die wie die AfD unbequem sind. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Bravo! – Anne Helm (LINKE): Andere reden über Menschenrechte, die AfD redet nur über sich selbst! – Weitere Zurufe]
Es geht weiter. Wir sind noch nicht am Ende, denn als Nächste spricht Frau Melanie Kühnemann-Grunow für eine Zwischenintervention. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der AfD]
Sie zu fragen, ob Sie sich nicht schämen, angesichts der Tatsache, dass in der Türkei demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker verhaftet und des Amtes enthoben werden, sich hier zu erdreisten und die Opferrolle zu bespielen, die Ihnen definitiv nicht zusteht. Es ist unerträglich, wie sich die AfD hier generiert. – Vielen Dank!
[Anhaltender Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Orkan Özdemir (SPD): Bravo! Genau so! – Zurufe von der AfD]
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Eschricht, wir bezeichnen uns hier nicht gegenseitig als Heuchler!
Es geht weiter, da es von mehreren Abgeordneten der AfD-Fraktion Kritik an diesem Ordnungsruf gab, gibt es einen weiteren Ordnungsruf,