Tierschutz ist kein Zusatzprogramm. Er ist Ausdruck davon, wie wir als Gesellschaft mit Schwächeren umgehen, mit den Tieren, die mit uns leben, aber keine Stimme haben.
Und dazu gehört eine zentrale Ansprechstelle, die fachlich wirksam ist, die Perspektiven aus der Zivilgesellschaft ernst nimmt und die Verwaltung kompetent berät. Der Antrag der Grünen schlägt eine gesetzliche Verankerung vor. Wir teilen das Ziel, Tierschutz institutionell abzusichern, über Parteigrenzen und Haushaltslagen hinaus. Ob das Gesetz jetzt erfolgen sollte, werden wir in der Fraktion sorgfältig prüfen. Entscheidend ist: Es braucht eine zentrale Stelle, die wirksam arbeiten kann, die sichtbar ist und die Tierschutzanliegen in Verwaltung und Öffentlichkeit vertritt.
Wer den Tierschutz in Berlin ernst nimmt, darf ihn nicht im Verwaltungsalltag versickern lassen, und er muss sich daran messen lassen, wie er mit der Struktur umgeht, die sich über Jahre bewährt hat, bei allen Herausforderungen. Wer den Tierschutz ernst nimmt, der darf ihn nicht leiser stellen, nicht durch Haushaltsvorgaben, nicht durch strukturelle Auflösung und schon gar nicht durch politische Beliebigkeit.
[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Häntsch (CDU) und Anne Helm (LINKE)]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir unterhalten uns hier über die Stelle der Tierschutzbeauftragten, und wenn man sich das Ganze als Außenstehender anschaut, dann fragt man sich eigentlich, warum. Was man feststellt, ist, dass es sich hier um ein Theaterstück zwischen den Grünen und der CDU handelt, die sich im Prinzip darüber streiten, was sie mit dieser Tierschutzbeauftragtenstelle eigentlich machen wollen.
Wir hatten den Tierschutzbeauftragten im Land Berlin bis 2017 als Ehrenamt, damals geführt von Prof. Dr. Spielmann, der das auch sehr gut gemacht hat. Dann haben Sie gesagt: Nein, nein, jetzt machen wir das zu einer hauptamtlichen Stelle. – Damit haben Sie natürlich auch die Unabhängigkeit dieser Stelle eigentlich abgeschafft, denn als es noch ein Ehrenamt war, war es tatsächlich unabhängig und hat sich auch so verhalten. Wir haben hier auch regelmäßige Tierschutzforen im Berliner Abgeordnetenhaus gehabt, und im Prinzip war die Tierschutzarbeit damals nicht schlechter als jetzt. Jetzt haben wir hier Abmahnungen, Freistellungen, arbeitsgerichtliche Verfahren, Streit um die Kompetenzen und eine teure Tierschutzbeauftragtenstelle, bei der man sich fragt: Was ist eigentlich der Nutzen für den Berliner Tierschutz? – Ich sage: Der Berliner Tierschutz gehört ins Parlament und nicht in eine Beauftragtenstelle.
Was sind die wesentlichen Themen im Berliner Tierschutz? – Das ist zum einen natürlich die Frage, wie man mit Fundtieren umgeht, die Problematik von Tiersammelstellen, insbesondere natürlich die Problematik des Tierheims Berlin, welches enorm hohen Energiekosten ausgesetzt ist, das sind die Fragen der Veterinärämter, die per
sonell nicht ausreichend ausgestattet sind, um ihren Kontrollaufgaben nachzukommen. Das sind die maßgeblichen Fragen des Tierschutzes und nicht die Frage, ob eine Tierschutzbeauftragte, die den Grünen nahesteht, möglicherweise noch unabhängiger sein sollte, damit sie sozusagen gegen die Regierung, also gegen die CDU, arbeiten kann. Das sehen wir nicht für erforderlich an, deswegen werden wir den Antrag nicht unterstützen. – Vielen herzlichen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Dringlicher Antrag auf Annahme einer Entschließung der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD Drucksache 19/2334
Für Freiheit und Demokratie einstehen! – Berliner Parlament zur Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters İmamoğlu
Dringlicher Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke auf Annahme einer Entschließung Drucksache 19/2335
Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. – Bitte schön, Frau Abgeordnete Kühnemann-Grunow, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin Seibeld hat heute bereits zu Beginn der Sitzung auf die Inhaftierung des Oberbürgermeisters von Istanbul Ekrem İmamoğlu Bezug genommen. Jetzt schließt sich der Kreis mit dieser Entschließung. Es ist jetzt einen Tag mehr als eine Woche her, dass der Oberbürgermeister von Istanbul festgenommen wurde, inzwischen auch des Amtes enthoben wurde.
Ein faires Verfahren nach rechtsstaatlichen Prinzipien im Umgang mit den mutmaßlichen Vorwürfen von Korruption und angeblicher Terrorunterstützung wurde dabei nicht gewährleistet. Es scheint so, dass inzwischen jeder, der im demokratischen Diskurs eine Gefahr für den Präsidenten der Türkei darstellt, der Terrorunterstützung bezichtigt wird.
Die Verhaftung des Istanbuler Oberbürgermeisters erfüllt uns mit Empörung und Besorgnis. Seine Festnahme nur wenige Tage vor seiner Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der CHP, der größten Oppositionspartei in der Türkei, stellt einen offensichtlichen Versuch dar, einen starken demokratischen Herausforderer zum Schweigen zu bringen.
Ekrem İmamoğlu genießt große Unterstützung weit über die Grenzen Istanbuls hinaus. Erst am vergangenen Sonntag wurde er offiziell zum Kandidaten der CHP für die nächste Präsidentschaftswahl in der Türkei gewählt. Seine Verhaftung ist der Versuch, den stärksten politischen Wettbewerber zu verhindern. Unsere Solidarität gilt den vielen Menschen auf den Straßen Istanbuls, die trotz Demonstrationsverbots zu Zehntausenden auf die Straßen gehen, in anderen Städten der Türkei und auch hier in Berlin, die gegen die Festnahme von Ekrem İmamoğlu friedlich demonstrieren.
Wir stehen fest an der Seite unserer Schwesterpartei CHP in ihrem Kampf für eine freie und demokratische Türkei.
Seit 1989 besteht die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Istanbul, die durch vielfältige Austauschprogramme, kulturelle Projekte und wirtschaftliche Zusammenarbeit Brücken zwischen unseren Städten und unseren Bürgerinnen und Bürgern baut. Besonders für die vielen Berlinerinnen und Berliner mit türkischen Wurzeln ist diese Partnerschaft von enormer Bedeutung. Sie ist ein Zeichen der Verbundenheit mit der Türkei, des gegenseitigen Respekts und des gemeinsamen Wunsches nach einem freien und demokratischen Zusammenleben. Von Beginn an war die Städtepartnerschaft ein klares Bekenntnis zum Austausch und zu gemeinsamen Werten – Achtung der Menschenrechte, Förderung von Integration ohne Aufgabe der eigenen Identität und Einsatz für eine starke, lebendige Demokratie.
Gerade in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, diese Werte gemeinsam entschlossen zu verteidigen. Die Verhaftung reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung von Einschränkungen der Meinungsfreiheit, von politischen Anklagen und von Verhaftungen. Inzwischen hören wir von vielen Verhaftungen aus Istanbul, teilweise auch bei Städtepartner
schaften – ich habe jetzt gehört, Charlottenburg-Wilmersdorf hat eine Partnerschaft zu einem Distrikt innerhalb von Istanbul, auch da ist der Bürgermeister verhaftet worden –, auch von vielen Journalistinnen und Journalisten.
Wir fordern die sofortige Freilassung von Ekrem İmamoğlu. Ich verstehe den Regierenden Bürgermeister, dass es in solchen Zeiten schwer ist, nach Istanbul zu reisen,
und dass diese Reise abgesagt wurde. Partnerschaft bedeutet – ich komme zum Ende! –, dass Berlin auch in diesen schwierigen Zeiten an der Seite Istanbuls steht. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die türkische Demokratie steht seit Jahren unter enormem Druck, und nach der Absetzung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu hat sich die Lage erneut dramatisch verschärft. In Istanbul und in vielen anderen Städten der Türkei gehen Hunderttausende Menschen seit einer Woche Nacht für Nacht friedlich auf die Straße, um gegen die Verhaftung des demokratisch gewählten Oberbürgermeisters İmamoğlu zu protestieren. Doch was passiert mit ihnen? – Die türkische Regierung unter Erdoğan lässt mehr als 1 500 Menschen von der Polizei festnehmen, darunter auch Journalistinnen und Journalisten.
Diese Proteste sind nicht nur von Anhängern der Partei von İmamoğlu, CHP, getragen, sondern von Studierenden, Aktivistinnen und Aktivisten, der queeren Community und vielen anderen jungen Menschen, die um ihre Freiheit und die Zukunft ihres Landes und seine De
Die Verhaftung von İmamoğlu ist kein Einzelfall, sondern reiht sich in eine lange Reihe unrechtmäßiger politisch motivierter Verhaftungen seit dem Putschversuch 2016. Über 50 demokratisch gewählte kurdische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den kurdischen Städten Amed/Diyarbakır, Ağrı, Mardin und vielen weiteren Städten im Südosten der Türkei wurden seit 2016 von Erdoğan abgesetzt und durch Regierungstreue ersetzt. Der kurdische Abgeordnete und Oppositionspolitiker Selahattin Demirtaş sitzt seit nunmehr neun Jahren ohne Prozess in Haft.