Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleiche Rechte, gleiche Pflichten: Dieser Satz stand 1919 auf einem Wahlplakat der SPD, und auch 2025, über 100 Jahre später, ist dieser Satz immer noch aktuell, denn Frauen verdienen immer noch weniger Geld als Männer, übernehmen den Großteil der unbezahlten Pflege- und Sorgearbeit und sind häufig von Gewalt und Diskriminierung betroffen. Seit 1911 am 8. März, dem Internationalen Frauentag, streiten mutige Frauen für ihre Rechte, für politische, soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung und für Gerechtigkeit.
Dieser Tag hat eine lange Tradition für die Frauenbewegung. Genau deshalb haben wir hier in Berlin diesen Tag
2019 zum Feiertag gemacht – und er wird auch ein Feiertag bleiben, denn Frauenrechte sind mit uns nicht verhandelbar.
So waren auch in diesem Jahr am Frauentag wieder Tausende auf den Straßen Berlins, um für echte Gleichstellung zu demonstrieren. Das ist ein starkes Zeichen, ein Zeichen, das Mut macht – gerade in Zeiten, in denen antifeministische Kräfte all unsere Errungenschaften wieder zurückdrehen möchten. Unser Ziel muss es sein, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Frauen frei, selbstbestimmt, gewaltfrei und vor allem auch finanziell unabhängig leben können, denn finanzielle Unabhängigkeit ist der Schlüssel für echte Gleichberechtigung.
Doch von echter Lohngleichheit sind wir weit entfernt. Jedes Jahr erinnert uns der Equal-Pay-Day daran, wie groß die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen immer noch sind. In diesem Jahr fiel der Equal-PayDay auf den 7. März. Das bedeutet, dass Frauen rein rechnerisch 66 Tage im Jahr umsonst gearbeitet haben. Ja, der Gender-Pay-Gap ist 2024 um 2 Prozentpunkte auf 16 Prozent gesunken, das ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006. Doch 16 Prozent sind 16 Prozent zu viel.
Besonders alarmierend ist die Situation für Mütter. 70 Prozent der erwerbstätigen Mütter verdienen nicht genug, um langfristig für sich und ihre Kinder vorsorgen zu können. Dabei sind Frauen heute so erwerbstätig wie nie zuvor. Die Erwerbsquote von Frauen in Deutschland liegt bei über 75 Prozent. Doch fast die Hälfte davon arbeitet in Teilzeit, oft nicht freiwillig, sondern weil sie den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit übernimmt – fast drei Stunden unbezahlte Sorgearbeit mehr als Männer: sei es die Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen oder einfach nur die lästige Hausarbeit. Das entspricht einem Mehr von Care-Arbeit von über 20 Stunden pro Woche. Das hat natürlich auch gravierende Folgen: weniger Einkommen, geringere Karrierechancen und später natürlich auch ein höheres Armutsrisiko.
Dennoch hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass Frauen längst das Gleiche verdienen wie Männer, dass es doch selbstverständlich sei, dass Mütter ihre Karriere um ein kleines bisschen zurückstellen, weil sie für die Kinder zuständig sind, und dass im Bereich der Lohngleichheit und vor allem der Chancen am Arbeitsmarkt doch schon längst alles erreicht sei. Diese Denkweisen müssen wir dringend aus den Köpfen verschwinden lassen: bei den
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Anne Helm (LINKE): Besser wäre, die Lohnlücke zu schließen!]
Deshalb muss man trotzdem erst einmal das Bewusstsein schaffen. – Unser Antrag zielt darauf ab, durch eine umfassende Sensibilisierungskampagne das Bewusstsein für die Ursachen und Auswirkungen der Lohnungleichheiten zu schärfen. Die Kampagne soll wissenschaftlich fundierte Daten und anschauliche Fallbeispiele nutzen, um aufzuzeigen, welche realen Auswirkungen der Gender-Pay-Gap auf das ganz konkrete Leben von Frauen und Familien hat.
Wir möchten den Equal-Pay-Day als symbolischen Tag als Anlass für Aktionen, Diskussionen und Veranstaltungen in den Bezirken und öffentlichen Einrichtungen nutzen, um das Thema noch präsenter im Alltag zu verankern und um diese ganz komplexen Zusammenhänge einfach greifbar zu machen – und vor allem auch, um Männer mit in diese Diskussion einzubeziehen, denn ein langfristiger Wandel erfordert die Beteiligung aller Geschlechter. – Vielen Dank!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Bahar Haghanipour (GRÜNE)]
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Letzten Samstag, am 8. März, stand ich auf der Straße, um für Frauenrechte zu demonstrieren. Vor zwei Wochen haben wir hier im Plenum den Frauentag gewürdigt, und heute kommen Sie mit einem Antrag „Frauentag als Anlass“. Seien wir einmal ehrlich: Sie haben es verpasst, zur Frauentagsdebatte ein frauenpolitisches Thema zu setzen. Ich würde sagen: Late to the party!
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Es ist nie zu spät!]
Es wird noch kurioser, denn im Antragstitel steht weiterhin „für mehr Bewusstsein und konkrete Schritte zur Schließung des Gender Pay Gaps“. Es geht also um Entgeltgleichheit, und das bedeutet im Umkehrschluss: Es geht gar nicht um den Frauentag, sondern um den EqualPay-Day am 7. März, aber auch den Equal-Pay-Day am 7. März haben Sie verpasst. Eine pünktliche Debatte zum Internationalen Frauentag hätte dem Feiertag mehr Ge
Schön wäre es gewesen, wenn Sie von der SPD stattdessen wenigstens Frauen in die Sondierungsgespräche mit der Union geschickt hätten, aber auch das haben Sie ja bekanntlich verpasst. Was fordern Sie nun in Ihrem Antrag? – Eine Aufklärungskampagne: Social Media, Werbung, Aktionen sollen das Bewusstsein für den GenderPay-Gap steigern, nach dem Motto: Wenn alle Bescheid wissen, dann löst sich das Problem schon von allein.
Herr Präsident! Liebe Kollegin! Ich frage Sie mal: Wer definiert hier denn, wann das Plenum zum Frauentag ist? Sie sagen ja, wir haben es verpasst, aber es gab ja nun mal kein Plenum am 8. März. Macht man es dann ein paar Tage später oder ein paar Tage früher? Das ist ja eine interessante Art von Definition. Ich hätte es so definiert, dass wir es lieber danach machen als zu früh. Aber das frage ich mich.
Dass Sie das so definieren, wundert mich jetzt nicht, das müssen Sie ja jetzt auch so sagen. Aber es ist Tradition, dass wir rund um die Feiertage herum im Plenum eine Debatte dazu setzen. Deswegen haben wir mit der Linken auch vor zwei Wochen schon eine Frauentagsdebatte angesetzt und so zum Thema Antifeminismus, Demokratie debattiert. Sie waren hier. Sie haben darüber gesprochen. Sie haben das alles mitbekommen
und acht, zehn Tage danach ist, denke ich, zu spät. Das sehen wir auch in den letzten Jahren, wo wir nie so weit nach hinten – wo das kaum noch jemanden interessiert –, über den Frauentag gesprochen haben.
Frau Kollegin, der Kollege Düsterhöft würde auch noch gern eine Zwischenfrage – – Entschuldigung, das ist die Kollegin Wolff, die auf dem Platz sitzt. – Frau Kollegin, würden Sie die Zwischenfrage auch zulassen wollen?
Ja, vielen Dank! – Ich wollte nur kurz anmerken: Finden Sie nicht, dass der Frauentag eigentlich jeden Tag stattfinden sollte und dass eine Diskussion darüber nie zu spät sein kann?
Ich bin bei Ihnen, wenn ich sage: Ich würde mich freuen, wenn wir zu jeder Plenumsdebatte ein frauenpolitisches Thema hier hätten, nicht nur zum Frauentag.
Aber wenn man sich auf den Anlass bezieht, dann kritisiere ich auch, dass der ja sicherheitshalber in den Antragstitel reingeschrieben wurde, damit man weiß, warum wir heute über diesen Antrag sprechen.
Bitte verstehen Sie mich dabei auch nicht falsch, ich habe ja auch nichts grundsätzlich gegen Kampagnen oder dagegen, dass Sie hier einen Antrag einbringen. Bei der Kampagne aber muss ich sagen: Bei der derzeitigen Haushaltslage Geld in eine Kampagne zu stecken anstatt in wirksame Strukturen, die viel effizienter und viel günstiger sind, das ist Augenwischerei.
Ich habe erst letzte Woche in einer Diskussionsrunde zum Equal-Pay-Day von Frauen gehört: Na, Frauen können halt nicht so gut verhandeln. – Aber ich sage Ihnen, es ist nicht okay, unfaire Bezahlung Frauen in die Schuhe zu schieben.