Was den Berliner Haushalt angeht, haben hoffentlich alle in diesem Haus ausführlich den Ausführungen des Finanzsenator zugehört, der ja nicht nur die Situation Berlins, sondern auch die Herausforderungen des Bundeshaushalts und unsere öffentlichen Investitionen in allen Facetten beleuchtet hat. Wir haben eine Arbeitsgruppe des Senats unter Leitung der Finanzverwaltung zu den Perspektiven der Eingliederung von Töchtern von Charité und Vivantes gehabt, die zunächst mal finanzielle Aspekte beleuchtet hat. Wir sitzen jetzt gemeinsam mit der Finanzverwaltung an dem Thema Eigentümerstrategie, mit dem Ziel, dass wir diese wichtigen Teile der Gesundheitsversorgung – weit über 40 Prozent im stationären Bereich in dieser Stadt sind in öffentlicher Hand – weiterhin in öffentlicher Hand gut aufstellen und die erheblichen finanziellen Herausforderungen im Rahmen einer Eigentümerstrategie in den Griff bekommen. Es ist ja auch bekannt, dass wir uns in der Haushaltsaufstellung befinden und bis Ende des Jahres, was den Doppelhaushalt 2026/2027 angeht, noch einen weiten Weg zu gehen haben, wo sicherlich auch etliche Entscheidungen des Bundes, die in diesen Tagen getroffen werden, die Rahmensetzung erheblich verändern können.
Die Charité befindet sich seit Corona in einer schwierigen finanziellen Lage mit hohen dreistelligen Millionenverlusten. Sie war bis dahin eine der wenigen Universi
tätskliniken, die nicht Verluste geschrieben hat, sondern in den schwarzen Zahlen war, aber die Herausforderungen von Corona haben das leider geändert. Es hat natürlich auch damit zu tun, dass wir im Bereich des Personals, gerade in der Pflege, erhebliche Schritte nach vorn gekommen sind. Pflege ist heute an der Charité sehr gut bezahlt. Auf der anderen Seite steht natürlich auch der Mangel an Pflegekräften, der auch eine positive Ertragslage erschwert. Da sind wir in enormen Anstrengungen der Personalgewinnung und sind auch schon große Schritte weitergekommen.
Nichtsdestotrotz sind wir aus dieser Verlustzone, auch aufgrund der Rahmenbedingungen, nicht heraus. Die momentan im Raum stehenden Kürzungen im Charitévertrag, also in der Fakultät, verschärfen diese Situation selbstverständlich und können sich noch mal negativ auf die Ertragslage auch des Klinikbetriebs auswirken. Wir haben hier im Integrationsmodell sowohl die Fakultät als auch die größte Universitätsklinik Europas.
Wir sind im Bund bei der Ausgestaltung der Krankenhaustransformationsfondsverordnung auf der Zielgeraden, die ja sehr wesentlich ist, um im Prozess der neuen Krankenhausplanung auch im Land Berlin für Investitionen in eine zukunftsfähige Struktur unserer stationären Versorgung die Grundlage zu legen. Dabei ist es natürlich als Senat unser Ziel, die Charité als größtes Uniklinikum Europas finanziell gesund und leistungsstark in Forschung und Versorgung aufzustellen, denn sie ist natürlich auch einer der wichtigsten Versorger Berlins mit einer großen Forschungsstärke. Dazu tragen selbstverständlich auch die Beschäftigten der Charité in großartiger Weise bei. Das ist völlig klar.
Wichtig ist es für uns, die Charité in die Lage zu versetzen, Investitionen zu leisten. Wir brauchen eine moderne leistungsstarke IT, Krankenhausinformationssystem, bauliche Ertüchtigung und Forschungsinfrastruktur, um die Charité in eine gute, finanziell gesunde Zukunft zu führen. Auch in den Verhandlungen im Bund werden wir als Land Berlin darauf hinweisen, welche große Bedeutung die Universitätsmedizin gerade in der Hauptstadt hat, weit über Berlin hinaus, was auch ordnende, steuernde Funktionen angeht, aber auch im Zusammenhang der Frage Resilienz unserer Gesellschaft, Verteidigungsfähigkeit – was brauchen wir dafür? – Auch das wird für das Land Berlin eine wichtige Rolle spielen. Und wir werden uns dafür einsetzen, dass die stationäre Versorgung, insbesondere die Universitätsmedizin, auskömmlich finanziert ist und damit auch die Bedingungen für gute Arbeit und gute Tarife langfristig geschaffen und gesichert werden.
Ich hatte ja ganz konkret nach der Umsetzung Ihres eigenen Koalitionsvertrags und nach dem Versprechen des Regierenden Bürgermeisters gefragt, die Rückführung der Charité Tochter CFM in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Ich möchte Sie jetzt noch mal ganz konkret fragen: Wird diese Rückführung in dieser Legislaturperiode umgesetzt, und wenn ja, wann?
Ich hatte ja darauf hingewiesen, dass wir uns tatsächlich mit diesem Thema intensiv in einer Arbeitsgruppe unter Leitung der Finanzverwaltung auseinandergesetzt und zunächst mal die finanziellen Rahmenbedingungen und Bedarfe ermittelt haben. Sie kennen die Haushaltssituation Berlins. Im Koalitionsvertrag ist schnellstmöglich angestrebt – – Wir sind sehr daran interessiert, dass gute Tarife gezahlt werden, auch in den Töchtern unserer landeseigenen Unternehmen. Das ist ein Schritt, den wir gehen können. Wir sind in Tarifauseinandersetzungen, zu denen sich der Senat an dieser Stelle nicht konkret äußert.
[Anne Helm (LINKE): Das war dann wohl ein Nein! – Tobias Schulze (LINKE): Das nehmen wir mal als Nein!]
Vielen Dank! – Wenn ich mir eine ganz kurze Vorbemerkung gestatten darf: Ich habe das Gefühl, im Senat gibt es momentan einen Wettbewerb, wer am längsten auf eine kurze Frage antwortet.
Zu meiner Frage: Die Arbeitsgruppe zur Eingliederung der Töchter, die Sie angesprochen haben, beschäftigt sich jetzt ja schon länger. Ich frage mich, ob diese Arbeitsgruppe dann jetzt auch die Streikverhandlungen begleitet oder ob Sie die Arbeitsgruppe einstellen, weil Ihre erste Einlassung eigentlich ein bisschen den Anschein gegeben hat, dass Sie den SPD-Parteitagsbeschluss vom 21. April, in dem steht "umgehend umsetzen“, und den Koalitionsvertrag vom April 2023 eigentlich gar nicht mehr umsetzen wollen und als SPD-Senatorin in der großen Koalition gerade eher dieses Projekt der CFM-Rückführung abwickeln.
Erst einmal wickeln wir gar nichts ab, sondern wir beschäftigen uns sehr intensiv nicht nur mit der Haushaltssituation des Landes Berlin, sondern auch mit der wirtschaftlichen Situation unserer Töchter. Auf die große Bedeutung habe ich hingewiesen – und auf die Rahmenbedingungen, die jedem und jeder in diesem Hause vielleicht auch langsam klar werden sollten und die wir momentan durch die Schuldenbremse und andere Herausforderungen im Land Berlin haben. Auch der Finanzsenator hat darauf umfangreich hingewiesen.
Ich sagte ja: Wir haben in einem ersten Schritt finanzielle, aber auch rechtliche Rahmenbedingungen der Vielzahl von Töchtern, die Charité und Vivantes haben, erarbeitet. Wir sind jetzt in einem zweiten Schritt beim Thema Eigentümerstrategie für diese beiden wichtigen Unternehmen und bei den Strategien, wie wir sie aus der finanziell schwierigen Situation herausführen können, um dann die Spielräume zu eröffnen für gute Tarife, für die Eingliederung von Töchtern und auch für den TVöD in der Zukunft. Aber selbstverständlich ist ein dreistelliger Millionenverlust, der im Augenblick vom Land Berlin ausgeglichen wird, keine gute Perspektive für die Unternehmen. Wir müssen an den Grundlagen arbeiten; wir müssen die Strukturen zukunftsfähig aufstellen; wir müssen die Investitionen tätigen.
Wie gesagt: Selbstverständlich sind auch all die Tätigkeiten, die in der CFM erledigt werden, essenziell für die Funktionsfähigkeit und die Zukunft der Charité. Das sehen wir. Aber die Tarifverhandlungen führen die Tarifparteien.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Die Leitung der Zuckmayer-Schule in Neukölln forderte elternbrieflich auf, ihre Kinder zu einem Fastenbrechen im Rahmen des Ramadan abends zur Schule zu schicken, wobei erstens auf eine Anwesenheitspflicht hingewiesen und zweitens
ausgleichender Unterrichtsausfall an anderer Stelle angekündigt wurde. Ich frage den Senat: Wie konnte es nach Erkenntnis des Senats überhaupt dazu kommen, dass Lehrkräfte glaubten, in eklatanter Missachtung der gesetzlichen Vorschriften Schüler verpflichtend zu einer religiösen Veranstaltung einladen zu können?
[Niklas Schrader (LINKE): Ich glaube, dich müssen wir auch mal zum Fastenbrechen schicken! – Tobias Schulze (LINKE): Absolut korrekt!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank für die Nachfrage. Der Sachverhalt ist mir und meiner Verwaltung seit gestern bekannt und ich denke, Sie haben alle heute auch schon die Presse gelesen. Mein Eindruck ist trotzdem, dass das, was durch den ersten Elternbrief entstanden ist, durch einen zweiten Elternbrief korrigiert worden ist und der ursprüngliche Elternbrief sehr missverständlich geschrieben war.
Selbstverständlich besteht grundsätzlich keine verpflichtende Teilnahme am Fastenbrechen. Meiner ersten Einschätzung nach dürfte dies auch rechtswidrig sein. Die rechtlichen Bedenken ergeben sich hierbei primär aus dem möglichen Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht und die negative Religionsfreiheit. Es gibt grundsätzlich natürlich schon die Möglichkeit, Regelunterricht ausfallen zu lassen, um besondere Projekte durchzuführen. Es kommt dabei immer auf die konkrete Ausgestaltung an. Es muss aber immer auch mit dem Aspekt der Wissensvermittlung verbunden sein. Das kann natürlich auch eine kulturelle Bedeutung sein. Dann ist das Ganze auch als zulässig zu betrachten.
Lassen Sie mich ein relativ plastisches Beispiel machen: Der Deutsch-Leistungskurs am Vormittag kann ausfallen, wenn Sie am Abend eine verpflichtende Theateraufführung besuchen, die mit dem Thema des Deutschunterrichts konkret etwas zu tun hat – oder eine Museumsexkursion, die in den Geschichtsunterricht und Ähnliches eingebunden wird. Hier in diesem Fall sehe ich aber zunächst keinen Bezug zum Regelunterricht, sodass hier, wie bereits gesagt, das Verhältnis des Staates zu Fragen der Religion und der Weltanschauung berührt werden würde.
Das Schulgesetz selbst regelt diese Grundsätze nicht explizit, Herr Weiß, sondern es setzt sie vielmehr voraus. Erwähnung findet die Neutralitätspflicht explizit nur im Hinblick auf den Ethikunterricht. Eine Möglichkeit des Interessensausgleichs wäre es, ausdrücklich eine Freistellung aus religiösen, weltanschaulichen oder Gewis
sensgründen zuzulassen. Wie eingangs gesagt, wurde der falsche Eindruck des ersten Elternbriefs nachträglich korrigiert, sodass nochmals explizit auf die Nichtverpflichtung der Teilnahme hingewiesen wurde.
Grundsätzlich möchte ich aber sagen: Wenn das Ziel ist, mit solchen Beispielen religiöse Toleranz zu fördern, dann ist das natürlich zu begrüßen. Gelebte Toleranz würde dann aber gleichwohl auch bedeuten, dass auch andere religiöse Feste wie Ostern oder Pessach stattfinden und gemeinsam an der Schule gewürdigt werden.
Vielen Dank, Frau Senatorin! Dann lassen Sie mich noch mal kurz nachfragen: Was sagen denn sowohl die augenscheinliche Unkenntnis der gesetzlichen Regelungen als auch die Ansammlung von Rechtschreibfehlern in dem besagten Schreiben nach Ansicht des Senats über den Qualifizierungsstand der betreffenden Lehrkräfte aus?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! – Herr Weiß, ich habe Ihnen sehr gerne Auskunft gegeben zur Frage des Fastenbrechens an der ZuckmayerSchule. Worauf ich mich mitnichten einlasse, ist die Diffamierung unserer Pädagoginnen und Pädagogen in diesem Land.
Vielen Dank, Frau Senatorin! Meine Frage wäre: Ich bin selbst mit Weihnachten aufgewachsen; das war Teil der Integration hier in Deutschland. Finden Sie nicht, dass,
wenn die Menschen zusammenkommen, auch Feiertage wie beispielsweise Chanukka oder auch der Ramadan dazugehören und auch an die Schulen gehören?
[Tommy Tabor (AfD): Dann machen wir gar keinen Unterricht mehr! – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Koçak! Das ist selbstverständlich an allen Schulen möglich. Ich glaube, das, was hier im Raum steht, sind zwei Dinge: Das eine war die verpflichtende Teilnahme. Es muss auch niemand verpflichtend an einem Weihnachtsfest teilnehmen, aber es wird angeboten. Genauso kann das Fastenbrechen angeboten werden. Das ist mit dem zweiten Elternbrief korrigiert worden. Ich habe es auch noch einmal deutlich gemacht. Das Zweite, das auch nicht stattfinden kann, ist der Ausfall von Regelunterricht. Das findet auch zu anderen Festen in der Größenordnung nicht statt. – Danke!
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Die Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.