Protocol of the Session on March 13, 2025

Ohne eine reale Perspektive auf Verantwortung lässt es sich natürlich bequem Wahlkampf machen und Luftschlösser bauen. Den Wettbewerb um das populistischste Wahlprogramm haben Sie vielleicht gewonnen, aber erneut Glaubwürdigkeit bei ernsthaften Lösungsvorschlägen verloren.

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Im Gegensatz zur AfD begrüßen wir die Bestrebungen im Bund, die Schuldenbremse zu reformieren und den Ländern zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen. Das ist die richtige Antwort auf die großen Herausforderungen unserer Zeit.

Wir leben in einer neuen sicherheitspolitischen Lage. Wir stehen vor massiven Investitionserfordernissen, zum Beispiel in unsere Infrastruktur oder bei der Dekarbonisierung. Teilweise betreffen diese Investitionen den Bund, wie die auskömmliche Ausstattung der Bundeswehr, in großen Teilen betreffen sie aber auch die Länder: bei Investitionen in Brücken, in den öffentlichen Nahverkehr, bei Klimaschutzmaßnahmen oder Investitionen in den Schulbau. Hierfür braucht es mehr Mittel, denn notwendige Investitionen in die Zukunft sind gute Investitionen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Insbesondere in Berlin sehen wir uns aber auch noch weiteren Herausforderungen gegenüber, wie der Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen. Die Lage bei den Plätzen zur Unterbringung ist weiterhin angespannt. Darüber hinaus gibt es Integrationskosten, Kosten für die Beschulung, medizinische Versorgung der Geflüchteten aus Kriegsgebieten, wie zum Beispiel der Ukraine, die traumatisiert oder verletzt sind, und die pädagogische Betreuung der Kinder. Die Zuwachszahlen von Geflüchteten in unserer Stadt sind nicht mehr so hoch, wie sie einmal waren. Deshalb haben wir aber nicht weniger geflüchtete Menschen als vorher,

[Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

sondern es werden lediglich nur langsamer mehr. Aus diesem Grund haben wir als Koalition folgerichtig vereinbart, hier eine Notlage festzustellen und den Senat zur

(André Schulze)

Aufnahme von Notlagenkrediten in diesem Bereich zu ermächtigen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Zuletzt hatten wir im Hauptausschuss die Debatte, inwiefern Notlagenkredite mit den geplanten Änderungen im Bund denn überhaupt noch möglich sind. Schließlich soll, sofern der Entwurf denn so beschlossen wird, den Ländern die Möglichkeit zur strukturellen Kreditaufnahme von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts analog der aktuellen Schuldenbremse im Bund zugestanden werden. Seitdem hat es hier einige Entwicklungen gegeben, auf die ich auch gleich eingehen werde.

Zunächst möchte ich aber festhalten, dass völlig unabhängig von der möglichen Änderung im Bund die Feststellung der Notlage aus unserer Sicht zu bejahen ist und auch die erhebliche Beeinträchtigung der Finanzlage weiterhin besteht. Unserer Ansicht nach haben die wesentlichen rechtlichen Kriterien für die Aufnahme von Notkrediten auch mit einer möglichen strukturellen Kreditaufnahme von 0,35 Prozent weiterhin Bestand.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

In jedem Fall bin ich den Verhandlerinnen und Verhandlern im Bund dankbar, dass sie den aktuellen Entwurf zur Reform der Schuldenbremse noch einmal überarbeitet und eine Klarstellung mitaufgenommen haben, dass die Notlagenkredite selbstverständlich zusätzlich zu den 0,35 Prozent und zusätzlich zu der bereits bestehenden Option der konjunkturbedingten Kredite aufgenommen werden können.

[Beifall bei der SPD]

Das war eine wichtige und notwendige Präzisierung. Was aber auf keinen Fall passieren darf, ist, dass wir als Land Berlin nach der Reform finanziell schlechter dastehen als vorher. Das kann nicht in unserem Interesse sein. Da müssen wir als Land Berlin genau hinschauen und das auch zusammen mit den anderen Bundesländern prüfen. Es gibt noch weitere Überlegungen im bundespolitischen Raum, die eher zu einer Belastung statt einer Entlastung der Landesfinanzen führen würden. Wenn sich das ein oder andere verwirklicht, ist unsere Finanzlage schon allein aufgrund von Bundesgesetzen erneut sehr strapaziert und erneut sehr erheblich beeinträchtigt.

All dies führt derzeit zu einer sehr dynamischen Situation. Schlussendlich müssen wir abwarten, was die konkreten Ergebnisse sein werden, denn vorher können wir die Konsequenzen nicht zu 100 Prozent bewerten. Es gibt noch viele Unwägbarkeiten, und es ist noch nicht klar, was eine Vielzahl von Gesetzesänderungen im Bund unter dem Strich für das Land Berlin bedeuten. Neben neuen Möglichkeiten der Kreditaufnahme ist auch mit weiteren Belastungen und Vorgaben für die Länder zu rechnen. Wir haben in Berlin bereits den notwendigen

Konsolidierungspfad in mehreren Schritten eingeschlagen und werden diesen weiterhin bestreiten. Neben der Kürzung von strukturellen Ausgaben erhöhen wir als Koalition auch die strukturellen Einnahmen. Zuletzt konnten wir die Einnahmesituation durch die Erhöhung der City-Tax, der Zweitwohnsitzsteuer und der Vergnügungsteuer verbessern.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Darüber hinaus sind wir auch in Gesprächen über eine Anpassung der Gebühren für den Bewohnerparkausweis und eine Anhebung der Grunderwerbsteuer.

[Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD]

Letztendlich werden wir die großen Herausforderungen nur bewältigen, wenn wir alle zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen.

[Zuruf von der AfD]

Ja, wir brauchen zusätzliche finanzielle Spielräume und Investitionen, um aktuelle und künftige Notlagen zu meistern, und ja, das schaffen wir nur mit einer Kombination aus zusätzlicher Kreditaufnahme

[Zuruf von Marc Vallendar (AfD)]

und weiterhin einem klugen Konsolidierungsweg, denn allein mit dem einen oder dem anderen wird es nicht reichen. Aber klar ist auch: Eine Kreditfinanzierung kann nicht auf Dauer die Lösung sein. Langfristig müssen wir zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt zurückkehren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von der AfD]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Kollege Zillich das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat Angst vor Schulden. Für die AfD sind Schulden beziehungsweise ihre Abwesenheit eher so etwas wie ein Fetisch, etwas Irrationales, Symbol und Überhöhung für irgendetwas, aber nicht Gegenstand rationaler Debatten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Aber warum soll es den Schulden bei der AfD anders ergehen als allen möglichen Themen?

So weit, zunächst so unerheblich. Was ist die Schuldenbremse, über die wir hier reden? – Die Schuldenbremse ist zunächst einmal eine Selbstbeschneidung des

(Derya Çağlar)

Haushaltsgesetzgebers zugunsten einer vermeintlich höheren ökonomischen Idee –

[Rolf Wiedenhaupt (AfD): Es ist der Schutz kommender Generationen!]

einer Ideologie, muss man sagen. Aber Schulden sind keineswegs per se ökonomisch falsch, noch sind sie per se ein gutes Mittel, sondern es kommt eben darauf an – und für dieses „Es kommt darauf an“ ist die Schuldenbremse komplett blind. Deswegen ist die Schuldenbremse falsch.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Kristin Brinker (AfD): Nein!]

Angst vor demokratischen politischen Entscheidungen sollte kein parlamentarisches Leitmotiv sein. Politische Entscheidungen bestehen aus Abwägungen von politischen Interessen, von Risiken und Chancen, Werten und Erkenntnissen. Dafür sind Parlamente durch Wahlen legitimiert. Dafür müssen sie Rechenschaft ablegen und Verantwortung übernehmen. Die Schuldenbremse beschneidet diese Abwägung zugunsten einer Ideenhierarchie – mit der Folge eines Tabus, eines Tabus im Bereich des Königsrechts des Parlaments. Das ist eine Selbstverzwergung des Parlaments. Das könnte jetzt weitgehend beendet werden. Wir sollten unseren Beitrag dazu leisten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die Schuldenbremse hat eine investitionsfeindliche Wirkung. Sie verhindert ökonomisch sinnvolles Verhalten. Die berühmte schwäbische Hausfrau käme im Leben nicht auf die Idee, ihr Häuschen aus den laufenden Einnahmen auf einmal zu bezahlen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Sie wird diese finanzielle Belastung über Jahre verteilen, denn sie nutzt dieses Häuschen über Jahre

[Zurufe von der AfD]

und hat einen dauerhaften Wert erworben. An einem solchen sinnvollen ökonomischen Verhalten wird die öffentliche Hand durch die Schuldenbremse im Grunde gehindert.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das könnte jetzt beendet werden. Die politische Reaktionsfähigkeit der öffentlichen Hand im ökonomischen Krisenfall wird durch eine fiskalische Ideologie begrenzt, durch das Prinzip, keine Schulden aufzunehmen,

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Nein!]

das wichtiger ist als die Möglichkeit zu verantwortlichen politischen Entscheidungen im Krisenfall.

[Zuruf von Marc Vallendar (AfD)]

Das könnte jetzt beendet werden. Wir haben Megabedarfe bei Klimaschutz, bei Verkehrswegen, bei Schulen, sozialer Infrastruktur, beim Umbau der Energieversorgung. Der Regierende Bürgermeister sagt dazu, Zitat: