Protocol of the Session on March 13, 2025

[Anne Helm (LINKE): Nein?]

Denn dieser Wert beruht auf Durchschnittsberechnungen, die völlig ignorieren, welche Faktoren Einfluss auf das Gehalt haben: Branchen, Berufserfahrung, Ausbildung, Arbeitszeit oder individuelle Entscheidung. Sobald diese Unterschiede bereinigt werden, schrumpft der GenderPay-Gap laut renommierten Instituten wie dem IAB oder dem IW auf 6 Prozent. Und selbst hier gibt es noch zahlreiche Einflussfaktoren, die nichts mit der angeblichen Benachteiligung zu tun haben und viele erklärbare Faktoren außer Acht lassen. Es ist daher methodisch fragwürdig, den gesamten unbereinigten Unterschied als Beweis für systematische Diskriminierung darzustellen.

Noch ein Wort zum symbolischen Charakter des Antrags: Ihre anlässlich des Equal-Pay-Days initiierte Kampagne wirkt, gelinde gesagt, wie ein Flickenteppich aus rhetorischen Versprechungen.

[Beifall bei der AfD]

(Anne Helm)

Sensibilisierungsmaßnahmen allein ändern nichts an den Problemen, die den Gender-Pay-Gap verursachen. Ein wichtiger, nicht zu vernachlässigender Punkt betrifft die soziale Realität in Berlin. Auch wenn der unbereinigte Gender-Pay-Gap hier mit rund 10 Prozent im Vergleich zu anderen Regionen niedrig ausfällt, was für Ostdeutschland im Vergleich zu Westdeutschland überwiegend der Fall ist – auch das ist ein Indikator, der oft ignoriert wird –, zeigt sich, dass besonders alleinerziehende Mütter in unserer Hauptstadt häufig in prekärer Teilzeit oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen feststecken. Berlin ist als Stadt der alleinerziehenden Mütter bekannt, ein Umstand, der in den Berechnungsmodellen oft nur unzureichend berücksichtigt wird. So führen die hohen Lebenshaltungskosten und eine im Vergleich zu anderen Regionen, wie zum Beispiel Bayern, schlechte Lohnstruktur dazu, dass viele Frauen trotz eines scheinbar moderaten Lohngefälles in Armut leben.

Es sind aber auch individuelle Lebensentscheidungen und regionale Besonderheiten, die eine große Rolle spielen. Die Wahl von Teilzeitarbeit oder der Verzicht auf bestimmte Karrierewege ist häufig auch als ein Ausdruck persönlicher Präferenzen und der besonderen familiären Situation zu sehen.

[Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Vor diesem Hintergrund erscheint der Antrag recht oberflächlich. Es stellt sich also die Frage, wie viel Prozent des Lohnunterschieds tatsächlich durch Diskriminierung zu erklären sind und wie viele durch individuelle Entscheidungen bedingt sind. Hier ist die empirische Evidenz auch eindeutig. Der Großteil der Differenz lässt sich erklären, wenn man alle relevanten Variablen berücksichtigt.

Was also kann man tun? Welche Maßnahmen sollte man ergreifen, um dieses kleine verbleibende Lohngefälle zu verbessern oder auszugleichen? – Dazu wären Maßnahmen notwendig. Die stehen in Ihrem Antrag nicht; da sind ja nur Kampagnen gefordert. Eine Maßnahme wäre zum Beispiel der Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und familienfreundlicher Arbeitsmodelle. Hiermit kann man insbesondere die Situation alleinerziehender Mütter verbessern. Eine flächendeckende und zuverlässige Betreuung ermöglicht diesen Frauen, in Vollzeit oder in besseren, qualifizierten Positionen arbeiten zu können.

[Beifall bei der AfD]

Die zweite Maßnahme wäre gezielte Förderung von Weiterbildung und Qualifizierung. So können Aufstiegschancen verbessert und damit langfristig die Lohnsituation gerechter gestaltet werden. Wichtig ist dabei aber auch, die Autonomie der Arbeitnehmerinnen zu stärken, statt pauschal staatliche Eingriffe vorzunehmen. Der vorliegende Antrag mag im politischen Diskurs ein Zeichen setzen, doch er greift viel zu kurz. Wir brauchen einen

pragmatischen und langfristigen Ansatz, der durch konkrete Maßnahmen, ehrliche Gerechtigkeit im Arbeitsleben fördert und dabei gleichermaßen individuelle Lebensumstände respektiert und regionale Besonderheiten berücksichtigt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Integration, Frauen und Gleichstellung, Vielfalt und Antidiskriminierung. Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.5:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 35

14-Tage-Ziel – einfach mal machen!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 19/2239

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und zwar mit dem Kollegen Ziller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen! Seit Jahren sind die Bürgerämter das Symbol für das Scheitern der Politik für eine funktionierende Stadt. Auch wenn Krisen von BVG und S-Bahn auf dem Weg sind, den Bürgerämtern den Rang abzulaufen, ist es an der Zeit, das Problem Bürgerämter endlich in den Griff zu bekommen.

Das Vertrauen in eine funktionierende Verwaltung und auch in unsere Demokratie steht auf dem Spiel. Um es klar zu sagen: Wir haben Verständnis, dass auch Kai Wegner nicht per Dekret alles in Berlin zum Funktionieren bringen kann.

[Vasili Franco (GRÜNE): Was?]

Aber wir haben kein Verständnis, wenn der Senat vom Wege abkommt, die gemeinsamen Ziele zu erreichen, und stattdessen die Probleme wegredet. Das Leugnen der BVG-Krise macht es nicht besser.

[Tobias Schulze (LINKE): „Welche Krise?“]

Auch zu erklären, dass es Menschen gibt, die gern länger auf ihren Termin im Bürgeramt warten, hilft den Menschen nicht weiter, die dringend einen Termin benötigen. Bündnis 90/Die Grünen halten es weiter für richtig, dass Berlinerinnen und Berliner das ganze Jahr über innerhalb von 14 Tagen einen Termin beim Bürgeramt erhalten können.

(Jeannette Auricht)

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ob es um einen Personalausweis oder eine Ummeldung geht, unser gemeinsamer Anspruch sollte lauten: einen Termin innerhalb von 14 Tagen.

Schon die frühere rot-rot-grüne Koalition hat Vorarbeit geleistet. Wir haben viele neue Stellen für die Bezirke geschaffen. Wir haben einen Springerpool auf den Weg gebracht, um bei Engpässen schnell nachsteuern zu können. Es gibt Planungen und neue Standorte. Wir haben mit einer Zielvereinbarung für eine bessere gesamtstädtische Steuerung gesorgt – und für mehr digitale Dienstleistungen dank des Basisdiensts Digitaler Antrag.

Was tut dieser Senat? – Statt sich um die konsequente Umsetzung dieser Vorhaben zu kümmern, beschäftigen Sie sich und die Bezirke mit Symbolpolitik. Aus dem 14Tage-Ziel soll jetzt das 14.-Mai-Ziel werden. Statt für regelmäßige freie Termine zu arbeiten, soll es jetzt einen terminfreien Tag im Jahr geben – den Presseberichten zufolge offenbar der 14. Mai. Ist das Ihr Anspruch an eine funktionierende Stadt? Weil Ihre Symbolpolitik so wenig durchdacht ist, soll das Ganze nicht einmal in allen Bezirken stattfinden, und auch die Allzuständigkeit soll an dem Tag gleich mitabgeschafft werden. Übersetzt heißt das: Wenn jemand versucht, vor oder nach der Arbeit, oder gar in der Mittagspause, im naheliegenden Bürgeramt, einen Ausweis zu verlängern, wird diese Person an dem Tag weggeschickt, weil sie im falschen Bezirk arbeitet. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister! Nehmen Sie sich und Ihre Ziele doch ernst! Arbeiten Sie konsequent daran, sie umzusetzen, und widerstehen Sie der Verlockung, die Ziele anzupassen, wenn es etwas länger dauert! Alle nötigen Vorschläge für die Erreichung des 14-Tage-Ziels liegen auf dem Tisch. Es liegt an Ihnen und Ihrer Verwaltung, es zu Ende zu bringen. Lassen Sie die Symbolprojekte sein!

Sie wissen ja, die Summe der Terminkontingente der Berliner Bezirke muss zusammen dem Bedarf der Stadt gerecht werden. Das zu steuern, ist Aufgabe der Senatskanzlei als zuständige Senatsverwaltung. Überarbeiten Sie dazu endlich das Termintool, damit die Anzahl der nicht wahrgenommenen Termine sinkt. Auch wenn das für Sie nach Zukunftsmusik klingt – informieren Sie die Berlinerinnen rechtzeitig. Wenn ihr Reisepass zum Sommer ausläuft, kann man auch schon im Frühjahr oder Winter Bescheid sagen. Dann entzerrt sich das Ganze vor dem Sommer.

Zu guter Letzt: Lösen Sie endlich die Steuerungsprobleme bei der Digitalisierung. Der Rechnungshof hat es Ihnen mit seinem aktuellen Bericht noch einmal ins Hausaufgabenheft geschrieben – so kann es nicht weitergehen. Mit diesem Antrag fordern wir Sie nachdrücklich auf, sich zum 14-Tage-Ziel zu bekennen und die dafür

nötigen Maßnahmen umzusetzen, denn die Bürgerämter sind das Aushängeschild unserer Verwaltung, unserer Stadt. Eine zeitnahe und unkomplizierte Terminvergabe ist mitentscheidend für die Zufriedenheit der Berlinerinnen und Berliner mit unserer Stadt. Herr Wegner, es ist Zeit zu liefern. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Dann folgt für die CDU-Fraktion der Kollege Förster.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Herr Ziller, gleich zu Beginn: Von dem 14-Tage-Ziel ist weder Kai Wegner noch diese Koalition jemals abgewichen. Ich verstehe gar nicht, was Sie hier in den letzten fünf Minuten von sich gegeben haben.

[Beifall bei der CDU – Tobias Schulze (LINKE): Dann lesen Sie mal Zeitung!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! „Einfach mal machen!“ – das ist der Nachsatz in der Überschrift Ihres Antrages. Er klingt so gut, so einfach und so schlicht.

[Anne Helm (LINKE): Er ist vom Regierenden Bürgermeister!]

Er zeigt ein wenig, wie schnell sich Die Grünen von den Schwierigkeiten der Regierungsarbeit entkoppelt haben, denn was so leicht klingt wie „einfach mal machen!“ ist in der Tat gar nicht so leicht,

[Tobias Schulze (LINKE): Ach, wer hätte das gedacht? – Weitere Zurufe von der LINKEN]

denn man hat auch Faktoren, die sich nur bedingt oder gar nicht steuern lassen. Mit Ihrem Satz „einfach mal machen!“ suggerieren Sie, dass nichts passiert. Das ist falsch, das habe ich eben gesagt, denn der schwarz-rote Senat ist dabei, alles dafür zu tun, dass sich die Wartezeiten auf Termine schnellstens verringern.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Herr Kollege! Ich darf Sie kurz fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Graf zulassen möchten. – Keine Zwischenfragen.

Wir wissen um die gespannte Situation, und sie existiert nicht erst seit ein paar Jahren – das haben Sie selber

(Stefan Ziller)