Protocol of the Session on November 7, 2024

Wenn es das Interesse gibt – und das sieht man immer bei erfolgreichen Unternehmen, die über viele Jahre erfolgreich sind –, gibt es natürlich einen vernünftigen Ausgleich zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen. Ich will es hier am Tisch auch einmal deutlich sagen: Meine Schwester ist Betriebsrätin, mein Schwager ist Betriebsrat, und ich bin stolz darauf, dass sie Arbeitnehmerinteressen in einem global agierenden erfolgreichen Unternehmen engagiert vertreten, aber auch dort gibt es Diskussionen, die dazu beitragen, mit klaren rechtlichen Rahmenbedingungen, die es notwendig machen, dass es einen Betriebsrat gibt, dass die Interessen vertreten werden und dass es bei kritischen Themen natürlich klare Rechte gibt, die zugewiesen sind. Deswegen dürfen wir es nicht zulassen, dass es alternative Betriebsräte gibt, die keine klaren Rechte haben.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall von André Schulze (GRÜNE), Christoph Wapler (GRÜNE) und Katina Schubert (LINKE)]

Deswegen will ich abschließend damit auch einen Aufruf verbinden. Wir haben den Antrag als große Koalition, die hier Verantwortung im Haus trägt, eingebracht, aber ich will auch die anderen Fraktionen – wir haben es schon vom Vorredner der Grünen, Herrn Wapler gehört –, die hier im Haus sind, dazu aufrufen, zuzustimmen. Die Einzelabgeordneten, es werden ja immer mehr, können sich auch gerne daran beteiligen, dem am Ende eine große Zustimmung zu geben, weil ich es schon als ein starkes Signal in die Berliner Wirtschaftslandschaft sehen würde, wenn dieser Antrag hier im Haus nach den Ausschussberatungen die größtmögliche Unterstützung findet. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich auf den Weg machen und das unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall von André Schulze (GRÜNE), Christoph Wapler (GRÜNE) und Katina Schubert (LINKE)]

Dann folgt für die Linksfraktion der Kollege Valgolio. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Pätzold! Bei so einer edlen Familiengeschichte, so vielen Betriebsräten in der Familie, will ich Ihnen auch einmal eine Freude machen. Wir werden dem Antrag zustimmen. Das ist selbstverständ

lich. Wenn von der Koalition schon einmal etwas so Vernünftiges kommt, sind wir natürlich dabei.

[Beifall von Anne Helm (LINKE) – Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das kommt ja nicht allzu oft vor, aber hier kann man guten Gewissens sagen, dass das vernünftig ist. Es geht allerdings nicht weit genug. Dazu komme ich gleich.

Der Kollege Meyer hat ausführlich das Betriebsverfassungsgesetz zitiert. Da steht drin, dass die Existenz von Betriebsräten im Betrieb eigentlich der Normalzustand ist, allerdings zwingt das Gesetz niemanden, einen Betriebsrat zu wählen. Kein Unternehmen, keine Belegschaft muss das machen, sondern das ist eine freie Entscheidung der Kolleginnen und Kollegen im Betrieb, ob sie sich gerademachen und eine Interessenvertretung bilden wollen. Deswegen darf man auch kein Unternehmen, weder öffentlich noch nichtöffentlich, dafür bestrafen, dass es keinen Betriebsrat gibt. Was man aber von Unternehmen verlangen muss, gerade von öffentlichen, ist, dass sie die Bildung von Betriebsräten nicht unterlaufen und behindern.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Wenn in einem öffentlichen Unternehmen wie bei Grün Berlin eine sogenannte alternative Mitarbeitervertretung gebildet wird – so habt ihr das genannt, eigentlich sind das Pseudovertretungen –, dann ist das doch nichts anderes als die Behinderung von echten Vertretungsgremien, nämlich Betriebsräten. Solche alternativen Vertretungen werden immer von oben gebildet, und sie haben immer den Effekt, die Bildung von Betriebsräten zu verhindern, ob das gewollt ist oder nicht. Es sind immer Pseudogremien, weil diejenigen, die sich da engagieren, keine Rechte haben, die können nichts durchsetzen. Sie sind noch nicht einmal gegen Kündigungen vom Arbeitgeber geschützt. Deswegen können sie sich nicht gerademachen, deswegen können sie auch nichts durchsetzen, deswegen sind sie auch keine Interessenvertretung, sondern Pseudogremien. Deswegen ist es völlig richtig, wenn hier beantragt wird, dass so etwas nicht stattfinden soll und schon gar nicht in öffentlichen Unternehmen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Christoph Wapler (GRÜNE)]

Allerdings scheint mir die Existenz von solchen Pseudovertretungen in den öffentlichen Unternehmen kein Massenphänomen zu sein. Es gibt aber andere Zustände in öffentlichen Unternehmen in Berlin, die eine effektive Mitarbeitervertretung oft verhindern. Das sind die vielen Ausgründungen von Töchtern, die BT bei der BVG, die CFM bei der Charité, die Servicegesellschaft beim Deutschen Technikmuseum zum Beispiel oder auch die VSG, die Servicegesellschaft bei Vivantes. Das sind ausgegründete Töchterunternehmen, die eigene Betriebsräte haben, aber von denen hören wir oft, dass sie gar nicht

(Dr. Martin Pätzold)

richtig mitbestimmen und auf die Unternehmenspolitik Einfluss nehmen können, weil die Entscheidungen im Mutterunternehmen getroffen werden.

Deswegen ist es zwingend erforderlich; wenn man sagt: Wir wollen effektive Mitbestimmung in den öffentlichen Unternehmen –, wie der Kollege Meyer und der Kollege Pätzold das gemacht haben, dann muss man auch dafür sorgen, dass diese Töchter wiedereingegliedert werden. Da höre ich leider relativ wenig von der Koalition. Ich glaube, wir waren da auf einem ganz guten Weg unter Rot-Rot-Grün und haben viele Eingliederungen auf den Weg gebracht. Mir scheint das gestoppt zu sein, unter anderem beim Technikmuseum und in anderen öffentlichen Betrieben. Das ist ein Riesenproblem. Vielleicht guckt ihr auch noch mal darauf, wenn ihr hier so kämpferische Reden schwingt und so eine große Familientradition habt!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von André Schulze (GRÜNE) und Christoph Wapler (GRÜNE)]

Was kann man noch machen, um der Behinderung von Betriebsräten, auch in der freien Wirtschaft, als Berliner Senat, als Land Berlin entgegenzuwirken? – Man kann natürlich dafür sorgen, dass die Unternehmen, die rechtswidrig gegen die Gründung von Betriebsräten oder gegen die Arbeit von Betriebsräten vorgehen, sich einer effektiven – das sind ja Straftaten – Strafverfolgung ausgesetzt sehen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von André Schulze (GRÜNE) und Christoph Wapler (GRÜNE)]

Das findet in Berlin leider überhaupt nicht im notwendigen Maße statt. Ich habe das vor Kurzem noch mal abgefragt. In den letzten fünf Jahren wurden alle Verfahren nach Anzeigen wegen der Behinderung von Betriebsratsarbeit von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Es wurde keine einzige Anklage vor dem Strafgericht erhoben, geschweige denn, dass es eine Verurteilung gab. Das hat alles nicht stattgefunden. Das liegt nach meiner Auffassung daran, dass die Staatsanwälte, die dafür zuständig sind, gar nicht in der Lage sind, so etwas vor Gericht zur Anklage zu bringen. Auch da haben wir als Rot-Rot-Grün ganz gute Vorarbeiten geleistet. Wir haben eine sogenannte Schwerpunktstaatsanwaltschaft gebildet. Alle diese Anzeigen landen jetzt bei einer Fachabteilung innerhalb der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft. Allerdings sind diese Kolleginnen und Kollegen oft offensichtlich nicht voll in der Lage, das auch vor Gericht zu bringen. Deswegen haben wir vorgeschlagen, dass dort arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Schulungen für diese Staatsanwälte stattfinden. Was hat die Justizverwaltung darauf geantwortet? – Das sei nicht nötig, weil es so wenige Anzeigen wegen der Behinderung der Betriebsratsarbeit gebe. – Das halte ich für zynisch, denn es ist ja genau andersherum. Viele Kolleginnen und Kollegen, die als Betriebsräte in ihrer Arbeit behindert werden, trauen

sich gar nicht, Anzeige zu erstatten, oder wollen das gar nicht machen, weil sie wissen, dass es am Ende eingestellt wird.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Christoph Wapler (GRÜNE)]

Deswegen sind geschulte, gute Staatsanwälte, die dem nachgehen können, ein wichtiger Schritt dafür, dass es auch zu mehr Anzeigen kommt und dass die Betriebsräte in Berlin wirklich besser geschützt werden.

Also, lieber Kollege Meyer, lieber Kollege Pätzold! Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Aber wenn Sie dem Ganzen vielleicht noch ein bisschen mehr Bumms und Durchschlagskraft und mehr Glaubwürdigkeit verleihen wollen, sorgen Sie doch bitte auch für eine Eingliederung der Töchter und machen Sie vielleicht ein bisschen Druck auf Ihre Justizsenatorin, damit sie den Arbeitgebern, die Betriebsräte fertigmachen wollen im privaten Sektor, in den Arm fällt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dann folgt für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Wiedenhaupt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsfraktionen haben hier einen Antrag eingebracht, der die Stärkung gesetzlicher Mitarbeitervertretungen in landeseigenen Betrieben fordert und eine Zusammenarbeit mit alternativen Vertretungen ausschließt. Es geht um ein Anliegen, das wir prinzipiell verstehen und auch teilen können, nämlich den Schutz und die Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen, die für uns entscheidend sind, bevor wir uns diesem Antrag in Gänze anschließen können.

Zunächst steht für uns als AfD der Grundsatz im Vordergrund, dass Mitbestimmung und Schutz von Arbeitnehmerrechten eine bedeutende Rolle spielen. Doch wir müssen uns schon fragen: Erfüllt der vorliegende Antrag wirklich das Ziel, eine freie und selbstbestimmte Mitarbeitervertretung zu fördern, oder bewegt es sich zu stark in eine formalisierte Richtung? – Bestehende gesetzliche Regelungen wie das Betriebsverfassungsgesetz oder auch das Personalvertretungsgesetz sind grundlegende demokratische Errungenschaften, die wir selbstverständlich unterstützen. Doch die Frage bleibt, ob jede Art von alternativer Vertretung per se ausgeschlossen werden sollte. Der Antrag betont die Bedeutung einer gelebten Demokratie im Arbeitsleben, was grundsätzlich richtig ist. Allerdings sollten wir hier nicht vorschnell neue Hürden

(Damiano Valgolio)

schaffen, die gut funktionierende, eventuell auch alternative Modelle grundsätzlich ausschließen.

[Beifall bei der AfD]

Denn auch alternative Vertretungen können in manchen Fällen innovative Ansätze zur Lösung innerbetrieblicher Herausforderungen bieten, gerade in einem dynamischen Arbeitsumfeld.

Es ist daher für uns essenziell, dass wir diese Punkte zunächst offen und detailliert im Ausschuss diskutieren. Die AfD steht für eine pragmatische Politik, die im Zweifel das Wohl und die Wahlfreiheit der Mitarbeiter an die erste Stelle setzt. Ideologische und formale Einschränkungen ohne klare sachliche Notwendigkeit lehnen wir ab. Die angestrebte Regelung sollte sich nicht in neuen bürokratischen Regelungen und Strukturen verlieren, sondern handlungsfähig bleiben.

Kurzum: Wir sind bereit, den Antrag im Ausschuss mit einem offenen Blick auf mögliche Verbesserungen zu prüfen. Wir müssen sicherstellen, dass dieser Vorschlag den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter entspricht, anstatt lediglich symbolische Formalitäten zu schaffen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 3.3:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 34

Finanzplanung von Berlin 2024 bis 2028

Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drucksache 19/1948

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und das mit dem Abgeordneten Schulze.

Dann ist gebeten, dass der Finanzsenator teilnimmt. Ich lasse darüber abstimmen. Wer den Senator herbeizitieren möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Wer enthält sich? – Das sind die anderen Fraktionen und zwei fraktionslose Abgeordnete. Dann warten wir auf den Finanzsenator. – Da kommt er. – Bitte schön, Herr Kollege Schulze!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen! Ich sage es, wie es ist: Die Koalition hat die Stadt beim Haushalt belogen. Ob machtpolitisches Kalkül der SPD oder finanzpolitische Naivität der CDU, über die Gründe kann ich nur spekulieren. Fest steht jedoch: Seit 18 Monaten brechen Herr Wegner, Herr Evers und Herr Saleh ein Koalitionsversprechen nach dem anderen. Sie wollen Belege? – Die Kolleginnen und Kollegen des Stenografischen Dienstes haben diese falschen Versprechen dieser Troika für die Nachwelt dokumentiert.

Fangen wir beim Regierenden an! „Das Beste für Berlin“, nicht weniger haben Sie dieser Stadt versprochen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus Ihrer Regierungserklärung:

„Die Ausstattung der Sicherheitskräfte genießt in diesem Senat höchste Priorität.“

Es wird noch besser; ich zitiere erneut:

„Hochkultur und Klubszene, freie Künstler und Musikschulen, Museen und Galerien – ohne Kultur kein Berlin.“

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Senator Joe Chialo]