Dann darf ich Ihnen, sehr geehrte Frau Klingen, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abschließend im Namen des Hauses herzlich für die geleistete Arbeit danken. Vielen Dank!
Rechtssicherheit auch für ambulante Pflegedienste – Erstattung erbrachter Leistungen im Falle der Rechtsnachfolge
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen mit diesem Antrag Verbesserungen für Menschen erreichen, die pflegebedürftig sind, aber nicht über ausreichend Geld verfügen, um die Kosten für die Pflege aus eigenen Mittel vollständig oder überhaupt bestreiten zu können. Zugleich wollen wir damit auch Verbesserungen insbesondere für Pflegedienste, aber auch für stationäre Pflegeeinrichtungen erreichen.
Der Hintergrund ist, dass einerseits das Verfahren für die Bewilligung von Hilfen zur Pflege ein leider sehr langwieriger Prozess ist und andererseits Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen, also der ambulante und der stationäre Sektor, rechtlich unterschiedlich behandelt werden. Hier geht es um den § 19 SGB XII. Er enthält eine Legalzession, wie es so schön heißt, für Pflegeeinrichtungen. Das bedeutet, dass es für Pflegeeinrichtungen eine Rechtsgrundlage dafür gibt, dass per Gesetz der Anspruch auf Zahlung der Hilfen zur Pflege direkt auf die Pflegeeinrichtung übergeht, wenn die oder der zu pflegende vor der endgültigen Bescheidung des Antrags verstorben ist. Für Pflegedienste sieht die Rechtslage deutlich ungünstiger aus, und die Ansprüche sind in der Praxis nur schwer durchsetzbar. Oftmals ist es daher so, dass die Pflegedienste zwar wochen- oder monatelang Pflegeleistungen erbracht haben, am Ende aber keine Vergütung erhalten, wenn der anspruchsberechtigte zu Pflegende vor der Bescheidung verstorben ist.
Ich will mich nicht damit abfinden, dass in der Konsequenz nachher die Frage steht, ob der ambulante Pflegedienst in Vorleistung geht, obwohl droht, dass die Pflegeleistung nicht vergütet wird, oder aber ob sie Kundinnen und Kunden erst dann versorgen, wenn sie die Kostenübernahme erhalten werden. Wir brauchen Rechtssicherheit auch für ambulante Pflegedienste. Es gibt keinen Grund, länger an einer unterschiedlichen Behandlung festzuhalten, meine Damen und Herren!
Diese Situation stellt für die Pflegedienste ein zunehmend nicht zu unterschätzendes wirtschaftliches Problem dar und für die Pflegebedürftigen selbst eine weitere Einbuße an Lebensqualität. Beide Situation sind nicht hinnehmbar. Unser Ziel ist, dass alle Menschen dann, wenn sie pflegerisch versorgt werden müssen, diese Leistungen auch erhalten und ohne sich zusätzlich damit noch einmal belasten zu müssen, ob und wann ihnen geholfen werden kann, nur weil wir keine optimale Rechtslage haben und weil die Anspruchsberechtigten viel zu lange auf die Antragsbearbeitung durch die Ämter warten.
Ich möchte dabei ausdrücklich betonen, dass die lange Antragsbearbeitung natürlich kein böser Wille ist, sondern sowohl der hohen Arbeitsbelastung, einer teilweise zu dünnen Personaldecke als auch der zu großen Komplexität des Verfahrens geschuldet ist, ebenso aber auch der nicht mehr zeitgemäßen Behördentechnik. Gleichwohl stehen wir in der Verantwortung für die Menschen, insbesondere dann, wenn sie sich in so schwierigen Lebensumständen befinden und auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Dann kann es nicht sein, dass sie ausgerechnet nur deshalb darunter leiden beziehungsweise nur deshalb Nachteile erleiden, weil staatliche Stellen nicht in der Lage sind, in angemessener Zeit zu handeln. Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch ausdrücklich bei den Mitarbeitenden in den Bezirksämtern bedanken, die bei den widrigen Bedingungen, die allenthalben anzutreffen sind, trotzdem eine sehr gute Arbeit leisten.
Die lange Bearbeitungsdauer betrifft aber nun nicht nur die ambulanten Pflegedienste, sondern auch Pflegeeinrichtungen. Sie nehmen Bewohnerinnen und Bewohner auf und müssen dann vier Monate, sechs Monate, acht Monate – es gab auch schon Extremfälle von deutlich über einem Jahr – auf die Kostenübernahme durch die Bezirksämter warten. Dadurch fallen je Einwohner Ausstände von vielen Tausend Euro an, was durch die immer schwierigere wirtschaftliche Lage auch im Pflegebereich von den Einrichtungen immer schwieriger zu kompensieren ist. Dieses Problem besteht schon seit vielen Jahren, wird nun aber immer drängender und muss endlich gelöst werden.
Daher zielt der Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion auf Folgendes ab – erstens: Wir wollen über eine Bundesratsinitiative eine Änderung des § 19 Absatz 6 SGB XII und damit eine Gleichstellung von ambulanter und stationärer Pflege erreichen. Mir scheint die Zeit dafür günstig zu sein. Es gibt Signale, dass man auf Bundesebene inzwischen offenbar ein wenig aufgeschlossener für eine Gesetzesänderung ist. Zweitens wissen wir natürlich, dass dies nicht von heute auf morgen geschehen wird, wir wollen aber schneller handeln und schneller helfen. Wir sehen deshalb als Möglichkeit einer kurzfristigen Abhilfe vor, dass das Land Berlin im Vorgriff auf diese Neurege
lung den § 19 Absatz 6 schon jetzt analog auf ambulante Pflegedienste anwendet. Drittens: Um zu vermeiden, dass es immer größere Ausstände gibt, sollen die Ämter verpflichtet werden, wenigstens Abschlagszahlungen zu leisten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten den Antrag beschieden haben. Aus meiner Sicht ist dieser Vorschlag auch geeignet, gut gemeinten Druck dahingehend aufzubauen, dass wir das Verwaltungsverfahren effektiver gestalten. Wir sollten die Frage, innerhalb welcher Zeit die Dauer eines Verwaltungsverfahrens noch angemessen ist, nicht danach beurteilen, wie sich die aktuellen personellen und technischen Ressourcen und Möglichkeiten der Verwaltungen darstellen, sondern danach, was die Bedürfnisse der Antragsstellerinnen und Antragssteller sind und wie dringend sie Unterstützung benötigen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Während meiner Pflegetour durch Berlin bin ich wiederholt auf ein besorgniserregendes Thema aufmerksam gemacht worden: Menschen, deren Pflegeversicherung nicht ausreicht, um alle Kosten im Pflegefall zu decken. Diese Menschen sehen sich mit der Bedrohung der Pflegearmut konfrontiert, was dazu führt, dass sie nicht in der Lage sind, ihren wohlverdienten Lebensabend in Würde zu verbringen. Ich finde, dass das nicht sein darf. Es ist unsere Aufgabe als Politik, dafür zu sorgen, dass Pflegearmut in Berlin keinen Platz hat. Das muss ein soziales Versprechen sein, das unsere Stadt gibt!
Deshalb habe ich mich gefreut, liebe Koalition, dass Sie das Thema grundsätzlich aufgreifen, denn bei der Hilfe zur Pflege, die in den Bezirken ausgegeben wird, die versucht, das Versprechen umzusetzen, läuft einiges schief. Ich habe gerade eine ganz frische Anfrage, die wird erst morgen veröffentlicht, an den Senat zu diesem Thema gestellt, und ich habe erfahren, dass es mindestens 120 Menschen im Jahr 2023 gibt, die verstorben sind, bevor ihr Antrag auf Hilfe zur Pflege im ambulanten Bereich bewilligt wurde. Das sind 120 Familien, die jetzt neben der Trauer und dem Verlust eines geliebten Familienmitglieds auch mit der Frage konfrontiert sind, wie sie die offenen Rechnungen des ambulanten Pflegedienstes begleichen sollen – oder vielleicht sogar ohne jegliche Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst auskommen mussten, weil die Rechnungsfrage eben nicht geklärt war. Beides ist mir berichtet worden, und beides
Und ja, der gesetzliche Rahmen für die Pflegefrage wird vom Bund gesetzt, das stimmt. Ich finde auch, dass es überhaupt nicht verständlich ist, dass stationäre Einrichtungen nach dem SGB eine Kostenübernahme ihrer Leistungen erhalten, während ambulante Pflegedienste nicht gleich behandelt werden. Pflege ist Pflege. Jeder Mensch muss hier Unterstützung erhalten. Ich glaube aber – und das müssen wir im Ausschuss beraten –, der Teufel steckt ein bisschen im Detail – und da gucken Sie, glaube ich, nicht so genau hin, aber das beraten wird dann im Ausschuss –, nämlich in den unterschiedlich festgesetzten Sätzen für jeden Pflegegrad in der ambulanten Pflege und den damit verbundenen individuellen Prüfungen. Ich bin gespannt, wie Sie das konkret umsetzen wollen, damit es dann nicht eine scheinbar einfache Lösung ist, die am Ende in den Bezirken aber zu noch mehr Chaos führt, weil sie total schwierig zu operationalisieren ist. Aber darüber, würde ich sagen, reden wir im Ausschuss.
Das eigentliche Problem, das wir haben, bleibt aber ungelöst, liebe Koalition. In den Bezirken sind Bearbeitungszeiten von sechs Wochen für Anträge auf Hilfe zur Pflege die absolute Ausnahme. In der Regel dauert die Bearbeitung eines Falls eher vier bis sechs Monate, und im schlimmsten Fall dauert sie sogar länger als ein Jahr. Wenn die Bezirke Anträge schneller bearbeiten würden, würden weder Familien noch ambulante Pflegedienste auf den Kosten sitzen bleiben, und an dieser Stellschraube können Sie im Land durchaus drehen. Das soziale Pflegeversprechen hängt am dünnen Faden einer funktionierenden Verwaltung, also schauen Sie lieber auf Berlin als auf den Bund.
Herr Wegner hat das Versprechen einer funktionierenden Verwaltung abgegeben, und das gilt auch hier. Die Pflegekasse muss beispielsweise nach 25 Arbeitstagen den Pflegegrad benennen. Wie kann es denn sein, dass ein Bezirk zum Teil zehnmal so lange braucht? – Frau Czyborra, setzen Sie den Bezirken das Ziel, die Anträge analog zur Pflegekasse nach 25 Arbeitstagen, also fünf Wochen, zu bescheiden! Sorgen Sie gemeinsam mit Frau Kiziltepe und Herrn Evers dafür, dass es in den Bezirken genug Personal in den Sozialämtern gibt, dass die Bezirke sich vielleicht auch gegenseitig unterstützen und ein bestimmtes Antragsvolumen abarbeiten, damit es schneller geht! Setzen Sie die digitale Antragstellung endlich um! Machen Sie die Berliner Hausaufgaben, denn so machen Sie etwas gegen Pflegearmut, helfen auch den ambulanten Pflegediensten und lösen das soziale Pflegeversprechen ein. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch meinen Zivildienst habe ich 2001 den Weg in die ambulante Pflege gefunden. Ich fuhr damals mit einem kleinen Auto – ich habe nicht wirklich in das Auto hineingepasst; es war wirklich sehr klein – durch die Dörfer rund um Bischofswerda in Sachsen. Ich wusch die Patientinnen und Patienten, putzte, kaufte ein und gab die Medikamente. Nach dem Zivildienst arbeitete ich bis 2007 bei einem ambulanten Pflegedienst in Adlershof, und auch heute bin ich der Pflege noch eng verbunden und arbeite wenige Stunden für ein Pflegeunternehmen. Ich weiß also, was es heißt, am Pflegebett zu stehen. Ich weiß, wie es ist, in einen fremden Haushalt zu gehen und in die Intimsphäre meines Gegenübers eindringen zu müssen.
Damals nahm jeder Pflegedienst fast jede Anfrage an. Es gab genügend günstiges Personal, und es gab eine extrem starke Konkurrenz zwischen den Anbietern. War ein Kunde oder war eine Kundin unzufrieden, konnte er beziehungsweise sie schnell zu einem anderen Anbieter wechseln. Viele Pflegefachkräfte haben sich damals selbstständig gemacht, und immer neue Anbieterinnen und Anbieter kamen auf den Markt. Kundinnen und Kunden, die Leistungen vom Sozialamt erhielten, wurden genauso gern genommen wie die Besitzerinnen und Besitzer eines Einfamilienhauses bei mir in Grünau.
Dieses Bild hat sich komplett gewandelt. Die ambulante Pflege funktioniert heute in fast jeder Hinsicht genau andersherum: Es gibt zu wenig Personal, die Löhne sind gut bis sehr gut, die Anbieter werden immer weniger, weil der Personalmangel die Unternehmen zur Geschäftsaufgabe zwingt, und die Zahl der potenziellen Kundinnen und Kunden ist riesig.
Gestern habe ich mit meiner damaligen Chefin telefoniert und mich mit ihr über unser heutiges Thema ausgetauscht. Sie brachte es ganz einfach auf den Punkt: Anfragen von Menschen, die Hilfe zur Pflege beantragen müssen, werden grundsätzlich abgelehnt. – Ganz einfach: Sie werden abgelehnt. Das tut meine damalige Chefin nicht, weil sie ein böser Mensch ist – ganz im Gegenteil: Sie liebt ihren Beruf. Sie liebt ihre Kundinnen und Kunden. Sie liebt und lebt Pflege. Sie macht es aber, weil diese Kundinnen und Kunden für ein Unternehmen, das sowieso schon zusehen muss, dass es genügend Gewinne erwirtschaftet, unberechenbar sind, weil die Löhne hoch sind, weil die Mieten gestiegen sind und das Personal lieber leichtere Fälle abarbeitet, als sich mit komplizierten Pflegesachverhalten auseinandersetzen zu müssen.
So geht es wohl fast allen ambulanten Pflegediensten. Sie sind einfach nicht darauf angewiesen, Kundinnen und Kunden zu nehmen, die ihrerseits auf Hilfe zur Pflege angewiesen sind. Die ambulanten Pflegedienste haben auch keine Lust, darauf zu warten, dass die überlasteten Sozialämter die Bescheide erstellen, ohne die kein einziger Cent fließt. Die Unternehmen haben keinen finanziellen Spielraum, um das wirtschaftliche Risiko, welches damit verbunden ist, zu tragen.
Das Ergebnis ist, dass wir eine ambulante Pflege mit zwei Klassen haben: Wer Geld hat, wird versorgt; wer kein Geld hat, wird nicht versorgt und stattdessen auf die stationäre Versorgung verwiesen, in der es genau diese gesetzliche Regelung gibt, die wir auch in der ambulanten Pflege haben wollen. Das Ergebnis ist: Meine Selbstbestimmung und das Recht, darüber zu entscheiden, ob ich zu Hause gepflegt werden möchte, ob ich meine letzten Monate und Tage zu Hause verbringen darf, wo ich sterbe, werden mir genommen und ich werde dazu gezwungen, in ein sehr teures Pflegeheim zu gehen oder irgendwie durch meine Angehörigen gepflegt zu werden. Die Hilfe bleibt aus.
Diese Zwei-Klassen-Pflege lehnen wir ab. Kein Mensch darf darunter leiden, dass unsere Sozialämter unter einem massiven Personalmangel leiden und viel zu lange brauchen, um die nötigen Bescheide auszustellen. Unser Antrag macht deutlich, wo die Lösungen dieses Problems liegen: Der Bundestag muss eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg bringen und dafür sorgen, dass die erbrachte Leistung auch nach dem Ableben des Kunden oder der Kundin vergütet wird. Wir wissen jedoch alle, wie lange eine Bundesratsinitiative dauert, und wir können uns nicht darauf verlassen, dass diese auch Erfolg hat. Deswegen können wir nicht länger warten. Das Land Berlin muss auch nicht warten, bis der Bund das Gesetz geändert hat. Die Bezirke und das Land können vorangehen und einfach handeln – so, wie es beispielsweise Hamburg tut.
Wir fordern die Senatsverwaltung daher auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Sozialämter die Leistungen entgegen der derzeit geltenden Rechtsprechung anerkennen und die Kosten auch nach Ableben des Antragstellers oder der Antragstellerin freiwillig erstattet werden. Wir fordern, dass der Senat dafür sorgt, dass die ambulanten Pflegedienste bei Bedarf auch Abschlagszahlungen erhalten können, sodass man nicht warten muss, bis ein Bescheid endlich da ist. Sie sehen also: Das sind klare Forderungen, die dazu führen würden, dass ambulante Pflegedienste ohne Probleme und ohne Risiko für das Unternehmen auch wieder Kundinnen und Kunden annehmen könnten, die auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen sind. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben die Situation und die Probleme schon beschrieben. Auch wir finden, dass abgesichert sein muss, dass alle Menschen die Pflege bekommen, die sie brauchen, und dass diese Dienstleistung auch bezahlt werden muss – sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege. Das ist eine Voraus-setzung dafür, dass wir überhaupt gute Pflege haben.
Die Probleme in Berlin – aber, ich denke, auch anderswo – wurden auch schon beschrieben. Insofern kann ich in Richtung der Koalition sagen: Wir finden Ihren Antrag okay.