Der Dringlichkeit haben Sie eingangs bereits zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 4 der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Widerspruch dazu höre ich nicht. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Trefzer. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Förster hat für die Opposition bereits heute Morgen deutlich gemacht, warum wir eine Dringlichkeit ablehnen.
Ich will noch einmal deutlich machen, warum wir den Entwurf auch in der Sache für falsch halten: Sie bringen hier mit Ihrer neuen Novelle zum Hochschulrecht den nächsten Schnellschuss ein, nachdem Sie bereits mit Ihrer ersten Novellierung am Ende der vergangenen Legislaturperiode damit auf die Nase gefallen waren. Auch die damalige Vorlage haben Sie mit heißer Nadel gestrickt und im Schweinsgalopp durchs Parlament gepeitscht. Sie sollten eigentlich den gleichen Fehler nicht zweimal begehen.
Sie haben damals alle Warnungen nicht nur der Opposition in diesem Hause, sondern auch der Hochschulrektoren leichtfertig in den Wind geschlagen. Die Quittung waren die Rücktritte von HU-Präsidentin Sabine Kunst und später auch des HU-Vizepräsidenten Ludwig Kronthaler, – beide angesehene Persönlichkeiten, Sabine Kunst davor selbst Wissenschaftsministerin in Brandenburg.
Sie sollten sich, liebe Kollegen von der Koalition, mal auf der Zunge zergehen lassen, was Ihnen beide ins Stammbuch geschrieben haben: Ludwig Kronthaler hat Ihnen im Ausschuss, auch in Anbetracht Ihrer neuen Novelle, direkt ins Gesicht gesagt, dass die Wissenschaftsgesetzgebung in Berlin mit Ihrem Senat auf der schiefen Bahn ist. „Das wollte ich nicht länger mittragen“ – das waren seine Worte.
Denn kaum haben Sie dann mit Ihrem Schnellschuss eine Bauchlandung hingelegt, schieben Sie hier den nächsten Schnellschuss nach, der genauso zum Scheitern verurteilt ist. Mittlerweile gibt es zwei Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes dieses Hauses; beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass Sie wieder auf dem Holzweg sind. Auch Ihre Novellierung der Novellierung stellt einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar, der verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist, wie es zurückhaltend in dem Gutachten heißt.
In dieser Situation gibt es zwei seriöse Alternativen, das sind die Gesetzentwürfe von CDU und FDP auf der einen Seite und unser Entwurf auf der anderen Seite. Es ist wirklich ein Unding, dass diese beiden Gesetzentwürfe, die Sie im Ausschuss abgelehnt haben, hier heute nicht konkurrierend behandelt werden können, so, wie es sich eigentlich der Sache nach gehören würde.
Man kann nämlich entweder auf den Status quo ante zurück, so wie FDP und CDU das vorschlagen, oder man kann die Lage der Nachwuchswissenschaftler grundgesetzkonform verbessern, so wie wir Ihnen das vorschlagen. Beides kann man machen; was aber nicht geht, ist Ihr Prinzip Hoffnung, hier ein Gesetz durchzudrücken, dem die Grundgesetzwidrigkeit schon ins Gesicht geschrieben steht. Damit sind Ihnen Mitleid und Häme in ganz Deutschland auch für diese Novelle sicher, so wie es FU-Präsident Ziegler uns im Ausschuss auch schon für
Ihre alte Novelle beschrieben hat. Wiederholen Sie nicht den gleichen Fehler, den Sie auch schon beim Mietendeckel gemacht haben; lassen Sie die Finger von nicht rechtskonformen Projekten, liebe Kollegen von der Koalition!
Dafür haben auch die Nachwuchswissenschaftler, die seit Ihrem ersten Fauxpas auf eine Klärung hoffen, kein Verständnis mehr.
Frau Giffey hat nach dem Fiasko auf dem SPD-Parteitag am Wochenende gesagt, dass das Glas für sie immer halb voll sei. – Das mag sinnvoll sein, sofern noch Wasser im Glas ist.
Wenn das Glas aber leer ist, sollten Sie das endlich mal zur Kenntnis nehmen, statt hier die Augen vor der Realität zu verschließen. Machen Sie endlich vernünftige und rechtskonforme Gesetze, dann ist eines Tages vielleicht auch wieder Wasser im Glas. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Davon, dass man Dinge immer wiederholt, werden sie auch nicht wahr.
Selbstverständlich ist gerade das, was wir hier vorlegen, keinerlei Schnellschuss, sondern ist durch Senatsverfahren gegangen, es gab mehrere Anhörungen. Selbst vor Vorlage des Gesetzes hatten wir eine Anhörung zu dem ganzen Komplex der Entfristung im Mittelbau. Es ist wirklich sattsam debattiert worden; es kann also von „Schnellschuss“ und „heißer Nadel“ hier überhaupt keine Rede sein.
Einfach das Problem der extrem prekären Beschäftigung im akademischen Mittelbau und die Nachwuchsprobleme, die damit verbunden sind, zu ignorieren, ist keine Lösung. Es ist vielleicht der Stil der CDU, einfach so zu tun, als gäbe es hier kein Problem, und alles auf den
Wir ringen um die richtige Lösung für unseren Wissenschaftsstandort, für den wissenschaftlichen Nachwuchs, und das ist im Augenblick unser Weg, von dem wir hoffen, dass er erfolgreich ist.
Die Frage der Wissenschaftsfreiheit muss ausbuchstabiert werden, muss vielleicht nach vielen Jahrzehnten noch einmal neu ausbuchstabiert werden. Da sind sich übrigens fast alle einig, dass es eine sehr sinnvolle Sache ist, dass wir uns darüber noch mal intensiv unterhalten, was dieser Begriff eigentlich bedeutet.
Dieses Heckmeck, das hier gerade auch von der Opposition mit Vertagen und Bestreiten der Dringlichkeit und so weiter betrieben wird, versteht nun wirklich keiner an den Hochschulen.
Ich kriege fast täglich Anrufe: Wann kommt das Gesetz? Wir brauchen die gesetzliche Grundlage! Wann kommt die gesetzliche Grundlage für die Coronamaßnahmen, für die Prüfungen, die jetzt laufen, für den Mittelbau, für die Beschäftigung, für die gemeinsamen Berufungen zwischen Forschungsinstituten und Hochschulen? – Fast täglich kommen die Anrufe: Wann kommt das Gesetz? – Und ihr wollt das einfach auf den Sankt-NimmerleinsTag verschieben. Das versteht wirklich keiner, und schon gar nicht die Wissenschaft in dieser Stadt. – Danke!
[Torsten Schneider (SPD): Sie machen sich jetzt beliebt bei den Studenten! – Ronald Gläser (AfD): Studenten wollen auch keine verfassungswidrigen Gesetze!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Czyborra! Manche Dinge müssen wiederholt werden, bis sie endlich verstanden werden.
Ich bekomme auch ständig Anrufe, E-Mails, Gesprächswünsche, in denen deutlich gemacht wird, dass das im September beschlossene Gesetz – damals noch von RotRot-Grün –, das sogenannte Gesetz zur Stärkung der Berliner Wissenschaft als umfassende Novelle des Hoch
schulgesetzes ein Irrweg war. Es war ein Wahlgeschenk von Ihnen, das Ihnen anschließend auf die Füße fiel.
Wir haben das Hauruckverfahren, in dem die Koalitionsfraktionen damals das Gesetz durchs Parlament gepeitscht haben – gepeitscht ist der richtige Ausdruck –, von Anfang an scharf kritisiert. Genauso halten wir auch den hochschulpolitischen Weg, den Sie hier einschlagen, für vollkommen falsch. Während Länder wie NordrheinWestfalen oder jüngst auch Bayern ihre Hochschulgesetze novelliert haben und dabei Wissenschaftsfreiheit und Hochschulautonomie stärken, Innovationen und Exzellenz fördern, geht Rot-Grün-Rot den umgekehrten Weg und entzieht den Universitäten das Vertrauen. Durch maßlose Überregulierung und Detailsteuerung gefährden Sie die Profilbildung der Hochschulen und nehmen ihnen damit ihre Entwicklungsmöglichkeiten. Sie setzen die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit unseres Wissenschaftsstandorts aufs Spiel.
Das, was Sie betreiben, ist im Übrigen auch keine Hochschulpolitik, sondern Arbeits- und Sozialpolitik. Und Sie verkennen dabei, dass Ihnen für derartige arbeitsrechtliche Regelungen die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Die liegt nämlich beim Bund. Mehrere Gutachten, davon eins vom Wissenschaftlichen Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses, bescheinigen Ihnen, dass Sie mit der Novelle gegen das Recht der Wissenschaftsfreiheit verstoßen. Die Gutachten bestätigen darüber hinaus, dass das, was Sie hier regeln wollen, in den Bereich des Arbeitsrechts fällt. Und es ist nicht etwa so, dass hier Gutachten gegen Gutachten steht, wie es die Vertreterin der Grünen am Montag im Wissenschaftsausschusses sagte, und dabei eine unabhängige Institution entscheiden muss. Der Wissenschaftliche Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses ist unabhängig. Und anders als die Grünen habe ich überhaupt keine Zweifel, sondern volles Vertrauen in die Institutionen dieses Hauses, unseres Berliner Abgeordnetenhauses.
Ihre Gesetzesnovelle ist an der Realität gescheitert. Es ist bezeichnend, dass Sie nur neun Monate nach Verabschiedung des Gesetzes, an dem Sie jahrelang herumgetüftelt haben, mit einer Reparaturnovelle um die Ecke kommen,
die Sie selber eigentlich gar nicht so nennen wollen, und zwar völlig zu Recht, denn manche Dinge sind so kaputt, die lassen sich überhaupt nicht reparieren. Deswegen ist der Schaden groß. Es wurde gerade ausgeführt, wer alles zurückgetreten ist. Was Sie den Hochschulen zumuten, ist nicht zu rechtfertigen. Deswegen stimmen wir dem Gesetz nicht zu.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Torsten Schneider (SPD): Zu den Studenten haben Sie gar nichts gesagt! Kneifer! Nichts dazu, dass Sie 50 000 Studenten auf der Strecke lassen!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt geht es noch einmal ums Eingemachte. Ich kann Sie eigentlich nur um eins bitten: Stimmen Sie dieser Novellierung zu! Ich bitte Sie darum, weil wir als Politikerinnen und Politiker Verantwortung für alle Menschen in unserer Stadt tragen. Gerade jetzt denke ich an eine Gruppe, die in den zurückliegenden Pandemiejahren immer wieder vergessen wurde, die Studierenden.