Wir haben uns an vielen Stellen sehr wohl schon längst nicht nur auf den Weg gemacht, sondern sind in der Umsetzung von Digitalisierungsprozessen, von Verbesserungsprozessen, und wir werden gerade auch in diesem Haushalt massiv investieren in die Digitalisierung der Verwaltung, in die Zusammenarbeit mit den Bezirken, in die verstärkte Ausstattung der Bezirke für Digitalisierung, für Bürgerservice, für all das, was Sie hier ansprechen.
Herr Wegner! Wenn Sie sagen, es gibt hier keine Strategie und es wäre alles nicht entsprechend den Zielen eines sicheren, funktionierenden und bezahlbaren Berlins, kann ich Ihnen sagen: Ich empfehle Ihnen dann vielleicht auch mal – ich habe es heute gerade bekommen – die folgende Lektüre: Die Lebenshilfe hat den Koalitionsvertrag in leichter Sprache herausgebracht.
Ich finde ihn wirklich lesenswert, und manchmal möchte man meinen, bei Debatten, die hier geführt werden, bei
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Sven Heinemann (SPD): Sehr gut! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]
Wenn Sie nicht den Koalitionsvertrag lesen wollen, dann lesen Sie die Richtlinien der Regierungspolitik, lesen Sie die Ergebnisse des 100-Tage-Programms, oder schauen Sie einfach in diesen Haushalt, denn der Haushalt spiegelt wider, was in den Richtlinien der Regierungspolitik vereinbart worden ist.
[Kai Wegner (CDU): Wo ist die Verbeamtung? – Sebastian Czaja (FDP): Wir wollen nicht lesen! – Sie sollen handeln!]
Sie sprechen Handeln an. Wir hatten am Dienstag sechs Monate neue Landesregierung. Wir haben in diesen sechs Monaten massive Veränderungen in unserer Stadt erlebt. Wir haben unvorstellbare Veränderungen in unserem Land und in Europa erlebt. Wir haben nicht nur im Januar und Februar mit einer ganz starken Auswirkung und hohen Infektionszahlen einer Pandemie zu kämpfen gehabt, mit der Frage, wie wir die Gesundheit und den Gesundheitsschutz in unserer Bevölkerung aufrechterhalten, wie wir die Impfquote hochbringen. Berlin hat inzwischen bei den älteren Menschen 98 Prozent Impfquote. Wir haben fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen geimpft. Wir sind bei über 80 Prozent Impfquote bei den Erwachsenen. Wir haben die Pandemie in den ersten Monaten dieser Regierungszeit beherrschbar gehalten. Das ist vielen zu verdanken, die das geschafft haben. Das darf man nicht vergessen, wenn wir darüber reden: Wie ist politisches Handeln erfolgt? Wir waren in einer Krisensituation, die dieser Senat gemeistert hat.
Wir kamen von der Krisensituation Pandemie in eine neue Krisensituation, die mit dem 24. Februar ihren Anfang nahm, weil sie uns in unseren Grundfesten erschüttert hat, in dem Glauben daran, dass wir in einem friedlichen Europa leben, in dem Glauben daran, dass, wenn wir der Opfer des Krieges gedenken, in die Vergangenheit schauen, aber doch nicht im Hier und Jetzt Kriegsopfer in Europa zu beklagen haben. Alle diese Gewissheiten sind mit dem 24. Februar erschüttert. Es ist eine Zeitenwende, die wir erleben. Wir können nicht einfach genauso weitermachen und sagen: Da haben wir unser Programm, und dann machen wir da einfach Business as usual. – Das wird nicht funktionieren. Diese Regierung und die Arbeit, die in den letzten sechs Monaten geleistet wurde, steht unter dem Eindruck massiver Kriegsfolgen auch hier in Berlin, und das wissen Sie ganz genau. Deswegen kann man heute keine Rollenspiele, eine Generaldebatte wie immer abziehen, sondern man muss sich auseinandersetzen mit den neuen Herausforderungen und Anforderungen, die wir alle hier miteinander haben.
Diese Herausforderungen bedeuten, dass wir alle jeden Tag schreckliche Gräuel sehen, furchtbare Taten, Kriegsverbrechen, Menschen die sterben, Menschen die fliehen, Menschen, die aus purer Verzweiflung sich auf den Weg machen und Hilfe suchen. Berlin hat von der halben Million Geflüchteter, die in Deutschland angekommen sind, fast 300 000 Menschen erstaufgenommen. 70 000 sind bei uns registriert. Wir haben die Zeiten gehabt, Katja Kipping weiß es auch, und wir alle wissen es, 10 000 Menschen am Tag. Wir haben jetzt noch 500 am Tag, aber auch das ist viel mehr, als wir lange Zeit hatten, und das ist eine Situation, in der es Folgen gibt für die Situation der Geflüchteten, für die Situation der Kinder, die wir in unseren Schulen aufnehmen, für die Situation der Preissteigerungen im Bau, und jedem, der sich hier hinstellt und sagt: Wieso seid Ihr denn nicht schneller mit dem Wohnungsbau? –, muss man vielleicht auch mal sagen: Guten Morgen! Wir haben massive Preissteigerungen. Wir haben Lieferkettenengpässe. Es gibt Materialien, die aufgrund der Kriegsfolgen überhaupt nicht mehr heranzubekommen sind. All das ist zu berücksichtigen.
Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns den Herausforderungen stellen. Trotzdem ist es wichtig, dass wir unsere Ziele aufrechterhalten. Wir haben gezeigt, dass Berlin Krise kann
Es ist nicht selbstverständlich, dass 70 000 Menschen hier untergebracht sind und ihre Sozialleistungen bekommen, dass wir das alles hinbekommen haben, ohne eine einzige Turnhalle zu belegen und ohne massive Auseinandersetzungen im sozialen Frieden zu haben. Wir haben es geschafft auch dank der Solidarität der vielen Berlinerinnen und Berliner,
die dabei mitgeholfen haben, und dank einer Zusammenarbeit, die wir gemeinsam hier vollbracht haben. Es ist richtig, dass im Haushalt Mittel vorgesehen sind, um diese Aufgaben auch in Zukunft zu meistern. Es ist richtig, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen in der Solidarität, in der Städte-Diplomatie. Wir haben gerade den Deutschen Städtetag hier zu Gast bei uns. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Deutschland sind in Berlin und treffen sich hier. Sie haben alle die gleichen Herausforderungen wie wir, aber sie schauen nach Berlin und sagen: Es ist toll, wie Ihr das geschafft und wie Ihr das gemeistert habt.
Ich will auch sagen, dass solche Ereignisse, wie wir sie mit der schlimmen Amokfahrt am Tauentzien erlebt haben, die uns alle erschüttert hat, Dinge sind, die einen aus der Bahn werfen, aus der Bahn des Alltäglichen, der Aufgabenwahrnehmung. Auch das haben wir gut gemeistert. Wir haben die Angehörigen, die Opfer unterstützt. Wir haben auch am Montagabend gemeinsam mit Senatorin Lena Kreck Betroffene und die Angehörigen ins Rote Rathaus eingeladen und ihnen Unterstützung, Hilfe und Rat gegeben, damit es anders läuft als 2016, als die Angehörigen nicht die Orientierung und Unterstützung hatten, damit es klar ist, dass Berlin an ihrer Seite steht und ihnen dabei auch hilft.
Ich habe am Anfang des Jahres im Januar hier eine Regierungserklärung abgegeben, eine Erklärung, was wir uns vorgenommen haben, zu einem Zeitpunkt als wir nicht wussten, dass wir wenige Wochen später einen Krieg in Europa haben werden. Wir haben uns die Schwerpunkte der Bekämpfung der Pandemie, des Neustarts für unsere Wirtschaft gesetzt und natürlich auch des bezahlbaren Wohnens. Es ist eine der großen sozialen Fragen in unserer Stadt. Ich möchte hier an dieser Stelle all denen danken, die dazu beigetragen haben, dass wir einen Haushalt aufgestellt haben, der genau die Punkte, die wir uns am Anfang vorgenommen haben, widerspiegelt.
Berlin ist krisenfest, Berlin ist vorbereitet, Berlin hält zusammen, und Berlin packt die großen Herausforderungen an, vor denen wir stehen, in unserer Stadt, gemeinsam. Deswegen ist es ein guter Haushalt, über den wir hier heute reden. Es ist ein Haushalt, der berücksichtigt, dass wir nicht nur auf der Landesebene stark sein müssen, sondern auch in den Bezirken, dort, wo zwölf Bezirksbürgermeister für zwölf Großstädte ihre Arbeit machen. Ich kann das selbst sagen, denn ich war 16 Jahre im Bezirk. Ich weiß, was die Bezirke brauchen, was die Bezirksstadträtinnen und -räte brauchen, die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister, um ihre Arbeit zu machen. Ich bin mit ihnen in einem regelmäßigen Austausch. Wir haben gemeinsam die politische Erklärung verabschiedet. Die Mittel für die Bezirke sind massiv aufgestockt worden in diesem Haushalt mit zusätzlichen Stellen, mit mehr Mitteln, um genau die Aufgaben auch anzugehen, vor denen wir gemeinsam stehen.
Ich will zum Wohnungsbündnis von meiner Seite – es ist auch eingefordert worden, dass dazu noch etwas gesagt wird – natürlich noch etwas sagen. Das Thema Wohnungsbau und Wohnungswirtschaft und bezahlbares Wohnen ist, da sind wir uns alle einig, die große
Zukunftsfrage für unser Berlin. Deswegen müssen wir uns auch darum kümmern. Wir tun das auch. Das Wohnungsbündnis, das wir verabschiedet haben mit mehr als 20 Partnern, mit allen Bezirken, mit den Mitgliedern der Landesregierung, mit den Partnern in den städtischen Wohnungsgesellschaften, in den Genossenschaften und auch mit privaten Akteuren, ist mehr, als jedes andere Bündnis in Deutschland bisher zustande gebracht hat.
Es ist ein Bündnis, das nicht nur den Neubau adressiert, sondern ist ein Bündnis, das auch das bezahlbare Wohnen adressiert. Natürlich geht es dann auch um intensive Verhandlungen. Es geht darum, dass es unterschiedliche Positionen gibt. Der Mieterverein hat eine andere Position als der Vermieterverein. Natürlich ist das so. Aber die Kunst eines Bündnisses, die Kunst von Politik ist immer das Möglichmachen, das Möglichmachen und das Finden eines Weges, der gemeinsam gegangen wird, einer Selbstverpflichtung,
[Sebastian Czaja (FDP): Wenn das die Aufgabe ist, ist es Ihnen nicht gelungen. Dann sind Sie gescheitert!]
die ermöglicht, dass hier gearbeitet werden kann. Wir haben gemeinsam dieses Bündnis abgeschlossen, um auch diese Themen voranzubringen. Sie haben von Schlüsseln gesprochen, Herr Czaja.
Es ist schwierig, man muss die Dinge auch erklären. Wenn Sie zuhören, erkläre ich es Ihnen auch gern, Herr Czaja, aber wenn Sie immer dazwischenreden, ist es schwierig.
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Sebastian Czaja (FDP): Ich bin ja nicht in der Schule!]
Wir haben gesagt, wir brauchen natürlich den Neubauschlüssel, bei dem es darum geht, 100 000 Wohnungen in aufgeteilter Verantwortung zu bauen,
35 000 die Städtischen, 5 000 die Genossenschaften, 60 000 die Privaten. Schon allein aus den Zahlen sehen Sie, ohne Kooperation geht es nicht. Darauf haben wir uns verständigt. Diese Ziele sind vereinbart. Wir werden auch liefern. Wir werden auch unsere Hausaufgaben machen.
Unsere Hausaufgaben machen heißt, wir bringen den elektronischen WBS auf den Weg. Wir bringen die digitale Bauakte auf den Weg. Das ist in Planung. Das kommt auch. Senator Geisel arbeitet daran. Wir werden die Planungsverfahren beschleunigen. Wir haben unsere Senatskommission eingesetzt. Die arbeitet schon. Ich kann Ihnen sagen, diese Senatskommission hat in den ersten Wochen ihrer Arbeit Großprojekte in Spandau, Lichtenberg angeschoben, Hürden und Hindernisse aus
dem Weg geräumt. Wir haben den Weg geebnet in den ersten zwei Monaten der Arbeit der Senatskommission für über 5 500 Wohnungen, bei denen es lange Diskussionen gab, was schwierig ist. Ja, wir müssen es dann entscheiden. Das haben wir gemacht. Wir werden weitermachen, Hürden und Hindernisse bei Großprojekten, die auf dem Weg liegen, wo sich die Verwaltungen nicht einigen konnten, politisch zu entscheiden und zu lösen, damit wir auch diese Wohnungsprojekte, die schon auf dem Weg sind, aber die stocken, auch voranbringen können. Das machen wir.
Das Zweite: Natürlich muss es darum gehen, einen Neuvermietungsschutz zu haben, einen Neuvermietungsschlüssel. Die Wohnungen, die neu vermietet werden, müssen auch an Menschen mit unteren und mittleren Einkommen vergeben werden. Wir haben uns im Bündnis darauf verständigt, dass jede dritte Wohnung an eine Person, an einen Haushalt, eine Familie geht mit unterem oder mittlerem Einkommen. Das ist richtig so. Das war ein Erfolg, denn es ist über viel weniger gesprochen worden. Wir haben es hinbekommen. Daran werden sich auch alle halten. Das ist die Vereinbarung. Ich kann Ihnen sagen, wir werden sehr genau darauf achten, dass sich daran auch gehalten wird.
Das andere ist das Thema Schutz. Es ist schon gesagt worden. Der mit dem Luxusapartment am Kurfürstendamm, der braucht unseren Schutz nicht. Aber die Menschen, die kleine und mittlere Einkommen haben, die brauchen unseren Schutz. Das bedeutet, dass es den Erhöhungsverzicht geben wird, den es schon bei den Städtischen seit 2017 gibt, den Erhöhungsverzicht, wenn Menschen zu über 30 Prozent ihres Einkommens belastet sind mit der Miete, dass dann auf die Erhöhung verzichtet wird. Dazu haben sich unsere Bündnispartner verpflichtet. Das ist gut so.
Wir haben auch gesagt, diejenigen, die jetzt Sorge haben wegen steigender Preise, steigender Energiekosten, müssen die Sicherheit haben, gerade in dieser Krisenzeit nicht noch mit massiven Mietsteigerungen rechnen zu müssen. Deshalb ist die Verpflichtung, maximal 2 Prozent bis 2023, eine gute Verpflichtung, die freiwillig erfolgt ist, auf deren Umsetzung wir sehr genau achten werden.
Man kann immer sagen, dass das nicht reicht, dass das nicht genug ist. Wenn man sich so hinstellt, dann wird man nie weiterkommen. Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Wir beginnen diesen Schritt. Wir haben diese Vereinbarung getroffen. Wir werden daran arbeiten, dass das gelingt.