Protocol of the Session on June 23, 2022

Die Berlinerinnen und Berliner haben nicht lange gefragt, sie haben gemacht. Sie haben ihre Herzen geöffnet und ganz häufig auch ihre Türen.

[Orkan Özdemir (SPD): Kommt noch was zum Haushalt? – Zurufe von Elke Breitenbach (LINKE) und Torsten Schneider (SPD)]

Ich finde, an dieser Stelle kann man gar nicht oft genug Danke an die Berlinerinnen und Berliner sagen für das, was sie leisten.

[Beifall bei der CDU]

Aber diesen Machergeist wünsche ich mir endlich auch vom Senat.

[Anne Helm (LINKE): Da wäre ich jetzt vorsichtig, wenn ich an Mario Czaja denke, den Sozialsenator 2015!]

Ich finde es schon beachtlich, lieber Herr Saleh, dass Sie in Ihrer Rede nichts zur Wohnungssituation in Berlin gesagt haben. Die Bau- und Wohnungspolitik, das bezahlbare Wohnen ist und bleibt die zentrale Frage in unserer Stadt. Die Situation spitzt sich weiter zu. Wir haben sinkende Baugenehmigungen. Vom 20 000- Wohnungen-Ziel im Jahr sind sie meilenweit entfernt. In Berlin gibt es 90 000 Sozialwohnungen, 2012 waren es noch 140 000 Wohnungen. Gleichzeitig steigen die Mieten. Der Angebotspreis für Mieten liegt heute 8 Prozent höher als vor einem Jahr.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Nach sechs Jahren Rot-Grün-Rot ist eine bezahlbare Wohnung in Berlin zu finden wie ein Sechser im Lotto.

[Beifall bei der CDU – Senatorin Katja Kipping: Wer hat denn den Mietendeckel geschlossen? Wer hat denn den Mietendeckel blockiert?]

Und liebe Frau Giffey! Da helfen auch Enteignungen nicht. Enteignungen schaffen keine einzige neue Wohnung, kosten ein Heidengeld und schaden – allein das Gerede darüber – dem Wirtschaftsstandort Berlin.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Eigentlich müssten Sie jetzt nach unten schauen, denn bis zum Wahltag waren das Ihre Worte, Frau Giffey! Dann wurden Sie zur Getriebenen. Erst wurden Sie von Ihren Koalitionspartnern getrieben und seit Sonntag nun auch noch von Ihrer eigenen Partei.

[Anne Helm (LINKE): Den Volksentscheid haben Sie in dieser Chronologie ausgelassen!]

So geht das nicht. So sieht keine verlässliche Politik aus. Was sollen Ihnen eigentlich die Berlinerinnen und Berliner noch glauben? – Sagen, was man tut, und tun, was

man sagt. Das ist verlässliche Politik, und so gewinnt man das Vertrauen der Berlinerinnen und Berlinern.

[Beifall bei der CDU]

Ein nächstes Wohnbündnis wäre doch so wichtig für Berlin. Wir haben das seit Jahren gefordert. Aber warum schaffen Sie keine Verlässlichkeit? Warum machen Sie keine klaren Zusagen? Warum sagen Sie nicht ganz deutlich, wie Sie Mieterinnen und Mieter schützen wollen? Warum sagen Sie nicht, wo Sie das Baugesetzbuch, die Landesbauordnung ändern wollen, um schneller zu bauen und mehr bezahlbaren Wohnraum hinzubekommen?

[Zuruf von Sven Heinemann (SPD)]

Die Erwartung vieler Mieterinnen und Mieter in Berlin und der Unternehmen war, dass mit diesem Bündnis durch diese Stadt ein Ruck geht. Dieser Ruck ist ausgeblieben. Und hier müssen Sie unbedingt nacharbeiten, die soziale Frage in unserer Stadt muss endlich gelöst werden.

[Beifall bei der CDU]

In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich auch endlich Strukturen und Prozesse kritisch hinterfragen. Ja, Berlin muss schneller werden. Berlin muss besser werden. Lieber Herr Schneider! Hier haben wir Ihnen Vorschläge gemacht. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch.

[Torsten Schneider (SPD): Wo denn? Wo sind sie denn?]

Hätten Sie doch einfach zugestimmt, dann wären wir doch längst ein Stück weiter.

Und wenn wir über schneller und effizienter reden, dann sind wir auch ganz schnell bei den Bürgerämtern. Seit Jahren verspricht diese Koalition, dass man innerhalb von 14 Tagen einen Termin im Bürgeramt bekommt, aber passieren tut nichts.

[Lachen bei der AfD]

Im Übrigen wollen die Menschen auch gar keinen Vorsprechtermin in den Bürgerämtern innerhalb von 14 Tagen. Sie wollen schnell ihre Leistung. Und ich verstehe nicht, warum junge Mütter und Väter monatelang auf das Elterngeld warten müssen. Warum fließt der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende oft viel zu spät? Ich kann das alles nicht mehr nachvollziehen. Wir reden seit Jahren darüber, und nichts passiert. Und wenn ich mir allein vorstelle – kennen Sie auch alle –, wenn Ihre Bankkarte abläuft, dann kriegen Sie einen Brief von Ihrer Bank. Da brauchen Sie keinen Termin. Da passiert alles ganz automatisch. Warum kriegen Sie diese Dienstleistung nicht für die Berlinerinnen und Berliner hin? Da müssen wir endlich besser werden.

[Beifall bei der CDU]

Aber das liegt wahrscheinlich auch daran, dass in der Tat Ihre Digitalkompetenz beim Faxgerät stehen geblieben

ist. Und digitale, smarte und nachhaltige Lösungen brauchen wir natürlich nicht nur in der Verwaltung, wir brauchen sie auch im Verkehrsbereich. Dass wir eine Mobilitätswende in Berlin brauchen, ist doch weitestgehend Konsens.

[Anne Helm (LINKE): Ach ja?]

Ich denke schon, dass das weitestgehender Konsens ist, mit Ausnahme ein paar Rechter hier, die ohnehin in der Vergangenheit hängen geblieben sind.

[Anne Helm (LINKE): Dem würde ich zustimmen! – Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Aber ich sage Ihnen, eine Mobilitätswende kriegen Sie nicht über Zwang, Umerziehung und Bevormundung hin. Eine Mobilitätswende kriegen Sie nur mit den Menschen hin. Schaffen Sie endlich Angebote, dass die Menschen auch Angebote nutzen können. Nehmen Sie endlich die Außenbezirke in den Blick.

[Torsten Schneider (SPD): Das ist im Haushalt verankert!]

Wo sind denn mehr Busse? Wo sind mehr Bahnen? Wo sind bessere Taktzeiten? All das machen Sie nicht.

[Anne Helm (LINKE): Die stehen im Haushaltsplan! Die sind im Haushalt verankert!]

Sie reden von Mobilitätswende. Sie schaffen aber gar nicht die Voraussetzungen für eine Mobilitätswende. Und das ärgert die Berlinerinnen und Berliner. Auch hier steuern Sie zielsicher an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei.

[Beifall bei der CDU]

Herr Saleh! Die Verkehrsprojekte i2030, die Sie gerade erwähnt haben, ich glaube, das drohen eher Verkehrsprojekte 2035 plus X zu werden. Und dann haben Sie erzählt, die U-Bahn ist ausfinanziert. – Bei der U-Bahn gibt es ein bisschen mickriges Planungsgeld. Wieder kein konkretes Ergebnis. Wie lange reden Sie eigentlich schon über U-Bahnausbau in diesem Haus, und nichts passiert bei den Menschen draußen?

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Die Leute glauben ihnen das nicht mehr, Herr Saleh. Liefern Sie endlich!

[Beifall bei der CDU]

Ja, und eine Mobilitätswende ist auch nicht, einfach nur den Menschen immer mehr Parkplätze wegzunehmen. Das machen Sie in vielen Bereichen. Und ich sage Ihnen mal, wozu das führt.

[Torsten Schneider (SPD): Steht im Haushaltsplan!]

Wenn Sie immer mehr Menschen die Parkplätze wegnehmen, dann heißt das häufig, dass Handwerker nicht mehr zu ihren Kunden kommen, ambulante Pflegedienste ihre Patienten nicht mehr aufsuchen können und die Teilnahme mobilitätseingeschränkter Menschen massiv

eingeschränkt wird. Merken Sie es eigentlich nicht selbst? – Diese Politik ist unsozial.

[Sven Heinemann (SPD): Ihre Argumentation ist ja schwindelerregend!]

Und wir müssen endlich den Anspruch haben, von der Stauhauptstadt zur Mobilitätshauptstadt zu werden. Dafür brauchen wir mehr Busse und Bahnen. Wir müssen die Außenbezirke stärker in den Blick nehmen, und natürlich brauchen wir mehr Investitionen in die Straßen und in die Brücken.

[Torsten Schneider (SPD): Eine Phrase nach der anderen!]

Wir erleben es doch tagtäglich selbst, Sie doch auch. Wir müssen uns an unzähligen Baustellen vorbeiquälen. So geht es übrigens vielen Berlinerinnen und Berlinern. Baustellen sind ja per se nicht schlecht, dann wird wenigstens investiert, und es passiert etwas.