Protocol of the Session on June 23, 2022

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ganz zum Schluss: Ich wünsche alles Gute zum heutigen Internationalen Tag der öffentlichen Verwaltung.

[Stefan Förster (FDP): Wo bleibt die Torte?]

Es ist ein schöner Tag, den Haushalt heute auch zu beschließen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Rogat. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein im Jahr 2021 sind 10 610 Menschen aus den verschiedensten Gründen aus der Landesverwaltung und den Bezirksverwaltungen ausgeschieden. Bis zum Ende der Legislaturperiode werden außerdem 20 388 Menschen altersbedingt aus dem Bezirks- und Landesdienst folgen. Das sind mehr Menschen, als Kaulsdorf Einwohner hat. Wir sehen also, dass wir nicht nur Personalman

gel in vielen Bereichen haben, sondern auch vor einem massiven Demografieproblem mit massiven Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit dieser Stadt stehen. Diesen Personalbedarf gilt es zu decken. Sowohl der Haushaltsentwurf als auch das Regierungshandeln werden diesen Herausforderungen leider nicht gerecht.

[Beifall bei der FDP]

Um dies zu bewältigen, müssen wir einerseits dafür sorgen, dass wir endlich eine fachgerechte Bezahlung für diese vor allem hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen – dabei rede ich vom öffentlichen Gesundheitsdienst; IT und Informatik brauche ich wahrscheinlich gar nicht zu erwähnen, da sind wir nicht konkurrenzfähig –, aber vor allem müssen wir Einstellungsverfahren endlich dynamisieren, niedrigschwelliger anbieten, denn die einfache Ausschreibung im Amtsblatt reicht am Ende nicht aus, wenn man junge, motivierte Menschen für die Verwaltung begeistern will. Da muss deutlich mehr passieren.

Frau Klein, Sie haben die Hochschule angesprochen. Ich glaube, dass wir vor allen Dingen noch an einem Punkt ansetzen sollten, wenn wir die Ausbildung anschauen: Bei den Ausbildungsbildungsplätzen für Verwaltungsfachangestellte stagnieren die Zahlen seit Jahren. Das ist kein guter Ausblick auf die Zukunft, und hier sollten wir dringend tätig werden.

[Beifall bei der FDP]

Aber immer nur nach mehr Personal zu rufen, reicht am Ende nicht. Es muss endlich der Turbo für die Digitalisierung der Verwaltung und vor allen Dingen für die Fachverfahren kommen.

[Beifall von Christian Wolf (FDP)]

Wir müssen endlich dafür sorgen, dass jeder Bürger dieser Stadt seine Bürgerdienstleistungen selber online digital abrufen kann.

[Beifall bei der FDP]

Das entlastet die Stadt, das entlastet das Personal, und damit können wir die zukünftigen Herausforderungen auch besser bewältigen.

Ich möchte noch einen Satz zu den Bezirken sagen. Die Bezirke sind in unserer Stadt wirklich unterschiedlich und vielfältig, aber wir können mit den Strukturen noch immer nicht zufrieden sein. Sie sind intern unterschiedlich aufgebaut, Verantwortungspingpong ist nach wie vor an der Tagesordnung, und wenn man in dieser Stadt an etwas schwerer kommt als an eine Wohnung, dann ist es leider ein Bürgeramtstermin.

Statt dieses Problem entschlossen anzugehen, verzettelt man sich bei dem Aufstellen eines Springerpools, streitet sich mit den Bezirken, wie dieser Pool nun ausgestaltet werden soll und wie diese Menschen bezahlt werden sollen, obwohl das dringende Problem ist, dass wir keine

(Hendrikje Klein)

Termine haben. Man könnte die Bürgerämter beispielsweise donnerstags einfach mal bis 22 Uhr öffnen und eine Samstagsöffnungszeit dazunehmen, dann könnte man schon entlasten. Aber dieses Hin und Her ist im Jahr 2022 eigentlich nicht mehr hinnehmbar.

[Beifall bei der FDP]

Und wenn wir bei den Bezirken noch ein Problem haben, dann ist es vor allen Dingen die Ausstattung in der ITSicherheit.

Kommen Sie bitte zum Schluss?

Ich komme gleich zum Schluss, sofort! – Nur ein einziger Bezirk weist einen eigenen IT-Sicherheitsbeauftragten überhaupt separat aus. Wir haben deswegen allein dafür 5 Millionen Euro zusätzlich in den nächsten zwei Jahren beantragt, damit die IT- und Informationssicherheit verstärkt werden kann, denn es ist eine zentrale Herausforderung in dieser krisengeplagten Zeit, dass wir hier die Infrastruktur sicher aufstellen können.

[Glocke der Präsidentin]

Das ist für uns nämlich ein besonders wichtiges Thema.

[Beifall bei der FDP]

Ich glaube, die Politik der Gießkanne muss endlich ein Ende haben. Wir müssen schneller und besser einstellen, wir müssen die Verwaltung digitalisieren, und das gilt es jetzt in den nächsten Jahren anzugehen. Deswegen können wir diesen Entwurf nur ablehnen. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für den Senat spricht der Senator für Finanzen. – Bitte sehr, Herr Senator Wesener!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Ich will mit einem dreifachen Dank beginnen, und der gebührt zuallererst, wie es sich für einen Finanzsenator geziemt, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Senatsverwaltung für Finanzen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Ich denke, ich kann auch in Ihrem Namen sprechen, wenn ich denen und hier insbesondere der Abteilung Haushalt zurufe: Das, was Sie mit Ihrem unermüdlichem Arbeitseinsatz zu nahezu jeder Tages- und Nachtzeit seit Beginn der Legislatur geleistet haben, ist großartig. Herzlichen Dank dafür!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Bedanken möchte ich mich zweitens natürlich auch bei Ihnen, liebe Abgeordnete, als den Haushaltsgesetzgeberinnen und Haushaltsgesetzgebern im Land Berlin. Mein Respekt gilt all den bienenfleißigen Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern, die mit viel Expertise, großem Engagement und bemerkenswerter Akribie dem Doppelhaushalt 2022/2023 ihren Stempel aufgedrückt haben. Das betrifft in ganz besonderer Weise die Mitglieder des Hauptausschusses, also diejenigen unter Ihnen, die wir laut einer großen Berliner Tageszeitung seit etlichen Wochen an ihren dunklen Augenringen erkennen.

[Beifall von Tobias Bauschke (FDP)]

Sie können einmal mehr stolz auf Ihre Arbeit und das Erreichte sein. Vielen, vielen Dank, und erholen Sie sich gut von den Strapazen der vergangenen Monate!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN, der AFD und der FDP]

Drittens sollten wir all diejenigen nicht vergessen, die heute nicht dabei sind, aber als Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in den zwölf Bezirken ebenfalls eine anstrengende Zeit hinter sich haben. Die bezirklichen Haushalte machen einmal mehr den größten Einzeletat am Berliner Gesamthaushalt aus, über den das Abgeordnetenhaus heute ebenfalls befindet. Sie alle haben einen tollen Job gemacht. Das Land ist ihnen dafür zu großem Dank verpflichtet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Nach monatelangen intensiven Beratungen, zahllosen Ausschusssitzungen und Berichtsaufträgen wurde bereits so viel gesagt und geschrieben, dass ich es bei zwei Botschaften belassen will; zwei Botschaften, die mir glei- chermaßen wichtig sind.

Nach zweieinhalb Jahren Pandemie und rund 120 Tagen Krieg in Europa ist es eine Binsenweisheit, dass wir eine Haushaltsplanaufstellung und Haushaltsberatungen erlebt haben, die singulär sind und hoffentlich auch singulär bleiben. Neben Coronakrise und Krieg in Europa ist es die Menschheitsaufgabe Klimaschutz als dritte Krise – Herr Zillich hat es gesagt –, die unser haushaltspolitisches Handeln determiniert und alte Gewissheiten auf brutalste Art infrage stellt. Auswege wird es in Berlin, Deutschland und Europa nur dann geben, wenn wir die inneren Zusammenhänge dieser dreifachen Krise erkennen und gemeinsame Lösungen finden. Gesellschaftliche und energiepolitische Resilienz, ökologische und ökonomische Transformation, sozialer Zusammenhalt und die Verteidigung unserer freiheitlichen Demokratie – all das sind jeweils zwei Seiten ein und derselben Medaille, und es ist die Haushalts- und Finanzpolitik, die all dem gerecht werden und eine Richtung geben muss.

(Roman-Francesco Rogat)

Die erste Botschaft, die von diesem neuen Doppelhaushalt ausgeht, lautet deshalb: Mit einem Rekordhaushaltsvolumen in Höhe von 38,7 Milliarden Euro für 2022 und 37,9 Milliarden Euro für 2023 macht sich Berlin auf den Weg, um die Dreifachkrise zu bewältigen. Niemals zuvor wurde so viel in diese Stadt investiert, niemals zuvor haben wir einen so großen finanziellen Kraftakt unternommen, um Zukunft zu sichern und zu gestalten.

[Beifall von Dr. Turgut Altuğ (GRÜNE)]

Der neue Doppelhaushalt ist zugleich einer, der Prioritäten setzt und damit neue Wege geht, und zwar im Sinne der ökosozialen Transformation, denn die dreifache Krise bedeutet auch ein Ende von jedem Weiter-so. Es braucht nicht einfach nur mehr Investitionen in die städtische Infrastruktur und Grundversorgung, sondern deren Umbau zugunsten einer krisenresilienten und klimagerechten Metropole.

[Beifall von Vasili Franco (GRÜNE)]

Der wichtigste Indikator für diesen Erfolg ist allerdings, das zeigt die Vergangenheit, nicht die Höhe des jeweiligen Ansatzes im Haushaltsplan, sondern, ob wir diesen Plan auch wirklich realisieren können. Jeder Euro, den wir für eine Bauinvestition, eine Personalstelle oder eine Projektförderung vorhalten, ist nur dann etwas wert, wenn wir ihn auch wirklich für diesen Zweck ausgeben. Nicht die gute Absicht, sondern deren Umsetzung ist das, was zählt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Lars Düsterhöft (SPD) und Jan Lehmann (SPD)]

Der neue Doppelhaushalt ist zugleich ein Haushalt der Solidarität. Wir treffen finanzielle Vorsorge für die Unterbringung und Integration der Geflüchteten aus der Ukraine, für steigende Energiekosten und für die kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen der Pandemie. Wir wissen nicht mit letzter Sicherheit, was uns die gegenwärtigen Herausforderungen kosten werden und was die Zukunft bringt, aber wir beschließen einen Haushalt, der, Stand heute, nach bestem Wissen und Gewissen die dafür notwendigen Rücklagen vorweist, einen Haushalt, der solidarisch und solide zugleich ist.