Wir als Koalition wollen, dass die Brennpunktzulage für die Lehrkräfte auch im kommenden Schuljahr und auch im Schuljahr darauf möglich ist. Für uns war von Anfang an völlig klar, dass das, was für die Lehrkräfte gilt, diese Anerkennung, gleichsam für die Erzieherinnen und Erzieher gelten muss, bei denen bestehendes Tarifrecht angewendet wird. Wir begrüßen, dass bei Schulen, die den Status neu erwerben, Erzieherinnen und Erzieher nicht mehr höhergruppiert werden, sondern eine Zulage nach § 14 TV-L erhalten. Für uns als Koalition ist auch völlig klar, dass es, wenn eine Schule aus diesem Status herausfallen sollte, nicht sein kann, dass Erzieherinnen und Erzieher durch die Runtergruppierung Einkommensverluste zum Status quo im Vergleich zur Höhergruppierung erleiden. Hier braucht es eine pragmatische Lösung, die die Koalition finden wird, um zumindest das Einkommensniveau, das ihnen ohne Höhergruppierung zugestanden hätte, abzusichern. Das erwarten die Erzieherinnen und Erzieher von uns zu Recht.
Wir wurden alle in den letzten Tagen noch mal angeschrieben. Die Erzieherinnen und Erzieher haben ein Recht auf Gewissheit, wie es weitergeht. Trotz dieser Herausforderung ist für uns völlig klar, dass die Brennpunktzulage ein wichtiger Baustein ist, das Personal an Schulen in schwieriger Lage zu halten und die Tätigkeit des Personals dort wertzuschätzen. Wir werben daher für die Verlängerung, für die Zustimmung zum Gesetzentwurf. – Danke!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Die Brennpunktzulage ist in etwa das in Geld manifestierte Pfeifen im Walde dieser Koalition.
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Anne Helm (LINKE): Das haben Sie gerade gehört, das Pfeifen im Walde!]
Diese Metapher greift hier, glaube ich, sehr gut. Sie kennen es alle, das Pfeifen im Walde, wenn jemand vor einer bedrohlichen Situation ist, der er sich nicht stellen will und wo man sich irgendwie durchmogeln will. Dann pfeift man vor sich hin in der Hoffnung, dass das Unheil an einem vorbeigeht. Genau das machen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün-Rot mit dieser Brennpunktzulage, und Rot-Rot-Grün hat es Ihnen schon vorgemacht.
Das Problem an der Brennpunktzulage ist, dass sie zum einen ungerecht ist, zum anderen unsolidarisch und zum Dritten ungeeignet ist, das Ziel zu erreichen, das Sie damit anstreben wollen.
Warum ist es ungerecht? – Wir alle sind die letzten Jahre durch viele Schulen gezogen. Vor allem die bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher haben sich die Schulen angeschaut. Wir haben Podiumsdiskussionen gehabt, und eine ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben. Die war im schönen Bezirk Mitte, im Stadtteil Wedding. Auf der einen Straßenseite eine Schule in einer besonderen Lage, eine sogenannte Brennpunktschule, auf der anderen Straßenseite eine, die es aufgrund von 1 Prozent nicht war; eine Schule, die genau die gleichen Herausforderungen hatte wie die andere, aber die Lehrkräfte haben diese Zulage nicht bekommen. Diese Lehrkräfte haben uns allen ihr Leid geklagt. Sie fühlen sich komplett veralbert von der Politik, weil ihre Kolleginnen und Kollegen einmal über die Straße mit der gleichen Schülerschaft diese Zulage bekommen und sie nicht. Das ist ungerecht.
Warum ist es ungeeignet? – Weil Sie mit diesen 300 Euro brutto keinen Menschen dauerhaft motivieren können, eine besondere Herausforderung zu bewältigen. Wir wissen alle, und das hat jeder von uns erlebt: Eine Gehaltserhöhung wirkt zuerst einmal motivierend, und man freut sich, dass sie da ist. Nach den ersten paar Wochen kommt dann irgendwann das Gefühl, jetzt könnte bald die nächste kommen. Das ist bei so einer Brennpunktzulage nicht anders. Am Anfang wirkt es besonders wertschätzend, aber man gewöhnt sich daran, und es stellt keinen besonderen Reiz mehr dar, diese zu bekommen, sondern es wird eigentlich eine Normalität und ein Anspruch, den man hat. Also motivieren Sie damit auch nicht wirklich besonders.
Ich glaube, wir sollten uns vielmehr auf den Weg machen, etwas anderes mit den etwas über 10 Millionen Euro im Jahr zu tun, als sie auf die Konten der Lehrkräfte zu überweisen, nämlich ihre Arbeitsbedingungen vor Ort deutlich zu verbessern. Lassen Sie uns doch gemeinsam auf den Weg machen, aus Brennpunktschulen, wo man sich ein bisschen Bronx, brennende Mülltonnen und so weiter vorstellt, etwas anderes zu machen, nämlich Talentschulen. Lassen Sie uns Schulen machen, wo wir die Talente der jungen Menschen fördern, wo wir das Beste aus ihnen herausholen, wo jeder seines Glückes Schmied
werden kann, wo wir die Abhängigkeit vom Elternhaus zur Bildungskarriere endlich durchtrennen, die in Berlin noch am höchsten ist.
Das muss man sich doch noch mal ganz genau anschauen: Berlin ist eines der Bundesländer, wo die Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom Elternhaus besonders hoch ist. Seit dem 25. Januar 1996,
seit dem 25. Januar 1996, lieber Torsten Schneider, hat die SPD die Verantwortung im Bildungsressort.
Eigentlich sollte es doch sozialdemokratische Politik sein, gerade das aufzulösen, aber es gelingt euch leider nicht. Es ist eine Katastrophe, was in dieser Stadt passiert. Darum müssen wir umsteuern. Wir müssen Talentschulen schaffen. Wir müssen diese 10 Millionen Euro nehmen und in die Schulen packen. Wir müssen die Rahmenbedingungen verbessern. Wir müssen die multiprofessionellen Teams stärken.
Wir müssen den Schulen mehr finanziellen Spielraum geben, um Profilsetzung zu machen, die Berlin-Challenge deutlich ausweiten und vorantreiben. Ich glaube, so kann es gelingen. So können wir uns auf einen Weg machen.
So können wir es schaffen, dass wir in den nächsten zehn Jahren nicht mehr von Brennpunktschulen sprechen, sondern von Talentschulen, die zu Talentschmieden geworden sind, wo jedes Kind seines Glückes Schmied werden kann, aber nicht mit 300 Euro für die Lehrkräfte. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Hauptausschuss. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Die laufende Nummer 3.3, die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wurde bereits unter dem Tagesordnungspunkt 3.2 behandelt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Endlich eine Praktikerin!“ – Ich glaube, das war unser aller Hoffnung nach 25 Jahren Ideologie im Bildungssenat. Jetzt, ein halbes Jahr später, muss man ganz klar sagen: Das Narrativ ist schnell erzählt, und unsere Erwartungen wurden allesamt enttäuscht, denn es entsteht der Eindruck, dass die Senatorin überfordert ist und im Amt nicht ankommt.
Ja, Frau Busse, Sie sind bemüht, sich ehrlich zu machen. Sie sagen, es fehlen knapp 1 000 Lehrer. Aber zu dieser Ehrlichkeit gehört hinzu, dass Sie im Vorfeld die Schülerzahlprognose von 13 auf 8 Prozent drücken und dass Sie parallel in der Koalition die Sonderpädagogische Verordnung ändern und den Kindern mit Förderbedarf in Zukunft statt acht Stunden nur noch drei Stunden in der Woche zugestehen. Das heißt, 1 000 Lehrer – und das, obwohl Sie die Schülerzahlprognose halbieren und den pädagogischen Bedarf reduzieren!
Was Ihnen an der Spitze des Berliner Bildungssenats ganz klar fehlt, ist Verantwortungsbewusstsein, Engagement und eine Vision, eine Idee, wie Sie dieses Problem angehen und Verantwortung übernehmen für die, die Ihnen anvertraut worden sind, nämlich Schüler und Pädagogen. Sie wissen ganz genau: Jetzt, sechs Wochen vor Schuljahresende stehen die Gespräche mit den Schülern und mit den Eltern an. Welches Profil nehme ich? In welche AG gehe ich? Welche Förderkurse nehme ich? – Was sollen die Lehrer antworten? Welche Gespräche sollen sie führen? Haben Sie den Schulen inzwischen gesagt, wo die neue Deckelung nach 100 Prozent liegt? 95, 92, 85? Wo landen wir? Haben Sie mit den betroffenen Schulen und den betroffenen Lehrern gesprochen? Wie sieht denn Ihre gerechte Verteilung des qualifizierten Personals aus? Wer geht wohin? – Sechs Wochen, und alle Pläne werden bereits geschrieben! – Haben Sie mit Teilzeitkräften gesprochen? Was ist ein lukratives Angebot? Werden Sie eine neue Verordnung schreiben, damit man in Zukunft nicht mehr für ein ganzes Jahr seine Stunden reduzieren muss, sondern weiß, wo man sinnvoll aufstocken kann?
Eine wichtige Antwort sind Sie uns schon lange schuldig – im Ausschuss wie auch auf meine Anfragen: Wo sind eigentlich die ganzen abgeordneten und freigestellten Lehrerstunden? Vor ungefähr zehn Jahren gab es eine erste Erhebung, und da waren es knapp 4 000 VZÄ, die in der Verwaltung verschwunden waren. Und, ja, auch die Verwaltung braucht das Lehrpersonal, aber wenn ich Prioritäten setzen muss, dann muss es der Unterricht sein und nicht das, was wir gestern hören konnten, dass die Stundentafeln fallen sollen und Sie sich vorher nicht klarmachen und ehrlich machen, was in Ihrer Verwaltung tatsächlich noch an Fachpersonal steckt.
Und wenn Sie sich weiter ehrlich machen wollen, Frau Busse, dann müssen Sie auch zugeben, dass es weder dieses Jahr noch nächstes Jahr mit dem Lehrermangel getan ist, und dann frage ich Sie ganz klar: Wo ist das Konzept zur Verbeamtung? – Sie haben bis jetzt keines vorgelegt, im Haushalt steht für dieses Jahr noch etwas von 13 000 Stellen zur Verbeamtung. Wir können nirgendwo ein Konzept und einen Leitfaden entdecken, und es wird genau das passieren, was heute schon mehrmals erwähnt worden ist: Wir werden im Sommer wieder mehrere 100 Lehrkräfte verlieren, die in andere Bundesländer gehen, wo eine Verbeamtung möglich ist. Wo ist Ihr Angebot für potenziell interessierte Lehramtsstudenten? Sie belächeln allesamt unseren Antrag für ein Stipendium für Lehramtsstudenten, aber eine Alternative haben Sie nicht zur Hand.
Gerne noch etwas zum Schluss, Frau Senatorin: Sämtliche Großprojekte für Schule und Bildung in unserem Land müssen erst noch durch den Hauptausschuss. Ein Verfügungsfonds, den Ihr Fraktionsvorsitzender – die Reduzierung – ganz schnell einkassiert hatte, aber keiner weiß sechs Wochen vor Schuljahresende: Kommt er zurück? In welchem Umfang kommt er zurück? – Und das für Sie als ehemalige Schulleiterin, die wissen muss, wie wichtig die eigenverantwortliche Schule ist! Sie wollen sich ehrlich machen, aber die Mittel für die Lehrkräfteoffensive müssen im Hauptausschuss erstritten werden.
Letzte Woche sind die Schulbescheide rausgegangen mit knapp 200 Schülern, die aktuell in Berlin keinen Schulplatz haben, aber die Schulbauoffensive ist bis jetzt nicht finanziert. Das alles, Frau Senatorin, zeigt ganz deutlich, dass Bildung für Sie keine Priorität hat und dass Sie die Dringlichkeit in Ihrer Koalition nicht deutlich machen können, dass Sie keine Ideen, keine Leidenschaft und kein Verantwortungsbewusstsein haben. Frau Busse, unser Vertrauen haben Sie verspielt. – Danke!
[Oh! von der CDU, der AfD und der FDP – Heiko Melzer (CDU): Es scheint kein Bildungspolitiker mehr reden zu wollen! – Karsten Woldeit (AfD): Nein, das macht der Vorsitzende allein! – Weitere Zurufe]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wissen, dass es eine Verabredung in der Koalition ist – das haben wir in der letzten Legislaturperiode auch so gehalten –: Bei Missbilligungsanträgen redet der oder die parlamentarische Geschäftsführerin der adressierten Farbe. – So viel zu Ihrem Einwand, dass hier kein Fachpolitiker redet.
Ich bin in Absprache mit meinem Fraktionsvorsitzenden noch mal hochgegangen und habe mir Ihren CDU-Antrag vorlegen lassen und gelesen.