Protocol of the Session on June 9, 2022

Ministerpräsident Woidke hat auch recht, wenn er sagt, dass Deutschland überall eine sichere Versorgung brauche und dass der Bund hier in der Pflicht sei, Vorsorge für Versorgungssicherheit und Erhalt der Arbeitsplätze zu treffen. Da ist sicherlich noch einiges zu tun. Das ist von zentraler Bedeutung für ganz Deutschland. Es müssen finanzielle Hilfen vom Bund auch für den Umbau der Energiewirtschaft kommen. Der Bund muss die Probleme, die durch ein Öl- und Gasembargo entstehen werden, ernst nehmen und handeln. Da nutzt es allein nichts, wenn der Emir von Katar zusagt, möglicherweise Ende 2024 Flüssiggas zu liefern. Auch die Terminals, die an der Nordsee entstehen sollen, sind noch weit weg. Jetzt ist die konkrete Situation vorhanden. Ich erwarte Verständnis für die Situation in der ostdeutschen Region und die hundertprozentige Solidarität des Bundes für die betroffenen Arbeitsplätze. Ja, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Sie können davon ausgehen, dass sich die Koalitionsfraktionen und der Senat das hier genau ansehen werden. Wenn es erforderlich ist, und das ist nicht mehr auszuschließen, muss auch in Berlin nachgesteuert werden, und der Bund muss aufgefordert werden, weitere Hilfen auch gerade für die Einkommensschwächeren zu leisten. Unser Ziel als Koalition ist, dass gerade die Schwächeren in unserer Gesellschaft nicht im Stich gelassen werden und dass die vielen Betriebe, die energieabhängig sind, unterstützt werden, damit die Arbeitsplätze für die Region gesichert sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LINKEN und der FDP]

Es folgt dann für die AfD-Fraktion die Abgeordnete Dr. Brinker.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Stroedter! Sie haben gerade über die Verstaatlichung der Energieversorgung gesprochen. Ich würde mir an Ihrer Stelle große Gedanken machen, wenn Ihnen die eigene Fraktion da offensichtlich nicht einmal folgt, dafür aber von der ganz linken Seite des Hauses der Applaus umso stärker ist – so viel zum Thema Verstaatlichung von Energieversorgung.

[Beifall bei der AfD]

Das Leben in Deutschland wird immer teurer. Die Preise für Lebensmittel, Strom, Benzin explodieren. Angst vor Inflation ist mittlerweile die größte Sorge der Deutschen.

Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung tritt auch immer deutlicher zutage. Das hat Bundeskanzler Scholz ebenso bemerkt und ein sogenanntes Entlastungspaket angekündigt. Arbeiter, Angestellte und Beamte sollen eine Energiekostenpauschale in Höhe von 300 Euro bekommen. Ist das wirklich eine großzügige Geste von Herrn Scholz, 300 Euro als Entschädigung für steigende Energiepreise? – Wir sagen: Nein. Zum einen müssen die Menschen auf das Geld warten. Gezahlt werden soll im September, vielleicht auch erst im Oktober. Zum anderen werden die versprochenen 300 Euro niemals bei den Empfängern ankommen, denn die Energiekostenpauschale muss versteuert werden. Was bleibt denn da unter dem Strich wirklich übrig? Werte Kollegen von der Ampelkoalition: Wen wollen Sie damit eigentlich hinters Licht führen?

[Beifall bei der AfD]

Eine durchschnittliche Familie wird dieses Jahr etwa 7 300 Euro für Energie ausgeben, also Strom, Heizung und Benzin. Das sind fast 80 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Das sind über 3 000 Euro zusätzliche Kosten pro Jahr. Die 300 Euro Energiekostenpauschale erfolgt einmalig. Ihr Entlastungspaket reicht hinten und vorne nicht, es ist ein Entlastungspäckchen.

[Marc Vallendar (AfD): Es ist eine Mogelpackung!]

Das werden die Wähler spätestens bei der nächsten Strom- oder Gasabrechnung merken.

Ich finde das recht unverschämt. Sie geben den Bürgern einen Bruchteil des Geldes zurück, das Sie ihnen vorher aus der Tasche gezogen haben. Die Menschen in diesem Land brauchen keine Almosen. Die Menschen in Deutschland brauchen endlich echte Steuerentlastungen.

[Beifall bei der AfD]

Nirgendwo auf dieser Welt zahlen die Menschen so hohe Steuern und Abgaben wie in Deutschland. Mehr als die Hälfte des Jahres arbeiten die Deutschen nur für den Staat. Was bekommen Sie dafür?

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Wir müssen uns nur in Berlin umschauen: Sie bekommen marode Straßen und Brücken, Renten auf Armutsniveau und ein miserables Bildungssystem. Das Preis-LeistungsVerhältnis in unserem Land ist, höflich ausgedrückt, mehr als verbesserungswürdig.

[Beifall bei der AfD]

Liebe SPD! Wenn Sie die Bürger wirklich entlasten wollen, müssen Sie die Steuern auf Energie senken. Setzen Sie sich doch dafür im Bundesrat ein. Hohe Steuern sind schließlich eine der Ursachen für die hohen Energiepreise. Für jeden Liter Benzin kassiert der Staat Mineralölsteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer, CO2-Steuer. Ohne diese Steuern wären Benzin und Diesel nur halb so teuer. Das muss jeder Autofahrer wissen. Wer für 100 Euro tankt, zahlt mehr als 50 Euro an den Staat, mehr als in jedem anderen Land in Europa.

(Jörg Stroedter)

[Beifall bei der AfD]

Wegen der hohen Steuern auf Energie hat die Bundesregierung auch gar kein Interesse an niedrigeren Energiepreisen. Der Staat profitiert sogar von den hohen Preisen. Je höher die Preise, umso höher die Steuereinnahmen. Bund, Länder und Gemeinden haben zum Jahresanfang mehr als 22 Prozent mehr Steuern eingenommen als im Januar 2021.

[Ronald Gläser (AfD): Pfui!]

Ein Grund sind die steigenden Einnahmen aus Energiesteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer. Auch in Deutschland könnte der Liter Diesel nur 1 Euro kosten. Genauso ist es beim Strompreis. Auch der Strom wäre nur halb zu teuer, aber aufgrund von Mehrwertsteuer, Stromsteuer, Umlage für erneuerbare Energien zahlen deutsche Verbraucher die höchsten Strompreise weltweit. 39 Cent kostet die Kilowattstunde in Deutschland, doppelt so viel wie in Frankreich. Warum ist der Strom in Frankreich so viel billiger? Die Antwort ist ganz einfach, weil die Franzosen bei der Energiewende nicht mitmachen, weil die Franzosen weiter auf Kernenergie setzen.

[Beifall bei der AfD]

14 neue Kernkraftwerke will Macron bauen. Auch Polen und Tschechien investieren in Kernenergie. Liebe Kollegen! Werfen Sie doch bitte mal einen Blick über den Tellerrand. Sie werden sehen, Deutschland geht mit dieser Energiepolitik einen Sonderweg, einen sündhaft teuren Sonderweg für die Deutschen.

[Werner Graf (GRÜNE): Quatsch! Günstiger!]

Es muss an dieser Stelle auch deutlich gesagt werden. Verantwortlich für diesen Sonderweg ist die CDU.

[Beifall bei der AfD – Ronald Gläser (AfD): Genau! – Thorsten Weiß (AfD): 16 Jahre Merkel!]

Es war die CDU, die erst den Atomausstieg beschlossen hat und dann den Kohleausstieg. Deswegen finde ich es, ehrlich gesagt, vermessen, wenn ausgerechnet hier die CDU über die hohen Energiepreise klagt.

[Beifall bei der AfD – Thorsten Weiß (AfD): Bravo!]

Frau Merkel war doch Ihre Kanzlerin. Sie haben doch die letzten 16 Jahre regiert und die unsinnige Energiewende beschlossen. Herr Wegner, Sie haben persönlich im Bundestag für den Atomausstieg und den Kohleausstieg gestimmt.

[Kai Wegner (CDU): Stimmt!]

Jetzt beschweren Sie sich über die hohen Energiepreise. Tut mir leid, das ist mehr als scheinheilig.

[Beifall bei der AfD]

Kommen wir schließlich zu einer dritten Ursache der hohen Energiepreise. Etwa 60 Prozent des Stroms in unserer Stadt wird mit Gas produziert. Über die Hälfte

dieses Gases kommt aus Russland. Das zeigt, auch außenpolitisch hat die Energiewende unseren Handlungsspielraum gefährlich eingeschränkt. Sie hat uns abhängig gemacht von russischen Gaslieferungen. Kollege Stroedter! Ich bin sehr erstaunt und positiv überrascht, dass Sie sich gegen das Embargo ausgesprochen haben. Genau das ist auch unsere Haltung, und das ist auch vernünftig, damit wir hier die Energien sichern können.

[Beifall bei der AfD]

Wir können uns aus dieser Abhängigkeit nicht von heute auf morgen lösen. Unsere Wirtschaft würde tatsächlich zusammenbrechen, doch genau das wollen offenbar die Grünen. Außenministerin Baerbock hat es vor wenigen Tagen bei ihrem Besuch in Kiew angekündigt, Deutschland müsse seine Energieimporte aus Russland auf null reduzieren, für immer.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Nach dem Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom verzichtet Deutschland damit auf eine weitere überlebenswichtige Energiequelle. Für die Menschen in Deutschland wäre das fatal. Sie werden noch höhere Preise zahlen müssen, mit absurden Folgen, ein Beispiel: In einem hessischen Landkreis wurde wegen der hohen Kosten inzwischen in Schulen und Turnhallen das warme Wasser abgestellt. Aufgrund hoher Energiepreise können Kinder nicht mehr warm duschen. Wo leben wir denn?

[Zuruf von Werner Graf (GRÜNE)]

In Deutschland, ja! – Diese Entwicklung sollte uns allen zu denken geben. Die hohen Stromkosten in Deutschland bedrohen nicht nur die wirtschaftliche Existenz von Familien, Rentnern oder Geringverdienern,

[Zuruf von Werner Graf (GRÜNE)]

auch die deutsche Industrie ist existenziell gefährdet. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer warnte zuletzt deutlich: Die hohen Strompreise bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. – Wer mit offenen Augen durch Berlin oder andere Städte unseres Landes geht, wird feststellen, es ist etwas ins Rutschen gekommen. Immer mehr Menschen haben Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen. Zwei Drittel der Deutschen sorgen sich, dass die Inflation ihren Wohlstand gefährdet. Fast die Hälfte der Menschen fürchtet, dass es ihnen zunehmend schwerfallen wird, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Essensausgaben der Tafeln werden regelrecht überrannt. 1,6 Millionen haben sich bei der Tafel gemeldet und hoffen auf Lebensmittelspenden. Laut Sabine Werth, der Berliner Chefin der Tafel, sind darunter immer mehr Menschen aus der sogenannten Mittelschicht. Sie warnt vor einem gewaltigen gesellschaftlichen Leck. Wir sollten und müssen diese Warnung ernst nehmen. Deutschland droht Schiffbruch zu erleiden, weil unser Land von Leichtmatrosen gesteuert wird.

[Beifall bei der AfD]

Dieser Schiffbruch ist selbst verschuldet. Ich erinnere mich noch gut an die Reden der vergangenen Jahre, an die Parolen von Spitzenpolitikern von CDU, SPD, Grünen oder FDP, etwa in der Euro- und Flüchtlingskrise. Deutschland müsse allen helfen, haben sie gesagt. Deutschland sei ein reiches Land, haben sie gesagt. Das beste Deutschland aller Zeiten, haben sie gesagt. Und was haben wir jetzt? – Wir haben große Armutsprobleme. Weit über 500 Milliarden Euro verlieren deutsche Sparer durch die Inflation in diesem Jahr. Die Verantwortlichen sitzen in Frankfurt im Glasturm der Europäischen Zentralbank.

Deutschland ist kein reiches Land. Millionen von Menschen hierzulande leben schon jetzt in Armut. Millionen von Rentnern können von ihrer Rente nicht leben. Wir brauchen deshalb eine dauerhafte Entlastung für Arbeitnehmer, Angestellte, Rentner, Studenten und Familien. Wenn das wirklich politisch gewollt ist, haben die Regierungsparteien alle Hebel in der Hand. Sie brauchen diese Hebel nur zu betätigen. Kümmern Sie sich endlich angemessen um die Berliner, bevor wir Steuergelder in alle Welt verteilen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt dann der Abgeordnete Kurt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Regierende Bürgermeisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Immer mehr Menschen in Berlin wissen nicht, wie sie ihre Stromrechnung und ihre Einkäufe bezahlen sollen. Der Gang in den Supermarkt ist für viele nicht mehr mit einem vollen Einkaufskorb, sondern mit Angst verbunden – Angst, nicht mehr über die Runden zu kommen angesichts einer Rekordinflation von 8 Prozent, die die höchste seit 40 Jahren in unserem Land ist. Die Preise steigen und steigen und fressen den Menschen wortwörtlich ihre Einkommen weg, bevor der Monat zu Ende ist. Kundinnen und Kunden der GASAG müssen seit Mai 26 Prozent mehr zahlen. Die Preise an der Zapfsäule explodieren. Und das dicke Ende kommt erst noch mit den Heizkostenabrechnungen im nächsten Jahr. Die Inflation und die steigenden Preise sind die neue soziale Frage in Berlin.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]