„Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir.“ –, dieser Ausspruch wird Seneca zugeschrieben. Allerdings ist es die Negation seiner eigentlichen Feststellung, „Nicht für das Leben, für die Schule lernen wir“, mit der er die Philosophenschulen seiner Zeit kritisierte, weil sie Schulweisheit statt Lebensweisheit lehrten. Das war kurz nach Beginn der Zeitrechnung. Wenn ich hier FDP und CDU sprechen höre, hat sich bei Ihnen offensichtlich noch nicht so viel verändert.
Bei der FDP geht offensichtlich der Trend zum Reim, wobei das Versmaß etwas holpert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
[Paul Fresdorf (FDP): Ich war auf einer Berliner Schule! – Heiterkeit und Beifall bei der AfD und der FDP]
Wissen Sie, wenn ich das höre, muss ich an Fußball denken. Alle quatschen mit, denken, sie hätten Ahnung, und wissen alles besser.
[Carsten Ubbelohde (AfD): Und Sie stehen im Abseits! – Lachen und Beifall bei der AfD – Beifall bei der CDU und der FDP]
den Koalitionsvertrag nicht gut finden – müssen Sie übrigens auch nicht! –, frage ich Sie: Wo sind denn, bitte schön, Ihre revolutionären Vorschläge? Ich habe nicht einen einzigen hier gehört.
Die CDU, die sieht ergänzend gleich wieder bildungspolitisch das Abendland untergehen. Merkwürdigerweise fällt ihr das immer gerade dann ein, wenn sie nicht in der Regierung ist.
und was Ihnen, den Abgeordneten von FDP und CDU offensichtlich wirklich wichtig ist – das haben wir heute auch noch einmal verstanden –, ist die Förderung der sogenannten Eliten. Dazu haben wir ganz klar einen anderen Ansatz, das ist so: Der Linken ist Bildungsgerechtigkeit wichtig!
Frau Kollegin! Gestatten Sie zwei Zwischenfrage, einmal des Kollegen Luthe und einmal des Kollegen Wild?
Nein! Ich mache lieber weiter. – Wir wollen, dass es für den Bildungserfolg keine Rolle spielt, aus welchem Land die Eltern eines Kindes kommen. Wir wollen, dass alle in ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt in unseren Schulen so gefördert werden, dass aus ihnen wird, was aus ihnen werden kann. Wir wollen eine inklusive Schule.
Das haben wir noch nicht erreicht, aber wir sind auf einem guten Weg dahin. Hätte die CDU in den letzten fünf Jahren nicht ständig auf die Bremse getreten, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.
Immer wieder kann ich von CDU und FDP hören, wir machten in der Bildungspolitik Klientelpolitik. Ich will Ihnen sagen: Das stimmt! – Gerne erkläre ich Ihnen auch, warum: 250 000 Kinder und Jugendliche in Berlin sind arm. Das ist jeder dritte junge Mensch in unserer Stadt.
Hinzu kommen Tausende, die in Familien leben, in denen die Eltern zu den sogenannten Geringverdienern gehören.
Diese Kinder und Jugendlichen sind gegenüber den anderen benachteiligt und haben weniger Bildungschancen. Sie erreichen oft keinen oder einen geringeren Abschluss als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Das gilt in Berlin, in den deutschen Großstädten, in ganz Deutschland und damit in einem der reichsten Länder dieser Welt. Das ist beschämend, und das müssen wir verändern.
Dafür sind wir hier gemeinsam in der Koalition angetreten. Wenn Sie das Klientelpolitik nennen, dann tun Sie das ruhig. Ich nenne es soziale Verantwortung.
In den letzten Tagen – und heute wieder – hörten wir immer wieder vom drohenden Szenario der Einheitsschule, und pausenlos schmeißen sich FDP und CDU hinter den fahrenden Bus bezüglich der Gymnasien. Zu letzteren ist mir übrigens immer noch nicht bekannt geworden, dass sie sich in irgendeiner Gefahr befänden und abgeschafft werden sollten. Woher nehmen Sie das denn pausenlos? – Im Gegenteil: Sie haben für die 7. Klassen ja erst mehr Lehrkräfte bekommen.
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FPD, werden nicht müde zu beklagen – heute wieder –, dass die Lernerfolge bei Leistungsvergleichen nicht hoch genug sind – wohl wissend, dass der Bildungserfolg in hohem Maß von der sozialen Herkunft abhängig ist.
Ich muss Sie schon einmal fragen, ob Sie wirklich der Meinung sind, dass das Gymnasium die Probleme der Bildung in Berlin lösen wird.
Die Vorschläge der CDU sind aus der Mottenkiste – um ein Lieblingswort von Frau Bentele zu bemühen –, und ihre Berater und Beraterinnen sind es übrigens auch. Wir sollten etwas Neues wagen, und dafür steht die Koalition.
Schauen wir doch einmal die letzte Bertelsmann-Studie an, um das Schlechtreden der Berliner Schulen und der Pädagoginnen und Pädagogen, die sich redlich mühen, endlich zu beenden: Der für jedes Bundesland veröffentlichte Chancenspiegel attestiert Berlin – offensichtlich völlig unbemerkt von der Opposition – in vielen Bereichen gute bis sehr gute Erfolge. Alle Schulen führen zur Hochschulreife. Das ist eine Spitzenposition in Deutschland.
Berlin zählt zu den Bundesländern mit der höchsten Integrationskraft. Das macht sich daran fest, dass wir einen hohen Anteil am schulischen Ganztag erreicht haben. Zum Vergleich: Bei uns in Berlin sind es 85 Prozent, bundesweit nur 59 Prozent. Das macht sich daran fest, dass wir uns bei der Weiterentwicklung der Inklusion deutlich in der oberen Ländergruppe befinden. In Berlin sind es 57 Prozent. Der Bundesdurchschnitt beträgt 34 Prozent. In Berlin erreichen wesentlich mehr Schülerinnen und Schüler das Abitur als im Bundesdurchschnitt.
Es sind 44 Prozent im Verhältnis zu 34 Prozent im Bundesdurchschnitt. Das sind Bildungsentwicklungen, auf die wir doch wohl mal mit Stolz verweisen können.
Trotz allem wollen wir mehr. – Frau Lasić hat es schon dargestellt. – Noch ist die Zahl der Jugendlichen, die ohne Abschlüsse die Schule verlassen, viel zu hoch. Leistungen müssen sich verbessern. Höhere Lernerfolge müssen erzielt werden. Aber ich muss Sie enttäuschen: Auch hier haben wir eine Antwort, und die ist sogar wissenschaftlich belegt. Sie heißt Gemeinschaftsschule.
Noch ein Modellversuch, aber einer der zeigt, dass die Probleme der Berliner Bildung genau hier am besten gelöst werden. Der im April 2016 vorgelegte Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung bestätigte mit noch größerer Deutlichkeit als die vorhergegangenen Zwischenberichte, dass es der übergroßen Mehrheit der Gemeinschaftsschulen gelingt, den Bildungserfolg ihrer Schülerinnen und Schüler von der sozialen Herkunft abzukoppeln und sich zu Schulen für alle zu entwickeln, in denen alle erfolgreich lernen können, und zwar hochbegabte Kinder wie auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Lerndefizite, wie sie in den zurückliegenden Jahren zum Beispiel in Deutsch und Mathematik oder in den Naturwissenschaften erkennbar wurden, sollten uns deshalb geradewegs zur Gemeinschaftsschule führen. Bewiesen ist, dass in den Gemeinschaftsschulen alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Förderbedarf zu guten bis überdurchschnittlichen Lernerfolgen geführt werden können. Das betrifft die Kompetenzentwicklung in allen untersuchten Unterrichtsfächern – im Abschlussbericht erstmalig attestiert auch in Mathematik und den Naturwissenschaften. Lesen Sie auch einmal solche Berichte! Es würde sicher helfen.