Aber ich kann mir nicht von heute auf morgen dieses wichtige Fachpersonal, diese engagierten und gut ausgebildeten Leute herbeibeschließen, sondern ich muss jetzt sehen, wie ich damit umgehe und den Berlinerinnen Berlinern jeden Tag so gut wie möglich helfen kann. Deswegen muss ich alles tun, um zu verhindern, dass Leute auf der Intensivstation landen. Darum geht es jetzt.
Es gibt Einschränkungen, und es wird weiter Einschränkungen geben. Auch da möchte ich noch mal auch aus eigener Betroffenheit sagen. Mir muss keiner erzählen, wie es kleinen Selbstständigen und Handwerkern geht. Auch im Gegensatz zu vielen anderen, die darüber reden, habe ich es selbst erlebt.
Ich komme aus einer Familie von Einzelhändlern und Handwerkern. Ich weiß, was es heißt, wenn kein Kunde kommt oder wenn die Gewerbemiete nicht zu bezahlen ist, weil man nicht genug Umsatz hat. Das weiß ich alles. Aber was heißt denn das jetzt für die Pandemiebekämpfung? Wir lassen einfach alles weiter auf? Wie wollen wir das denn gegenrechnen? Wie viele Tote ist uns denn jetzt ganz konkret ein Shoppingerlebnis wert? Wie viele Tote wollen wir denn in Kauf nehmen für einen schönen Restaurantbesuch, für ein Candle-Light-Dinner, wie viele Tote für einen Kinobesuch?
Ich will es einmal konkret hören von denen, die da ständig kritisieren. Ich weiß, dass das Belastungen und Einschränkungen sind, aber wir sind in einer weltweiten Krise, die nicht wegzudiskutieren ist. Es gibt einen Abwägungsprozess, und es stimmt, in einem Abwägungsprozess kommen vielleicht einige hier im Parlament zu einem anderen Ergebnis. Ich komme immer wieder, jeden Tag, in diesem Abwägungsprozess zu dem Ergebnis: Die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner ist mir wichtiger als ein Shopping-Erlebnis. Ich kann es nicht wegdiskutieren. Es ist so.
Und weil es uns nicht schnuppe ist, was auf der anderen Seite passiert, gibt es die Unterstützungsmaßnahmen und Hilfen. Und ich sage gerne, da bricht mir kein Zacken aus der Krone: Das könnte vielleicht besser organisiert sein. Haben Sie recht! Mich ärgert es auch, dass die Novemberhilfen noch nicht ausgezahlt sind. Mich ärgert es auch, dass da Erbsenzählerei gemacht wird, anstatt, so wie wir es in Berlin bei den Soloselbstständigen gemacht haben, schneller auch mal überwiesen und im Nachhinein überprüft wird.
Ja, richtig, aber es ändert nichts an dem grundsätzlichen Weg und dem Abwägungsprozess. Wir sind jetzt wieder in einer solchen Situation. Wir werden am Dienstag im Senat alle Varianten noch mal hoch- und runterdiskutieren. Ich bin in der Koordination dieses bundesweiten Vorgehens, und es zeichnen sich Dinge ab, die sehr breit getragen werden von A- wie B-Ländern, natürlich inklusive Thüringen, auch in Baden-Württemberg, wo alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sagen:
Da gibt es Handlungsfelder, da können wir nicht mehr drumherum reden. Es geht eben darum, bundesweit weiterhin oder noch stärker als bisher Kontakte zu vermeiden. Ich will wieder das Beispiel Schule nennen. Ich bleibe dabei, wie wichtig mir der Präsenzunterricht ist. Wir haben tatsächlich – Frau Scheeres hat es mir eben noch mal bestätigt – bei unseren Untersuchungen nach wie vor das Ergebnis, dass es sehr wenig Infektionsauffälligkeiten an der Schule bei den Schülerinnen und Schülern gibt.
Trotzdem komme ich zu dem Ergebnis, wir müssen da etwas machen, Herr Czaja, weil ich nicht wegdiskutieren kann, dass es auch an der Schule Infektionen gibt. Die werden reingetragen in die Schule und rausgetragen, keine besonderen Auffälligkeiten, aber natürlich auch Infektionen. Ich kann nicht wegdiskutieren, dass es im Umfeld der Schule viele Kontakte gibt durch die Eltern, die ihre Kinder hinbringen oder abholen, durch die Lehrerinnen und Lehrer, durch bestimmte Projekttage, durch schulexterne Personen, die sich dann in der Schule aufhalten und, und, und. Es gibt wahnsinnig viel Kontakte durch Schulgeschehen, durch den Unterricht. Wir müssen Kontakte vermeiden. Wir müssen sie in der Kultur, im Wirtschaftsleben, in der Schule, bei allen möglichen Varianten, die uns zur Verfügung stehen, vermeiden.
Aus diesem Grund komme ich auch zu dem Ergebnis – und will das am Dienstag dem Senat vorschlagen, und, wie gesagt, wir werden das miteinander beraten, ich denke, das ist ein gangbarer und nötiger Weg für Berlin –, dass wir natürlich auch unsere Schulferien bis zum 10. Januar 2021 verlängern müssen bzw. es auch eine Variante ist, die Ferien am 4. Januar 2021 enden zu lassen, aber die Schülerinnen und Schüler dann in einer digitalen Form oder auf andere Weise zu unterrichten.
Es ist möglich, jenseits des Präsenzbetriebes in der Schule, jenseits des Unterrichtsangebots in der Schule Schülerinnen und Schüler zu unterrichten. Auf jeden Fall müssen für alle Jahrgänge bis zum 10. Januar 2021 die Schulen geschlossen sein.
[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Gunnar Lindemann (AfD): Die Kinder haben ein Recht auf Bildung!]
Ich glaube aber – und es fällt mir schwer, es zu sagen –, dass es in dem Abwägungsprozess nicht möglich ist, dass wir am nächsten Adventssonntag keinen shoppingfreien Sonntag haben,
dass es nicht möglich ist, dass an diesem Adventssonntag die Geschäfte offen sind. Ich glaube, das ist nicht möglich. Das können wir nicht zulassen.
Wir wissen, wir wollen und müssen alle auch mal Weihnachtsgeschenke einkaufen gehen, ganz normal. Aber ich habe mir am Wochenende angeguckt, was los ist auf dem Tauentzien. Es geht so nicht.
Doch, es ist viel los. Es ist ein dichtes Gedränge auf den Straßen, und wenn ich mir überlege, dass an diesem Adventssonntag noch die Brandenburgerinnen und Brandenburger dazukommen und bei uns einkaufen und dass es dann das typische Weihnachtsfieber gibt und alle wieder sagen: Jetzt muss aber schnell noch irgendetwas her, dann entstehen Situationen im Einzelhandel und auf den Geschäftsstraßen, die wir nicht akzeptieren können.
Es geht nicht, meine Damen und Herren! Es geht nicht in einer weltweiten Krise, in der Menschen sterben, dass wir sagen, uns ist dieser Adventssonntag wichtiger.
Wir werden darüber hinaus – ich kann Ihnen noch nicht konkret den Tag sagen, ob es der 23. oder 20. ist, weil wir das auch mit Brandenburg abstimmen müssen und abstimmen wollen – den Einzelhandel herunterfahren müssen. Jenseits vom Lebensmitteleinzelhandel müssen andere Shopping-Angebote geschlossen werden,
Wir werden daran festhalten, dass wir bei der strengeren Berliner Regelung bleiben mit den fünf Kontakten über die Weihnachtsfeiertage und die Zeit zwischen den Feiertagen. Es ist einfach nötig.
Nein, es ist nicht Nötigung der Bürger, nein! Und es ist auch gut, dass im Gegensatz zu Ihnen eine übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger versteht, dass in einer Krise nicht alles möglich ist. Das ist auch das Gute.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Gunnar Lindemann (AfD): Wir haben die Nase voll von dem Mist!]
Ich finde, die Kanzlerin hat es gestern richtig auf den Punkt gebracht. Es muss sich jeder selbst prüfen. Wir wissen alle, die Politik kann und wird nicht hinter jede Wohnungstür gucken.
Wir können nicht alles überprüfen und überwachen, und das ist auch gut so, dass wir das nicht können.
Umso wichtiger ist die Eigenverantwortung, und die Bürgerinnen und Bürger sind zum überwiegenden Teil eigenverantwortlich und wissen, dass vieles nicht geht. Ich sage es hier noch mal: Jeder muss sich das selbst fragen: Ist wirklich innerhalb Deutschlands eine Reise zu den Verwandten im Rahmen der Weihnachtsfeiertage nötig,