Abschließend ist in dieser Debatte aus meiner Sicht deutlich geworden, dass es das gemeinsame Ziel dieser Koalition ist, die Menschen, die es am dringendsten brauchen, mit den Folgen von Corona nicht alleinzulassen.
Daran werden wir weiter arbeiten – wenn nötig auch in Sondersitzungen während der Sommerpause, denn wir gestalten Berlin gemeinsam, solidarisch, nachhaltig und weltoffen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Die einschneidenden Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie haben nicht nur das öffentliche Leben in Berlin lahmgelegt, sondern auch für massive Einschnitte in unsere Wirtschaft und in unsere Freiheit gesorgt und diese mit sich gebracht. Nun scheint es beinahe so, als wären wir beim Coronaexit schon bald auf der Zielgeraden. Einige Freiheiten haben wir zurückgewonnen, manche gewohnten Verhaltensweisen wollen wir in die neue Normalität herübertragen.
Die Auswirkungen auf die Wirtschaft unserer Stadt waren und sind jedoch massiv. Der Arbeitsmarkt reagiert allerdings zeitversetzt auf diese schwere Krise. Lockerungen allein sind nicht in der Lage, die Herausforderungen unserer Wirtschaft zu meistern. Wir dürfen nicht den Fehler machen, jetzt zu glauben, dass das Kurzarbeitergeld allein die Auswirkungen der Krise auf den Berliner Arbeitsmarkt auffangen kann. Zweifellos ist die Kurzarbeit ein stabiles Kriseninstrument und ein vorübergehendes soziales Fangnetz. Durch das Kurzarbeitergeld wurden die mittlerweile rund 340 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schnell und gezielt erreicht. Dabei dürfen wir jedoch nicht die Unternehmen aus dem Blick verlieren, die für die Auszahlungen über Wochen in Vorleistung gegangen sind.
Eine zu langwierige und langsame Auszahlung des Kurzarbeitergeldes an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber führte und führt manche Betriebe direkt in eine vermeidbare Insolvenz. Die Kurzarbeit darf auch nicht der erste Schritt in die Arbeitslosigkeit werden.
Aber wir sehen natürlich auch, was sich am Berliner Arbeitsmarkt zusammenbraut. Der Senat möchte noch eine Weile die Augen davor verschließen und die Dinge auf sich zukommen lassen, um dann irgendwann Maßnahmen zu ergreifen – oder eben auch nicht. Derzeit ist nicht einmal die Erhöhung des Personals bei den Agenturen und Jobcentern vorgesehen, obwohl ein massiver Anstieg der Meldungen bei den Arbeitsagenturen er
wartet wird. Ich zitiere aus der Antwort des Senats auf meine Anfrage: Derzeit ist allerdings nicht absehbar, ob die Coronasituation kurz- oder mittelfristig insgesamt zu einer Mehrbelastung der Jobcenter führt. – Zitat Ende.
Zeitgleich sollen die Mitarbeiter, die nun fast in Gänze die Kug-Anträge bearbeiten, dann auch wieder in die Berufsberatung und das Fallmanagement gehen, als würde die Kurzarbeit schlagartig enden. Das scheint mir doch etwas knapp berechnet.
Da frage ich mich doch wirklich, ob das adäquate Maßnahmen in einer fundamentalen Wirtschaftskrise sein sollen. Die Zahlen sprechen jetzt schon für sich; sie wurden hier auch schon erwähnt. Mittlerweile haben wir eine zweistellige Arbeitslosenquote von 10 Prozent erreicht – ein Zuwachs von 1 Prozent zum Vormonat. Die Tendenz wird deutlich steigend sein. Aktuell stehen wir jetzt bei über 200 000 Arbeitslosen in Berlin, und das zum Frühjahr, das sonst alljährlich für die Entspannung auf den Arbeitsmärkten sorgt. Mit einer Quote jenseits der 14 Prozent ist um den Jahreswechsel zu rechnen, wenn wir jetzt nicht entschlossen gegensteuern. Wie viele Arbeitsplätze seit Mitte März aufgrund von Corona verlorengegangen sind, wie viele Probezeiten vorzeitig beendet wurden, wie viele befristete Verträge nicht verlängert sind, das kann oder will der Senat nicht ermitteln. Die Erkenntnisse liegen nicht vor, hieß es; der Wille zu erkennen wohl auch nicht.
Die Gastronomie trifft es insbesondere, ebenso die Hotels, den Handel, Dienstleistungen und erschreckenderweise in Berlin das Gesundheitswesen. Auch den Behindertenwerkstätten als Zulieferer großer Konzerne fallen bedeutende Aufträge weg. Der Arbeitsmarkt wird seitens des Senats als volatil bezeichnet, entscheidende Maßnahmen folgen darauf jedoch nicht. Dafür seien die Prognosen am Arbeitsmarkt nur bedingt möglich.
Von jetzt an werden in den kommenden Wochen nach und nach fast 100 Prozent der Arbeitskräfte auf den Markt zurückkehren wollen, treffen aber möglicherweise nur noch auf rund 50 Prozent des Geschäftsvolumens von vor der Coronakrise. Das sieht nach einem stürmischen Herbst am Berliner Arbeitsmarkt aus. Da kann man nicht einfach dabei zusehen, wie sich die Wolken zuziehen, um dann das Wetter zu beurteilen, wenn es bereits stürmt und regnet. Da muss man rechtzeitig für wetterfeste Kleidung sorgen.
Während mancher Schritt aus dem Lockdown nun vorsichtig und teilweise verspätet gegangen wird, bewegt
sich der Berliner Senat beim Arbeitsmarkt noch nicht vom Fleck. Die Berliner FDP hat viele Entscheidungen während das Lockdowns mit Überzeugung mitgetragen, um die medizinische Lage zu stabilisieren. Nun ist es aber an der Zeit, die Wirtschaft vollumfänglich zu heilen, wiederzubeleben und neu zu ermächtigen. Mir ist es unverständlich, dass Berufe im Gesundheitswesen in Berlin zu den am meisten betroffenen der Krise gehören. Hier muss umgehend der Personaleinsatz erleichtert werden, indem die gesetzlichen Hürden zum Austausch von qualifiziertem Personal zwischen der Altenpflege und den Krankenhäusern abgebaut werden. Ziel muss es auch sein, den Tourismus mit seinem Reise- und Gastgewerbe, Gastronomie und Beherbergung und auch die Start-ups als digitale Zulieferer der Branche bis hin zu den einzelnen Stadtführern zu stärken.
So schnell wie möglich müssen wir an die zuletzt im Tourismus erwirtschafteten 11,5 Milliarden Euro im Jahr anschließen. Wenn wir die Berliner Unternehmen mit Umsatzerstattung unterstützen, den Einzelhandel ermächtigen, wieder wirtschaftlich zu handeln, das Kurzarbeitergeld nicht erst nach Wochen oder gar Monaten an die Firmen auszahlen, dann stärken und fördern wir die Gesundheit der Berliner Wirtschaft.
Eine gesunde Wirtschaft wird in ihrem ureigenen Interesse Arbeits- und Ausbildungsplätze nicht nur erhalten, sondern auch ausbauen und letztendlich die Steuereinnahmen generieren, die wir zukünftig benötigen werden. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass der Wille und die Fähigkeit zum Homeoffice und zum mobilen Arbeiten allseits vorhanden ist. Lassen Sie uns durch kluge Investitionen, durch Stärkung der Unternehmen, durch zeitgemäße Digitalisierung und durch innovative Lösungen eine neue Erfolgsgeschichte auf dem Berliner Arbeitsmarkt schreiben. Lassen Sie uns nicht darauf ausruhen, dass wir gegebenenfalls 500 000 Menschen in Berlin in Kurzarbeit parken, um die Statistik zu schönen, weil die Kassen der Bundesagentur für Arbeit prall gefüllt sind. Lassen Sie uns lieber kluge Entscheidungen treffen. Debatten um die Erhöhung von Mindestlöhnen sollten jetzt aussetzen. In dieser Zeit geht es nicht um Einzelne, sondern es geht darum, so viel Arbeitsplätze wie möglich in ihrer bisherigen Form zu erhalten und zu retten. Es gilt jetzt, Arbeit und Arbeitsplätze zu entwickeln und nicht abzuwickeln.
Wir müssen Aktivitäten der Privatwirtschaft durch Bürokratieabbau und Digitalisierung stärken. So können sich die Unternehmerinnen und Unternehmer letztendlich auf das konzentrieren, was uns allen zugute kommen wird: zu unternehmen und Arbeitsplätze zu schaffen. Lassen Sie uns das Streben nach Freiheit und neuen Ideen stärker
Der fraktionslose Abgeordnete Wild hat kurzfristig einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sozialpolitik heißt in erster Linie Arbeit schaffen. Nachdem Sie die Berliner Wirtschaft wochenlang geknebelt haben, obwohl klar war, dass Corona die Leute, die arbeiten, nicht in erster Linie bedroht,
rufen Sie nun nach der Feuerwehr: Wir müssen staatliche Hilfen ausschütten. Wir müssen die Betriebe retten. – Das ist zwar einerseits sozial, wenn wir Betriebe retten, um Beschäftigungen fortzusetzen, aber andererseits müssen wir uns doch darüber klar sein, dass das Geld, das wir ausschütten, zunächst mal von den Leistungsträgern erarbeitet werden musste. Wir nehmen das Geld, das wir ausschütten, doch erst mal anderen Leute weg.
Neben der sofortigen vollständigen Öffnung von Schulen und Kindergärten sind andere Hemmnisse der Beschäftigung möglichst zu beseitigen: Öffnungszeiten liberalisieren, Arbeitsverbote entschärfen. Aber auch Mittel, die in der Krise erfahrungsgemäß Arbeit schaffen – wir erinnern uns an Schröders Reformplan –, sind zu unterstützen und nicht anzufeinden.
Sie wundert es wahrscheinlich nicht, dass ich jetzt von der Zeitarbeit spreche. Die Zeitarbeit wurde permanent angefeindet, angeblich als prekäre Arbeitssituation. Leute, die Urlaub haben, die sozialversichert sind, wo Kündigungsschutz da ist, das soll prekär sein, obwohl die meisten Menschen in der Zeitarbeit das Gleiche verdienen wie die in den Betrieben, in die sie entsandt sind, zumindest im Handwerk. In der Gesundheitsbranche ist es sogar so, dass sie mehr verdienen als das Stammpersonal, und das ist jetzt auch wieder nicht recht. Jetzt soll das verboten werden. Hören Sie auf, die Arbeitnehmerüberlassung als prekäre Beschäftigung zu verunglimpfen. Liberalisierung des Arbeitsmarktes schafft Arbeit. Unternehmertum und Mut schaffen Arbeit. Hören Sie auf, die Wirtschaft zu knebeln. Das ist die beste Nachricht für die Arbeitnehmer Berlins. Wir brauchen nicht mehr sozialistische Planwirt
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Auswirkungen der Coronakrise auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt sind noch nicht absehbar. Ich glaube, das wissen wir alle, und möglicherweise hat es auch dazu geführt, dass hier heute relativ viele über dieses und jenes geredet haben.
Ich finde, es ist kein Manko, auch mal offen und ehrlich zu sagen: Wir haben in einer neuen Situation nicht auf alles Antworten, wir haben Fragen. Ich würde mir wünschen, wenn wir schon in einer Aktuellen Stunde ein Thema aufrufen, dass wir uns auch darüber verständigen, was denn Lösungswege sein könnten, dass wir gemeinsam fragen: Schreiten wir voran? – wird ja gerne gesagt, dass wir diesen Weg auch gemeinsam gehen und um gute Lösungen ringen.
Deshalb hat man eigentlich auch immer eine Opposition, die bestimmte Sachen auch noch mal infrage stellt und um diese Fragen ringt.
Wir haben die Zahlen von gestern gesehen. Die wurden hier auch schon vorgetragen. Auch da können wir nicht genau sehen, was jetzt passieren wird, was in den folgenden Monaten passieren wird, aber die Arbeitslosigkeit ist so angestiegen, dass ich es schon als dramatisch bezeichnen würde. Das Kurzarbeitergeld ist angemeldet, es ist noch nicht abgerechnet. Wir wissen auch hier nicht, was dabei herauskommen wird, aber wir müssen davon ausgehen, dass viele derjenigen, die jetzt in Kurzarbeit sind, und das sind sehr viele, nicht mehr auf ihren Arbeitsplatz zurückgehen können, weil sie ihn verloren haben. Damit wird dann auch die Arbeitslosigkeit wieder weiter steigen.
Bei dem Kurzarbeitergeld hätten wir jetzt eine Chance, und die Chance würde heißen, die Zeit zu nutzen, um die Menschen weiterzuqualifizieren.
Da hätte ich mir tatsächlich gewünscht, dass der Bund hier entscheidet. Wir würden gern Beratung zur Verfügung stellen. Ich befürchte nur: Beratung über Qualifizierung allein reicht nicht, denn wer in einer Stadt wie Berlin, wo viele Menschen einen geringen Verdienst haben,