Protocol of the Session on February 16, 2017

Wenn das frisch geerntete Gemüse komplett verkauft ist, freut man sich, das Tagewerk ist vollbracht und der Stand ist leer.

[Iris Spranger (SPD): Genau!]

So, wie beim Beelitzer Spargel: Wenn der frische Beelitzer Spargel alle ist, ist er eben alle.

[Steffen Zillich (LINKE): Woher nehmen Sie den Spargel?]

Die SPD will aber, wenn das eigene Gemüse verkauft ist, dass auf einem anderen Bauernhof das Gemüse angekauft wird, egal, ob in der Nähe oder in der Ferne, und dass es am gleichen Standort mit dem gleichen Logo ebenfalls verkauft wird.

[Steffen Zillich (LINKE): Wo gibt es denn nun den Spargel? – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Somit könnte man – so die SPD-Meinung – die Verwendung von Biogemüse in der Bevölkerung steigern und zusätzlichen Gewinn machen. Kann man auch machen. Man kann den Beelitzer Spargelbauern sagen: Wenn dein eigener Spargel alle ist, kaufst du ihn eben woanders, lässt das Logo dran und hast trotzdem etwas Gutes für die kommunale Wirtschaft getan.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN]

Und die CDU sagt: Hey, wir sind hier auf einem Marktplatz. Hier gibt es 400 Marktstände,

[Steffen Zillich (LINKE): Ist der Spargel alle?]

mit Angestellten, Existenzgründern und anderen guten und innovativen Anbaukonzepten und Produkten. Warum sollten wir deren Existenz gefährden,

[Steffen Zillich (LINKE): Spargelknappheit!]

indem wir unseren eigenen Marktstand mächtig aufplustern und mit staatlichen Geldern subventionieren? Warum sollte der Staat mit öffentlichem Geld etwas subventionieren, was es doch genauso gut oder besser zu gleichem oder gar geringerem Preis auf dem Markt zu kaufen gibt?

[Steffen Zillich (LINKE): Die CDU war dafür, Spargel zu rationieren!]

Aus unserer Sicht sollten die Früchte guter Investitionen in den Klimawandel monetär genutzt werden, nie sollten Existenzgründer, Handwerksbetriebe und Kleinunternehmen ihrer Lebensgrundlage beraubt werden.

[Beifall bei der CDU – Oh! bei der LINKEN – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt darf wieder ein bisschen Ruhe einkehren!

Was will die CDU, um die Energiewende in der Stadt zu ermöglichen?

[Torsten Schneider (SPD): Kernkraftwerke für alle!]

Unsere Klimaschutzpolitik setzt auf Innovation und Technologieoffenheit. Klar ist, die entscheidenden Schritte zur Erreichung unserer Klimaschutzziele verlangen Technologiesprünge, die heute allenfalls in Umrissen erkennbar sind. Das Ziel einer weitgehenden Treibhausgasneutralität

[Steffen Zillich (LINKE): Jetzt kommt er aus dem Treibhaus, der Spargel!]

verlangt so einen tiefgreifenden Wandel, dass heute kein technologischer Ansatz ausgeschlossen werden darf, sondern technologieoffen und ohne Denkverbote alle erfolgversprechenden Ansätze verfolgt werden müssen. Frühzeitige technologische Festlegungen unterbinden aber Innovationen und treiben die Kosten des Klimaschutzes in die Höhe. Wir wollen den energie- und klimaschutzpolitischen Rahmen so weiterentwickeln, dass ein technologieoffener Wettbewerb um die günstigsten CO2Vermeidungskosten entfacht wird. Deutschland ist europäischer Spitzenreiter beim Ausbau erneuerbarer E

nergien, Berlin muss Vorreiter bei der Systemintegration werden.

Das hier von Rot-Rot-Grün grob skizzierte Stadtwerk ist bisher in seiner Arbeitsweise und hinsichtlich der beabsichtigten Investitionen eher schemenhaft. Das Stadtwerk soll Privathaushalte und Unternehmen beraten, gleichzeitig sollen Produkte, zu denen beraten wurde, auch verkauft werden. Wir sehen dies kritisch unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes. Wir fordern, dass die Beratung aus dem Stadtwerk herausgelöst und aus Senatsgeldern komplett finanziert wird. Das Unternehmen wird künftig ein Quasimonopol bei der Versorgung öffentlicher Gebäude haben. Wir fordern, dass hierbei Technologieoffenheit herrscht. Hierfür brauchen wir einen technischen Beirat bei dem Stadtwerk, der dafür sorgt, dass immer wieder innovative Lösungen und Technologien zum Einsatz kommen,

[Steffen Zillich (LINKE): Auch Spargel?]

auch wenn bei den aktuellen Ausschreibungsunterlagen die passenden Textbausteine bisher noch nicht vorhanden sind.

Wir halten das Stadtwerk für nicht geeignet. Diese Kombination von Steuergeldern, eigenem unternehmerischen Handeln zulasten der bisherigen Handwerksbetriebe und Unternehmen in diesem Bereich, sowie der Aufbau eines Schattenhaushalts für energetische Sanierung der öffentlichen Hand ist nicht in unserem Sinne. Die CDU will – wie alle – die Energiewende in Berlin. Mit diesem neuen Stadtwerk geht der Weg in die falsche Richtung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Stroedter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schultze-Berndt! Für einen Märchenerzähler war das wirklich eine tolle Rede, auch die ganzen Geschichten, die Sie uns erzählt haben, waren interessant, aber ansonsten war das nur Ideologie, nichts Neues. Leider ist die CDU bei ihrer energiepolitischen Blockadehaltung stehengeblieben, die wir über fünf Jahre erlebt haben. Deshalb ist es gut, dass Sie jetzt in der Opposition sind und diesen Antrag nicht mehr verhindern können.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Kollege Dr. Taschner hat es gesagt: Heute ist es endlich so weit, heute kann die SPD-Fraktion gemeinsam mit Linken und Grünen dem Parlament die erste Lesung der Gesetzesänderung des Berliner Betriebe-Gesetzes vorle

gen. Es wird wirklich Zeit, dass wir mit dieser Gesetzesänderung das Berliner Stadtwerk aus seinem engen Korsett befreien, und anfangen, die in breitem Konsens gefassten Beschlüsse der Enquete-Kommission Stück für Stück umzusetzen. Auch hierzu empfehle ich den Kollegen der CDU: Schauen Sie nach, was Sie in der vergangenen Legislaturperiode selbst unterschrieben haben! Da waren Sie ein bisschen weiter, als Sie es heute in der Rede dargestellt haben.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich habe mich in der Vergangenheit als Vorsitzender der Enquete-Kommission dafür eingesetzt, dass wir das Betriebe-Gesetz ändern. Wir hätten das gern schon in der letzten Legislaturperiode gemacht. Leider ist es an der CDU gescheitert. Deshalb will ich noch einmal deutlich daran erinnern: Der Energie-Volksentscheid aus dem Jahr 2013 war zwar knapp, sehr knapp am Beteiligungsquorum gescheitert, aber die große Mehrheit der abgegebenen Stimmen war für den Ausbau des Stadtwerks, war für die Rekommunalisierung der Energienetze.

[Ronald Gläser (AfD): Da haben Sie aber bei der Tempelhof-Schließung ganz anders argumentiert!]

Übrigens, Herr Schultze-Berndt, auch in konservativ geprägten Außenbezirken gab es dafür eine satte Mehrheit. Da muss man sich einmal anschauen, wie die eigenen Wähler das sehen.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Geben Sie Ihre ewig gestrige Haltung auf und stimmen Sie für unser Gesetz!

Nach einer vom Berliner Energietisch in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage im Jahr 2015 will eine überwältigende Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner, nämlich 79 Prozent, dass das Berliner Stadtwerk als Produzent für erneuerbare Energien ausgebaut wird, und dass die Berlinerinnen und Berliner ihren Ökostrom dort beziehen können. Das will die SPD-Fraktion auch, und jetzt können wir das endlich umsetzen.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Das Stadtwerk wird ein Motor für eine sozialverträgliche Energiewende sein. Die Koalition erweitert den Aufgabenkatalog der Berliner Wasserbetriebe entsprechend der Empfehlungen der Enquete-Kommission und erlaubt dem Stadtwerk den Einstieg in den Energiehandel und den Vertrieb, weil dies richtig ist. Dies wird dazu führen, dass in den kommenden Jahren das Stadtwerk seinen Kundenstamm ausbaut. Wir hoffen gemeinsam, dass wir schon bald die Zielmarke von Hunderttausend erreichen. Weiteres ist möglich, Kollege Dr. Taschner hat das angesprochen. Alle Berlinerinnen und Berliner sind aufgerufen, künftig Kunden des kommunalen Berliner Stadtwerks zu

(Jürn Jakob Schultze-Berndt)

werden, um von dort Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Wir gehen davon aus, dass sich durch die Neuaufstellung des Berliner Stadtwerks die Preise stabilisieren. Das ist der Unterschied zu der CDU: Es wird dann nicht mehr so leicht eine Gewinnverlagerung nach Schweden geben. Das Dankesschreiben von Vattenfall für Ihre Rede, Herr Schultze-Berndt, haben Sie sicher schon erhalten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN - Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Im Gegenteil: Die Gewinne werden hier vor Ort reinvestiert, und das ist der richtige Ansatz.

Wir halten Wort. Wir setzen unsere Koalitionsvereinbarung eins zu eins um, damit sich das Berliner Stadtwerk als Tochter der BWB endlich zu einem erfolgreichen Landesunternehmen entwickeln kann. Das Berliner Stadtwerk wird von uns mit 100 Millionen Euro ausgestattet, und es werden viele zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Wir setzen mit dieser Gesetzesänderung auf eine verbraucherfreundliche, effiziente, sozial- und klimaverträgliche Erzeugung und Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme auf der Basis erneuerbarer Energien.

Langfristiges Ziel nach der erfolgreichen und vollständigen Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe ist die Rekommunalisierung der Energienetze. Das behalten wir im Auge. Darauf können sich die Berlinerinnen und Berliner verlassen. Wir wollen die Synergieeffekte von Gas, Wasser und Strom heben. Wir wollen auch, dass das Stadtwerk Energie- und Infrastrukturdienstleistungen erbringen kann.

Die Koalition stellt mit dem neuen Gesetz die Weichen für eine sozialverträgliche Energiewende. Das heißt, Klima- und Umweltschutzvorgaben werden mit sozialverträglich-ganzheitlicher Verantwortung verbunden und weiterentwickelt. Deshalb ist und bleibt es das übergeordnete Ziel – Sie haben uns eben etwas von Treibhaus erzählt –, Berlin bis 2050 klimaneutral zu machen. Sie sagen, das sei ambitioniert. Ja, das ist es, aber wir wollen das und packen es an. Alle sind aufgerufen, sich diesen Zielen anzuschließen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss in dieser Woche hat es gezeigt: Fast alle Anzuhörenden haben sich für die Veränderung des Betriebe-Gesetzes ausgesprochen und die Rahmenbedingungen umrissen. Es ist unmöglich, länger mit der Energiewende zu warten. Sie ist ökologisch notwendig und ökonomisch vernünftig, wenn wir langfristig die Versorgungssicherheit mit Energie in Berlin gewährleisten wollen. Wir wollen das.