Protocol of the Session on May 14, 2020

[Beifall bei der AfD]

Wir als AfD-Bildungspolitiker haben verschiedentlich Positionen und Plenaranträge eingebracht. Wir haben unter anderem ein Gesundheitsschutzkonzept für die Schulen gefordert, den Kinder- und Jugendschutz thematisiert und die Lernrückstände aufgegriffen. Die sinnvollen Teile im gestern vorgelegten Antrag der Koalition findet man bereits in den Anträgen und Positionen der AfD.

[Beifall bei der AfD – Ah! von der SPD – Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Für alle Anträge hatten wir eine Sofortabstimmung beantragt. Das wurde uns leider versagt. Es ist uns aber wichtig, uns mit diesen Anträgen an den Überlegungen zum Umgang mit der Coronapandemie konstruktiv zu beteiligen. Die AfD-Fraktion hat sich hier frühzeitig klar positioniert. Der Unterricht sollte täglich und nicht im Wochenwechsel stattfinden. Das schulische Angebot muss zumindest die Kernfächer abdecken. Es müssen zusätzliche Räume gefunden werden. Auch die Kommunikation zwischen Lehrern, Eltern und Schülern lässt zu wünschen übrig. Manche Lehrer verweigern es mit Verweis auf den Datenschutz, ihre private Telefonnummer herauszugeben; angesichts einiger Schülerklientel gut nachvollziehbar. Diese Problemlage bestünde nicht, wenn Sie das elekt

(Dr. Maja Lasić)

ronische Klassenbuch eingeführt hätten, wie wir das bereits vor zwei, drei Jahren gefordert haben.

[Beifall bei der AfD]

Schulen brauchen in der Coronazeit Orientierungs- und Planungssicherheit. Eine Stop-and-go-Strategie für den Schulbetrieb ist schlichtweg inakzeptabel, die Sie in der Zeit praktizieren. Es gibt keine klaren Aussagen, die über eine Woche oder maximal 14 Tage hinausgehen. Kinder und Eltern spüren die Planlosigkeit der Altparteien, und sie leiden darunter. Wir brauchen ein Konzept, das alle Altersstufen und alle Schüler beinhaltet und nicht nur einzelne Gruppen. Für Kinder und Jugendliche aus problematischen Lebensverhältnissen können die Coronamaßnahmen schwerwiegende Folgen haben. Das ist richtig.

Die Aussetzung des Schulbetriebs wird noch langfristig Folgen hinsichtlich des Lernerfolgs zeigen. Der Senat muss zur Behebung der Lernrückstände ein Konzept vorlegen. Auch hierzu hat die AfD schon längst einen Plenarantrag eingereicht. Lernrückstände könnten über einen Ausbau der Ferienschule oder – so wie Sie es auch gesagt haben, Herr Stettner – über Sonderzeiten wie beispielsweise am Samstag abgebaut werden. Wir werden an diesem Punkt nicht vorbeikommen.

[Beifall bei der AfD]

Bei der Bereitstellung des schulischen Angebots dürfen bei den Kindern aber keine Unterschiede nach sozialer Herkunft gemacht werden. Alle Schülerinnen und Schüler haben gleichermaßen ein Anrecht auf Beschulung und Förderung zur Entfaltung ihrer Anlagen und Leistungspotenziale. Alles andere ist diskriminierend, und da machen wir nicht mit.

[Beifall bei der AfD]

Ich möchte an den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3, Abs. 1 Grundgesetz erinnern. Vielleicht kennt es der eine oder andere von Ihnen sogar. Alle Schülerinnen und Schüler haben gleichermaßen ein Recht auf Beschulung und Förderung bestmöglicher Entfaltung ihrer Anlagen und Leistungspotenziale. Die AfD spricht sich sehr wohl dafür aus, beispielsweise durch das Projekt Lernbrücken Schüler aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien gezielt zu fördern. Zusätzliche Förderung für Kinder aus sozial schwachen Familien ist begrüßenswert. Sie darf aber nicht auf Kosten anderer Kinder gehen. In Zeiten der Knappheit der Bildungsressourcen müssen wir diese gleich verteilen. Die Ungleichverteilung schülerischer Ressourcen stellt eine Diskriminierung dar, die wir niemals mitmachen werden.

Das Argument, die anderen Kinder würden ja in ihrem Elternhaus unterstützt, verfängt nicht, denn der Staat kann hoheitliche Aufgaben nicht auf die Eltern abwälzen. Eltern sind nun mal keine Lehrer. Eine Einteilung, welche Kinder besonders förderbedürftig sind und Anspruch auf Vorrangstellung haben, ist auf rechtssicherem Weg gar

nicht möglich. Die Konzentration auf Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern während der Coronapandemie ist symptomatisch für eine linke Bildungspolitik, die seit jeher Argwohn und Missgunst gegenüber Kindern aus vermeintlich besserem Elternhaus pflegt. Diesen linken Neid kennen wir ja aus den Diskussionen über Privatschulen, nicht wahr, Herr Langenbrinck?

[Beifall bei der AfD]

In Ihrem vorliegenden Antrag tritt der mal wieder vollkommen zutage. 10 000 Tablets zu verteilen, wird als nette Geste wahrgenommen. Es ändert die grundlegenden Probleme aber nicht. Die AfD verfolgt eine nachhaltige Strategie. Das können Sie auch gerne nachlesen in unserem Bildungsprogramm, auf den Seiten 24 und 39. Wir wollen eine neue Kultur der Bildungsbereitschaft schaffen. Lernen und Bildung brauchen eine positiv besetzte Wertigkeit. Das ist leider das, was bei Ihnen völlig hinten runterfällt. Die Botschaft, dass Schulbildung wichtig für den weiteren Lebensweg ist, muss bei allen Schülern wie Eltern ankommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat die Kollegin Remlinger das Wort.

Vielen Dank! – Lieber Herr Kerker, wenn Sie über die Altparteien reden, dann denke ich immer, uns können Sie nicht meinen. Ich fühle mich immer so jung und frisch und angriffslustig.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Lange vorbei!]

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute darüber, wie das Bildungssystem in Zeiten von Corona seiner Verantwortung gerecht werden kann, allen Kindern Chancengerechtigkeit zu bieten. Es ist uns als Rot-Rot-Grün wichtig, die Aufmerksamkeit auf diejenigen zu lenken, die etwas mehr Hilfe brauchen und deshalb auch besonders im Fokus stehen sollten. Meine Kolleginnen haben dazu schon ausreichend viel gesagt. Aber nein, es geht uns hier nicht darum, die Entscheidungen der Kultusministerkonferenz rückgängig machen zu wollen. Vor allem geht es mir und uns nicht darum, verschiedene Gruppen gegeneinander auszuspielen. Wie man das zusammenkriegt, kann ich Ihnen gerne im Ausschuss erklären, wenn wir mehr Zeit haben. Wenn wir etwas gelernt haben sollten, alle zusammen, aus dieser Krise, dann doch, dass es unsere Verantwortung ist, allen Kindern gerecht zu werden und allen Familien insgesamt ein Bildungsangebot zu unterbreiten, das gut und logistisch wie nervlich bewältigbar ist.

Verehrter Herr Stettner! Ich habe Ihr Papier „Schule neu denken“ einigermaßen gründlich gelesen, finde es besser

(Franz Kerker)

als Ihren Antrag. Ich finde, dass darin wirklich viele Punkte sind, an denen man gemeinsam anknüpfen kann. Ich freue mich vor allem wirklich sehr über die Einigkeit. Wir können nicht einfach so zurück zum Normalbetrieb, sondern müssen überlegen, wie Schule in Coronazeiten neu gedacht werden kann. Das ist in der Tat ein dringlicher Punkt und Grund, es hier dringlich zu beraten. Denn das neue Schuljahr steht vor der Tür, und dafür brauchen wir Klarheit.

Für mich ist klar: Spätestens mit den Beschlüssen von Ende letzter Woche ist das Denken in Jahrgängen, die stufenweise zurückkommen, nicht mehr zielführend. Niemand wird mehr voll beschult, stattdessen haben wir kleine Lerngruppen im Schichtbetrieb, stundenweise Präsenzangebote für alle in unterschiedlichen Rhythmen, digitalen Lernraum, Notbetreuung, ständiges Kommen und Gehen – und das alles unter, wie auch immer wir sie einhalten, Bedingungen der Hygiene, Abstandsregelungen, Kontaktbeschränkungen. Das geht so nicht! Dafür reicht weder der Platz noch das Personal. Das ist für keine Familie leistbar. Deshalb wollen wir den Senat mit aller Energie dabei unterstützen, hier neue Wege zu gehen, neue Räume zu erschließen und zusätzliche Berufsgruppen einzubinden. Die neuen Räume kommen bei Ihnen, Herr Stettner, auch vor. Aber was ist mit den neuen Berufsgruppen? – Im Moment findet eine Konzentration der knappen Präsenzangebote auf die Kernfächer Deutsch, Mathematik, Englisch statt. Was aber machen wir mit den anderen Lernfeldern? Und wie wollen wir den Ausfall an Personal kompensieren, mit dem wir wegen Corona nun einmal zu tun haben?

Die Krise schärft den Blick, und ich hoffe, sie hilft uns auch, das Thema Multiprofessionalität neu zu denken, breiter zu denken. Wir müssen endgültig davon wegkommen, Schulen als nur von Lehrerinnen und Schülern bevölkerten Ort zu denken und dabei gleichzeitig noch ständig – das tun Sie hier auch mit Ihrem Digitalführerschein – – Wenn Sie nur noch Lehrer unterrichten lassen wollen, die den Digitalführerschein bestehen, was machen Sie mit den anderen? Also ständig noch zu betonen, was diese Lehrkräfte alles nicht können! Natürlich brauchen wir Fortbildungskonzepte für die Digitalisierung. Aber wir müssen doch auch davon weg, dass Lehrkräfte alles können sollen. Sie sollen weder Erzieherinnen noch Sozialarbeiterinnen noch Psychologinnen ersetzen; weder Berufsberaterinnen noch IT-Administratoren noch Verwaltungsleitungen und Facility-Manager; weder Künstler, Musiker noch Ernährungsberaterinnen. Das Team Schule der Zukunft ist eines, wo Lehrkräfte enorm entlastet werden, weil sie in einem Team arbeiten, wo jeder das macht, was er am besten kann und wofür er ausgebildet ist. Nutzen wir also jetzt die Chance und binden wir sie alle ein, diese Künstlerinnen, die sich mit Sprache und Ausdrucksformen so gut auskennen; all die Kreativen, die uns helfen können, neue Wege zu gehen und kulturelle Bildung zu vermitteln; all die Musikerinnen, von denen viele auch

gute Mathematikerinnen sind; Handwerkerinnen, die zeigen können, wie man Dinge baut, repariert und instand hält. Es gibt so viele Berufsgruppen, die derzeit nicht ausgelastet sind und die helfen können, sinnvolle Beiträge zu guter Bildung zu leisten.

Und das muss in der Tat koordiniert werden. Das darf auf keinen Fall auch noch den Schulleitungen, den Schulen als Aufwand übergeholfen werden. Dafür brauchen wir Koordinierungsstellen, die das in Angriff nehmen, dafür gibt es auch jede Menge gute Beispiele für Leute, die so was gut könnten. Und all diese und weitere Hochqualifizierte, die unterbeschäftigten Berufsgruppen der Stadt, möchten wir einladen, an den Tisch zu kommen und gemeinsam einen Rettungsschirm Bildung aufspannen, der die Mindeststandards formaler Bildung ebenso absichert wie eine Mindestvereinbarkeit mit Beruf und Familie. Unser Ziel ist ein zumindest kleiner Ganztag, der irgendwann ein qualitativ großer Ganztag werden kann, der uns einen Schritt weiterbringt beim Blended Learning, analog und digital, und der kein Kind verlorengibt. Das ist Chancengerechtigkeit in Zeiten von Corona. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Fresdorf das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich die ersten Sekunden meiner Redezeit dafür verwenden, Frau Senatorin Scheeres die besten Genesungswünsche zu übermitteln. – Frau Scheeres, ich hoffe, dass Sie bald wieder gesund sind, denn man fühlt sich immer ein bisschen unsportlich, wenn man Sie in Ihrer Abwesenheit kritisiert, und es macht nur halb so viel Spaß. Also, kommen Sie bald wieder, damit wir hier die Schwerter in diesem Hohen Haus wieder kreuzen können!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Kommen wir mal zu den anderen Problemen in der Bildungspolitik, die diese Koalition hat. An diesem Antrag sieht man sehr deutlich, dass Sie ein ganz großes Problem haben, denn bei Ihnen ist Bildungspolitik immer auch Ideologie, und das sollte sie nicht sein. Sie sollte dazu geeignet sein, die beste Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler zu erreichen, und bei Ihnen schwingt immer die Ideologie mit. Sie fangen jetzt an, für eine bestimmte Zielgruppe den Unterricht wieder aufnehmen zu wollen. Ich denke, das ist ein großer Fehler. Ich denke, es ist ein großer Fehler, hier Segregation zu betreiben, denn das tun Sie. Sie wollen erst einmal die sozial Schwachen, die mit

(Stefanie Remlinger)

besonderem Förderbedarf hinein holen, und Sie sagen, die anderen bleiben erst einmal zu Hause. Das ist ein großer Fehler, denn wir müssen für alle Schülerinnen und Schüler die Perspektive eines Schulstarts ermöglichen

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

und das sehr nah an einem Regelunterricht. Das ist entscheidend. Wir haben Kinder, die jetzt bis zu den Sommerferien noch einmal oder neunmal für zwei Stunden in die Schule gehen. Das ist eine Riesenkatastrophe, die hier in diesem Land passiert. Wir müssen Pläne haben, wie so etwas funktioniert.

Frau Dr. Lasić sagte: Wir hätten den Antrag der CDU nicht gebraucht. – Ich hätte mir gewünscht, dass wir den Antrag der SPD nicht brauchen würden, dass wir eine Bildungssenatorin hätten, die Bildungspolitik macht und die die Versäumnisse der letzten 24 Jahre sozialdemokratischer Bildungspolitik nicht mit heißer Nadel wegstrikt,

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP und der AfD]

um diese zu bedecken, sondern die mit klaren Plänen und Vorstellungen in dieses Haus kommt und uns einen Weg aus der Krise zeigt. Das hat sie nicht getan. – Die Zwischenfrage lasse ich gerne zu, egal von wem.

Von Frau Kittler hätte ich eine zu bieten.

Das freut mich umso mehr.

Bitte schön!

Ich habe wieder einmal Ihre Schelte vernommen, aber noch keinen einzigen Vorschlag. Sagen Sie mal, wie alle Schülerinnen und Schüler jetzt wieder in die Schule kommen sollen und gleichzeitig verhindert werden soll, dass eine Coronainfizierung stattfindet. Übrigens würde mich auch der Schutz der Lehrkräfte interessieren und auch, wo Sie die vielen Räume hernehmen wollen, wenn Sie Teilungsunterricht machen wollen.

Das sind sehr gute Fragen, Frau Kittler, die ich Ihnen gerne beantworten werde. Wir schlagen vor, dass wir gleich in Halbklassen und einem 14-tägigen Rotationsprinzip beginnen. Das heißt, 14 Tage sind die Klassen in der Schule und 14 Tage zu Hause, wo sie dann unterrichtet werden. Damit haben wir auch gleich eine Infektions

pause derjenigen, die zu Hause sind. So können wir Unterricht in einer vernünftigen Raumgröße gewährleisten. Das ist ein einfacher Weg, den wir gehen können. Aber auf einfache Lösungen scheinen Sie ja nicht zu kommen.

[Beifall bei der FDP]

Was wir jetzt anhand dieser Coronakrise merken, liebe Frau Kittler, sind die Versäumnisse der letzten Jahre in der Bildungspolitik Ihres Senats, aber auch der Vorgängersenate. Wir sehen, dass die Digitalisierung nicht funktioniert, und anstatt irgendwo in der Stadt Radwege aufploppen zu lassen, müssten wir jetzt viel mehr Highspeeddatenautobahnen in der Stadt aufploppen lassen, damit die Schulen endlich vernünftig ans Internet angebunden sind,

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

damit wir vernünftig Videocalls durchführen können. Aber es funktioniert nicht. Wir werden zu diesem Thema noch viel zu diskutieren haben. Allen muss klar sein, dass wir die Versäumnisse der letzten Monate nicht einfach so aufholen können, auch nicht mit Ideen wie Samstagsunterricht, nullter Stunde usw. Es wird uns nicht gelingen. Also müssen wir darüber sprechen, welchen Konsens wir finden werden, welche Bildungsinhalte zwingend vermittelt werden müssen. Da müssen wir uns zusammentun und einen Weg für unsere Berliner Schülerinnen und Schüler finden. Ich glaube, bei diesem Thema sind wir beieinander. Lassen Sie uns alles Weitere im Bildungsausschuss diskutieren. – Vielen Dank!