Protocol of the Session on March 5, 2020

(Katrin Schmidberger)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Bildungspolitikerinnen und -politiker stehen so gut wie in jedem Plenum, weil es immer irgendetwas extrem Wichtiges aus dem Bildungsbereich zu besprechen gibt. Das ist auch gut so.

[Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

Uns fällt aber auf, dass viel zu selten das ganze Thema Erwachsenenbildung zum Zuge kommt, weil die anderen Themen unser Tagesgeschehen prägen. Dies wollen wir in diesem gesamten Jahr anders handhaben. Wir werden im Sommer eine intensive Debatte zum Erwachsenenbildungsgesetz haben, was auch diesen ganzen Block des lebenslangen Lernens in den Mittelpunkt der Debatte rücken wird.

[Beifall von Frank Jahnke (SPD)]

Und so ist auch unser heutiger Antrag zu verstehen, der die Lage der Volkshochschuldozentinnen und -dozenten thematisiert. Für alle, die sich damit nicht auskennen: Die Volkshochschuldozentinnen und -dozenten sind nicht festangestellt und sind selbstständig, das bringt alle Herausforderungen mit sich, die Selbstständigkeit eben so hat. Es ist daher wichtig, sich mit diesen Herausforderungen zu befassen.

In dieser Legislaturperiode haben wir daher zwei Themenblöcke thematisiert. Der eine Block ist schon mit dem letzten Haushalt angesprochen worden, das sind die Honorare der Volkshochschuldozentinnen und -dozenten. Die Anhebung auf 35 Euro ermöglicht endlich eine Gleichwertigkeit zwischen Kolleginnen und Kollegen an Volkshochschulen, sodass es keinen Unterschied zwischen der Bundesbezahlung und der Bezahlung in Berlin gibt. Wir wissen, dass wir damit noch nicht am Ende sind und werden auch in zukünftigen Haushalten dafür kämpfen.

Wenn man aber mit Dozentinnen und Dozenten direkt spricht, lernt man, dass das Thema der sozialen Absicherung eine mindestens genauso große Rolle spielt. Die Herausforderungen, mit denen die Dozentinnen und Dozenten kämpfen, sind dieselben, die wir von Selbstständigen kennen: angefangen vom Verlust der Aufträge bei Krankheit, kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach Elternzeit, Krankengeld, Sicherung des Mindestvolumens der Stunden usw. Der Unterschied zwischen Volkshochschuldozentinnen und -dozenten und üblichen Selbstständigen ist aber, dass der Arbeitgeber nicht beliebig ist, sondern es ist die Volkshochschule selbst. Die Debatte, die es zu führen gilt, ist, wie wir in dieser Grauzone der arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse zu mehr sozialer Sicherung kommen.

Da gibt es zwei Schulen; die eine Schule besagt, dass wir möglichst viele in eine Festanstellung überführen müssen. Für diesen Weg haben wir uns bei Musikschulen

entschieden, und wir bauen von Haushalt zu Haushalt den Anteil der festangestellten Musikschullehrkräfte aus. Das ist für die Festangestellten super, denn da ist auch die soziale Frage endgültig geklärt. Für den Bereich, der aber nicht festangestellt ist, bleibt die Frage der Sozialsicherung damit immer noch offen, und wir werden uns auch damit befassen müssen.

Bei Volkshochschuldozentinnen und -dozenten haben wir uns aber bewusst für einen anderen Weg entschieden, das heißt, wir werden nicht anfangen, zwei verschiedene Gruppen innerhalb der Volkshochschuldozentinnen

und -dozenten zu haben, sondern, in Rücksprache mit und auf ausdrücklichen Wunsch der Volkshochschuldozentinnen und -dozenten hin, wollen wir das Thema der sozialen Sicherung für alle VHS-Dozentinnen und -Dozenten thematisieren.

Wie soll das gehen? – Unser Vorbild sind die sogenannten „festen Freien“ im Öffentlichen Rundfunk. Dort ist die Arbeitnehmerähnlichkeit schon vor langer Zeit thematisiert worden, die haben nämlich einen echten Tarifvertrag. Das wäre tatsächlich die Königsdisziplin, sie setzt das Einverständnis der TdL voraus, und wir wissen genau, wie schnell die Mühlen mahlen, wenn man auf die TdL angewiesen ist; deswegen ist dies schon als Ziel von uns drin, wir sagen aber, wir warten nicht darauf, was die TdL macht, sondern wir wollen schon den ersten Schritt, jetzt schon zu einem echten Rahmenvertrag zwischen dem Land und den Gewerkschaften und den Volkshochschulen kommen, in denen die ganzen verschiedenen Bereiche der sozialen Absicherung der Volkhochschuldozentinnen und -dozenten thematisiert werden. Vorbild ist hierbei Bremen. Die haben schon so einen Rahmenvertrag und zeigen uns, wie man erfolgreich auf Landesebene diese Stärkung der VHS-Dozentinnen und -Dozenten in einen Vertrag gießt.

Mit diesem vorliegenden Antrag zeigen wir in aller Klarheit den Willen der Koalition, die soziale Absicherung der Volkshochschuldozentinnen und -dozenten auf gesunde Füße zu stellen. Wir fordern den Senat noch in dieser Legislaturperiode auf, einen Rahmenvertrag mit der Gewerkschaft und den Volkshochschulen zu erarbeiten und hoffen, dass dabei mehr Kontinuität, mehr Sicherheit, mehr Wertschätzung für unsere Volkshochschuldozentinnen und -dozenten rauskommt; denn eines ist sicher: Die Dozentinnen und Dozenten unserer Volkshochschulen haben diese Wertschätzung verdient. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Stettner das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Gäste – einige habe ich noch gefunden! Liebe Kollegen! Wir reden über die Berliner Volkshochschulen, und ich glaube, wir sind uns alle einig darin, dass wir in der Erwachsenenbildung, auch in der Frage des lebenslangen Lernens hier einen Schatz in Berlin haben. Aktuelle Zahlen kenne ich nicht, die letzten Zahlen, die ich vom Senat bekommen habe, sprechen von rd. 800 000 Produkteinheiten im Jahr; das sind 400 000 Lehrveranstaltungen – ein Schatz in allen zwölf Bezirken, den es zu fördern, zu pflegen und zu hegen gilt.

So gesehen ist der Antrag, den die Koalition heute vorlegt – für die Dozentinnen und Dozenten auch eine soziale Absicherung herbeizuführen –, nicht nur sinnvoll, sondern auch dringend notwendig. In der Sache halten wir das für absolut unterstützenswürdig. Einige Fragen ergeben sich aus dem Antrag, allerdings muss ich zugestehen, dass die Ausführungen von Frau Dr. Lasić hier und da schon einige Antworten gegeben haben. Trotzdem sind die Fragen noch nicht vollständig beantwortet, daher zähle ich sie kurz auf. Sodann werden wir das Thema im Ausschuss sicherlich vertiefen.

Die Linie folgt dem, was wir als CDU-Faktion schon 2017 erbeten und beantragt haben – nämlich die Berliner Volkshochschulen so auszustatten, dass sie in ihrer Qualität stetig wachsen und sich weiterentwickeln können. Das geht sicherlich nicht, wenn wir die Dozentinnen und Dozenten nicht absichern; finanziell, das ist ausgeführt worden, ist es bereits passiert, und auch sozial müssen wir das tun. Die Fragen sind, Frau Dr. Lasić hat es angesprochen: tarifvertragsähnliche Absicherung oder ein eigener Tarifvertrag – was ist hier wirklich gewünscht? Sie haben gesagt, Sie möchten einen Stufentarif haben; wir fangen erst mal mit der einen Sache an, das andere ist die Königsdisziplin. – Wie sollen die Ausführungsvorschriften ausschauen zugunsten einer besseren sozialen Absicherung der Dozentinnen und Dozenten und die Entgeltspannen zugunsten politischer Prioritätensetzungen, was auch Teil dieses Antrages ist? Von welchen politischen Prioritätensetzungen sprechen wir hier? Wer bestimmt diese? Wo soll das Geld dafür herkommen, wenn weder Landes- noch Bezirkshaushalt, wie es im Antrag steht, belastet werden sollen? Ich bin gespannt, wie das laufen soll. Wie soll auf der Basis dieser Prioritäten differenziert werden, was die Entgelte angeht? Wir haben also einige Fragen, die wir gerne diskutieren möchten – so auch die Frage, was die Entgeltermäßigungen angeht, die je nach Sozialraum in den Bezirken unterschiedlich hoch sind. Da die Entgelte auch von der Überweisung an die Bezirkshaushalte abhängen, möchte ich gerne den Effekt überprüfen, dass nicht aufgrund von sozialräumlich bedingten Ermäßigungen nachher eine geringere Zuweisung an die Globalsumme passiert. Haben wir hier ein Problem? Auch das möchten wir gerne diskutieren, und wir freuen uns, das mit einer positiven

Intention und einer positiven Unterstützung dieses Gedankens weiter im Ausschuss diskutieren zu können. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kollegin Kittler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 10. Januar dieses Jahres feierten wir im Roten Rathaus zusammen mit vielen Dozentinnen und Dozenten das 100-jährige Bestehen der Volkshochschulen – nicht nur mit einem Festempfang, sondern, und das passte sehr gut dazu, mit einem Fachtag. Da wurden von den Dozentinnen und Dozenten viele neue Ideen entwickelt, damit die Angebote der zwölf Volkshochschulen, an denen sie in mehr als 20 000 Kursen unterrichten, noch besser neuen Anforderungen gerecht werden können. Es war schon großartig, diese hochmotivierten Fachkräfte zu erleben.

Ich habe mich in dem Zusammenhang an den Volkshochschultag des Bundes im Jahr 2016 erinnert, bei dem es lautstarke Proteste der Berliner Dozentinnen und Dozenten an den Eingangstüren der Kongresshalle gab. Sie prangerten zu Recht eine prekäre Beschäftigung im Auftrag des Landes Berlin an. Lehrkräfte, die den Bildungsauftrag an Volkshochschulen erfüllen und über Hochschulabschlüsse verfügen, verdienten zu dieser Zeit weniger als die Hälfte der angestellten bzw. verbeamteten Lehrkräfte in den Schulen unseres Landes. Auch bei Vollbeschäftigung, die bei Weitem nicht alle haben, erwartet sie Altersarmut. Ich habe den Dozentinnen und Dozenten draußen vor der Tür meine Unterstützung zugesagt, dass wir daran etwas ändern, falls es eine rot-rotgrüne Koalition gäbe. Hinter den Türen der Kongresshalle, wo sich mit dem Deutschen Volkshochschul-Verband auch Frau Kramp-Karrenbauer und die Herren Rossmann und Aengenvoort versammelt hatten, hat, wie mir später berichtet wurde, nur ein Einziger auf den Protest draußen vor der Tür verwiesen und ihn als berechtigt bezeichnet. Das war Mark Rackles.

Nun, es hat mit R2G geklappt, und wir haben mit dem ersten Doppelhaushalt 2018/2019 die Honorare auf den Bundesdurchschnitt angehoben.

[Beifall von Dr. Maja Lasić (SPD) und Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Mit dem gemeinsamen Servicezentrum und der Einstellung von IT-Fachkräften werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern. Mit dem vorliegenden Antrag wollen

wir auf diesem Weg weitergehen. – Ich wollte es also ergänzend noch mal sagen, Maja, denn es gibt diese schon genannten Ungerechtigkeiten, bei denen wir uns alle einig sind, dass sie beseitigt werden müssen, vor allem in der sozialen Absicherung. – Da geht es um höheres Krankengeld ebenso wie um den Anspruch auf Weiterbeschäftigung beispielsweise nach der Elternzeit oder nach der Zeit der Pflege von nahen Angehörigen. Es geht auch um die Sicherung eines verlässlichen Unterrichtsvolumens. Dazu braucht es eine tarifvertragsähnliche soziale Absicherung und eine gesetzlich abgesicherte Personalvertretung.

Es gibt ein weiteres Problem, das die Dozentinnen und Dozenten ebenso wie die Bezirke betrifft, wozu der „Tagesspiegel“ am 20. Dezember 2019 titelte: „Dozent frisst Teilnehmer auf.“ – Was dahintersteckt, finden Sie im dritten Absatz unseres Antrages: Wenn es tarifliche Steigerungen gibt, muss der Bezirk die Mittel dafür bereitstellen. In der Regel wird das dann auf die Teilnahmegebühren umgelegt. Die können dann nicht mehr alle bezahlen, dabei muss es uns doch gerade ein Anliegen sein, diejenigen in die Volkshochschulen zu holen, die niedrigschwelligere Angebote brauchen und nicht so viel Geld haben, damit sie auch den letzten Häkelkurs besuchen können und dafür nicht horrende Gebühren bezahlen müssen. Es geht uns hier auch um gesellschaftlich wichtige Kurse – wobei ich jetzt nicht die Häkelkurse verurteilen möchte –; es gibt durchaus Themen, die uns so wichtig sein müssen, dass wir das nicht zulassen sollten. Das genau soll geprüft werden.

Herr Stettner! Sie hatten gefragt: Wird das denn ohne zusätzliches Geld möglich sein? – Das wissen wir nicht. Das lassen wir jetzt prüfen. Wenn wir mehr Geld brauchen, dann liegt die nächste Haushaltsberatung vor uns. In diesem Sinne: Treffen wir uns im Ausschuss wieder!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Tabor das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Verehrte Berliner! Unser Land befindet sich in einem schweren Demokratienotstand. Aus der SPD in NRW werden Forderungen laut, dass Gesetze nicht mehr mit den demokratisch gewählten Abgeordneten der AfD zustande kommen dürfen – eine Forderung, die mit unserer parlamentarischen Demokratie nicht in Einklang zu bringen ist.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Bei der SED-Nachfolgepartei forderte man jüngst in Kassel, wie vorhin mein Kollege Harald Laatsch schon erwähnt hat, die reichsten ein Prozent unserer Bevölkerung zu erschießen. Dies wurde durch den Bundesvorsitzenden Riexinger dahingehend relativiert, man werde sie nicht erschießen, sondern nur zu nützlicher Arbeit heranziehen. Es ist schon erstaunlich, dass FDP und CDU heute dazu gar nichts gesagt haben.

[Dr. Maja Lasić (SPD): Thema! – Zuruf von Florian Kluckert (FDP)]

Offensichtlich träumt man bei der Linken schon von der Errichtung der ersten Gulags. Das Buch „1984“ von George Orwell lässt da grüßen.

[Notker Schweikhardt (GRÜNE): Thema!]

Und jetzt zum Thema! – Ich denke aber, es ist sehr wichtig, dass man das mal erwähnt.

[Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Frage, die sich uns bei Ihrem Antrag gestellt hat, ist: Wie viel ist uns die Bildung wert – in dem Fall die Erwachsenenbildung? Die vorliegende Thematik trifft arbeitnehmerähnliche Selbstständige

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

bzw. arbeitnehmerähnliche Personen. Die soziale Absicherung für diese Personenkreise ist unterschiedlich. Arbeitnehmerähnliche Personen sind einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig. Die Ausführungsvorschrift über Honorare der Volkshochschulen enthält Regelungen zur sozialen Absicherung; das ist richtig und auch gut so. Die Weiterentwicklung unserer Ausführungsvorschrift zu prüfen kann daher sehr sinnvoll sein, wenn man dazu eine konkrete Zielrichtung benennt. Hier bleibt die Forderung aus meiner Sicht momentan noch etwas vage, daher freue ich mich auf die Ausschussarbeit.

Was uns etwas irritiert hat, war der letzte Absatz in der Begründung Ihres Antrags, wenn Frau Kittler da auch gerade etwas Licht ins Dunkel gebracht hat. Ich zitiere noch mal, mit Erlaubnis:

Die Finanzierung einer Erhöhung der Honorare sollte nicht einheitlich in der Abhängigkeit von Teilnehmer*innen-Beiträgen erfolgen. Die Höhe der Entgelte an VHS sollte differenziert für jeweilige Kurse nach bildungspolitischen Kriterien unter Berücksichtigung der Zielgruppen festgelegt werden.

Da freue ich mich auf den Ausschuss, da möchte ich gerne noch etwas Licht ins Dunkle bekommen.

(Regina Kittler)

Davon abgesehen befürworten wir natürlich jede sinnvolle finanzielle Besserstellung für leistungsbewusste Dozenten, denen wir die Bildung unserer Bevölkerung letztendlich anvertrauen. Der ganze Antrag wirkt aus unserer Sicht aktuell noch unausgereift und ein bisschen zusammengekleistert,

[Zuruf von Dr. Maja Lasić (SPD)]

insofern gibt es noch einigen Klärungsbedarf.

Kernforderung des Antrages ist aus unserer Sicht der Tarifvertrag, der als Heiliger Gral, als Monstranz hochgehalten wird. Für Honorarkräfte greift dieses Instrument allerdings nicht, auch wenn die Grauzone schon erwähnt wurde. Wir machen Ihnen daher einen Gegenvorschlag: Die einfachste Möglichkeit, die Dozenten, die das hauptberuflich machen, nicht nebenbei, sozial abzusichern, ist die, sie ganz einfach ins Arbeitnehmerverhältnis zu überführen und einzustellen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!